Wir waren jung und verliebt gewesen. Zu jung und zu verliebt. Im Nachhinein mussten wir beide dies feststellen. Deshalb trennten wir uns nach ein paar Jahren wieder. Verheiratet blieben wir aber. Ich weiß nicht warum. Vielleicht dachten wir beide, das wir eines Tages wieder zusammenkommen. Oder es war einfach nur Faulheit. Lang ist es her. Und unwichtig ist es auch.
Als ich an jenem Morgen aufwachte, dachte ich, wie wir uns das erste mal gesehen hatten. Ich war damals noch sehr unerfahren gewesen und verstand die Andeutungen nicht, die sie mir gab. Mein Kumpel musste es mir übersetzen. Anfangs war ich noch ungläubig und wollte ihm nicht ganz glauben. Konnte mir nicht vorstellen, das mich ein Mädchen attraktiv findet. Deshalb verging eine ganze Zeit. Viele Tage verstrichen und ich dachte darüber nach, ob er nicht vielleicht doch recht hatte. Eines Tages packte ich meinen ganzen Mut zusammen und sprach sie direkt an. Es fiel mir alles andere, als leicht. Gott sei Dank ließ sie mich nicht zappeln, sondern gab sofort eine klare Antwort.
Als sie mir bestätigte, das sie in mich verliebt war, lud ich sie auf einen Kaffee ein. Ich wollte sie näher kennenlernen, bevor ich mich auf sie einließ. Wissen, ob sie in irgendeiner Art und Weise die selben Interessen hatte, wie ich. Ob wir zu einander passen. Zwei Freundinnen hatte ich bis dato schon einmal gehabt. Die erste Beziehung hielt knapp eine Woche. Meine Zweite hielt es fast doppelt so lang mit mir aus. Vielleicht hätte es auch länger gehalten, wenn sie nicht weggezogen wäre. Sie wollte unbedingt im Ausland studieren.
Es war ein schöner Nachmittag gewesen. Wir unterhielten uns. Sprachen über uns und unsere Interessen. Fanden heraus, das wir vieles gemeinsam hatten und das wir uns in anderen Punkten sehr gut ergänzen würden. Noch am selben Tag entschlossen wir uns, das wir ab sofort ein Paar sind. Dies besiegelten wir mit einem langem, intensiven Kuss. Dies war der Moment, wo ich die Glocken läuten hörte. Von dem Moment an, war ich ganz und gar verliebt in sie. Knapp drei Jahre später heirateten wir, um weitere fünf Jahre später festzustellen, das es zu früh gewesen war.
Es kam nicht direkt über Nacht. Auch war es kein langwieriger Prozess. Eines Tages stellten wir eben fest, das wir uns nicht mehr so liebten. Ein paar Funken waren noch da. Aber es reichte nicht aus, um zusammenzubleiben. Also trennten wir uns freundschaftlich. Was auch seine Vorteile hatte. Denn ich wollte weg. Hinaus in die Welt. Nicht nur ein kurzer Trip. Mich plagte unheilbares Fernweh. Wollte ferne Länder sehen. Dazu musste ich Überstunden machen. Viele Überstunden. Mir war auch bewusst, das ich nicht so viele Urlaubstage hatte, um die Welt zu sehen. Eine Kündigung hatte ich schon geschrieben. Sobald ich das nötige Geld zusammen hatte, wollte ich kündigen. Dann auf Reisen gehen und wenn ich zurück war, mich nach einer neuen Herausforderung umsehen. All das war viel leichter, wenn man alleine war. Denn meine Frau behielt lieber, was sie hatte. Sie war nicht risikofreudig.
Urlaub war es keiner geworden. Jedes mal, wenn ich in ein neues Land kam, suchte ich automatisch nach Arbeit und fand häufig auch welche. Die Kommunikation war schwierig, aber nicht unmöglich. Erstaunlicherweise füllte sich meine Urlaubskasse schneller, als wenn ich meiner geregelten Arbeit nachgegangen wäre. Daher brachte ich am Ende mehr Geld mit nach Hause, als ich mitgenommen hatte.
Drei Jahre waren vergangen, als ich Heimweh bekam. Ich wollte wieder sesshaft werden. Mein Durst war gestillt.
Während meiner Reise, hatte ich stets an meine Frau denken müssen. Ihren Geburtstag, unseren Hochzeitstag und all die regulären Feiertage. Daher schrieb ich, neben den Ansichtskarten, auch Glückwunschkarten.
Es war ein merkwürdiges Gefühl, wieder zu Hause zu sein. Einiges hatte sich drastisch geändert und ich erkannte es nicht wieder. Auch meine Frau, die mich vom Flughafen abholte und bei der ich einige tage verbringen wollte, bis ich wieder eine eigene Wohnung und eine Arbeit hatte, erkannte ich nicht wieder. Nach einem kurzen Plausch, fand ich heraus, wieso ich sie nicht wiedererkannt hatte. Es war ihre beste Freundin gewesen. Sie hatte mich mal auf einem Foto gesehen und wollte mich daraufhin persönlich kennenlernen. Sie lud mich bei sich ein. Seit dem wohne ich bei ihr. Und wir sind glücklich. Verheiratet bin ich mit einer anderen. Mit ihr feire ich heute Silberne Hochzeit.
Ich saufe, seit dem ich fünfzehn bin. Damals wollten mein Vater und seine Freunde, das ich ein richtiger Mann werde und nahmen mich mit auf die Jagd. Ich sollte Bambis Mutter den Schädel abknallen. Den Sinn dahinter, verstand ich nicht. Was hatte Töten mit Männlichkeit zu tun? Ist es nicht eher Feigheit? Wenn ich mich dem Hirsch entgegenstelle, ganz ohne Waffen, und mit ihm kämpfe, könnte ich es als Männlichkeitsritual ansehen. Aber so... Versteckt hinter Bäumen und Büschen, wo mich keine Tier riechen kann, auf der Lauer liegen und drauf los schießen, finde ich feige.
Sie zwangen mich, mit ihnen mitzukommen. Auf dem Wege dahin, tranken sie reichlich. Heimlich trank ich mit. Hätte ja sein können, das es mir Mut macht. Aber das machte es nicht. Stattdessen kotzte ich mir die Seele aus dem Leib. Mein erster Rausch. Ich bekam verdammt großen Ärger, deswegen. Erstens, weil ich denen, ihr kostbares Bier weggesoffen hab. Zweitens, weil ich es wieder ausgekotzt hatte. Drittens, weil ich ihnen de Tag verdorben hatte. Mir ging es scheiße und sah auch dementsprechend aus. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als die Jagd abzubrechen und mich nach Hause zu bringen.
Meine Mutter machte meinem Vater Vorwürfe. Gab ihm die Schuld, das ich besoffen war, da er nicht auf mich aufgepasst hatte.
Im Prinzip war sie ganz froh darüber gewesen. Sie war von Anfang an gegen die Jagd. Ich hatte sie streiten gehört. Gehofft, das meine Mutter gewinnt. Aber sie hatte irgendwann aufgegeben. Hatte keine Lust darauf gehabt, sich weiter zu streiten, weil es eh keinen Sinn hatte. Mein Vater war ein Sturkopf. Wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, konnte ihn keiner davon abbringen, es durchzuziehen. Und wenn es doch einer fertig brachte, war Essig. Ich bekam es zu spüren. Tag für Tag. Jahr für Jahr.
Ich zog mich immer mehr zurück. Wollte ihm nicht begegnen. Ihn nicht sehen. Denn er war sehr nachtragend. Mein Männlichkeitsritual ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Immer wieder erinnerte er mich daran, wenn wir uns sahen.
Ich ertrug diese Qualen nicht mehr. Klaute heimlich sein Bier und trank es. Flüchtete in den Rausch, obwohl ich ganz genau wusste, das ich es nicht vertrug. Jedes mal musste ich mich übergeben und mir ging es am Morgen total beschissen. Aber es war mir egal. Für ein paar Stunden war ich weg gewesen. Fern der Realität.
So fing es an. Und ich saufe immer noch. In der Zwischenzeit vertrage ich es. Muss mich nicht mehr übergeben. Aber ich kriege auch nichts gebacken. Finde weder einen Job, noch sonstwas. Es ist mir auch egal. So lange ich nicht vergessen kann, saufe ich weiter. Außerdem ist es eh schon zu spät, um aufzuhören. Mein Körper ist völlig hinüber. Ich habe ihn zerstört. Kann förmlich spüren, wie sich mein Leben dem Ende zuneigt. Es kann sich nur noch um Jahre handeln, bis ich einschlafe und nicht wieder aufwache.
Es ist Frühling. Die Natur erwacht zu neuem Leben. Und ich werde vergehen. Ich kann nur hoffen, das mein nächstes Leben besser verlaufen wird. Das ich da glücklicher werde.
Was blieb mir anderes übrig? Ich musste gehen. Ja, ich hatte sie geliebt. Aber sie war nicht frei. Mir reichten die paar Stunden nicht aus. Ich wollte mehr.
Irgendwann, eines Tages, hätte er uns erwischt. Garantiert. So weit wollte ich es nicht kommen lassen. Ich ließ ihr die Wahl. Entweder ließ sie sich von ihm scheiden oder ich ging.
Mich plagte das schlechte Gewissen. Auch wenn ich ihren Mann nicht kannte. Ich stellte mir vor, wie ich mich fühlen würde, wenn mich meine Frau mit einem anderen betrog. Es kam spät, gewiss. Aber der Gedanke kam. Ihrem Reden nach, war er nicht der Beste und Liebste. Stets hatte er etwas auszusetzen. Sie versuchte alles richtig zu machen. Aber ihm reichte es nicht. Wenn er von seiner Schicht kam, hatte er Lust auf sie. Zuvor trank er noch seine Bierchen. Wenn es dann darauf ankam, konnte er nicht. Der Geist war willig, nur das Fleisch war schwach. Und das brachte ihn nur noch mehr auf die Palme.
Weil er nicht konnte, war ich da. Außerdem war ich ein anderer Typ. Ruhig. Gelassen. Ich dachte, sie würde sich von ihm trennen. Aber sie tat es nicht. Ob sie sich nicht traute? Ich erfuhr es nicht.
Ich bin kein Mann für eine Nacht. Es kann zwar schön werden, aber ich bin eher der Beziehungstyp. Ich habe es gern, wenn eine Frau um mich ist. Wenn ich weiß, das jemand da ist, wenn ich nach Hause komme. Auf Dauer reichte es mir nicht, nur für das Eine da zu sein.
Ich hatte gehofft, das sie sich für mich entscheiden würde. Anfangs wusste ich auch gar nichts von ihrem Freund. Das erfuhr ich eher zufällig. Ich sah sie eines Tages mit einem Mann. Als sie mich sah, flüchtete sie. Ich sprach sie später darauf an. Da erfuhr ich die Wahrheit.
So schrecklich und grausam ihr Mann zu ihr war, sie liebte ihn dennoch. Dagegen konnte keine etwas tun. Und ich wollte mich nicht in ihre Beziehung einmischen. Seit dem ich davon wusste, plagte mich auch mein Gewissen. Es auszuschalten, fiel mir schwer.
Oft hatte ich mir vorgestellt, wie es wäre, eine richtige Beziehung mit ihr zu führen. Eigentlich wollte sie es auch. Aber sie kam von ihrem Mann nicht los. Sie getraute sich nicht, sich von ihm zu trennen.
Ich traf ihn einmal persönlich. Es fiel mir schwer, meine Hände von ihr zu lassen. Ich liebte sie. Konnte aber nicht mit ihr zusammenkommen, so lange sie sich nicht von ihrem Ex getrennt hatte. Am liebsten hätte ich es ihm an diesen Abend gebeichtet. Aber ich konnte es nicht. Er war größer und stärker, als ich. Ich hatte angst davor, das er mich schlägt. Verstanden, hätte ich es.
Es war dieser Abend gewesen, der mir sagte, das es so nicht weiter gehen konnte. Entweder ich, oder er. Sie musste sich entscheiden. Mir war es relativ egal. Einerseits liebte ich sie. Andererseits...Ich hatte keine Ahnung. Konnte ich ihr trauen? Was wäre, wenn sie ihn verließ und mit mir zusammen käme? Wäre sie mir treu, oder...? Treue ist mir sehr wichtig. Vertrauen und Treue.
Das letzte, was ich von ihr weiß, ist, das sie es irgendwann doch noch geschafft hatte, sich von ihm zu trennen. Danach fing sie eine Beziehung mit einem verheirateten Mann an. Anfangs konnte ich es nicht glauben. Bis es mir noch andere erzählt hatten. Die Härte war, das es der Mann ihrer besten Freundin war. Ich kann es bis heute nicht verstehen. Sie wollte doch mit mir! Warum verließ sie ihren Mann erst, als ich sie verlassen hatte? Hatte sie es doch nicht ernst mit mir gemeint?
Ich saß am Esstisch und blätterte die Zeitung durch. Seit einigen Tagen wohnte ich nun schon bei meiner neuen Flamme. Ihre Tochter und ich verstanden uns blendend. Sie hatte mir, bei unserer ersten Begegnung, gleich gesagt, das ich nicht ihr Vater bin. In einem Ton... Dafür hätte sie eine Ohrfeige verdient. Ihre Mutter gefiel der Ton auch nicht und wollte gerade anfangen mit ihr zu schimpfen. Ich hielt sie zurück und sagte ihr:
„Verschone sie, denn sie weiß nicht was sie tut.“
Es hatte keine von beiden verstanden, wie ich es meinte. Aber das machte nichts. Die Mutti schimpfte nicht. Das war mir wichtig. Ich hatte keine Lust darauf, das sie sich, meinetwegen, verkrachten. Das hätte zur Folge gehabt, das mich die Tochter hasste, sie beide sich ständig belöffelten und der Familienfrieden zerstört war. Ich wollte diese Beziehung haben. Die Frau bedeutete mir sehr viel.
Sie hatte beschissene Arbeitszeiten. Wir sahen uns kaum. Um so mehr Zeit verbrachte ich mit ihrer Tochter. Unter ihrer rauen Schale, verbarg sich ein liebevoller Kern. Sie konnte wirklich sehr nett sein, wenn sie wollte. Wir unterhielten uns über ihre Mutter und deren Vergangenheit. Grob. Sie erzählte mir nur das Nötigste. Und ich musste ihr versprechen, lieb zu ihrer Mutter zu sein. Denn sie hatte bisher nicht besonders viel Glück mit ihren Männern gehabt. Ich war der letzte Versuch. Sie beichtete mir auch, das ich der Erste wäre, mit dem sie sich unterhalten könne. Das bedeute für mich, das ich zwei Frauen hatte, die ich nicht enttäuschen durfte.
An dem Abend, als ich die Zeitung durchblätterte, wollte sie weggehen. Sich mit einem Jungen treffen. Ich war nicht ihr Vater. Aber ich wollte ein guter Freund sein, der immer für sie da war. Der ihr Ratschläge gab. Nur wie sollte ich es ihr sagen?
Als sie an der Tür stand und sich von mir verabschiedete, fragte ich sie, ob ihre Mutti Bescheid weiß. Ob sie sich auf eine Zeit geeinigt hätten, wann sie wieder da sein sollte. Nicht das sich ihre Mutter Sorgen um sie machte.
„Kannst du es nicht für mich machen?“, fragte sie mich.
Ich sagte, das mache ich. Dafür bestimme ich, wann sie wieder zu Hause sein soll. Das passte ihr nicht ganz. Stimmte aber zu, als ich ihr sagte, Mitternacht. Es war eigentlich zu spät, da sie am kommenden Tag wieder in die schule musste. Aber ich wollte mit ihrer Mutter alleine sein. Ein entspannendes Bad nehmen und ab in die Federn. Sie musste nicht alles mitkriegen.
Als meine Göttin nach hause kam, war sie völlig kaputt. Nichts mit baden. Das andere fiel auch flach. Stattdessen machte ich ihr eine Kleinigkeit zum Abendessen. Wir unterhielten uns kaum, weil sie sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Wie lange würde ihr Körper den Stress noch durchhalten?
Ich brachte sie ins Bett. Sie hatte Schlaf bitter nötig. Ich hoffte, das es ihr am Wochenende besser ging, ihre Tochter wieder ausging und wir nachholen würden, was ich heute geplant hatte.
Kurz nach dem sie eingeschlafen war, kam ihre Tochter. Sie sah auch nicht besser aus. Wie lange war sie weg gewesen? Höchstens eine Stunde. Länger auf keinen Fall. Und geweint hatte sie auch. Das sah man ganz deutlich.
Ich bat sie zu mir an den Esstisch. Schweigend setzte sie sich hin. Sie hatte geweint. Jetzt sah ich es ganz deutlich. Ich fragte sie, wie so sie es nicht ausgenutzt hatte und bis Mitternacht draußen geblieben war? Zuerst wollte sie nicht antworten. Doch dann platzte es aus ihr heraus. Und wieder flossen Tränen. Ich rückte näher zu ihr und streckte ihr meine Arme entgegen. Sie sah auf und legte ihren Kopf an meine Schulter.
Ihr erster Liebeskummer und ihre Mutter schlief. Auf was hatte ich mich da eingelassen. Ich hatte keine Zeit gehabt, da hinein zu wachsen. Von jetzt auf gleich musste ich Vater, Mutter und Freund sein. Ich fühlte mich überfordert. Hoffte, das ihre Mutter aufwachen und mich ablösen würde. Aber die schlief.
Da mir nichts tröstendes einfiel, streichelte ich ihr nur über den Kopf. Es schien sie zu beruhigen. Allmählich hörte sie auf zu weinen. Kurze Zeit später, hörte ich leises Schnarchen. Sie war eingeschlafen.
Ich trug sie in ihr zimmer, legte sie aufs Bett, zog ihr die Schuhe aus, deckte sie zu und ging wieder raus. An der Tür blieb ich kurz stehen und blickte zurück. Sie war schon ein wunderbares Mädchen. Ich weiß, das sie nicht meine Tochter war. Dennoch hatte ich das Gefühl, sie wäre es. Ein kleiner Wunsch ging in Erfüllung. Der Wunsch eine Tochter zu haben. Ihr gegenüber würde ich es nicht sagen. Nachdem sie mir klipp und klar gesagt hatte, das ich nicht ihr Vater bin und nie sein werde. Trotzdem fühlte ich mich so
Am folgenden Morgen saßen wir gemeinsam am Frühstückstisch. Ich war der einzigste, der nicht wirklich geschlafen hatte. Die ganze Nacht lang hatte ich darüber nachgedacht, wie ich mich fühlte. Dachte an meine Angebetete, die sich an mich angeschmiegt hatte, als ich zu ihr ins Bett kam. Betrachtete sie im Mondschein. Fuhr mit meinen Augen ihren Körper entlang. Sah ihre Tochter noch einmal. Die beiden sahen sich sehr ähnlich.
Ich dachte an die Zukunft. Ist es diesmal die richtige? Hatte ich endlich einmal Glück? Würde ich mit ihr alt werden? Ich hoffte es. Sie war nicht nur wunderschön, sondern auch sehr lieb und zuvorkommend. Eine Frau, die ich mir bisher immer nur vorgestellt hatte und glaubte, das es sie nie geben wird. Sie liebte mich, wie ich war. Versuchte nicht mich zu ändern. Nutzte mich nicht aus. Es war wahre Liebe und ich hoffte, das sie wirklich der Schatz war, den ich schon so lange gesucht hatte.
Ihre Tochter schaute mich seltsam an. Sie lächelte dabei. War der Liebeskummer vergessen? Ich hatte nicht viel dazu beigetragen. Aber wenn es geholfen hatte, freut es mich sehr.
Ich glaube, das war der Beginn. Wir begannen eine Familie zu werden. An die Vergangenheit dachte ich gar nicht mehr. Wollte ich auch gar nicht. Was ich wollte, hatte ich geschafft. Ein neues Glück finden und die Vergangenheit vergessen. Den ganzen Schmerz. Das Leid. All das hatte ich endlich hinter mir gelassen.
Als ich so dasaß und meinen Kaffee trank, sagte ich plötzlich: „Deine Tochter...“ Was ich sagen wollte, weiß ich nicht mehr. Vielleicht, das sie überpünktlich nach Hause kam. Oder das sie einen Freund hat. Wie gesagt, ich weiß es nicht mehr. Jedenfalls unterbrach sie mich. Sie sagte nur zwei Worte. Mehr nicht. Aber diese zwei Wochen trieben mir das Wasser in die Augen. Es war nicht leicht, die Tränen zu unterdrücken. Tränen der Freude. Des Glücks. Nie im Leben hätte ich damit gerechnet. Und da war ich mir sicher, das ich gefunden hatte, wonach ich schon so lange und sehnsuchtsvoll gesucht hatte. „Unsere Tochter!“
Dabei hatte sie mich angesehen. Schielte zu ihrer Mutter rüber. Nippte an ihrem Kaffee. Lächelte. Ihrer Mutter verschlug es die Sprache. Sie wollte etwas sagen, brachte aber kein Wort heraus. Ihre Tränen flossen, vor Freude. Diese Worte aus dem Munde ihrer Tochter. Und bevor mir die Tränen kamen, nahm ich die Zeitung vors Gesicht und erwähnte ganz beiläufig:
„Erziehung gehört zu den väterlichen Pflichten.“
Wir lachten darüber. Am liebsten hätte ich die beiden gepackt und wäre mit ihnen in die Natur gegangen. An einem stillen See. Oder in den Wildpark. Aber die eine musste in die Schule und die andere auf Arbeit. Ich machte das, was ich jeden Tag tat. Kümmerte mich um den Haushalt. Erledigte die Einkäufe und sah mich nach einem Job um. Dann wartete ich auf mein geliebtes Wesen. Zwischendurch ging ich in meine Wohnung und schaute nach der Post. Das mir ein Unternehmen zurückschrieb und mir obendrein eine positive Antwort gab, daran glaubte ich schon lange nicht mehr. Ich war nicht mehr der Jüngste und zu lange aus dem Berufsleben heraus. Kein Auto und kein Führerschein. Wer will mich da noch haben?
Dennoch hatte ich ein ausgefülltes Leben. Eine Frau, die ich über alles liebte, eine Tochter, die ich sehr gern hatte und den Haushalt. Half meiner Tochter bei den Hausaufgaben. Gab ihr Ratschläge und Tipps. Zeigte ihr, das sie immer auf mich zählen konnte.
Meine Wohnung behielt ich dennoch. Nicht weil ich damit rechnete, das es eines Tages wieder vorbei wäre. Ich behielt meine Wohnung, damit meine Tochter sich keine suchen musste, wenn sie eines Tages ausziehen wollte. Und falls sie ungestört sein wollte. Noch wusste sie nichts davon. Auch nicht ihre Mutter. Ich wollte es ihr sagen, wenn ich sah, das sie so weit war.
Mir wollte keiner glauben. Allen hatte ich es gesagt und gezeigt. Bewiesen. Aber sie wollten mir nicht glauben. Doch das ist nicht das Schlimmste. Das Schlimmste ist, das meine Kinder darunter leiden müssen.
Obwohl ich derjenige war, der von ihr verlassen und rausgeschmissen wurde, aus der Ehewohnung. Der erkannt hatte, das sie ihr Umgang ihr Untergang ist. Versucht hatte, sie zur Vernunft zu bringen. Ihr zu helfen, das sie ein Vorbild für unsere Kinder wird. Das sie vorwärts kommt im Leben, anstatt ins bodenlose Nichts zu fallen. Aber wem wird die Schuld in die Schuhe geschoben, das sie ganz unten ist? Warum auch nicht? Hab mich eh dran gewöhnt der Arsch zu sein. Ich war es ja schon seit Anbeginn unserer Beziehung.
Anfangs war ich noch für sie da. Habe auf sie eingeredet und ihr gezeigt, das ihr Umgang nicht der Richtige ist. Weder für sie, noch für die Kinder. Es gab Momente, da hatte sie ein Einsehen. Gab mir sogar recht. Aber jene Momente waren sehr rar. Und sie hielten auch nicht allzu lange an. Kaum sahen sie sich, war es wieder vorbei. Das Sehen ließ sich auch nicht vermeiden. Denn sie wohnte mit im Haus. Gleich im Erdgeschoss. Und sie verfolgte das ganze Geschehen, im Haus. Und die anderen sah sie häufig dann, wenn ich nicht dabei war. Was ich sehr seltsam fand. Denn wenn wir gemeinsam unterwegs waren, sahen wir sie nur ganz selten. Und wegen mir machten sie einen großen Bogen. Aber wenn sie allein wegging, traf sie sehr häufig ihre Freunde. Zumindest einen davon.
Sie hatte das gleiche Pech, wie ich damals hatte. Stets traf ich mich mit Personen, die unehrlich und unaufrichtig waren. Mir hatte keiner gesagt, das es kein Umgang für mich ist. Selber bekam ich es nicht mit, da ich häufig trank und nicht darauf achtete, wie sie wirklich waren. Selbst wenn ich nüchtern war, achtete ich nicht darauf. Ich war nicht allein. Das zählte. Aber sie hatte mich. Einen, der es ehrlich mit ihr meinte. Der ehrlich zu ihr war und zu ihr stand, obwohl sie mich öfters belogen hatte. Wenn sie rief, sprang ich und ich. Ich tat wirklich alles für sie. Bis ich nicht mehr konnte. Erkannte, das sie zu tief in der Bredrouille steckte und ich sie nicht mehr retten konnte. Hilfe hatte ich keine bekommen. Mir wollte keiner glauben. Bis es zu spät war.
Trotz allem tut es weh, sie so zu sehen. Ich kann aber nichts für sie tun. Sie hatte sich gegen mich entschieden. Schon wieder auf sie zugehen? Ohne mich. Das habe ich zu oft getan. Und wohin hatte es mich gebracht? In die Hölle. Ich wurde angegiftet, beschimpft, angespuckt und und und.
Mein Leben verläuft ganz gut. Nicht perfekt. Ich habe eine Arbeit die mich stark schlaucht. Keine Frau und keine Freunde. Ab und zu gehe ich in die Kneipe, um etwas Gesellschaft zu haben.
Die Kinder, die ich mit ihr gezeugt hatte, sind... Ich kann es nicht aussprechen. Noch leben sie. Aber wie? Sie wollen mit mir nichts zu tun haben. Mich wundert es nicht. Ihre Mutter und deren Freunde haben ihnen einiges eingeredet. Außer die Wahrheit. Und auch wenn es hart klingt, bin ich ganz froh darüber. Ich kann ihnen nicht trauen. Zu oft sind sie mit dem Gesetz in Konflikt. Mich stimmt es einfach nur traurig. Dennoch halte ich mich auf den neuesten Stand, was sie angeht. Schließlich hatte ich sie gezeugt. Aus und mit Liebe. Ich vermisse sie, die Zeiten. Jedenfalls die Tage, an denen wir eine richtige Familie waren. So, wie ich sie immer gewollt habe.
Drei Jahre meines Lebens wurden mir geraubt. Keiner kann sie mir zurück bringen. Wenn ich daran denke, das ich jetzt einen Job haben könnte. Vielleicht sogar eine Frau. Mit Kind/er? Ich weiß nicht, was alles geschehen wäre, wenn...
Kaum hatte ich meine Umschulung bekommen und mich daran gewöhnt, früh aufzustehen und einen geregelten Tagesablauf zu haben, stand die Polizei vor meiner Tür. Das heißt, sie kam in meine Schule. Mitten in den Unterricht. Auf wenn sie nicht sagten, warum sie gekommen waren, reichte es dennoch aus, um mich als Kriminellen hinzustellen. Wann kommt schon mal die Mordkommission zum Einsatz? Wenn irgendwo und irgendwann ein Mord geschehen war. Da ich ein ziemlich ruhiger und zurückhaltender Mensch bin, fällt der Verdacht schnell auf mich. Denn zu viele, meiner Art, waren Amok gelaufen.
Ich kann mich nicht mehr an alles erinnern. Will es auch nicht. Vergessen, das will ich. Und das, so schnell, wie nur möglich. Es war keine schöne Zeit. Zwar lernte ich ein paar nette Menschen kennen, aber die konnten nicht immer bei mir sein.
Ich hatte sie wirklich geliebt. Auch nach unserer Trennung. Nie hätte ich ihr etwas antun können. Vor allem könnte ich sie nie umbringen. Es tat weh, als sie mich verließ und die Kinder mitnahm. Aber mit der Zeit konnte ich ganz gut damit leben, das ich zwar noch der Vater unserer Kinder bin, aber nur noch ein Kumpel, für die Kindesmutter. Mir war es lieber so, als wenn wir uns total zerstritten hätten. Ich weiß zwar immer noch nicht, warum sie sich von mir getrennt hatte, aber das würde ich so wie so nie erfahren. Und jetzt als recht nicht.
Die Justiz braucht manchmal ziemlich lange. Beim Verhör hätten sie schon herausfinden müssen, das ich es hätte gar nicht sein können, der meine geliebte Frau umbrachte. Ich hatte nur selten Kontakt zu ihr, keinen Wohnungsschlüssel mehr und zeitlich haute es auch nicht hin. Den letzten Punkt verdanke ich meine neue Freiheit. Wie ich meiner Bekannten dafür danke. Auch wenn sie lange gebraucht hatte, um denen zu beweisen, das ich es nicht war. Noch schwieriger war es für sie, zu beweisen, das es die Frau war, die mich beschuldigt hatte.
Ich hätte es mir eigentlich denken können. Von Anfang an hasste ich sie. Schon allein wie sie blickte. So hinterhältig. Bis auf meine Bekannte, wollte es niemanden auffallen. Keinem interessierte es, das sie Lügen über mich verbreitete. Ich denke, das dies ein Grund war, für die Trennung. Während meine Frau sich gern mit ihr abgab, wollte ich es vermeiden. Denn der Umgang formt den Charakter. Wie oft hatten wir wegen ihr gestritten.
Als ich entlassen wurde, erfuhr ich, das sie versucht hatte, die Kinder zu adoptieren. Aber sie hatte kein Glück. Zu alt und nur ein paar Cent vom Amt. Sehr gesund war sie auch nicht gewesen. Dennoch hatte sie nicht aufgegeben. Bei ihr fand man auch einen Brief, der an mich adressiert war. Den sie eigentlich aufgeben sollte, es aber nie getan hatte. Es war Zufall gewesen. Die Polizei durchsuchte die Wohnung, der Mörderin und fand den Brief hinter der Anbauwand. Vergilbt, verstaubt, aber dennoch lesbar. Darin stand:
„...sie wollte doch glatt zu mir ziehen. Angeblich, um mir zu helfen. Und wegen der Kinder. Eine Stinkwut hatte sie, als ich ihr sagte, das ich das nicht will. Ich habe mich von meinem Mann getrennt, weil ich alleine leben will. Kurz nachdem du ausgezogen warst, hatte sie mir ihr wahres Gesicht gezeigt. Sie hatte sich zwischen uns gedrängt, um dich loszuwerden. Ja, ich weiß, was du jetzt denkst. Ich habe dich gewarnt. Spar dir den Spruch. Dennoch kommst du nicht zurück. Ich möchte allein mit den Kindern leben...“
Damit wollte sie mir sagen: „Es tut mir leid. Du hattest recht.“ Der Brief diente dann al Beweisstück.
Ich bin zwar froh, das die Wahrheit doch noch ans Licht kam. Aber wer bringt mir die drei Jahre zurück? Hat es noch Sinn, die Schulbank zu drücken? Erkennen mich meine Kinder wieder, wenn ich sie im Heim besuchen gehe?
Das erste mal alleine. Sonst war ich immer mit meinem Bekannten Blutspenden. Aber er zog es vor im Sumpf zu sein. Schade. Denn er war ein intelligenter Mann. Wir philosophierten während der Fahrt und nach der Spende. Themen gab es genug. Geschichte und Wissenschaft. Das waren unsere Lieblingsthemen. Meist tranken wir nach der Spende ein paar Bier. Nicht selten kam es vor, das wir unser Spendengeld auf den Kopf hauten. Meist im Winter, wenn es kalt war. Da saßen wir lieber in einer Kneipe, als auf einer Parkbank.
Nach dem sie mein Blut hatten, setzte ich mich draußen hin und wartete darauf, das das Schwindelgefühl aufhörte. Nebenbei trank ich Wasser und las in meinem Buch. Normalerweise blieb ich hinterher nie so lange. Maximal zehn Minuten, weil mein Bekannter stets sehr schnell nach ganz draußen ging. Einmal bin ich ihm gleich hinterher gegangen. Ein verdammt großer Fehler. Beinahe wäre ich umgefallen. Mir war kalt und schwindlig gewesen.
Diesmal blieb ich noch über eine halbe Stunde im Wartebereich. Auf einmal sah ich sie. Wunderschön. Unsere blicke trafen sich und blieben mehrere Sekunden aneinander geklebt. Gerade eben fühlte ich mich stark genug, um nach Hause zu gehen, als es mir wieder anders wurde. Liebe auf den ersten Blick. Das hatte ich zuvor noch nie erlebt. Es war ein Traum. Ich wartete darauf, das sie zu mir kam und mich ansprach. Denn ich konnte es nicht. Meine Beine waren Pudding. Der Hals zu. Aber sie kam nicht zu mir. Setzte sich an einen anderen Tisch.
Ich wartete, bis sie gespendet hatte. Als sie aus dem Spendesaal rauskam, rückte ich einen Stuhl zurück und hoffte, sie würde sich neben mich setzen. Und sie tat es. Der erste schritt war getan. Aber wie weiter? Ich starrte sie nur an. Bewunderte ihre natürliche Schönheit. Kein Gramm Schminke. Natürlicher, aber dennoch angenehmer, Körpergeruch. Original Haarfarbe. Ein Gesicht, wie ein Engel. Gertenschlank. Einfach nur WOW. Bei ihr konnte ich keine Chance haben. Ich passte nicht zu ihr. Auch wenn ich, wie sie, ganz natürlich war. Der Rest passte nicht zu ihr. Ich senkte mein Blick. Als ich wieder aufschaute, sah ich, wie kreidebleich sie plötzlich aussah. Ich stand auf und holte einen der Ärzte. Bevor sie vom Stuhl fallen konnte, waren wir zurück. Sie wurde auf eine Trage gelegt und mit einer Decke zugedeckt. Dann gab man ihr noch einen Becher Wasser. Ich kniete mich neben sie und wartete, bis sie wieder Farbe im Gesicht hatte.
Wer weiß, ob ich sie kennengelernt hätte, wenn sie nicht bleich geworden wäre. So fragte sie mich, ob ich sie nach Hause begleiten würde. Sie stützte sich ein wenig bei mir ab und erzählte ein wenig über sich. Ich hörte ihr still zu.
Vor ihrer Tür verabschiedeten wir uns. Sie fragte mich, ob ich Morgen Zeit hätte. Ich konnte nicht antworten. Nur nicken. Das war der Beginn einer wunderschönen Beziehung.
Eines Tages, wir waren schon mehrere Wochen zusammen, übernachtete ich bei ihr. Wir lagen in ihrem Bett und ich sah sie an. Berührte ihre Haut. Küsste ihre Stirn. Als ich behutsam unter ihr Nachthemd glitt, schreckte sie zusammen und schlug meine Hand weg. Erschrocken sah ich sie an. Sie sagte kein Ton. Wendete ihr Gesicht von mir. Ich hatte eine vage Vermutung. War mir dessen aber nicht sicher. Vielleicht irrte ich mich auch. Deshalb fragte ich sie ganz vorsichtig, was ich falsch gemacht habe. Sie gab keine Antwort. Ich hörte sie leise schluchzen. Mir fiel es schwer die richtigen Worte zu finden. Deshalb sagte ich gar nichts. Lag nur neben ihr und schaute sie an.
Eine ganze Weile verging. Dann sagte ich zu ihr, das es mir leid täte. Sie antwortete, das ich nichts dafür könnte. Ihr war klar gewesen, das ich es eines Tages wollte. Sie wollte es irgendwie auch. Konnte es aber nicht. Sie konnte mir auch nicht sagen, wieso sie es nicht konnte. Für mich klang es so, als hatte sie etwas verdrängt.
In der Nacht passierte gar nichts. Auch nicht in den folgenden Nächten. Ich versuchte es auch nicht. Wartete darauf, das sie damit anfing. Aber nichts geschah. Irgendwann nahm ich sie an die Hand und ging mit ihr zu einer Psychiaterin. Vor einigen Jahren war eine Bekannte bei ihr gewesen. Sie konnte nur Gutes berichten. Deshalb war ich mit ihr dort gewesen. Anfangs weigerte sie sich. Aber dann ließ sie sich doch noch darauf ein. Gutes Zureden von mir und das Versprechen, das sie, wenn sie nicht zufrieden war, nie mehr herkommen brauchte. Mir ging es nicht darum, mit ihr zu schlafen. Ich hatte gespürt, das es ihr nicht immer leicht fiel, in meinen Armen zu sein. Wahrscheinlich lag es an ihrer Vergangenheit. Es ist ja meistens so. Ich wollte, das sie mit einem Facharzt darüber redet und er sie davon befreien konnte.
Die Zeit verging. Wochen und Monate. Von Sitzung zu Sitzung ging es ihr immer besser. Was sie dort besprachen, wusste ich nicht. Es war mir auch egal gewesen. Mir war wichtig, das es ihr gut ging. Das ich sie in meine Arme nehmen konnte und sie sich darin wohl fühlte. Sex war für mich totale Nebensache geworden. Wenn es eines Tages klappen sollte, war gut. Und wenn nicht, war es auch nicht schlimm. Ich liebte sie. Vertraute ihr. Sie war ehrlich, aufrichtig und treu. Zwar hatte ich ihr gesagt, das es mich nicht stören würde, wenn sie einen anderen Mann ansah, weil ich auch manchmal eine andere Frau ansah. Das heißt ja nicht automatisch, das man die andere Person mehr begehrt. Es hieß gar nichts.
Wir führten eine Glückliche, asexuelle, Beziehung. Ich hatte mich daran gewöhnt, das wir nur kuscheln und vielleicht ein wenig Petting machen. Sie zeigte mir, das sie mich auch liebte. Das zählte für mich eine ganze Menge. Sie erlaubte mir zwar, das ich mit anderen Frauen ins Bett durfte, aber ich tat es nicht. Ich blieb ihr treu. Bis zu jenem schicksalhaften Tag.
Sie hatte wieder eine dieser Sitzungen. Ich war zu Hause und bereitete das Abendessen zu. Dachte daran mich kastrieren zu lassen, weil ich ab und zu doch ein sehr großes Bedürfnis danach hatte. Noch reichte mir meine Hand. Aber wie lange noch? In den Zeitungen steht viel. Und ich hatte keine Lust zu erfahren, ob ich meine Frau, oder eine andere, vergewaltigen würde. Lieber etwas abschneiden lassen und Feierabend.
Ich wartete lange. Sehr lange. Aber sie kam nicht. Die Praxis war schon längst geschlossen. Ich rief die Polizei an und fragte, ob sie die Augen nach ihr offenhalten könnten. Langsam machte ich mir ernsthafte Sorgen um sie. Es war nicht ihre Art gewesen. Normalerweise gab sie Bescheid, wenn sie noch woanders hingehen wollte.
Stunde um Stunde verging. Ich zog mich an und machte mich auf den Weg, um sie selbst zu suchen. Aber ich fand sie nicht. Ich ging zur Polizei und legte ihnen Fotos hin. Erklärte ihnen, das sie mir stets Bescheid gab, wohin sie ging. Sogar häufiger, als nötig.
Tage zogen durchs Land. Ich ahnte schon, das ich sie nie wieder sehen würde. Und es wurde mir auch bestätigt. Zweieinhalb Wochen nach ihrem verschwinden, fand man ihre Leiche. Alles sprach für Selbstmord. Keine Anzeichen von äußerer Gewaltanwendung. Irgendwas musste während der Sitzung gewesen sein. Warum sonst hatte sie sich umgebracht?
Ich fragte bei ihrer Ärztin nach. Sie sagte, das zu dem Zeitpunkt sie ein Kollege vertreten hatte. Ich war genauso schlau, wie vorher. Mir war klar, das ich nie erfahren würde, was sie dazu veranlasst hatte sich umzubringen.
Jedes Jahr gehe ich an ihr Grab und frage mich, warum sie sich umgebracht hat. Obwohl ich in einer neuen Beziehung und sehr glücklich mit meiner neuen Frau bin, kann ich sie nicht vergessen. Sie war etwas ganz besonderes. Einmaliges.
Wir standen uns gegenüber. Er und ich. Mein Konkurrent, könnte man sagen. Andererseits auch wieder nicht. Sie hatte sich für ihn entschieden. Nur Gott weiß warum. Viel anders, als ich, sah er nicht aus. Vielleicht hatte er andere Qualitäten. Zum Beispiel als Liebhaber. Ich plädierte immer noch auf eine Phase hin, die meine Frau durchmachte. Obwohl sie diese Phase schon ziemlich lange durchmachte. Ich musste unbedingt eine neue Frau finden. Entweder wurde sie dadurch eifersüchtig, oder sie hatte wirklich kein Interesse mehr an mir.
Am liebsten hätte ich ihn über sie aufgeklärt. Aber ich konnte es nicht. Irgendetwas hemmte mich. Vielleicht das Wissen. Welches ich schon hatte, er aber noch nicht. Ich wusste, warum wir hier waren. Wie lange würde es dauern, bis sie mit der Sprache herausrückte? Ich glaubte nicht, das sie es jemals zustande brachte. Sie war feige. Wenn ich sie nicht dazu gedrängelt hätte und dabei gewesen wäre, als sie ihm schrieb, wären wir uns niemals begegnet.
Schon lange wollte ich ihn kennenlernen. Einfach nur so, um zu erfahren, wie er aussah und was ihr an ihm so sehr gefiel. Sympathisch war er. Das musste ich zugeben. Wir verstanden uns ganz gut. Wir hatten zwar nur einen kurzen Wortwechsel gehabt, aber für uns Männer reichte es aus, um jemand sympathisch zu finden, oder auch nicht. Ich machte kein Geheimnis daraus, das ich ihr Ex war und ich mich nicht von ihr trennen wollte. Das ich wieder mit ihr zusammenkommen wollte. Aber den Rest verschwieg ich ihm. Warum wir hier waren. Wie sie sein konnte und oft war. Sollte er sich selbst ein Bild von ihr machen. Wer weiß, ob er mir geglaubt hätte, wenn ich es ihm erzählt hätte. Bisher wollte mir so ziemlich niemand glauben. Irgendwie schon verständlich, das sie nur bei mir anders war. Ihren waren Charakter zeigte. Trotzdem wollte ich sie nicht verlieren.
Ich öffnete mir ein Bier. In letzter Zeit trank ich wieder sehr viel. Das war normal. Immer, wen ich fertig war, keinen Ausweg fand, Liebeskummer hatte, trank ich zu viel. Und das, obwohl ich ganz genau wusste, es half nichts. Es verstärkte nur die Emotionen, die ich hatte. War ich deprimiert, fiel ich noch tiefer. Nicht selten dachte ich an Selbstmord. In der Zwischenzeit habe ich mich daran gewöhnt. Glaube sogar, das es vererbt wurde. Jedenfalls der griff zur Flasche.
Es war schon seltsam gewesen. Ich stand ihm gegenüber. Ihm, der mir meine Frau wegnehmen wollte. Und ich verspürte keine Eifersucht. Mir kam es vor, wie damals, als ich bei einer Bekannten war. Ich war nur rein zufällig in der nähe gewesen und dachte mir, das ich sie mal besuchen könnte. Damals wusste ich nicht, was Phase war. Im Sessel saß ein Bekannter. Sie stand neben mir und unterhielt sich mit mir. Ganz normal, wie immer. Doch da war noch jemand anderes. Der hatte gar keine gute Laune. Ich verstand erst weit hinterher, was los war. Ihr Ex durfte auf ihre Kinder aufpassen und derjenige, der im Sessel saß, war ihr Neuer gewesen. Damals wusste ich es noch nicht.
Meine Frau – Exfrau – lief hin und her. Kam nicht zur Ruhe. Suchte sich Arbeit, nur um nicht das zu sagen, was sie sagen sollte. Ich war Nahe dran ihm zu beichten, das sie zwar Interesse an ihm hätte. Kribbeln im Bauch spürte, wenn sie ihn sah. Aber sie sich noch mit vielen anderen schrieb und traf. So ganz nebenbei. Okay, sie waren noch kein Paar, weil es noch keiner von ihnen geschafft hatte, es auszusprechen. Deshalb durfte ich, denke ich mal, ab und zu noch. Und genau deswegen getraute sie sich auch nicht, es zu sagen. Ich konnte es schon verstehen. Was ich aber nicht verstand, das sie schon nach dem ersten, oder zweiten sehen in der Kiste gelandet waren. Mine Frau hatte sich wirklich geändert und ich hatte Angst davor, das sie wie ihre Familie wird. Sex war da das Wichtigste. Sie hatten es faustdick hinter den Ohren. Selbst in einer Beziehung konnten sie es nicht lassen. Daher hatte ich oft Zweifel an der treue meiner Frau. Erkannte aber stets die Vaterschaft an. Von allen beiden Kindern. Und ich war bereit, das dritte Kind, als meines anzuerkennen. Nur um sie wieder für mich zu gewinnen. Ich liebte sie immer noch. Ich weiß nicht, an was es liegt. Ich bin ihr völlig ausgeliefert. Sie kann mit mir tun und lassen was sie will. Ich verzeihe ihr alles. Mache für sie alles.
Wir hatten uns hingesetzt. Warum sollten wir die ganze Zeit stehen, wenn Sitzplätze vorhanden waren? Außerdem war nichts weiter in der Wohnung zu tun. Bald musste sie zu uns kommen und endlich mit der Sprache rausrücken. Natürlich konnte sich das dennoch hinziehen. Ich kannte meine Frau. Wenn es um wichtige Gespräche ging, versuchte sie alles, um denen aus dem Weg zu gehen.
Ich war freundlich und bot ihm ein Bier an. Anfangs wollte er nicht, da er mit seinem eigenen Auto da war. Respekt, dachte ich. Es gibt nicht viele, die Auto fuhren und nichts tranken. Aber ich konnte ihn dann doch noch überreden, mit mir ein Bier zu trinken. Schließlich wohnte ich nur eine Parallelstraße weiter und hatte genug Platz für ihn. Am kommenden morgen musste er nicht raus, also konnte er sich mal etwas gönnen. Spaß, vergnügen und so weiter. Leider konnte er kein Skat. Schade. Sonst wäre ich mit ihm zu einem Bekannten gefahren. Denn uns fehlte ein dritter Mitspieler. Wir sind Spaßspieler. Fehler kamen vor und wurden verziehen. Wenn einer aus versehen falsch ausgespielt hatte, durfte er die Karte wieder aufnehmen und die richtige hinlegen. Das Leben war schon ernst genug.
Die Zeit verging. Meine zehn Flaschen Bier, die ich mitgebracht hatte, neigten sich dem Ende zu. Ich war froh, das meine Kinder in ihrem Zimmer spielten. So konnte ich mich ungestört mit ihm unterhalten. Und obwohl meine Frau nicht im zimmer war, wusste ich, das sie uns zuhörte. Denn es fehlte die laute Musik, die sie sonst hatte, wenn sie aufräumte. Mir war es egal. Ich hatte kein Geheimnis vor ihr. Wir unterhielten uns nur über vergangene Dinge, wie Beziehungen. Arbeit. Freunde. Schule. Ausbildung. Meinetwegen konnte sie zuhören.
Als ich bemerkte, wie spät wir es schon hatten, verschob ich unsere Unterhaltung in die Küche. Irgendwie hatte ich es immer noch nicht aus mir herausbekommen. Wenn ich bei ihr war, drängte es mich in die Küche. Schaute mich dort kurz um und begann Essen zu machen. Ich bekam es nicht aus mir raus. Wenigstens war mir meine Frau dafür dankbar, auch wenn sie es mir nicht zeigte. Ich spürte es.
Gemeinsam saßen wir am Tisch. Er hatte schon einem im Tee. Das sah ich ihm an. Ich trank jeden Tag, daher war ich einiges gewöhnt. Gut, es tat mir nicht wirklich gut. Aber ich konnte nicht anders. Ich griff automatisch zur Flasche.
Es war schon seltsam gewesen. Nach der Trennung saßen wir zwar noch oft an einem Tisch. Aber ohne einen Dritten. Und immer wieder sah ich sie an. Es war ihr unbehaglich. Aber ich konnte nicht anders. Sie war meine große Liebe. Ich wollte sie nicht verlieren. Meine Familie. Oft brachten sie mich auf die Palme. Dennoch liebte ich sie alle drei. Und ich wollte nicht ohne sie weiterleben.
Nach dem Abendessen, brachten meine Frau und ich die Kinder ins Bett. Jeder hatte ein Kind. Normalerweise redeten wir gemeinsam über die letzten Stunden. Diesmal schwiegen wir. Lagen neben unseren Kindern und starrten zur Decke. Bis sie eingeschlafen waren. Danach standen wir leise auf und gingen ins Wohnzimmer, wo wir schon erwartet wurden.
Ich zwang sie, sich auf meinen Schoß zu setzen. Meine arme legten sich um ihren Bauch und mein Gesicht lehnte an ihrem Rücken. Es war so schön gewesen. Sie roch so gut. Fühlte sich so weich an. Warum nur musste sie mich verlassen? Was hatte ich ihr getan? Wieso war das Leben so unfair?
„Sie ist schwanger!“, entfuhr es mir, ohne, das ich es wollte.
Stille. Niemand regte sich. Wagte es auch nur zu atmen.
„Tut mir leid. Ich wollte es nicht. Aber wenn es einmal draußen ist... Sie ist schwanger und weiß nicht von wem. Entweder du oder ich.“, platzte es aus mir heraus. Es fiel nicht leicht, die anderen zu verschweigen, mit denen sie sich getroffen hatte. Ich wusste ja auch nicht, ob sie nur mit uns beiden im Bett gelandet war, oder auch mit anderen. Als Hure wollte ich sie nicht hinstellen. Ich wollte auch nicht wissen, ob noch mehr Kandidaten in Frage kamen.
„Trotz allem stehe ich hinter ihr. Das Kind wird geboren. Du kannst dich jetzt entscheiden, ob du Vater werden willst. Wenn nicht, du kennst den Weg zur Tür. Ich lasse sie nicht im Stich, weil ich ein Vollidiot bin. Wenn du jetzt gehst, dann für immer. Ich werde die Vaterschaft anerkennen. Es ist deine Entscheidung.“, genau das sagte ich zu ihm. Ich war nicht betrunken. Auch wenn es jetzt so klingen mag. Warum ich ein Kind annehmen wollte, bei dem ich nicht wusste, von wem es war, hatte einen ganz einfachen Grund: Ich liebte sie zu sehr und wollte für immer mit ihr zusammen bleiben.
Lange ist es er, das wir uns getrennt hatten. Wobei das gar nicht ganz so richtig ist. Sie hatte sich von mir getrennt. Ich fiel ihr auf die Nerven. Mehr weiß ich bis heute nicht, warum sie mich verlassen hatte.
Die ersten Monate waren die Schlimmsten. Danach gewöhnte ich mich langsam ans Alleinsein. Ich hatte auch ein Ziel vor Augen. Nachdem ich jahrelang nur an meine Familie und deren Wohl gedacht habe, wollte ich endlich mal nur an mich denken. Wofür ließ ich mich scheiden, wenn ich weiterhin nur an meine Familie dachte?
Es war mir nicht leichtgefallen loszulassen. Immer wieder stellte ich mir die Frage, ob ich das Richtige getan habe. Denn es bestand damals folgendes Problem. Als ich ausgezogen war, stand meine Gattin alleine da. Niemand der ihre schweren Einkäufe schleppte, das Essen machte und servierte, für sie telefonierte und so weiter. Das alles hatte sie nicht bedacht. Nach meinem Rausschmiss war sie auf sich allein gestellt. Keine Arbeitsteilung mehr. Anfangs wollte ich sie auch noch unterstützen, aber sie wollte es nicht. Aus Angst, wir könnten wieder zusammenkommen. Sie war schon sehr seltsam. Aber ich habe sie geliebt.
Ich konnte mich damals entscheiden. Entweder blieb ich für mich allein und verzichtete auf meine Kinder. Oder ich tat mich mit dem Jugendamt zusammen. Das hieße, sie bestimmten, wann sie Zeit hatten und ich Zeit zu haben hatte. In der Zeit hatte ich die Kinder. Musste mich mit ihnen sinnvoll beschäftigen und meine Wohnung musste 100% Kindersicher sein. Oder ich entschied mich, die Schulbank zu drücken und mich darauf zu konzentrieren. Meiner Frau zuzutrauen, das sie es alleine schaffte und keine Hilfe benötigte. Dazu muss ich erwähnen, das meine Gattin psychisch nicht stabil war. Andererseits hatte sie die Unterstützung vom Jugendamt. Würde es wirklich so weit kommen, das meine Frau ausfällt und ich für sie einspringen musste?
Was tun? Wie entscheiden? Ich war nicht mehr der Jüngste und musste endlich mal meinen Arsch in Bewegung versetzen. Etwas aus mir machen. Vorbild für meine Kinder sein. Und ein wenig auch für meine Frau. Aber wenn doch etwas mit ihr sein sollte. Ich konnte doch nicht zulassen, das unsere Kinder zu fremden Personen gingen.
Mir fiel es wahrlich nicht leicht, mich für eine Karriere zu entscheiden. Ich betete jeden Tag, das meine Frau die Kraft hatte, sich um unsere Kinder zu kümmern. Für sie und die Kinder.
Viele Jahre später machte ich meine Kinder ausfindig. Ich fand heraus wo sie wohnten und schrieb ihnen lange Briefe. Eine Antwort bekam ich nie. Das war mir auch egal. Ich wollte, das sie wussten, warum ich mich damals so entscheiden hatte. Das mir die Entscheidung nicht leicht gefallen war und ich mich immer wieder gefragt habe, ob es die richtige Entscheidung war.
Eines Tages bekam ich doch noch einen Brief von einem meiner Söhne. Ich konnte es nicht glauben. Tränen standen in meinen Augen. Wie ich mich darüber freute. Mir war ganz egal, was da drin geschrieben stand. Wichtig war, das mir mein Sohn geschrieben hatte.
Als ich mich so weit gefangen hatte, überflog ich den Brief. Er war sehr traurig geschrieben. Denn auch ihm war jenes Schicksal widerfahren. Und ebenso, wie mir damals, musste er sich entscheiden. Karriere, oder Kind.
Sein Brief endete mit folgenden Zeilen: „Komme dich in den nächsten Tagen besuchen.“
Wieder standen Tränen in meinen Augen. Ich ließ sie raus. Keiner konnte sie sehen. Ich war ja allein. Nach über dreißig Jahren würde ich endlich meinen Sohn wiedersehen.
Er war glücklich verheiratet gewesen. Bis sie ganz plötzlich einen anderen kennengelernt hatte. Anfangs traf sie sich heimlich mit ihm, während ihr Mann arbeiten war. Doch schon kurz darauf zog sie bei ihm ein.
Jeden Tag machte er unzählige Überstunden und kam nur noch zum Schlafen nach Hause. Es lenkte ihn gewaltig ab und es schaffte ihn auch. Nach ein paar Wochen war er völlig am Ende. Sein Boss schickte ihn in Urlaub.
Anfangs war er gar nicht begeistert davon. Doch nachdem er sich richtig ausgeschlafen hatte, kam ihm die Idee. Er packte seine Reisetasche und fuhr zum Flughafen. Nach langem Warten und fielen fragen, hatte er es endlich geschafft. Er saß in einem Flugzeug und flog nach Estland. Wie war wohl das Wetter dort? Hatte er das Richtige eingepackt?
Das Land war atemberaubend. Zum ersten mal, nach langer Zeit, lächelte er wieder. Was sollte er jetzt machen? Sich eine Unterkunft suchen. Aber für wie lange? Eine Nacht, oder länger?
Er entschied sich, nur für eine Nacht zu bleiben. So konnte er jeden Tag weiter ins Land ziehen und fiel mehr davon sehen. In der Zwischenzeit hatte er auch völlig seine Ex vergessen. Keinen Gedanken an ihr verschwendet. Auch wenn er den Ehering noch trug, hatte es nichts zu bedeuten. Jedenfalls nicht für ihn. Es war Gewohnheit. Er merkte ihn gar nicht mehr. Als wäre es ein Teil von ihm, wie sein Ohrläppchen.
Die Tage vergingen ziemlich schnell. Er war den ganzen Tag unterwegs, betrachtete sich die Landschaft. Ihre Flora und Fauna. Abends suchte er sich eine Unterkunft. Und dort traf er sie. Eine atemberaubende Schönheit. Wie sollte er sie ansprechen, fragte er sich. Doch da kam sie schon auf ihn zu und sprach ihn an. Eine Landsmännin. Ebenso, wie er, frisch geschieden. Mit dem einzigen Unterschied, das es bei ihr offiziell war.
Es waren seine letzten drei Tage gewesen. Er verbrachte sie alle mit ihr. Sie kamen sich näher und am letzten Tag, als sie sich am Flughafen verabschiedeten, küssten sie sich das erste mal. Es war ein aufregender Kuss gewesen. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals.
Tag für Tag. Woche für Woche. Stets dachte er an sie und wünschte sich, sie wieder zu sehen. Aber er hatte keine Adresse von ihr. Dafür hatte sie seine. Und seine Telefonnummer. Warum rief sie nicht an?
Ein viertel Jahr verging. Er hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben. Da rief sie ihn an. Sie war gerade in der Nähe und wollte ihn sehen und hoffte, das er sie auch sehen wollte. Und wie er wollte. An diesem Abend beschlossen sie, ein Paar zu sein. Kurz darauf zog sie bei ihm ein. Dies war der letzte Schritt gewesen. Nun fühlte sie sich endlich frei. Und jetzt konnte sich auf ihre neue Beziehung konzentrieren. Tief in sich spürte sie, das dies ein neuer Anfang war und das er der Richtige für sie war. Sollte sie sich jedoch irren, würde er auch der letzte Mann, in ihrem Leben sein.
Er war glücklich. Eines abends, als sie im Bett lagen, fiel sein Blick auf seine Hand. Am Finger steckte immer noch sein Ehering. Er musste ab. Als Zeichen, das er keine Gefühle mehr für seine Ex hatte. Außerdem wollten sie sich verloben. Sie nahm seine Hand, zog den Ring vorsichtig ab und schmiss ihn quer durchs Zimmer. Im gleichen Augenblick, in einem anderen Schlafzimmer, lag seine Exfrau. Reglos. Nie wird er erfahren, das sie es zu tiefst bereute, ihn verlassen zu haben. Das sie sich nicht getraut hatte, zu ihm zurückzukehren. Unter seine Augen zu treten. Die Hölle, die sie mit ihrem Neuen durchgemacht hatte, sah sie als Strafe dafür, das sie ihren Mann hintergangen und verlassen hatte.
Mit ein paar Freunden einen trinken gehen und einfach nur Spaß haben. So war es geplant. Ich war niemanden Rechenschaft schuldig. Brauchte mich nicht abzumelden, oder weggucken, wenn ich ein hübsches Mädchen sah. Eine schöne Zeit. Wie ich sie vermisse.
An jenem Abend war ich gut drauf. Lag wahrscheinlich auch daran, das ich schon vorher ein wenig getrunken hatte. Ich konnte aber nichts dafür. Mein Vorarbeiter hatte mir gesagt, das ich Bier und Wein holen soll. Ich kann doch meinem Vorgesetzten nicht widersprechen. Wenn er sagt, geh Wein und Bier holen, habe ich zu gehorchen. Schließlich schrieb er die Lohnzettel. Wenn er wollte, konnte er Erschwerniszuschläge schreiben, oder es auch sein lassen. Und ich wollte sie haben. Schließlich wollte ich das Geld haben. Es brauchte ja der Oberboss nicht wissen, das wir nur getrunken und Karten gespielt haben. Unsere Arbeit haben wir auch gemacht. Nur eben nicht jeden Tag. Der Arbeitsort gefiel uns und wir wollten einige Zeit bleiben. Also mussten wir unseren Arbeitseifer einschränken.
Wir hatten keinen Plan, wohin wir gehen sollten. Erstmal in die Innenstadt und dann weitersehen. Die Auswahl war groß. Zu groß. Also suchten wir uns etwas, das nicht überlaufen war. Nichts gegen andere Menschen. Aber zu viele auf einen Haufen sind einfach nur störend. Ich brauche Platz. Abstand.
Nach längerem Suchen, hatten wir einen Schuppen gefunden. Relativ groß und leer und kostenloser eintritt. Dafür kosteten die Getränke dementsprechend. In meiner damaligen Stammdisko hätte ich etwa ein viertel bezahlt. Kostete zwar Eintritt. Aber der war sehr gering. Ich glaube zwei fünfzig. Samstags, bis 21 Uhr, war der Eintritt frei und es gab auch ein Freibier. So gut es auch klingt, sie hatten sich nicht an Zeiten gehalten. Obwohl um acht Öffnungszeit, warteten sie bis nach acht, bis sie die Tür öffneten. Und ehe man drinnen war, verging auch nochmal Zeit. An der Theke standen sie auch Schlange. Nicht nur einmal hieß es für mich, Geld oder kein Bier.
Das war natürlich Pech. Aber das war nicht der Grund, warum ich nicht mehr hingegangen war. Es lag an der Musik. Ich wusste, wann welches Lied kam. Nur ganz selten spielten sie mal etwas anderes. So kann man seine Gäste auch vergraulen.
Zurück zu dem Abend. Wir unterhielten uns, lauschten der Musik, die einem nicht in den Ohren dröhnte und tranken überteuertes Bier. Wegen den Preisen, wollten wir schnell wieder gehen. Doch dann sah ich sie. Eine wunderschöne Frau. Sie stand ganz alleine an einem Tisch und sah sehr traurig aus.
Auf leisen Sohlen schlich ich mich zu ihr. Schneller, als gedacht, kam ich mit ihr ins Gespräch. Und sie hatte viel zu erzählen. Sehr viel. Leider nichts lustiges. In mir stieg die Hoffnung, das ich mit dieser Dame die Nacht verbringe. Aber daraus wurde nichts. Nachdem sie mir ihr ganzes leid erzählte hatte, bedankte sie sich bei mir fürs Zuhören und das spendieren ihres Drinks. Dann war sie auch schon weg. Und ich kam wieder zu Sinnen. Die Mistkuh hatte mich ausgetrickst. Ohne mich. Ich gesellte mich wieder zu meinen Freunden, die gerade am Gehen waren. Mischte mich unter sie und ging mit ihnen nach draußen. Und dort sah ich sie wieder. Traurig ließ sie ihren Kopf hängen und erzählte einem anderen Kerl die gleiche traurige Geschichte, während sie ihren Cocktail schlürfte. Ich ging zu ihm, flüsterte ihm ins Ohr, was sie mit mir gemacht hatte. Als sie aufblickte, stand sie ganz alleine da. Blickte um sich. Fluchte.
Ich drehte mich noch einmal um und zwinkerte ihr zu. Finster und wütend, sah sie mich an.
Gottes Wege sind sehr seltsam. Denn ich traf sie wieder und lernte sie richtig kennen. Ein sehr intelligentes Mädchen. Schade, das es nur bei dieser einen Nacht blieb.
Er gehörte zu den Stars, der Schlagerszene. Mit soften, einschmeichelnden Liedern, erklomm er die Schlagercharts. „Nur du und keine andere“ „Dich liebe ich mehr, als mein Leben“ „Mein Herz für immer dein“ Mit diesen Titeln hatte er angefangen und sich nicht träumen lassen, das er damit erfolgreich werden würde. Er übertrumpfte sogar seine Kollegen, die seit Jahren in diesem Geschäft waren.
Als er „Nur du und keine andere“ herausbrachte, hoffte er, das es kein totaler Flop werden würde. Sein Gebet wurde erhört und er bekam Doppelgold. Es wurde sofort zum Megahit. Ohne große Werbung. Damals dachte er, das würde er nie wieder schaffen. Onehitwonder. Davon gab es genug. Und er würde einer von ihnen sein. So dachte er damals. Doch es kam ganz anders. „Dich liebe ich mehr, als mein Leben“ wurde genauso oft verkauft. Seine dritte Single schlug noch mehr ein.
Nach den drei Singles, brachte er ein Album raus. Auch das verkaufte sich sehr erfolgreich. Ein sehr guter Start, mit dem niemand gerechnet hatte. Vor allem deswegen nicht, weil die Texte sehr „geschleimt“ waren. Daher sollte auch das Album „Vorsicht Rutschgefahr“ heißen. Auch „Schleimspur“ war im Gespräch. Aber man entschied sich dann doch für den Titel „Ein Herz voller Liebe“
Immer noch ängstlich, produzierte er weitere Singles und Alben, die sehr erfolgreich wurden. Bis eines Tages...
Er feierte eine kleine Party. Seine alten Freunde und Weggefährten sollten wissen, das er sie nicht vergessen hatte. Bei ihnen wusste er auch, das er ihnen vertrauen konnte. Neue Freunde wollte er nicht haben. Zu viel misstrauen. Er hatte Geld und Erfolg und wollte die Gewissheit, das ihn niemand nur deswegen mochte. Auch wollte er sich nicht ausnutzen lassen. Zu viel hatte er darüber gehört.
Vor seinem Einfamilienhaus, welches er nach seinem zweiten Albumerfolg gekauft hatte, stand ein Paparazzi. Wahrscheinlich ein alter Hase. Denn er hatte sich so gut versteckt, das ihn niemand sah, er aber alles sehen und hören konnte. So sah er auch die Kahlgeschorenen Köpfe und hörte die verbotene Musik.
Schon am folgenden Morgen stand er ganz groß in der Zeitung. „Vom Softly zum Nazi“. Man erkannte ihn kaum, auf dem Foto. Aber beim genauen hinsehen, konnte man ihn erkennen. Die Polizei ließ auch nicht lange auf sich warten. Fünf Mann durchsuchten seine ganze Wohnung. In allen Ecken und Ritzen wurde nachgeschaut. Auf dem Computer fanden sie auch nichts. Nach knapp zwei Stunden stellten sie die Suche ein, entschuldigten sich für ihr eindringen und gingen. Der Schlagerstar lehnte sich in seinen Lieblingssessel und grinste vor sich hin.
Schon am kommenden Morgen stand ein kleine Entschuldigung in der Zeitung. Auch im Fernsehen wurde bekannt gegeben, das die Polizei nichts fand, was darauf hinwies, das er ein „Nazi“ war und das das Foto wahrscheinlich eine Fälschung war.
Er schwamm weiter auf seiner Erfolgswelle und achtete sehr auf seine Schritte, auf seine Umgebung. Aus Sicherheitsgründen besorgte er sich Bodyguards. Tag und Nacht ließ er sich von ihnen beschützen. Mit ihrer Hilfe konnte er seine alten freunde besuchen und mit ihnen Party feiern, ohne von irgendeinem Paparazzi gesehen zu werden.
Wir saßen uns gegenüber. Im Gegensatz zu ihr, hatte ich einen neuen Partner. Dennoch war ich nicht glücklich. Ich mochte meine neue Partnerin nicht so sehr. Als meine Damalige mit mir Schluss gemacht hatte, habe ich nicht lange gesucht, sondern das Erstbeste genommen. Ich konnte nicht alleine leben. Viel zu lange hatte ich in einer Partnerschaft gelebt. Als es aus war, war ich einfach nur froh, jemanden gefunden zu haben, der an meiner Seite sein wollte.
Es war ein seltsames Gefühl. Da saß sie nun. Besonders wohl schien sie sich nicht zu fühlen. Sie war immer noch allein. Ich fragte mich, was aus ihren Internetbekanntschaften geworden war. Es gab einige Kerle, mit denen sie sich geschrieben hatte, während wir noch zusammen waren. Dies war auch ein Grund, warum sie Schluss gemacht hatte.
Damals dachte ich, es wäre wieder mal nur eine Phase. Ein paar Tage Ruhe vor mir und sie kam zurück. Aber dem war nicht so. Nach zwei Wochen gab ich auf und suchte mir eine Neue. Sie war schnell gefunden. Nur leider wurde ich mit ihr nicht glücklich. Wenn ich sie ansah, spürte ich rein gar nichts. Dabei war sie wunderschön. Beine hatte sie. Lächeln konnte sie. Das sie ein wenig größer war, als ich, störte mich nicht. Anfangs glaubte ich auch fest daran, das ich mich noch in sie verlieben werde. Denn sie hatte fast alles, was ich mir von einer Frau wünschte. Aber es wollte kein Funke überspringen.
Im Bett war es immer das Gleiche. Sie wollte keine Abwechslung. Mir verging immer mehr die Lust darauf. Sehnsüchtig dachte ich an meine Letzte. Sie war für alles offen. Da war nur ich das Problem. Ich war zu schnell. Und ich konnte nicht sofort weitermachen. Aber ich hatte noch andere Körperteile, mit denen ich bei ihr weitermachen konnte. Und später hatten wir auch noch diverse Spielzeuge. Meine neue Partnerin konnte ich nicht dazu bringen. Sie wollte nur die Standardstellung. Ich oben und sie unten.
Als ich meine Verflossene in die Augen sah, fielen mir wieder die intimen Stunden ein. Jede Körperöffnung, und auch jede Stellung, wurde ausprobiert. Kleine, versaute Filmchen gaben uns Inspiration. Natürlich konnten wir nicht alles nachmachen, weil meine Angebetete eine gewisse Leibesfülle hatte. Probiert hatten wir es trotzdem.
Irgendwie vermisste ich das. Ich weiß nicht, wie es ihr ging. Vielleicht fehlte ich ihr sogar wieder. Wer wusste das schon. Aussprechen konnte sie es nie. Und mit der Ehrlichkeit hatte sie es auch nicht immer. Auch konnte man sich nicht wirklich auf sie verlassen. Wenn es ihr in den Sinn kam, änderte sie ihre Meinung und ich stand dann da und wartete vergebens auf sie. Denn mir Bescheid geben, konnte sie auch nicht.
Ich war hin und her gerissen. Sollte ich sie fragen, ob sie mich wieder nimmt? Wollte ich wieder zurück zu ihr? Nur wegen dem Sex, das wäre blöd. Wir hatten welchen, aber nicht gerade oft. Je nach ihrer Laune. Es kam vor, das sie am Tage Nein sagte, es wir abends dann doch trieben. Und umgedreht ebenso. Ich freute mich auf den Abend und sie hatte plötzlich keine Lust mehr. Manchmal hätte ich ihr wirklich den Hals umdrehen können. Wie oft hatte sie mich zur Weißglut gebracht. Manchmal schien es mir so, als täte sie es mit Absicht. Als würde sie es provozieren. Aus Langeweile? Aus diesem Grund hatte sie mir oft wehgetan. Und weil es ihr gefiel, mich leiden zu sehen. Sie ergötzte sich an meinem Schmerz.
Das Treffen bestand eigentlich nur aus ansehen und schweigen.Keiner wusste, was er sagen sollte. Eine halbe Stunde später trennten sich wieder unsere Wege. Am liebsten wäre ich ihr hinterher gegangen. Nur einmal noch eine Nacht mit ihr. Das volle Programm. So, wie sie es mir damals versprochen hatte, bevor sie mich verließ. Eigentlich ist sie mir diese Nacht noch schuldig. Deshalb überlegte ich, ob ich ihr hintergehen sollte, oder nicht.
Sie lag tot in ihrer Wohnung. Seit Wochen. Der üble Gestank, der aus ihrer Wohnung kam, ließ die Mieter auf sie aufmerksam machen.
Ich kannte sie gut. Durch einen damaligen Bekannten, in den sie sehr verknallt war, kamen wir in Kontakt. Immer wieder hatte sie versucht, ihn für sich zu gewinnen. Aber er hatte keinerlei Interesse an ihr. Das wollte sie nicht wahr haben.
Als sie merkte, das sie ihn nicht erreichen kann, versuchte sie es über mich. Sie tat mir leid. Ich kannte das Gefühl, wenn man jemanden unsterblich liebte und die Person die Gefühle nicht erwiderte. Deshalb übermittelte ich anfangs ihre Nachrichten. Später versuchte ich ihr zu erklären, das es keinen Sinn hatte. Er war in einer neuen Beziehung und glücklich darin.
So einfach wollte sie nicht aufgeben. Kurzentschlossen packte sie ein paar Sachen und setzte sich in den nächsten Zug. Ein paar stunden später holte ich sie vom Bahnhof ab. Da sie, außer mich, niemanden weiter kannte, fuhren wir zu mir. Wir redeten miteinander und verstanden uns sehr gut. Am späten Abend zog ich ihr meine Couch aus. Ich hätte es nicht machen müssen. Schließlich hatte ich sie vorher nur einmal gesehen und sie wollte eigentlich zu jemand anderen. Aber ich konnte nicht anders. Konnte sie nicht in die Nacht schicken. Wohin sollte sie gehen?
Ein paar tage später bekam ich Besuch. Das heißt, meine Schwester hatte mich angerufen und mir gesagt, das sie gleich bei mir sein würde. Ich wurde nicht gefragt, ob es mir recht ist, oder so. Sie knallte es mir vor den Latz und legte wieder auf. Und so kam es, das meine Schwester die Couch besetzte. Sie und ihr Sohn. Wohin also mit der Dame, die vor ihr da war?
Wir lagen in meinem Bett. Wie es dazu kam, weiß ich nicht mehr. Auch nicht, wer damit anfing. Ich glaube, das sie es war. Kann mich aber auch irren. Jedenfalls küssten wir uns. Ich war nicht besonders gut darin, da ich es lange nicht mehr getan hatte und auch selten die Gelegenheit dazu gehabt hatte. Aber das störte sie nicht.
Wie ich darauf kam, weiß ich nicht. Ich fragte sie, ob wir miteinander... Vielleicht wäre es sogar dazu gekommen. Aber sie hatte ihr rote Zeit. Jedenfalls war dies ihre Ausrede. Wobei ich sagen muss, das gar nicht so viel Zeit durchs Land gezogen war, als wir das erste mal miteinander schliefen. Darin war ich noch schlechter. Wie oft hatte ich denn davor gehabt? Einmal. Irgendwie hielten meine Beziehung nie lange genug, um mit einem Mädel ins Bett zu steigen. Geschlafen, habe ich neben vielen. Aber wir haben uns nie berührt.
Ich glaube, das war der einzigste Vorteil, das meine Schwester bei mir eingezogen war. Ich hatte endlich ein Sexualleben. Leider wurde nicht mehr draus. In der Zwischenzeit hatte ich mich unsterblich in sie verliebt. Jede einzelne Minute wollte ich mit ihr verbringen. Zumindest nach Feierabend.
Meine Gefühle zu ihr, waren echt. Ein Bekannter, den ich durch meine Schwester kennengelernt hatte, sah es auch und versuchte sie zu überreden, mit mir eine Beziehung einzugehen. Aber sie wollte nicht. Sie mochte mich zwar, liebte mich aber nicht. Und ich konnte sie nicht dazu zwingen. Ich konnte nur die Zeit genießen, die sie mit mir verbrachte.
Sie fing an, andere Kerle kennenzulernen. Ich konnte sie nicht daran hindern. Wir waren nicht zusammen. Es war also kein Fremdgehen. Dennoch tat es weh. Und es tat weh, wenn sie feststellte, das jener kein Interesse mehr an ihr hatte, nachdem sie gemeinsam im Bett gelandet waren. Wie es aussah, war ich der einzigste Mensch auf Erden, der sie wirklich liebte. Den Boden anbetete, auf dem sie ging.
Eines Tages zog sie aus. Ich ertrug es nicht mehr. Es lag nicht daran, das sie nicht mehr mit mir schlief. Der Grund war, es tat regelmäßig weh, wenn sie sich mit anderen Kerlen traf und mit ihnen in die Federn stieg. Deshalb bat ich sie auszuziehen. In der Zwischenzeit hatte sie genug Menschen kennengelernt, bei denen sie unterkommen konnte. Zu dem Zeitpunkt war sie eh schon fast, bei einer Bekannten, eingezogen.
Ich war wieder allein. Leicht fiel es mir nicht. Sie fehlte mir einfach. Der Kontakt blieb alsbald auch weg. Nur durch die Zeitung hatte ich von ihrem Tod erfahren. Ich kann mir auch denken, warum sie sich umgebracht hatte. Sie fiel auf die Kerle rein. Erst taten sie so, als würden sie sie lieben. Gehen mit ihr ins Bett und melden sich nie wieder. Sie ertrug es nicht mehr. R.I.P my love.