Jeden Dienstag und Freitag kam der Bäcker in unsere Gegend. Er war mobil; das heißt, er kam in einem Lieferwagen und war auch sonst immer gut drauf.
Am Dienstag vormittag haben wir bei ihm den Butterkuchen für Dienstag, Mittwoch und Donnerstag gekauft und freitags, sie ahnen es wohl schon, kauften wir den Butterkuchen für Freitag, Samstag, Sonntag und Montag.
Was sie jedoch nicht ahnen können (aber gleich wissen werden) ist, dass wir für die sogenannten Werktage jeweils ein viertel und für Samstag und Sonntag je einen halben Butterkuchen kauften.
Der Butterkuchen unseres Bäckers schmeckte uns wirklich vorzüglich, fast ein Jahr lang. Dann hatte zuerst meine Frau die Nase voll. Ich hielt noch einige Wochen durch, unser Sohn sowieso, und kaufte weiterhin ... und zwar in den gewohnten Mengen (schließlich wollte ich unseren Bäcker nicht verärgern).
Danach schafften wir uns eine zweite Tiefkühltruhe an!
Und dann schmeckte auch mir der Butterkuchen nicht mehr!
Da ich unseren Bäcker aber, wie gesagt, nicht vor den Kopf stoßen wollte, sie können das sicherlich verstehen, reduzierte ich zuerst die Menge des Butterkuchens und kaufte stattdessen zusätzlich einige Sahnestückchen.
Meine Frau und ich nahmen in dieser Zeit gemeinsam über fünfundzwanzig Kilo zu und unser Wellensittich, der sonst wenig zu sagen hatte, rief plötzlich, und immer nur wenn er mich sah, seinen eigenen Namen, nämlich " DICKIE ".
Es war inzwischen Sommer geworden und wir tauschten die Winterklamotten gegen Sommersachen aus. Zuerst wanderten einige Röcke und Hosen und dann auch der Bikini meiner Frau und meine einzige Badehose in die Altkleidersammlung.
Danach beschlossen wir einstimmig, am kommenden Dienstag die Hupe des Bäckerwagens zu überhören!
An dem Dienstag stand der Bäckerwagen also umsonst an der Straße vor unserem Grundstück; am darauf folgenden Freitag auch. Der Bäcker hupte laut und lange, wir aber blieben standhaft. In der nächsten Woche fuhr der Bäcker seinen Wagen direkt auf unsere Auffahrt bis fast an die Haustür und er betätigte nicht nur die Hupe, sondern auch noch höchstpersönlich die Klingel an unserer Hauswand.
Es war uns zwar äußerst peinlich, aber wir hielten uns tapfer - und versteckt.
Am Freitag danach fuhren wir vorsichtshalber zu der Oma unseres Sohnes. Unser Sohn fuhr selbstverständlich auch mit. Und natürlich auch ein großes Stück Butterkuchen aus der Tiefkühltruhe.
Drei Wochen lang sahen und hörten wir dann nichts von unserem Bäcker (er hatte Uralub, wie wir später erfuhren) und wir hatten ihn schon fast vergessen.
Aber unser Bäcker war eine treue Seele !!!
An einem Donnerstag, also zu einer für uns ganz ungewohnten Zeit, stand er plötzlich wieder auf unserer Auffahrt und dann direkt vor unserer Haustür.
Meine Frau und ich gingen buchstäblich in Deckung, und zwar hinter unserem Ledersofa. Ab und zu lugten wir mit den Nasen hinter der Lehne hervor, um dann, beim nächsten Klingelgeräusch, schnell wieder die Köpfe mitsamt den Nasen einzuziehen.
Danach blieb es etwa zehn Minuten lang verdächtig still, wir wagten kaum zu atmen, geschweige denn hinter dem Sofa hervorzukommen.
Da klopfte es doch tatsächlich hinter unserem Rücken an der Terrassentür und unsere allseits geschätzte und hochverehrte Nachbarin jonglierte auf einem großen Tablett einen halben Butterkuchen und diverse Sahnestückchen durch die Gegend. Das habe sie für uns gekauft, erklärte sie treuherzig, weil wir doch so gerne Kuchen essen würden und den Bäcker diesmal wohl überhört hätten.
Ehrlich gesagt: Ich hätte sie würgen können!
Wir wohnen inzwischen ganz woanders.
Gestern stand ein junger mann vor unserer Haustür. Er durfte meiner Frau einen Katalog für gefrorene Lebensmittel überreichen. In einer Woche kommt er wieder und erkundigt sich nach unseren Wünschen.
Wir haben immer noch zwei Tiefkühltruhen !!!