Die Via wurden zurückgeworfen. Doch es scheint, als würden die Schwierigkeiten damit erst anfangen. Unruhen und Proteste erschüttern die Erde. Die Verhandlungen zwischen Menschen und Artheranern verlaufen ins Chaos... Und als wäre das nicht genug beginnt für den grade erst genesenen Rafail Coel ein Wettlauf mit der Zeit, dessen Ziel er nicht kennt, bis es fast zu spät ist. Bild : A Blue color design/ Fotolia.com
Aine saß an Bord des artheranischen Gesandtenschiffs und sah Gedankenverloren auf den Planeten unter dem Schiff, bei dem es sich lediglich um einen Kreuzer ohne Bewaffnung handelte.
Eine blaue Kugel, die sich endlos langsam um sich selbst drehte.
Insgesamt waren vielleicht zwanzig Artheraner an Bord, die mit ihr die Verhandlungen mit den Menschen koordinierten und durchführten.
Eine ermüdende Tätigkeit, aus der sie sich so gut es ging heraushielt.
Nein… sie war nicht hier um sich Stundenlang in Verhandlungsräumen aufzuhalten, sie war hier, weil sie sich versteckte…
Auf Artherium waren die Artheraner bei der Ankunft der Menschen etwa auf dem technischen Stand der beginnenden Industrialisierung gewesen. Politisch war das Land in mehrere Stadtstaaten und Länder eingeteilt gewesen
Manche davon feudalistisch regiert, andere, vor allem eine Reihe von unabhängigen Städten, von Räten oder Familienhäusern kontrolliert. Es war auch damals nicht unbedingt friedlich gewesen. Eher im Gegenteil. Ständige kleinere Konflikte zwischen den einzelnen Einflussgebieten hatten fast ständig getobt. Aber es war zumindest eine stabile Welt gewesen.
Dann jedoch war der Tag gekommen, an dem der Himmel gebrannt hatte. Und ein erstes menschliches Schiff auf dem Planeten landete. Götter, wie manche glaubten. Lediglich ein höher Entwickeltes Volk, wie sie schnell feststellten. . Artherium befand ich auf einem genügend hohen Entwicklungsstand, um diese technische Überlegenheit zu verstehen.
Anfangs schienen die neuen Besucher, in deren Gefolge sich auch Vertreter der Unity fanden, nicht feindlich gesinnt. Man erlaubte ihnen sogar eine Kolonie auf Artherium zu errichten, im Austausch für Technologie, mit der die Artheraner sehr schnell umzugehen lernten. Und nicht nur das. Sie begannen es zu verstehen und selbst, auf Basis des neuen, eigene Weiterentwicklungen vorzunehmen. Ein Prozess, der selbst bei den 10-mal so schnell lernenden Artheranern noch Jahrhunderte gedauert hätte, wurde auf einige Jahre verkürzt.
Doch dann war der Moment gekommen in dem sich alles geändert hatte. Nach dem das Angebot weitere Ressourcen und Gebietsansprüche gegen Technologie auszutauschen ausgeschlagen wurde. Wozu für neue Technologie zahlen, wenn man jetzt die Mittel hatte, diese selbst zu erschaffen?
Das dachten sie zumindest. Eine Weile lang blieb es ruhig.
Doch dann begann der Krieg, der fast zwei Jahre lang tobte. Und sie mussten sich eingestehen, dass sie die Menschen maßlos unterschätzt hatten. Eine ganze Flotte wurde gegen die Artheraner geschickt. Kämpfe tobten fast überall auf Artherium. Bis das Parlament oder die GTDF entschieden hatte, das die Artheraner die Mühe nicht wert waren.
Der erste Einsatz einer Nova-Waffe hatte die Oberfläche von Artherium zu Ache verbrannt und jedes Leben auf darauf getötet. Die wenigen Artheraner die entkamen zerstreuten sich und suchten Zuflucht auf einer möglichst weit vom Einflussgebiet der Menschen entfernten Welt.
Und dann waren die Via aufgetaucht, hatten die Gebrochenen, die Verunsicherten und vor allem die nach Rache sinnenden für einen Kreuzzug gegen die Menschheit eingespannt und dabei doch nur ihre eigenen Zwecke verfolgt.
Und das war etwas, das fielen Artheranern noch immer nicht klar war. Fakt blieb, hätten sie nach dem Rückzug der Via aus der Schlacht weitergekämpft, hätte die zwar kleinere aber dafür sehr viel besser bewaffnete und ausgebildete Erdflotte sie vernichtet.
Wenn Aine nicht den Befehl gegeben hätte, das Feuer einzustellen.
Ohne die Führung durch die Via hatten die Artheraner sich der Anweisung zwar gefügt, aber viele gaben nun ihr die Schuld daran, nun auf die Gnade des Erdparlaments angewiesen zu sein.
Sie wollte sich zumindest eine Weile von den meisten anderen Artheranern fern halten. Und dazu gab ihr das im Erdorbit verbliebene Botenschiff Gelegenheit. Die wenigen Artheraner, die auf der Erde geblieben waren um Verhandlungen zu führen, waren die Vernünftigeren, die die Notwendigkeit dafür auch sahen. Aber selbst unter diesen gab es einige, die ihr mittlerweile mit offener Feindseligkeit begegneten. Was sie auf den Artheranischen Welten erwarten würde… wollte sie lieber nicht herausfinden. Zumindest nicht, bis etwas Zeit vergangen war und sich die Gemüter wieder beruhigten.
Aber noch immer beschäftigten sich ihre Gedanken mit den vermissten Artheraner, den sie zusammen mit Martin und dem wiederaufgetauchten Coel auf dem Fabrikgelände gestellt hatten.
Soweit sie wusste war sein Name Keru gewesen und seit rund zwei Monaten hatte niemand mehr etwas von ihm gehört gehabt. Da kam die Frage auf… wo war der die ganze Zeit?
Vielleicht ließ sich Keru Weg irgendwie zurückverfolgen. Normalerweise würde die GTDF jeden Schritt eines Artheraners auf der Erde überwachen. Wen sie also Zugang zu den Datenbanken des Militärs bekam könnte sie zumindest herausfinden wo genau Keru von der Bildfläche verschwunden war. Zumindest wäre das wohl ein Anfang.
An Bord des Gesandtenschiffs gab es zwar niemanden, der gut genug wäre, sich Zugang zu den Militärdatenbanken zu verschaffen, aber möglicherweise gab es auch dafür eine Alternativlösung.
Soweit sie wusste befand sich Martin an Bord der Kronos und sobald diese von ihrem aktuellen Einsatz zurück kehrte und wieder in Funkreichweite war…
Eine halbe Stunde später baute sich endlich die Verbindung auf. Das Signal war schlecht und Zeitverzögert, da Aine nicht auf die Sonden der Erde zurückgreifen wollte.
Vermutlich wurde jedes Signal, das von dem artheranischen Schiff ausging abgefangen und überwacht. Und selbst wenn nicht, was sie vorhatte war mehr oder weniger Hochverrat.
,,Aine ?“ , fragte Martin. ,, Tut mir leid, der Link ist alles andere als stabil. Wir hatten ein kleines Rechnerproblem während des Rückflugs. Ich sag’s ja, die hätten besser einen Mac genommen…“
Offenbar hatte der Pilot versucht einen Witz zu machen, aber wenn, dann erstand sie ihn nicht. Es war auch nicht wichtig.
,, Ich fürchte ich muss sie um einen gefallen bitten.“
,, Das ist mal was neues.“ , meinte er. ,, Um was geht es ?“
,, Ich brauche Zugang auf die Militär-Datenbanken der GTDF.“
,, Sie sind verrückt.“ Martins Gesicht, das auf dem Übertragungsbildschirm erschien verlieh dieser Überzeugung auch Ausdruck. ,, Sie verlangen von mir ihnen Zugang zu Militärischen Informationen zu verschaffen.“
,, Und sie haben ein Problem damit ?“ , wollte Aine wissen.
,, Ich weiß ja nicht mal was sie damit wollen.“ , entgegnete er.
,, Eine Spur verfolgen.“
,, Das Hilft mir jetzt nicht wirklich weiter.“ Martin zögerte einen Augenblick. Er konnte ihr vertrauen , oder ? Aine hatte dutzende Gelegenheiten gehabt ihnen in den Rücken zu fallen.
,, Also nicht ?“ , fragte sie.
,, Das habe ich nicht gesagt.“ Antwortete Martin ,, Ich hoffe nur sie wissen was sie tun.“
,, Keine Sorge, ich passe auf.“
,, Das hoffe ich. Ich schicke ihnen meinen Zugangscode. Aber eine Warnung: Ich werde den gleich Morgen als unsicher melden. Sie finden was sie suchen also besser schnell. Außerdem, habe ich sie ja immer noch in der Hand, nicht wahr ?“
,, Martin… erinnern sie mich daran ihnen nie mehr irgendetwas zu erzählen.“
,, Sie sagen also, der menschliche Einflussbereich sei zu groß geworden ? Das unser Imperium zu schnell wächst? “
,, So ist es auch. Wie können wir erwarten, ein so großes Gebiet dauerhaft unter Kontrolle zu halten? Goodsprings war vielleicht nur der Anfang.“
,, Wir haben also ein zu großes Gebiet, kann ich das so festhalten ?“
,, Ja verdammt.“
,, Gut, dann möchte ich die Anwesenden auf etwas hinweisen. Vergleichen wir die Ausdehnung unserer Kolonien über die Galaxie und setzen dieses Gebiet mit der Fläche der Erde gleich meine Herren, dann ist dieses riesige Gebiet was wir heute angeblich kontrollieren, grade mal so groß wie die Innenstadt von London.“
,, Dieser Vergleich ist vollkommen…“
Coel verfolgte die Diskussion schon seit einer Weile. Nicht weil es ihn wirklich interessiert, sondern, weil er einfach nach einer Möglichkeit suchte, sich die Zeit zu vertreiben. Solange sich Adams nicht mit neuen Erkenntnissen meldete, steckte er in einer Sackgasse, so ungern er das auch zugab.
Das Thema hatte zur Verabschiedung eines Gesetzes gewechselt, das es der GTD erlauben sollte, im Notfall einige Sonderberechtigungen zu erhalten, wie es offiziell formuliert wurde. Inoffiziell erlaubte es der Militärorganisation Einsätze ohne vorherige Zustimmung durch das Parlament.
,, Was halten sie davon ?“
,, Ich finde das beunruhigend. Es mag ja schön klingen. Sicherheitsverordnung. Aber ehrlich, das ist doch nur eine andere Art das Kriegsrecht auszurufen. Wenn die GTDF nach Beendigung der Krise ihre Vollmacht nicht abgibt…“
,,Haben wir eine Militärdiktatur. Zumindest darin sind wir uns ja einig.“
,, Ihr Menschen, mit eurem so vorhersehbaren Handeln und Schubladendenken, immer wenn man euch ein wenig verunsichert, errichtet ihr sofort eine Diktatur. Seit ihr wirklich manchmal so dumm?“
Coel drehte sich um und entdeckte Seyonn, der grade über eine Treppe das Foyer betrat.
,, Was hatten sie noch mit Wilkonson zu besprechen ?“
,, Nicht viel ehrlich gesagt, der Mann wurde recht abweisend.“
,, Wieso das ?“
,, Nun, ich werde wohl nach Goodsprings aufbrechen.“
,, Die Kolonie hat sich vom Parlament losgesagt Seyonn.“ , erinnerte ihn Coel.
,, Ich weiß, ich hoffe aber mal, das die Unity dort noch willkommen ist. Und wenn nicht, nun ich bin sicher, der Anblick eines Unity-Schlachtschiffs ändert ihre Meinung schlagartig.“
,, Sie meinten vorhin, sie suchen nach etwas. Reisen sie deshalb ab?“
,, Unter anderem. Allerdings glaube ich da möchte jemand mit ihnen reden.“
Coel drehte sich kurz um und entdeckte den Tariden, der vorhin auch in Wilkonsons Büro gewesen war. Die meisten schienen ihn mehr oder weniger zu ignorieren. Oder versuchten es zumindest…
Aber er sah genau zu Coel herüber.
,, Sie meinen doch nicht etwa den Tariden, ich spreche nicht mal ein Wort…“
Er sah sich um. Der Abgesandte der Unity war verschwunden.
,, Toll..“
Vorsichtig näherte er sich der fremdartigen Gestalt. Die drei seltsamen Augenregistrierten ihn sofort.
,, Wollten sie etwas ?“
Coel zuckte beinahe zusammen.
,, Sie beherrschen unsere Sprache ?“
,,Es ist schwierig, aber möglich.“ , antwortete das Wesen. Die Worte waren klar Verständlich, aber man merkte, dass der Taride es nicht gewohnt war, menschliche Sprache zu benutzen. Die Buchstaben waren teilweise seltsam betont und das s.. begleitete der Außenwelten mit einem Klick-Geräusch, das Coel irgendwie unruhig machte.
Als erwartete er, das ihn das Wesen jeden Moment angreifen würde. Sein Blick fiel auf die ,, Hände“ des Tariden. Scharfgezackte Chitin-Klauen. Er war sich sicher, dass er ihn damit innerhalb eines Augenblicks Durchbohren und töten könnte…
Hör auf dir selbst Angst zu machen , sagte Coel sich.
Was hatte Aine über die Artheraner gesagt? Diese würde nicht einmal in einem Kampf auf Leben und Tod jemanden mit Krallen angreifen?
Er hatte einmal einen Artheraner getroffen, der dieses Verbot oder diese Richtlinie übertreten hatte. Der Mann war von seinen eigenen Leuten gejagt worden und man hätte ihn wohl getötet, wenn man ihn ergriffen hätte. Selbst seinen Namen hatte man ihm offiziell genommen…
Aber andererseits, das war kein Artheraner sondern ein Taride. Er wusste absolut nichts über sie. Weder über ihre Kulturell noch ähnliches.
,, Darf ich fragen, wieso sie hierhergekommen sind ?“ ,fragte Coel Vorsichtig.
,, Nun, es gab Berichte über… Instabilität, innerhalb ihrer Regierung und zwischen ihren Welten.“
,, Und das interessiert sie weil…“
,, Stabilität ist ein wichtiger Faktor. Wenn ihre Kolonien sich abspalten und auseinanderdriften… nun, wie formuliere ich das ohne das es in ihren Ohren falsch klingt… diese Kolonien könnten zur Bedrohung werden. Nicht nur für die Erde. Wir haben uns darauf geeinigt einander zu ignorieren. Doch wenn sich jetzt einzelne Kolonien separieren… wissen wir nicht, ob sich diese noch an alte Abkommen halten.“
Coel schüttelte den Kopf. Er hatte die unterschwellige Botschaft verstanden.
,, Sie planen einen Erstschlag.“
,, Nein, das nicht, sonst wäre ich nicht hier. Aber wenn ihre Regierung ihre Kolonien nicht unter Kontrolle halten kann… sehen wir uns gezwungen, das selbst zu übernehmen. Zum Schutz aller.“
,, Schutz ja ?“ , wollte er wissen. ,, Und sie erzählen mir das einfach so?“
,, Wir haben nicht vor irgendetwas zu unternehmen…solange die Menschen nicht zur Bedrohung werden. Das habe ich auch ihrem Vorsitzenden Gesagt. Sollte sich aber erweisen, dass sie zur Gefahr werden, wissen sie, dass wir handeln müssen. Das ist kein Geheimnis und vielleicht bringt es ihre Kolonien ja wieder zur Vernunft.“
Irgendwie wurde Coel das Gefühl nicht los, das da noch mehr war. Aber der Taride hatte sich umgedreht und schien das Gespräch offenbar für beendet zu halten.
Ihm konnte es nur Recht sein. Coel merkte, wie er erleichtert aufatmete, als er durch die Türen zurück auf die Straße trat. Noch immer waren die Spuren der gestrigen Unruhen zu sehen, auch wenn zwischenzeitlich Versuche unternommen wurden, diese zu beseitigen.
Verwaschene Brandspuren auf dem Asphalt zeigten ihm immer noch, wo Feuer gebrannt hatten und in einer Ecke stapelten sich verbrannte Reifen, die wohl für den dichten Rauch verantwortlich gewesen waren, der in der Nacht über dem Parlamentsviertel gehangen hatten
Ein Piep-Ton riss ihn aus seinen Gedanken.
Jedem GTDF Soldaten war ein kleines Funkgerät direkt ins Ohr implantiert. Coel hatte sich nie richtig daran gewöhnen können.
,, Was gibt es ?“
,, Coel, Adams hier. Ich glaube wir haben etwas.“
,, Wir ?“
,, Hal hat ein paar Tests mit dem Chip gemacht, den sie uns gebracht haben. Ich denke… kommen sie einfach her.“
,, Was ist denn ?“
,, Wer immer diesen Chip gebaut hat , ich weiß zwar immer noch nicht wozu der gut ist aber, wir haben ihn.“
,, Ich bin sofort da.“
Coel beendete die Verbindung. Endlich schien es, als würde er wieder eine Spur haben. Und Vielleicht ein paar Antworten bekommen.
Zwei Polizisten musterten den plötzlich Überraschend gut gelaunten Mann, der die Stufen vor dem Parlament herabsprang und sich dann auf dem Weg in Richtung der nächsten Metro-Station machte.
Etwa dreihundert Kilometer über ihm ging Aine grade einige Berichte der GTDF durch. Das meiste war nutzlos oder bestand aus endlosen Paragraphen und Bürokratischen Kürzeln. Nichts womit sie etwas anfangen konnte.
Dann jedoch sprang ihr etwas ins Auge… das gab es doch nicht. Sie hatte gefunden, was sie gesucht hatte.