Biografien & Erinnerungen
Mein Leben Teil 2 - Meine Jugend

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"Mein Leben Teil 2 - Meine Jugend"
Veröffentlicht am 04. Oktober 2012, 24 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Mein Leben Teil 2 - Meine Jugend

Mein Leben Teil 2 - Meine Jugend

Beschreibung

Mein Leben voller Angst, innere Zerwürfnisse und Liebe.

 

                                Mein Leben

                                   Teil 2

                              Meine Jugend

 

 

Der letzte Sommer. bevor ich zur Lehre nach Leuna ging, war sehr aufregend. Ich ging oft tanzen. Im Jugendclub waren wir Stammkunden. Da so viele Jugendliche beim Einlass anstanden, lies uns Harry, welche den Jugendclub leitete, zum Hindereingang rein. Wir gehörten einfach dazu. Wir sangen auch im Jugendclub mit. Die „Flamingos“,  sangen sehr viele Lieder von den Beatles und anderen damals bekannten Gruppen. Es war einfach wunderbar. Die Jungen von Sonneberg konnten uns natürlich nur zum Bus bringen. Wir wohnten im Sperrgebiet. Ohne Passierschein kam dort niemand hin. Den bekamen nur Angehörige oder Arbeiter, welche im Sperrgebiet zur Arbeit gingen. Auch die „Sternradio“ war unser Tanzlokal. Die Musikkapelle spielte sehr gut. Ich lernte viele Jugendliche und Soldaten kennen. Damals war fast in jeden Ort im Sperrgebiet eine Grenzkompanie  angesiedelt. Die Soldaten bewachten die Grenze und die „Pioniere“ bauten die Grenze. Die Grenze bestand aus mehreren Abschnitten. Dazwischen war Niemandsland. Personen, die direkt dort wohnten, mussten ausquartiert werden. In den 500 Meterstreifen durfte auch niemand mehr zuziehen. Dazu gehörte zum Beispiel Heinersdorf. Fast alle Mädels  hatten viele Briefkontakte. Die Soldaten hatten nur einmal in der Woche Ausgang. Hatte etwas positives, denn so konnte man mehre Freunde haben, aus verschiedenen Kompanien. Aber ich war immer vorsichtig, ging nur ins Kino oder zum Tanz. Immerhin wollte ich ja noch studieren. Eine feste Bindung kam nicht in Frage. In der letzten Woche, bevor ich nach Leuna wollte, ging ich wieder zum Tanz. Plötzlich forderte mich mein früherer Schulkamerad Reinhard auf, mit ihn zu tanzen. Er war plötzlich größer als ich und nicht mehr so albern. Wir tanzten den ganzen Abend. Er brachte mich auch nach Hause. Reinhard wohnte im Nachbarort, in Weidhausen. Dieses Dorf gehörte zum Sperrgebiet. Es war eine schöne Zeit, die bis im Spätherbst ging. Reinhard holte mich mit seinem Motorrad am Zug ab. Wir trafen uns sehr oft. Mit nach Hause durfte ich keinen Jungen nehmen, dass hatten meine Eltern mir verboten. Wir hielten uns viel im Garten vom Nachbarn auf, machten  Zukunftspläne, kuschelten und küssten uns. Für mehr war ich nicht bereit. Im Oktober sind wir zur Kirmes nach Lind mit dem Motorrad gefahren. Es war ein wunderbarer Abend. Dieser Abend sollte der letzte vorerst sein. Auf der Heimfahrt kam Reinhard mit dem Motorrad ins Schleudern. Es passierte mitten im Wald, zwischen Gefell und Neuhaus-Schierschnitz.

Ich kam mit einen Fuß ins Rad hinein. So flog ich vom Sitz herunter und landete in einem Graben. Reinhard bekam das Motorrad noch rechtzeitig zum Stehen. Er kam zurück, um mich zu suchen. Es war stockfinster. Ich lag im Graben, der die Strasse vom Wald trennte. Hatte also großes Glück, dass ich weich gefallen war. Meine Handtasche war aufgegangen und der Inhalt mitten im Wald verstreut. Mit dem Scheinwerferlicht suchten wir die einzelnen Sachen zusammen. Ob wir alles gefunden hatten, wussten wir nicht. Mein Fuß schmerzte. Die Zehe war verletzt. Reinhard brachte mich nach Hause. Ich schlich mich ins Haus und verband meinen Fuß. Wir gingen wie immer in dem Garten vom  Nachbarn. Reinhard hatte große Angst vor meinen Vater. Nach einiger Zeit wurde mir dann schlecht. Mir wurde bewusst, dass wir sehr großes Glück gehabt haben. Es war das letzte Mal, dass ich Motorrad fuhr. Es war vorerst das letzte Mal, dass ich Reinhard sah.

Am anderen Tag gab es natürlich mit meinem Vater viel Ärger. Ich hatte ihn erzählt, ich wäre gestürzt. Das hat er mir natürlich nicht geglaubt. Er entdeckte, vielleicht durch Zufall, einen Ohrring, welchen ich sicherlich verloren hatte. Natürlich musste ich ihm dann die Wahrheit erzählen. Ich bekam auch Verbot Reinhard zu sehen. So fuhr wieder nach Leuna und Reinhard musste zur Armee.

In Leuna war es sehr schwer. Ich musste mich erst an die neuen Schüler gewöhnen. Ich wohnte mit sechs weiteren Mädchen zusammen. Wir hatten ein Schlafzimmer und ein Zimmer zum Lernen. Toiletten und Duschen befanden sich nur einmal auf dem Flur. Auch eine Küche, war auf dem Flur.

Die wurde nicht immer benutzt, denn wir hatten Vollverpflegung. Ich erlernte den Beruf eines Chemiefacharbeiters mit Abitur. Es war nicht einfach für mich. In der Polytechnischen Oberschule hatte ich die 10. Klasse mit sehr gut abgeschlossen und war einer der Besten. In der jetzigen Klasse waren viele Schüler mit gleichen Abschlüssen zusammen. Ich war also eine von Vielen. Das viel mir schwer, denn ich war sehr ehrgeizig. Wochenende konnte ich nicht immer nach Hause fahren. Ich fuhr vier Stunden bis Sonneberg.  Mit öffentlichen Verkehrsmitteln kam ich nicht weiter. Auto hatten wir damals nicht. Der nächste Bus fuhr erst gegen Mitternacht. So fuhr ich jede drei bis vier Wochen nach Hause. Ich bekam Lehrlingsgeld. Das reichte aber nicht aus. Damals waren es 80,00 DM der DDR. Dann passierte noch etwas unvorstellbares, was sich schon als Säugling ankündigte.

Früher hatte ich immer die Augen bei Sonnenschein zusammengezogen. Mein Schuldirektor, erzählte meinen Eltern davon. Bevor ich nach Leuna ging, musste ich zum  Arzt. Nach vielen Untersuchungen stellte sich heraus, dass meine Augen eine seltene Krankheit  hatten. Man untersuchte weiter nach den Ursachen. Weitere Untersuchungen ergaben, dass ich eine angeborene Blutkrankheit hatte. Meine Eltern und Großeltern wurden untersucht. Bei meiner Mutter waren die gleichen Werte vorhanden, nur viel höher. Die Eltern von meiner Mutter waren bereits verstorben. Wann diese Krankheit ausbrach, konnte nicht mehr festgestellt werden. So etwa im 18. Jahrhundert schätzte man. So etwas war natürlich selten. Ich sollte im Januar in die Kinder- und Nervenklinik nach Erfurt. Da ich erst 17 Jahre war, musste ich in die Kinderklinik. Ich ging am 14. Januar 1970 in die Klinik nach Erfurt. Warum  ich dort hin musste, wusste ich damals noch nicht. Ständig stellten die Ärzte mir irgendwelche Fragen, welche ich beantworten musste. Sicherlich hatte ich das Meiste richtig beantwortet. Für die Ärzte war das unerklärlich. Normaleweise hätte ich, mit dieser Krankheit, nicht so einen hohen Intelligenzquotienten haben dürfen. Nun fing man an mich am Rückenmark zu punktieren. Das dauerte ganz schön lange und tat sehr weh. Drei Tage durfte ich nicht aufstehen. Meine Mutti rief an, um sich nach mir zu erkundigen. Da man die Schwester nicht informierte, lies sie mich ans Telefon. Das hatte sehr negative Folgen. Mir wurde ständig übel. Wenn ich aufstand, fiel ich öfter in Ohnmacht. Meine Eltern nahmen mich zum Essen mit ins Hotel. Als wir das Restaurant betraten, mussten sie mich wieder in die Klinik schaffen. Ich wurde jeden Tag von anderen Fachärzten untersucht. Tag täglich bekam ich eine Penizillinspritze. Insgesamt 50 Stück. Erst dann wurde ich aus der Klinik entlassen. Durch den Hausarzt bekam ich weitere 30 Spritzen. Ich ging Anfang April wieder nach Leuna. Natürlich hatte ich im Unterricht viel nachzuholen. Jeden Tag, während des Unterrichtes, musste ich zum Arzt. Dort bekam ich weitere Spritzen. Selbst an meinen Geburtstag konnte ich nicht nach Hause fahren.

Am Wochenende ging ich mit einer Bekannten nach Merseburg in ein Tanzlokal mit den Namen „Strandkorb“. Sie ging in eine andere Klasse und fuhr auch viel Wochenende nicht nach Hause. Im „Strandkorb“ lernte ich Lutz und seine  Zwillingsschwester kennen. Es war ein wunderschöner Abend. Wir tanzten viel und unterhielten uns sehr gut.


Lutz lud mich für die kommende Woche in das „Gasthaus der Werktätigen“ in Leuna ein. Ich freute mich sehr. Wochenende holte er mich vor dem Lehrlingswohnheim ab. Wir gingen in eine Bar. Dort konnte man sehr gut tanzen. Natürlich wusste ich nicht, dass der Mann, welcher in die Bar arbeitete, sein Vater war. Lutz stellte mich seinem Vater vor. Der Abend war sehr schön. Die Geschwister hatten auch Geburtstag. Er brachte mich dann nach Hause. Das Lehrlingswohnheim durfte kein Fremder betreten. Der Diensthabende sorgte schon dafür. War auch gut so, denn Ordnung musste in einem Lehrlingswohnheim sein. Wir verabredeten uns ein paar Mal. Dann erfuhr ich, dass seine frühere Freundin schwanger war. Er wusste nicht, was er tun sollte. Ich machte Lutz die Entscheidung leicht. Es war keine richtige Liebe. So verging der April. Ich hatte wenig Zeit, da ich sehr viel Lehrstoff nachholen musste. Besonders Russisch und Chemie fielen mir schwer. Wir hatten organische-, anorganische Chemie und chemische Technologie. Fast ein halbes Jahr aufzuholen war eben kein Zuckerlecken.

Das Schicksal war mit mir gütig. Ich ging wie immer einmal Wochenende ins „Zentralhotel“, so hieß das Tanzlokal in Merseburg. Meine Freundin und ich  langweilten uns ein wenig. Es war früh am Abend. Am Nachbartisch saßen ein paar Männer. Sie waren älter als wir. Später tanzten sie mit uns. Beide luden Angelika und mich ein, bei Ihnen am Tisch Platz zu nehmen. Das taten wir auch. Wir unterhielten uns ganz nett. Ich war auch ziemlich schnippisch. Ist sonst nicht meine Art. Als mein Tanzpartner auf die Toilette ging, sagte ausgerechnet der Tanzpartner von Angelika, dass sein Freund ein Doktor sei. Ich glaubte das natürlich nicht. Er benahm sich ganz einfach und nicht eingebildet. So änderte ich natürlich mein Benehmen nicht. Roland nahm mir das auch nicht übel. Er brachte mich dann später zur Straßenbahn. Wir verabredeten uns für die nächste Woche. Da Roland sich mir gegenüber anständig benahm, willigte ich ein. Die Woche verging viel zu langsam. Ich freute mich schon sehr aufs Wochenende. Dieses Mal waren wir beide alleine. Wir unterhielten uns sehr viel. So erzählte ich Roland auch von der langen schweren Krankheit. Er erkannte sofort, dass ich sicherlich viel Lehrstoff nachholen  musste. Er bot mir an, mich in Russisch und Chemie dabei zu unterstützen. Ich wunderte mich zwar, sagte aber nichts. Ich hatte ja auch selbst in der 10. Klasse Nachhilfeunterricht erteilt. Für drei Jungen musste es sein. Das hatte auch seine Vorteile. So befasste ich mich auch intensiv mit dem Lehrstoff und lernte ebenfalls. Roland gab mir etliche Telefonnummern. Ich sollte die Woche anrufen, wenn ich Hilfe brauchte. Als für Ende der Woche eine Leistungskontrolle in Chemie angekündigt wurde, rief ich eines der Nummern an. Ich fragte nach Roland Meißner. Die Frau am andern Ende sagte Dr. Meißner sei in einer Besprechung. Ich war sprachlos. Warum habe ich damals seinen Kollegen nicht geglaubt. Roland holte mich nach der Arbeit ab. Wir gingen ins Cafe. Roland klärte mich dann erst einmal auf. Er hatte 10 Jahre in der UdSSR (Union der sozialistischen Sowjetrepubliken) gelebt und dort auch studiert. In Moskau, das war die Hauptstadt der UdSSR, machte Roland seinem Doktor der Chemie. Roland kam erst wieder zurück. Er war auch 10 Jahre älter als ich. Für Roland stand meine Lehre und das Abitur im Vordergrund. Ich sollte auch später in der UdSSR studieren. Die notwendigen Verbindungen hatte er ja gehabt. So konnte ich in einer wunderbaren Zukunft blicken. Ich hatte auch bald in der Schule alles aufgeholt. Wir gingen oft in den Dünen von Leuna spazieren und machten Zukunftspläne. Roland liebte mich sicherlich auf seiner Art. Manchmal war er wie ein Vater zu mir. Sollte doch meine Zukunft nicht gefährdet werden. Im Sommer als ich in der Schule wieder auf dem Laufenden war, planten wir einen Urlaub. Das wäre das Erste mal.  Ich war noch nie in Urlaub. Jede freie Minute wurde zu Hause  am Haus gebaut. So war auch kein Geld vorhanden. Roland und ich wollten nach Neuhaus an der Elbe zu seinen Eltern. Ich sollte seinen Eltern vorgestellt werden. Die Hochzeit hatte er auch geplant. Das sollte vor allen eine Sicherheit für mich sein. Er arbeite in Leuna in der Forschung. Keiner wusste, ob die Arbeit immer so gesund war. Roland wollte auf keinen Fall Kinder. Vielleicht auch aus diesem Grund. Das hätte mir gefallen müssen, sollte ich keine eigenen Kinder bekommen. Die Gefahr, dass sich die Erkrankung auf das Neugeborene überträgt, war sehr hoch. So hätte für mich alles in Ordnung sein müssen. Roland machte alles für mich.

Da ich studieren wollte, war es angebracht in die SED eingetreten. Das war im Sperrgebiet so üblich. Ohne den Eintritt, hätte ich im Ausland nicht studieren können. Mein Vater war dagegen. Ich wäre noch nicht reif dafür, erzählte er mir. Ich wollte natürlich meinen Vater beweisen, dass ich es auch ohne ihn schaffe in die SED aufgenommen zu werden. Ich brauchte zwei Bürgen. Ein Bürger war mein Klassenlehrer und der andere Dr.Meißner. So hatte ich keine Probleme. Endlich gehörte ich zur Partei der Werktätigen und war richtig stolz. Immerhin wurde ich seit früher Kindheit sozialistisch erzogen Mein Vater war von der Gründung der SED an Mitglied und in der Parteileitung. In der Schule interessierte ich mich besonders für Geschichte und Staatsbürgerkunde. Irgendwie freute sich mein Vater darüber. Er konnte es nur nicht zeigen, wie vieles vorher auch. Ein Lob habe ich nie erhalten.

Mein Leben hat mir trotzdem nicht richtig gefallen. Nach der Arbeit war ich im Lehrlingswohnheim. Wenn Roland Zeit hatte, trafen wir uns, gingen spazieren, tanzen und vieles mehr. Er behandelte mich immer, als wäre er mein Vater. Ich war damit nicht richtig zu frieden. Den Grund kannte ich noch nicht. Eben mit 19 Jahren viel zu jung.

Oft passiert es, dass das was man gerne beruflich machen möchte, nicht in Erfüllung geht. Mein innigster Wunsch war es, nach dem Abitur, Chemie zu studieren und später in der Chemieforschung zu arbeiten. Ich sah mich schon mit weißen Kitteln arbeiten. Ich erzählte aber damals niemanden davon. Man hätte mich für verrückt gehalten. Meine Freundinnen hatten ganz andere Interessen.

Das Schicksal schlug erneut zu. Öfter erkrank ich, hatte Probleme mit der schlechten Luft in Leuna und Umgebung. Der Umweltschutz war damals nicht relevant. Wenn ich von zu Hause kam, musste ich zwanzig Minuten durch die Leuna Werke laufen. Busse und die Straßenbahn fuhr außerhalb der chemischen Werke. Die Werktätigen fuhren mit Fahrrädern, um von einer Arbeitsstelle zur anderen zu kommen. An jeder Stelle stank es anders nach Chemikalien. Die Filterung in den Schornsteinen fehlte teilweise. Wenn wir spazieren gingen, ich einen weißen Pulli und darüber eine Strickjacke trug, sah man richtig den Unterschied. Der Pulli war weiß und der Ausschnitt, den die Jacke nicht bedeckte, hellgrau. Die Wäsche stank richtig nach Chemie. Das wollte ich natürlich alles nicht wahrnehmen. Ich hatte ja ein Ziel vor den Augen. Leider erkrankte ich immer öfter. Ich hatte vor allem Kopfschmerzen und zu niedrigen Blutdruck. Meine Blutwerte zeigten Veränderungen. Ich durfte auf Rat der Ärzte immer nach Hause fahren, was sonst nicht erlaubt war. Roland hätte mich dort nicht besuchen dürfen. Ich wohnte immer noch im Sperrgebiet. Zu Hause ging es mir dann immer besser. Das machte sicherlich die gute Luft des Thüringer Waldes.

Sobald ich drei Wochen in Leuna war, hatte ich die gleichen Probleme. So kam es, das ich fast den ganzen Sommer zu Hause war. Wenn damals jemand krank geschrieben war, durfte er nicht weggehen. Endlich hatte ich Anfang Juli Urlaub. Die Prüfungen hatte ich gut überstanden.

Ich fuhr nach Hause. Mit Roland wollte ich im August zu seinen Eltern fahren. Die Fahrt nach Sonneberg dauerte sehr lange. Ich fuhr gegen 16.00 Uhr in Leuna mit dem Zug los. Die Züge waren überfüllt. Man bekam um dieser Zeit nur einen Stehplatz. Autos gab es damals nur wenige. Ich musste in Weisenfels und Naumburg umsteigen. In Sonneberg kam ich gegen 20.00 Uhr an. Meine Eltern hatten kein Auto. Mein Vater hatte nur einen Motorroller von Simson Suhl. Da es Freitag war, ging ich ins Tanzcafe. Das Cafe lag am Bahnhof. In der Toilette zog ich mich um. Aus heutiger Sicht war das sicherlich gewagt, alleine ins Tanzcafe zu gehen. Doch man hatte damals keine Angst, alleine so ein Lokal zu betreten. Ich kannte das Lokal auch schon. War ich doch schon mit meinen Eltern, vor drei Jahren, am Tag der Konfirmation in diesem Lokal. Ich erinnerte mich auch sofort an damals und an Freddy. Es war eine schöne Zeit. Einen Sitzplatz bekam ich gerade noch so. Das Tanzlokal war immer gut besucht. Es waren wieder viele Soldaten im Lokal. Manche hatten schon Freundschaften geschlossen. Das sah man, wenn Paare zusammen am Tisch saßen. Ich kannte dort an jenen Freitag keinen persönlich. Plötzlich forderte mich ein Unteroffizier zum Tanz auf. Er war größer als ich, schlank und blond. Wir tanzten den ganzen Abend zusammen. Gerhard erzählte mir, dass er in Örlsdorf stationiert sei. Das waren 6 Kilometer von meinen Heimatort entfernt. Örlsdorf lag auch im Sperrgebiet. Ich gab Ihn meine Adresse, damit er mir schreiben konnte. Dann fuhr ich mit dem Bus nach Hause. Irgendwie ging mir Gerhard nicht aus dem Kopf. Roland vermisste ich überhaupt nicht. Ich fühlte mich frei und unbeobachtet. Die nächsten Wochen waren wunderschön. Ich war richtig verliebt. Ein ganz andres Gefühl lernte ich kennen. Ich stellte Gerhard meinen Eltern vor. Meine Eltern wussten nichts von Roland und unseren Zukunftspläne. Fast hatte ich das vergessen. Roland schrieb nicht gerne Briefe. Ich sollte ihn anrufen. Wäre auch einfach gewesen, denn wir hatten seit Anfang der 50er Jahre Telefon. Das tat ich natürlich nicht. Was sollte ich denn sagen. Die Wahrheit? Das ich mich unsterblich verliebt hatte. Ich beschloss mich nicht zu melden, bevor ich mir nicht selbst über meinen Gefühlen im Klaren war. Gerhard und ich trafen uns sehr oft. Sein Kompaniechef war mein Nachbar Reiner. Der hatte natürlich volles Verständnis für uns. Gerhard wohnte in Henneberg bei Meiningen bei seinen Eltern. Das war ebenfalls Sperrgebiet. Aber Henneberg lag im Kreis Meiningen. Wir besuchten auch öfter meine Pate Mete und ihrem Mann. Meine Cousine Regina war natürlich auch da. Mein Cousin Ulli war schon in Eisenach. Er spielte Handball und wurde vom Sportverein Eisenach abgeworben. Später bei der Armee, spielte Ulli bei SG Rudolstadt. Dieser Sportverein war im Handball Republiksieger. In der DDR war guter Sport das Wichtigste. Ulli hatte es bei der Armee gut. Handball stand im Vordergrund. Ein Gewehr hatte er so gut wie nie in der Hand. Bei Übungen gab man ihn ein Holzgewehr. Später nach der Armee, ging er nach Eisenach zurück. Seine Freundin Elisabeth studierte in Erfurt. Die Entfernung war günstig. Die Lindenberger konnte auch Gerhard gut leiden. Ich war froh, dass meine Pate Meta keine Einwände hatte. Ihr erzählte ich immer alles. Pate Meta wusste auch von Roland. Sie war der Meinung, dass der Altersunterschied zu groß sei und ich wenig von meiner Jugend hätte. Ich glaube, ihr ist ein Stein von Herzen gefallen, als Gerhard ihr erzählte, dass wir uns im September verloben wollten. Das war natürlich sehr schnell. Wir kannten uns gerade 8 Wochen. Ich saß zwischen zwei Stühlen. Auf der einen Seite ein 10 Jahre ältere Mann, der mir Sicherheit und Geborgenheit bot. Auf der anderen Seite, ein Mann, der mich auch liebte, und ebenfalls heiraten wollte. Das Schicksal machte mir die Entscheidung leicht. Mein Hausarzt riet mir aus gesundheitlichen Gründen die Lehre in Leuna zu beenden. Das war natürlich erst einmal ein Schock. Hatte ich doch viele andere Pläne gehabt. Ich nahm Rücksprache mit meiner Schule in Leuna. Ich wollte die Lehrausbildung zu Ende bringen und das Abitur in Köppelsdorf mit einer neuen Lehre fortführen. Die Stelle besorgte mir natürlich mein Vater. So machte ich den Chemiefacharbeiter und Laborant zu Ende und gleichzeitig holte ich den Lehrstoff für die Lehrausbildung als Facharbeiter für Anlagentechnik mit Abitur nach. So verlor ich keine Zeit. Natürlich war das sehr schwer. Das Abitur war ähnlich. Nur die fachbezogenen Fächer unterschieden sich. Niemals wollte ich einen Keramikberuf erlernen. Die Keramischen Werke Neuhaus-Schierschnitz und Sonneberg waren direkt in meiner Nähe. Außerdem wollte ich nicht mehr im Sperrgebiet wohnen. Leider blieb mir nichts anderes übrig, als mich zu fügen. Natürlich musste ich auch meine neuen Klassenkameraden kennen lernen. In der Nachbarklasse waren einige Schulkameraden, von meiner alten Schule. Die meisten erlernten einen Beruf als Elektriker mit Abitur.

Bevor ich im September Leuna verlies, musste ich mich mit Roland aussprechen. Er hatte natürlich damit nicht gerechnet. Roland war auch sehr traurig, Mir fiel es auch sehr schwer. Aber meine Gesundheit ging vor. Die Entfernung war zu groß. Von Gerhard erzählte ich ihn nichts. Ich fand das war besser so. Ich glaube nicht, dass er es verstanden hätte, wegen eines anderen Mannes verlassen zu werden. Ein Arbeitskollege meines Vaters holte mich mit allen Sachen nach Hause zurück.

Es war kurz vor unsrer Kirmes im September. Gerhard und ich wollten uns auch zur Kirmes verloben. Die Verlobung wurde durch den tödlichen Unfall meines früheren Freundes Werner überschattet. Er verunglückte einer Woche vor der Kirmes auf dem Weg zur Arbeit. Ich war sehr traurig. Es tat richtig weh. Sagen konnte ich natürlich niemanden etwas.  Werner war in meiner Kindheit mein großes Geheimnis.

 © Tscherry 5. Oktober 2012

 

 

----------------------Fortsetzung folgt----------------------

 

 

 

             

 

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tscherry Re: -
Zitat: (Original von Gast am 12.10.2012 - 09:42 Uhr) Du schreibst sehr schön. Dein Leben, schon in der Jugend, war sehr interessant. Schreibe weiter. Ich bin neugierig.
LG - Gabi

Danke liebe Gabi. LG Ursel
Vor langer Zeit - Antworten
Gast Du schreibst sehr schön. Dein Leben, schon in der Jugend, war sehr interessant. Schreibe weiter. Ich bin neugierig.
LG - Gabi
Vor langer Zeit - Antworten
tscherry Re: Re: Re: Auch diesen Teil deines Lebens -
Zitat: (Original von FLEURdelaCOEUR am 05.10.2012 - 15:06 Uhr)
Zitat: (Original von tscherry am 05.10.2012 - 08:37 Uhr)
Zitat: (Original von FLEURdelaCOEUR am 04.10.2012 - 17:05 Uhr) habe ich mit Interesse gelesen, zumal mir die Gegend Leuna-Merseburg gut bekannt ist. Der "Strandkorb" ist irgendwann in den siebziger Jahren abgebrannt und das Café Zentral am Gotthardtteich wurde nach der Wende abgerissen..... Der Chemiedreck früher war wirklich schlimm, dazu kam noch der Kohlenstaub aus dem Geiseltal .....
Dass man in DDR-Zeiten SED-Mitglied sein musste, um einen Studienplatz zu bekommen, kann ich jedoch nicht bestätigen. Dann hätten die meisten nicht studieren dürfen, auch nicht Angela Merkel.....

Vielleicht gehst du deinen Text sprachlich noch einmal in Ruhe durch, mir sind etliche grammatikalische Fehler (Dativ/Akkusativ) und Ausdrucksmängel aufgefallen, z.B. schreibst du als Zeitangabe Wochenende, statt am Wochenende, bzw. an den Wochenenden.

LG fleur


Danke, werde ich machen. Im Sperrgebiet war vieles anders. Darüber durfte früher niemand reden. In den Großstätten war das anders. LG Ursel


Mit dem Sperrgebiet kenne ich mich nicht aus. Da durften wir ja nicht rein.
LG fleur

Aber Deine Informationen von Merseburg und Umgebung, waren voller Interesse. Das war alles Neu für mich. Schönes Wochenende. LG Ursel
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR Re: Re: Auch diesen Teil deines Lebens -
Zitat: (Original von tscherry am 05.10.2012 - 08:37 Uhr)
Zitat: (Original von FLEURdelaCOEUR am 04.10.2012 - 17:05 Uhr) habe ich mit Interesse gelesen, zumal mir die Gegend Leuna-Merseburg gut bekannt ist. Der "Strandkorb" ist irgendwann in den siebziger Jahren abgebrannt und das Café Zentral am Gotthardtteich wurde nach der Wende abgerissen..... Der Chemiedreck früher war wirklich schlimm, dazu kam noch der Kohlenstaub aus dem Geiseltal .....
Dass man in DDR-Zeiten SED-Mitglied sein musste, um einen Studienplatz zu bekommen, kann ich jedoch nicht bestätigen. Dann hätten die meisten nicht studieren dürfen, auch nicht Angela Merkel.....

Vielleicht gehst du deinen Text sprachlich noch einmal in Ruhe durch, mir sind etliche grammatikalische Fehler (Dativ/Akkusativ) und Ausdrucksmängel aufgefallen, z.B. schreibst du als Zeitangabe Wochenende, statt am Wochenende, bzw. an den Wochenenden.

LG fleur


Danke, werde ich machen. Im Sperrgebiet war vieles anders. Darüber durfte früher niemand reden. In den Großstätten war das anders. LG Ursel


Mit dem Sperrgebiet kenne ich mich nicht aus. Da durften wir ja nicht rein.
LG fleur
Vor langer Zeit - Antworten
tscherry Re: Re: Auch diesen Teil deines Lebens -
Zitat: (Original von tscherry am 05.10.2012 - 08:37 Uhr)
Zitat: (Original von FLEURdelaCOEUR am 04.10.2012 - 17:05 Uhr) habe ich mit Interesse gelesen, zumal mir die Gegend Leuna-Merseburg gut bekannt ist. Der "Strandkorb" ist irgendwann in den siebziger Jahren abgebrannt und das Café Zentral am Gotthardtteich wurde nach der Wende abgerissen..... Der Chemiedreck früher war wirklich schlimm, dazu kam noch der Kohlenstaub aus dem Geiseltal .....
Dass man in DDR-Zeiten SED-Mitglied sein musste, um einen Studienplatz zu bekommen, kann ich jedoch nicht bestätigen. Dann hätten die meisten nicht studieren dürfen, auch nicht Angela Merkel.....

Vielleicht gehst du deinen Text sprachlich noch einmal in Ruhe durch, mir sind etliche grammatikalische Fehler (Dativ/Akkusativ) und Ausdrucksmängel aufgefallen, z.B. schreibst du als Zeitangabe Wochenende, statt am Wochenende, bzw. an den Wochenenden.

LG fleur


Danke, werde ich machen. Im Sperrgebiet war vieles anders. Darüber durfte früher niemand reden. In den Großstätten war das anders. LG Ursel

Habe den zweiten Teil überarbeitet. Hatte das schon vor drei Jahren geschrieben. Heute schreibe ich ja auch anders.
Noch einmal vielen DAnk. LG Ursel
Vor langer Zeit - Antworten
tscherry Re: Auch diesen Teil deines Lebens -
Zitat: (Original von FLEURdelaCOEUR am 04.10.2012 - 17:05 Uhr) habe ich mit Interesse gelesen, zumal mir die Gegend Leuna-Merseburg gut bekannt ist. Der "Strandkorb" ist irgendwann in den siebziger Jahren abgebrannt und das Café Zentral am Gotthardtteich wurde nach der Wende abgerissen..... Der Chemiedreck früher war wirklich schlimm, dazu kam noch der Kohlenstaub aus dem Geiseltal .....
Dass man in DDR-Zeiten SED-Mitglied sein musste, um einen Studienplatz zu bekommen, kann ich jedoch nicht bestätigen. Dann hätten die meisten nicht studieren dürfen, auch nicht Angela Merkel.....

Vielleicht gehst du deinen Text sprachlich noch einmal in Ruhe durch, mir sind etliche grammatikalische Fehler (Dativ/Akkusativ) und Ausdrucksmängel aufgefallen, z.B. schreibst du als Zeitangabe Wochenende, statt am Wochenende, bzw. an den Wochenenden.

LG fleur


Danke, werde ich machen. Im Sperrgebiet war vieles anders. Darüber durfte früher niemand reden. In den Großstätten war das anders. LG Ursel
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR Auch diesen Teil deines Lebens - habe ich mit Interesse gelesen, zumal mir die Gegend Leuna-Merseburg gut bekannt ist. Der "Strandkorb" ist irgendwann in den siebziger Jahren abgebrannt und das Café Zentral am Gotthardtteich wurde nach der Wende abgerissen..... Der Chemiedreck früher war wirklich schlimm, dazu kam noch der Kohlenstaub aus dem Geiseltal .....
Dass man in DDR-Zeiten SED-Mitglied sein musste, um einen Studienplatz zu bekommen, kann ich jedoch nicht bestätigen. Dann hätten die meisten nicht studieren dürfen, auch nicht Angela Merkel.....

Vielleicht gehst du deinen Text sprachlich noch einmal in Ruhe durch, mir sind etliche grammatikalische Fehler (Dativ/Akkusativ) und Ausdrucksmängel aufgefallen, z.B. schreibst du als Zeitangabe Wochenende, statt am Wochenende, bzw. an den Wochenenden.

LG fleur

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