Die Via wurden zurückgeworfen. Doch es scheint, als würden die Schwierigkeiten damit erst anfangen. Unruhen und Proteste erschüttern die Erde. Die Verhandlungen zwischen Menschen und Artheranern verlaufen ins Chaos... Und als wäre das nicht genug beginnt für den grade erst genesenen Rafail Coel ein Wettlauf mit der Zeit, dessen Ziel er nicht kennt, bis es fast zu spät ist. Bild : A Blue color design/ Fotolia.com
Coel warf kurz einem blick aus dem Fenster. Er konnte tatsächlich den Rauch sehen, der aus Richtung der Regierungsviertel aufstieg. Ihm gingen Wilkonsosn Worte nicht mehr aus dem Kopf.
,, Was haben sie sich dabei Gedacht…“
Nun gar nichts. Das war wohl die einfachste Antwort. Das konnte er jedoch schlecht erklären.
Langsam, fast wiederwillig, machte er sich auf dem Weg zur Tür. Sein Blick blieb auf einer kleinen Pflanze mit silbrigen Blättern hängen, die in einer Vase neben der Tür stand. Es war die einzige Pflanze, im der ganzen Wohnung. Und das aus gutem Grund. Er hatte mal versucht ein bisschen grün in die Räume zu bringen aber jede der Pflanzen war innerhalb kürzester Zeit Einfach vertrocknet. Vor allem weil er sich kaum darum kümmerte.
Mit diesem Gewächs jedoch hatte er mehr Glück. Nun bei einer Pflanze die selbst in einer Säure-Atmosphäre überlebte, konnte man auch nicht viel verkehrt machen. Immerhin hatte er diese von der verbrannten und toten Oberfläche Artheriums.
Das vereinte Erdparlament war eine Institution, die in den Anfangsjahren nach der Konstruktion des ersten Nova-Generators in den 80ern des 22 Jahrhunderts gegründet wurde. Anfangs schlossen sich nur wenige Staaten diesem neuen Bündnis an, viele versuchten auf eigenen Faust die neugewonnene Technik zu nutzen und ihre nationalen Interessen auch auf die Sterne und Planeten auszubreiten.
Letztlich zeigte sich jedoch, dass vor allem in der Aufbauphase, wo diese noch keinen Gewinn abwarfen, die Kosten für die Versorgung von Kolonien und Außenposten fast unmöglich für Einzelstaaten zu tragen waren. Ganze Wirtschaften, die Alleingänge versuchten kollabierten an den Kosten und manche ,, neuen“ Industrieländer wie Indien vielen in ihrer Entwicklung sogar auf den Status des 20 Jahrhunderts zurück.
Anfangs also vor allem ein Zweckbündnis wurde aus dem Parlament im Laufe der letzten einhundert Jahre ein Etabliertes System. Die Anfangs vor allem entgegenstrebenden Nationalen Interessen, wie Beispielsweise Streitereien um Kolonierechte für bestimmte Planeten, die auch schon mal in Kleinkriegen ausarteten, wurden durch unterschiedliche politische Ansichten ersetzt.
Ein gutes Dutzend der Vertreter der verschiedensten Interessengruppen formten das aktuelle Parlament.
Darunter als momentan stärkste Fraktion, die damit auch den Vorsitzenden Wilkonsons stellte, waren die Imperialisten. Deren vorrangiges Ziel galt schlicht und einfach dem Erhalt und dem Ausbau der Kolonien und hatte die Politik des Parlaments in den letzten fünfzig Jahren maßgeblich geprägt. Was auch der unprovozierte Angriff auf Artherium vor zehn Jahren bewies.
Letztlich galt das Interesseder Imperialisten vorrangig den Menschen. Alle anderen Lebewesen mussten hinten anstehen und notfalls weichen.
Eine Steigerung zu den Imperialisten waren noch die Extremistischen Randgruppierungen, die am liebsten auf alles schießen würde, was grade nicht in ihr Konzept passte. Zum Glück bildeten diese jedoch eine Minderheit und wurden auch offiziell nicht von den Imperialisten geduldet.
Eine weitere größere Gruppierung innerhalb des Parlaments waren die Vertreter eines gemeinschaftlichen Commonwealth. Deren Ideen standen im krassen Gegensatz zu den Imperialisten und strebten nach einer Politik der Verständigung und des vollkommenen Verzichts auf die Kolonialisierung bewohnter Welten, ob es auf diesen nun intelligentes Leben gab oder nicht.
In den letzten Monaten hatten diese jedoch, vor allem in Verbindung mit dem Angriff der Artheraner, immer mehr an Einfluss verloren und zum Jetzigen Zeitpunkt regierten die Imperialisten fast ohne nennenswerte Opposition.
Neben diesen zwei großen Gruppen hatten auch fast alle etablierten politischen Gruppierungen ihre Vertreter im Parlament. Liberale, Konservative, Linke…
All das war Coel bekannt, als er die steinernen Stufen zum Zugang der Parlamentshalle hinauflief, vorbei an einigen Sicherheitsmännern, die ihm kurz einen wachsamen Blick zuwarfen und sich dann wieder auf die Straße konzentrierten. Die Spuren der gestrigen Ausschreitungen waren noch überall deutlich zu sehen. Rußspuren auf dem Asphalt zeigten ihm, wo Feuer gebrannt hatten und einige Schaufenster, die er auf dem Weg hierher passiert hatte, waren eingeworfen worden.
Eine verstärkte Polizeipräsenz hatte die Straßen kontrolliert. Einmal war er sogar angehalten worden und musste sich ausweisen. Dabei hatte er beobachten können, wie zwei Polizisten einen Obdachlosen, der vermutlich noch nicht einmal an den Protesten beteiligt gewesen war, bei Seite geschafft hatten. Alles in allem war die Stimmung nervös… aber ruhige. Vielleicht die Ruhe vor dem nächsten Sturm.
Er trat durch die gläsernen Türen und in das innere einer kleinen Vorhalle mit hoher Decke. Dutzende Leute in Anzügen rannten hektisch hin und her, andere unterhielten sich, mal gedämpft und mal lauter. Hier und da entdeckte er auch einen Artheraner, die sich in kleinen Gruppen zusammendrängten. Nur selten entdeckte er einen, der sich mit einem der Menschen unterhielt.
Er schnappte ein paar Gesprächsfetzten auf, während er sich seinen Weg durch die Halle suchte.
,, Bin nicht rechtzeitig rausgekommen…. Kurz gedacht ich Schaffes nicht…“
Es ging wohl um die Ausschreitungen gestern Abend.
,, Was war nur mit diesen Leuten los?“
Ein großer Bildschirm an der Wand spielte grade ein Statement des Parlamentsvorsitzenden ab.
,, Die gestrigen Ausschreitungen werden sicher nicht geduldet werden. Meinungsfreiheit und das Recht dafür einzutreten sind und bleibt ein hohes Gut. Aber solche Angriffe dürfen nicht geduldet werden. Sollte es zu weiteren Vorfällen kommen behält sich das Parlament vor, scharfe Sanktionen gegen alle Beteiligten vorzunehmen. Vandalismus und Gewalt sind der falsche Weg. Und ich hoffe, dass man mir da zustimmen wird. Ich weiß der Großteil unter ihnen ist verunsichert, hat Angst. Aber ich verspreche ihnen das wird…“
Coel hörte nicht mehr zu. Was jetzt kam war bestenfalls politische Propaganda.
Er sprach einen Mann an, der im Gegensatz zu den meisten anderen nicht beschäftigt schien.
,, Wissen sie wo ich den Vorsitzenden finde?“
Der Mann nickte. ,, Gehen sie durchs Foyer und dann die Treppe hoch. Sie können es nicht verfehlen. Ich würde aber anklopfen. Wir haben offenbar Besuch… von außerhalb.“
,, Was meinen sie ?“
,, Ein Taride.“
,, Wie bitte ?“
Als die Menschheit damit begonnen hatte, ihre kleine Ecke des Universums zu verlassen und sich auf andere Sternensysteme auszubreiten, war schnell klar, dass es irgendwann zwangläufig zu einem Erstkontakt kommen musste.
Somit war die Frage, nach dem Aussehen von eventuellem intelligentem Leben aufgekommen.
Allgemein gab es zwei Theorien.
Die eine besagte, das sich Außerirdische generell Humanoid gestalten würden, da gewisse körperliche Merkmale z.b Hände oder zumindest Greifwerkzeuge absolut erforderlich waren um komplexere Aufgaben zu erfüllen.
Somit war auch ein aufrechter Gang wahrscheinlich und da sich zumindest für erdähnliche Bedingungen das Konzept fünf Sinne, Gehör-, Geruch-, Tast-, Seh- und Geschmack, sich als am Vorteilhaftesten erwiesen hatte, würde sich unter ähnlichen Bedingungen wieder dieselbe Evolutionäre Bahn herausbilden. Weil Sinnesorgane nützlich sind und es Vorteile bringt, wenn diese oben am Körper und nahe am Gehirn angeordnet sind – beispielsweise ermöglicht dieser Körperbau kurze Reaktionszeiten – dürfte auch dies auf nichtirdische Intelligenzen zutreffen.
Auch würde Leben auf erdähnlichen Planeten wohl in jedem Fall ebenfalls auf einer Kohlenstoff-Chemie basieren.
Zumindest die Artheraner schienen diese Theorie zu bestätigen. Die Unity hingegen, konnte man dafür schlecht als Beispiel anführen, da niemand wirklich wusste, wie diese in ihrer ursprünglichen Form ausgesehen hatten.
Die zweite Theorie ging in genau die entgegengesetzte Richtung. Da die Evolution nicht voraussehbar sei und sich Leben durchaus auch auf nicht erdähnlichen Planeten entwickeln könnte, durfte man nicht davon ausgehen, etwas Menschenähnlichen gegenüber zu stehen. Vermutlich ließe sich ein außerirdisches Lebewesen nicht einmal in das Tierreich der Erde einordnen.
Und tatsächlich müssten diese Lebewesen nicht einmal auf Kohlenstoff basieren. Auf Planeten mit höherer Temperatur wäre sogar eine organische Chemie auf Schwefel, oder im Extremfall sogar Silizium-Basis möglich.
Für diese Theorie gab es ebenfalls einen Lebenden Beleg.
Vor einigen Jahren war man auf die Tariden gestoßen. Eine ziemlich seltsame Spezies, die sich am besten wohl noch mit Insekten vergleichen ließ. Aber ansonsten, gab es keinerlei Vergleichsmöglichkeiten mit irdischem Leben.
Meist hielten sich diese Wesen zurück und es war bisher nur zu ein paar Kontakten gekommen. Technisch befanden diese sich wohl auf einer Ebene mit den Menschen, vielleicht sogar etwas darüber und verfügten über einen ähnlichen großen Einflussbereich. Jedoch gab es bisher nur selten Versuche einer politischen Annäherung und die beiden Völker gingen sich eher aus dem Weg. Das Universum war groß genug.
Da kam doch die Frage auf, was genau ein Taride auf der Erde suchen würde….
,, Er.. oder sie…oder es keine Ahnung… ist offenbar schon vorgestern hierangekommen. Ein politischer gesandter. Fragen sie mich nicht, was die von uns wollen.“
,, Danke, ich werde Wilkonson fragen wenn ich ihn sehe.“
,, Tun sie das. Interessant ist allerdings das auch die Unity sich wieder gemeldet hat.“
,, Das heißt auch ein Vertreter der Unity ist hier ?“ , wollte Coel wissen.
Der Mann nickte. ,, Das hat hier alle ebenfalls ziemlich aufgeregt. Es ist immerhin ein Viertel Jahr her, dass die sich das letzte mal gezeigt haben.“
Coel klopfte einmal und trat dann durch die Tür, die vor ihm automatisch zur Seite glitt und in der Wand verschwand.
Drei Personen befanden sich in dem zum Großteil von einem Schreibtisch eingenommenen Raum. Ein großes Fenster n der Rückwand erlaubte einen Blick auf die Straßen draußen.
Eine der Personen im Raum war Henry Wilkonson, der Coel hereinwinkte, als er diesen in der Tür stehen sah. Das zweite Anwesende Lebewesen…. War wohl der Taride.
Ein graues Exoskelet, vier Arme besetzt mit Greifzangen, wie es aussah, drei gelbliche Punkte als Augen…Coel fiel nichts ein, womit er den Tariden hätte vergleichen können.
Wenn man etwas völlig fremdartiges suchte dachte er… dann hatte er es soeben gefunden.
Das Wesen stand auf und verließ den Raum mit einer Folge von Klicklauten, die Coel irgendwie an eine riesige Grille denken ließen.
,, Er meint er kommt später zurück.“ , erklärte die dritte Person.
,, Seyonn ?“
,, Es ist auch schön sie wiederzusehen Coel.“ , erwiderte der Botschafter der Unity.
Seine eisigen, grauen Augen, die Coel einstmals Emotionslos und kalt vorgekommen waren, schimmerten kurz. Die grauen Haare, die sein Alter fast nicht einschätzbar machten standen wirr vom Kopf ab.
Die Unity war vor rund fünfzig Jahren das erste Mal aufgetaucht. Damals war eines ihrer Schiffe auf einer Koloniewelt gelandet. Die ersten Bewohner die in die Nähe der Landestelle kamen staunten nicht schlecht, als sie feststellten, dass das Schiff vollkommen leer war. Zumindest dachten sie das erst. Bis sie plötzlich etwas gegenübergestanden hatten, das beinahe wie ein Mensch aussah.
Die Angehörigen der Untiy besaßen an sich keine wirklichen Körper mehr. Ihre Technologie war, soweit Coel das Verstanden hatte auf einem Punkt angekommen, an dem sie ihr Bewusstsein auf Computer Übertragen hatten. Kleine Schwärme aus Millionen von Atomgroßen Speichereinheiten, die letztlich das Bewusstsein einer Person enthielten, manchmal auch die von mehreren , sich selbst reparieren und zu jeder Form zusammensetzen konnten. Meist wählten die Vertreter der Untiy die Form der Wesen, mit denen sie grade zu tun hatten.
Aus menschlicher Sicht betrachtet waren die Unity so gut wie unsterblich. Solange nicht der Großteil aller Nanospeicher aus denen sie bestanden zerstört wurde lebten sie praktisch ewig.
Seyonn hatte, soweit Coel das abschätzen konnte vermutlich schon existiert als die Zivilisation auf der Erde grade im Entstehen war.
Diese Unsterblichkeit hatte jedoch auch ihren Preis gefordert. Die Zivilisation der Unity stagnierte.
Und wenn einer von ihnen starb, so unwahrscheinlich das war, war er für immer weg. Ihre Bevölkerung schrumpfe nur noch… und war früher oder später dem Untergang geweiht.
,, Ich warte vor der Tür.“ , meinte Seyonn und trat auf den Gang hinaus, wo soeben auch der Taride verschwunden war.
Die Tür fiel zu.
,, Setzten sie sich.“ , meinte Wilkonson.
Coel nahm auf einem der Stühle Platz, die vor dem Schreibtische standen.
,, Sie wollten mich sprechen ?“
,, Und ob ich das wollte. Verdammt Coel. Haben sie eine Ahnung wie viel Schaden das anrichten kann?“
,, Was ?“
,, Lesen sie doch selbst.“ Er warf ihm eine Zeitung zu.
Coel überflog schnell die Titelseite.
Proteste schlagen in Gewalt um
WHO-Direktor tot
Ex-GTDF schlägt Reporter zusammen… Was zum…
Coel begann zu lesen.
Finn Coel, für viele der Mann, der vermutlich das Weltenschiff bei der Schlacht vor drei Monaten zerstörte zeigte sich äußerst gewalttätig als ihm unser Reporter ein paar simple Fragen stellte.
Cliff Clouse , unser Reporter erlitt mehrere Knochenbrüche…
,, Das ist Schwachsinn. Ja ich habe die Beherrschung verloren. Aber das einzige was bei dem gebrochen ist, war vielleicht die Nase.“
,, Er ist offenbar mit einigen Plünderern aneinandergeraten, hat dann aber später behauptet, sie hätten ihn so zugerichtet.“
,, Und das lassen sie ihm durchgehen ?“
,, Coel es geht nicht darum ob der das darf. Die Nachricht ist raus und das Kind in den Brunnen gefallen. Alles was wir jetzt noch tun können ist Schadensbegrenzung.“
,, Die wie aussehen soll ?“
,, Entschuldigen sie sich öffentlich bei ihm.“
,, Vergessen sie es.“ , erwiderte er kühl ,, Wilkonson, wenn sie dabei gewesen wären.. der Mann hat es darauf angelegt und selbst wenn ich nichts getan hätte, irgendwas würde da heute stehen. Dafür wird der doch bezahlt.“
,, Ich kann sie ja verstehen. Aber irgendwas müssen wir tun.“
,, Ich werde mich sicher nicht vor einer Kamera stellen und die Hand von dem Kerl schütteln. Sie sind der Politiker. Denken sie sich irgendein Statement aus und ich packe meine Unterschrift drunter.“
,, So läuft das aber nicht…“
Coel war aufgestanden.
,, Wo wollen sie hin ?“
,, Raus.“ , antwortete er und trat durch die Tür. Am liebsten hätte er sie hinter sich zugeworfen, aber bei einer Automatiktür war das Schwierig.