Fantasy & Horror
Das Geheimnis von Shikoku - Shikoku no himitsu

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"Das Geheimnis von Shikoku - Shikoku no himitsu"
Veröffentlicht am 18. September 2012, 46 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Über den Autor:

Ich bin ein pessimistisches Fräulein, dass schon seit ihrer Kindheit einen Narren an der asiatischen Kultur als auch der Sprache gefressen hat. Demnach lerne ich fleißig japanisch. Eine Weile lernte ich auch zusätzlich koreanisch aber, das ist dann unter dem ganzen Stress untergegangen. Außerdem habe ich gemerkt, dass mich die japanische Sprache doch mehr fasziniert. Genauso wie ich verrückt nach Asien bin, liebe ich auch den Sport Basketball. ...
Das Geheimnis von Shikoku - Shikoku no himitsu

Das Geheimnis von Shikoku - Shikoku no himitsu

Beschreibung

Es ist nicht leicht in einer Gesellschaft aufzuwachsen, die gegen die Natur des Menschen spricht. Die dir verbietet Liebe zu zeigen, geschweige denn Liebe zu empfinden. Die dir vorschreibt, das zu tun, was man von dir verlangt, auch wenn es darum geht deinen Seelenverwandten auszulöschen. Eine Gesellschaft in der Blut gegen Blut kämpft und die größten Opfer von dir fordert. In der dein 12. Lebensjahr der Wendepunkt deines gesamten Lebens wird als Nachfahre eines Elite-Kriegers und große Taten verspricht. Eine Welt so klein wie ein Dorf, wo Freunde zu den gefährlichsten Feinden konvertieren. "Wir leben in einer Welt, die in Einsamkeit und Hass verhungert. Es verlangt regelrecht nach neuen Reformen....auch wenn wir dabei das Risiko eingehen zu sterben. Der Preis einer Revolution, die Opfer, sind gleichzeitig das Maß ihres Stolzes. Wenn wir sterben, dann in Ehren!" Zitat von Haruka Hikari

 

Die Zeremonie

,,Farben? Was sind Farben überhaupt? Haben sie irgendeine Bedeutung? Sagen sie über die Eigenschaften und den Charakter des Menschen etwas aus? Und was haben die Elemente mit den Farben gemeinsam? Was sind Kälte und Wärme? Was für eine Rolle spielt die Einsamkeit in unserer Welt?" Diese Gedanken ließen Haruka nicht los. Da sie nun auch die Fähigkeiten des Lichtes erlangt hatte, würde nichts mehr in ihrem Leben so sein, wie es früher einmal gewesen war. Sie lebte in einem kleinen Dorf namens Uji, welches in der Nähe von Kyoto, dem reichsten Gebiet in ganz Japan, liegt. Über die Fähigkeit des Lichtes war sie von ihrem Vater schon des Öfteren aufgeklärt worden. Sie hatte gewusst, dass irgendwann die Zeit kommen würde. Aber, dass es so früh kam, das hatte sie nicht geahnt. Heute Nacht sollte es ernst werden.

 

 

Das Mädchen lief nachdenklich den nordöstlichen Pfad direkt ins Dorf herunter. Es war spät am Nachmittag. Die Sonne ging gerade unter und beleuchtete mit ihren warmen, rötlichen Farben eine kleine Lichtung. Sie gehörte nur ihr ganz alleine. Eine Nachtigall zwitscherte lieblich das Abendlied. Haruka verlangsamte in diesem Moment ihre Schritte. Hier kam sie jeden Morgen und Abend her, um sich von ihrer realen Welt zu erholen. Die Menschen, die sie jeden Tag in ihrem Dorf sah, machten sie mit ihren unverständlichen Denkweisen verrückt. Und jetzt sollte sie auch noch ab heute Abend offiziell zu ihnen gehören. Das wollte sie nicht! Auf gar keinen Fall! Nicht nur die Denkweise schreckte sie ab, sondern auch wie kaltherzig ihr Volk sein konnte. Die ganze Landschaft war jetzt in ein feuriges, glänzendes Rot getaucht. Ja, jetzt konnte sie nur dieser Ort aufheitern. Nur hier würde sie endlich ihre Ruhe finden. Das war ja schon immer so gewesen. Erleichtert aber auch 

 

traurig setzte sie sich auf das weiche, grüne Gras. Es war angenehm. Sie wollte sich entspannen. An nichts mehr denken. Nichts mehr fühlen. Vor allem keine Trauer. Ja, über Gefühle hatte sie sich auch schon öfters Gedanken gemacht. Gefühle sind unsichtbar. Sie sind vorübergehend. Zumindest dachte sie das bis heute. Nein, sie sind eben nicht unsichtbar. Sie sind eben nicht vorübergehend. Vor allem Gefühle, die quälende Schmerzen hinterlassen, wie die Trauer, die Verzweiflung. Sie lassen nie von dir ab und sind meistens ein Zeichen dafür, dass einem etwas im Leben seelisch belastet. Dass jemand dich verletzt. Aber über diese komplizierten und anstrengenden Sachen wollte sie nun nicht mehr nachdenken. Müde verschränkte sie auf der Wiese die Arme, sodass ihr Gesicht darin verschwand. Sie wollte nichts mehr sehen. Dunkelheit. Das tat gut. So blieb sie mehrere Stunden und ließ die Sonnenstrahlen und die Wärme, die von ihnen ausgingen, auf sich 

 

ruhen. Sie hinterließen ein Gefühl der Liebe, Zuneigung und Freundschaft. Dinge, die sie nie in ihrer realen Welt gefunden oder bekommen hatte. Vor allem nicht von der Person, die sie am meisten hasste. Wenn jemand immer für sie da war und sie beschützte, dann war es ihre Mutter. Das Wort „Mutter“ gefiel ihr sehr. Damit konnte sie nämlich alles, was ihr Freude bereitete, verbinden. Als die Sonne von einer Wolke bedeckt wurde, verschwanden die Glücksgefühle des Mädchens. Sie erschrak und hob den Kopf enttäuscht gegen den Himmel.

,,Wo bist du? Wieso bist du weggegangen?“, flüsterte sie traurig. ,,Gerade in einem Moment, in dem ich dich wirklich brauche, lässt du dich von einer Wolke besiegen!“ Und bittere Tränen liefen ihr über die Wangen. Ja, sie konnte nicht mehr. Es war ihr wieder alles zu viel. Obwohl sie versuchte nicht mehr an das Ganze zu denken, wurde alles schlimmer. Ihr Blick senkte 

 

sich und ihre Augen schauten jetzt auf das schimmernde Gras. Ein Gefühl der Kraftlosigkeit befiel sie. Sie wollte aufstehen doch ihre Beine fühlten sich ganz taub an. Es war mal wieder eine ihrer vielen Gefühlsausbrüche, die heute ihren Höhepunkt erreicht hatten. Eine Träne nach der anderen tropfte auf ihren Schoß, während sie vergebens versuchte, dass Schluchzen zu unterdrücken. Dabei sah sie noch einmal hoffnungsvoll in den Himmel. Ihr Blick suchte verzweifelt das, von grauen Wolken bedeckte, Himmelszelt ab. Doch nichts war zu sehen, außer Regenwolken. Die Nachtigall hörte nun auf zu singen und flog weg.

,,Ich bin hierhergekommen, in der Hoffnung, dass du mir bei meinem Problem helfen könntest. Aber sogar du hast mir den Rücken gekehrt. Verstehst du denn nicht, dass ich jetzt auch diese schreckliche Fähigkeit erlangt habe? Es ist nicht so, dass ich das Licht hasse. 

 

Dein Licht liebe ich! Aber nicht die Fähigkeiten meines Stammes! Hilf mir doch bitte!“, schluchzte sie verzweifelt, wartend auf eine Antwort. Eine, die ihr vielleicht den richtigen Weg weisen würde.

Aber der Himmel wollte einfach nicht heller werden, im Gegenteil, er verfinsterte sich immer mehr, sodass es nun auch noch anfing zu blitzen. Haruka verstand, dass sie alleine da durch musste. Ihre schwarzen Augen weiteten sich und ihr Blickfeld wurde aufgrund ihrer Tränen eingeschränkt, sodass sie beim Aufstehen schwankte. ,,Verstehe“, flüsterte sie traurig und machte sich langsam fertig um nach Hause zu gehen, denn lange konnte sie nun nicht mehr auf ihrer Lichtung bleiben, da sonst ihr Vater, das Oberhaupt ihres Stammes, wütend werden würde. Sie lief so schnell sie konnte den schlammigen Pfad zu ihrem Dorf hinunter. Es regnete. Auf dem Weg trocknete sie hastig ihre Tränen und rieb sich ihr Gesicht 

 

mit dem Regen sauber. Als sie im Dorf angekommen war, sahen sie einige aus ihrer Verwandtschaft beschämt an. Sie waren gerade dabei sich vor dem Regen zu schützen und in ihre Häuser zu gehen. ,,Mama, schau mal, da drüben ist Haruka. Sie rennt genau auf uns zu“, rief Matsuyo vom Fenster und zeigte mit seinem Finger auf die kleine Person, die mit jeder Sekunde größer wurde. ,,Mama geh zur Seite!“, rief der Junge warnend.

,,Ja, willst du mich denn umrennen, Kind und wie du aussiehst. Total schmutzig. Was wird denn dein Vater dazu sagen?! Du bist wirklich unverbesserlich, Haruka“, schrie Moegi ihr hinterher, als Haruka beim Vorbeirennen ihre Tante fast zu Boden stieß.
,,Tut mir leid, Tante. Aber ich bin gerade in Eile“, entschuldigte sie sich beim Weiterrennen. „Du bist unverbesserlich!“ Diesen Satz hörte sie nicht zum ersten Mal. Sie hatte es ja schon begriffen, dass sie eine Blamage für den 

 

ganzen Clan war. Aber in diesem Moment konnte sie nicht an so etwas denken. Sie musste sich jetzt auf die bevorstehende Zeremonie konzentrieren und alle anderen ignorieren. Sie bog so schnell sie konnte in eine Seitenstraße ab, denn dort war ihr zu Hause. Sobald sie angekommen war, schob sie zielstrebig die Tür auf und stolperte beim Reinrennen über die Kante der Eingangstür auf die Tatami-Matte.

,,Auch das noch!!!“, keuchte das weißhaarige Mädchen. ,,Haruka? Bist du das mein Schatz?“, fragte eine Stimme aus der Küche. ,,Ja, ich bin es. Ich weiß, dass ich zu spät bin Mama, sag nichts", antwortete sie, während ihre Finger wehleidig ihren Knöchel massierten. Daraufhin kam eine Frau mit einer Küchenschürze, um ihrer Tochter zu helfen. Sie schaute Haruka eine Weile nachdenklich an und bemerkte, dass sie wahrscheinlich wieder auf ihrer traumhaften Lichtung gewesen 

 

war. Es zerbrach Yumiko das Herz als sie feststellen musste, dass Haruka wieder geweint hatte. Ihr blieben nur noch 6 Stunden bis zur schrecklichen Zeremonie übrig. Sie war der Ansicht, dass sie wenigstens diese Zeit in Ruhe genießen sollte ohne über die Folgen der Wut ihres Vaters nachdenken zu müssen.

,,Vergiss nicht, mein Liebling, heute ist deine Einweihungszeremonie und dein Vater möchte dich bestimmt nicht mit so einem strengen Geruch in unseren Stamm aufnehmen. Ich schlage vor, du und ich gehen zusammen in ein Onsen! Na, was meinst du?“Und die schwarzhaarige Frau lächelte so warm und herzlich, dass Haruka den Vorschlag ihrer Mutter nicht ablehnen konnte. Also holte sie ihr Badehandtuch und machte sich mit ihrer Mutter auf den Weg in das teuerste Onsen nach Kyoto.

 

 

Unterwegs sahen die Frauen des Dorfes mit Ehrfurcht und Neid auf die nette und selbstbewusste Mutter des kleinen Mädchens herab. Sie wussten, dass Yumiko Hikari eine sehr freundliche, gefühlvolle und verantwortungsbewusste Frau war und beneideten sie deshalb auch.

,,Guten Tag Yumiko-sama. Wohin des Weges?“, fragte eine neugierige Bäckersfrau. Dabei verneigte sie sich etwas vor ihr und schaute Haruka missbilligend an. Haruka fühlte sich von der Frau ausgegrenzt. Ein Gefühl der Trauer und Angst befiel sie. Der Griff um die Hand ihrer Mutter wurde fester, wobei sie sich ängstlich hinter ihr versteckte. Yumiko sah, dass sich ihre Tochter wegen der Anwesenheit dieser Frau unwohl fühlte und machte kurzen Prozess.

,,Ich bringe meine Tochter in eines der schönsten Onsen weit und breit, gute Frau. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen 

 

würden. Wir müssen weiter. Wir haben noch einen langen Weg vor uns.“
Haruka liebte es wie ihre Mutter sie vor diesen beängstigenden Blicken der Menschen beschützte. Sie war die einzige Person in ihrem Clan mit der sie über alles reden konnte.

Als sie das Dorf schon längst hinter sich gebracht hatten, hörte der Regen auf und der Himmel wurde klarer. Die Luft war jetzt erfüllt von dem würzigen Geruch der Tannenzapfen und dem fruchtigen Aroma der Satsumas.
,,Hmm, wie lecker doch jetzt eine Satsuma wäre“, dachte sich Haruka und lächelte dabei ganz lieblich. Voller Genuss sog sie diese schmackhaften Düfte in sich hinein.
,,In welches Onsen sie mich wohl bringt? Diese Ungewissheit ist ein schönes aber dennoch nerviges Gefühl. Ich möchte zu gern wissen, wohin wir gehen?“, fragte sie sich weiter und sah dabei ihrer Mutter neugierig ins Gesicht. Yumiko spürte die Aufregung ihrer Tochter. Sie 

 

sah sie ebenfalls an. Haruka witterte dies als Chance und wandte all ihre Überredungskünste an, damit ihre Mutter ihr endlich verriet, wohin die Reise führen sollte. Doch vergeblich. Die glückliche Mutter kicherte ihre Tochter nur lustig an und bog bei einer Weggabelung ab. Das enttäuschte Mädchen, welches jetzt noch verärgerter war, zupfte hastig an dem Ärmel des Kimonos ihrer Mutter und zeigte dabei auf den anderen gegenüberliegenden Weg.

,,Äh, Mama wir müssen hier abbiegen!“, deutete sie mit ihrem Zeigefinger.
,,Nein. Folge mir bitte Haruka! Wir gehen heute in ein anderes Onsen“, antwortete die Frau und schaute ihre Tochter dabei grinsend an. Haruka mochte keine Abwechslungen. Sie fühlte sich dabei immer unwohl. Für einen Moment wurde es still. Keiner von den Beiden redete mehr. Haruka musste an die Zeremonie denken. Wie würde es ablaufen? Würde sie es 

 

schaffen? Bei ihrem Bruder hatte es jedenfalls funktioniert. Aber damals war sie auch sieben Jahre alt. Ihr Vater nahm ihn damals für ein paar Stunden mit. Wohin, wusste sie nicht. Sicher war, dass er dem Clan sehr viel Ruhm und Ehre brachte. Ja, er war eine Besonderheit. Und sie? Sie war ein Nichts. Ein Niemand. Das Gesicht ihres Vaters konnte sie jetzt vor ihrem geistigen Auge sehen. Viele fanden ihn gutaussehend. Aber in Harukas Augen war er der hässlichste Mensch auf der ganzen weiten Welt. Sie versuchte sich ihn mit einem Lächeln vorzustellen, was fehlschlug. Natürlich, er hatte ja auch bis jetzt noch nie gelächelt oder gar gelacht. Zumindest war er in ihrer Gegenwart immer grimmig.

Yumiko sah, dass ihre Tochter an die Zeremonie dachte. Sie hatte wohl schreckliche Angst davor. ,,Mache dir keine Sorgen wegen der Zeremonie, mein Schatz. Ich weiß, dass du das schaffen wirst.“

 

 

Haruka schaute überrascht ins Gesicht ihrer Mutter. ,,Ach, Mama, es ist schwer sich keine Sorgen zu machen. Wo ich doch weiß, dass Vater mich als Schande sieht. Ich weiß nicht, ob ich es schaffen kann.“ Bei dieser Antwort senkte sie bedrückt ihren Kopf.
,,Dein Vater weiß nur nicht, was für ein Talent in dir schlummert, mein Engel.“ Yumiko beugte sich nun runter zu ihrer Tochter und hob sie hoch in den Himmel. ,,Ich spüre, dass diese Nacht ganz anders ablaufen wird als bis jetzt dein ganzes Leben, Haruka. Du bist etwas Besonderes. Deine Bestimmung wird dir heute offenbart. Alle werden dich beneiden glaube mir. Ich spüre es. Mache dir keine Gedanken.“ Mit diesen Worten gab sie ihr einen liebevollen Kuss auf die Wange und setzte sie wieder auf dem Boden ab. Das Mädchen konnte es nicht glauben. Nach langer Zeit hatte ihre Mutter sie wieder geküsst. Wie lange war das noch her? Zwei Monate? Wie schön sich dieser Kuss anfühlte. So warm und aufheiternd. In der 

 

Familie war es ja verboten in Gegenwart ihres Vaters Gefühle zu zeigen: Umarmungen, Küsse, liebevolle Worte. Das war alles tabu.

Haruka fühlte sich jetzt erleichtert. Ihre Mutter war der Ort an dem sie wieder Kraft auftanken konnte. An dem sie über alles, was ihr wehtat reden konnte. Ohne sie könnte sie diese Schmerzen nicht verkraften. Erschöpft atmete sie tief aus. Nachdem sie die Spitze des Hügels erreicht hatten, konnte Haruka die gewaltige Metropolstadt sehen: Kyoto. Von hier oben sah das Bild einfach traumhaft aus. Das Sternenzelt hatte sich über die ganze Stadt ausgebreitet, während sie im Rampenlicht des Mondes jeden Besucher zu sich zog. Überall waren verschiedene Läden, die alle etwas anderes anboten: Restaurants, Theaterspiele, Geisha-Auftritte, Märkte und noch vieles mehr.

,,Ich sehe dir gefällt die Stadt schon von hier aus. Aber ich verspreche dir von Nahem sieht sie viel schöner und lustiger aus.“ Haruka 

 

konnte ihrer Mutter nicht antworten. Es war einfach faszinierend.

In Kyoto angekommen, nahm Yumiko ihre Tochter an der Hand und trat in das teuerste Onsen ein. Im Eingang hörte man eine Quelle rauschen und der liebliche Duft von Kräutern und Schwefel drang in Harukas Nase. Während die Mutter ihren Eintritt bezahlte, staunte Haruka über die Einrichtung des Onsens. Überall war der Boden von braunem, glasigem Marmor bedeckt. Die Lobby war zwar klein aber sehr gemütlich. In jeder Ecke war ein niedriger, kleiner, rechteckiger Tisch. Auf den Tischen befanden sich kleine runde Blechtabletten, auf denen die heiße Kohle nur so vor sich hin knisterte. Ab und zu konnte sie kleine Funken in der Luft sehen. Mit dem leisen Knall, die die Kohle erzeugte, sah das so aus, als ob die Funken in einem bestimmten Rhythmus tanzten. Haruka gefiel dieser Anblick. Sie konnte sich einfach nicht satt 

 

sehen an diesem leuchtenden, warmen Spektakel. Die Kohle war wahrscheinlich für die Teekanne gedacht. Denn viele Gäste tranken gerne nach dem Bad eine schöne heiße Tasse grünen Tee.

Als ein kleines Kind mit einem lauten Lachen an ihr vorbeilief, zuckte das verträumte Mädchen zusammen und sah ihm hastig hinterher.

,,Oh Mann, habe ich mich vielleicht erschrocken", dachte sie bei sich und atmete erleichtert tief aus. Als sie noch einmal ihre Augen öffnete, um dem Kind hinterher zu schauen, konnte sie nicht glauben, was sie vor sich sah. Wieso hatte sie das nicht vorher gesehen? Ganz weit hinten war ein kleiner Wasserfall eingerichtet - 4 Meter hoch und hatte einen Umfang von etwa 50 Fuß. Es hatte eine grünliche Farbe, welche von den Kräutern und dem Schwefel kam.

 

 

,,Wunderschön. Das muss wahrscheinlich die Quelle sein, die ich vorhin im Eingang gehört habe", flüsterte Haruka vor Begeisterung.

,,Was hast du mein Liebling?", fragte Yumiko glücklich ihre Tochter, während sie das Geld der Frau gab. Haruka zeigte nur mit ihrem Finger auf den Wasserfall. Yumiko hob ihren Kopf an.
,,Ach, du meinst den Wasserfall? Ja, er ist äußerst schön, nicht wahr?", äußerte Yumiko und schlang ihre Arme dabei glücklich um ihre Tochter. Ja, Yumiko liebte ihre Tochter sehr. Mehr als alles andere auf der Welt. Nichts war ihr für sie zu teuer, wenn es ihr Wohl ergehen sollte.

Nach der Bezahlung trennten sich erst einmal die Wege von Mutter und Tochter, denn umgezogen wurde in Japan getrennt. Als sich Haruka ein Badetuch um ihren Körper wickelte, hörte sie ihre Mutter an ihrer Tür klopfen.
,,Kommst du Haruka? Ich warte auf dich im 

 

Badebereich!“ Haruka schoss es blitzartig durch den Kopf. ,,Was, im Badebereich?! Ich kenne mich hier doch gar nicht aus! Mama warte auf mich, bitte!“ Die Bewegungen des Mädchens wurden jetzt mit einem mal schneller. Sie holte nur noch ihre Seife und rannte schnell raus. Aber die ganze Aufregung war umsonst, denn draußen vor der Tür stand ihre Mutter und hatte die ganze Zeit auf sie gewartet. Sie nahm ihre Tochter dieses Mal noch fester an die Hand und lief auch schneller in den Badebereich. Dort angekommen säuberten sie sich erst einmal auf einem Hocker und rieben sich gegenseitig richtig die Hornhaut weg.

,,Aua! Nicht so fest! Du tust mir weh Mami!“, schrie das traurige Wesen. ,,Oh! Entschuldige mein Schatz!“ Dabei schaute sie ihr Kind liebevoll an. Sie durchströmte ebenfalls das Gefühl der Trauer und Einsamkeit. Sie hatte zwar das Gefühl, dass heute etwas 

 

Außergewöhnliches zu passieren vermochte aber das hatte nichts zu bedeuten. Immerhin war sie ihre einzige Tochter, die sie nun auch in die boshaften Hände ihres Mannes übergeben sollte, nur weil sie ebenfalls die Fähigkeiten des Lichts besaß. Sie schaute ihrer Tochter später in der heißen Quelle lange ins Gesicht und musterte ihre Augen, ihre Nase, ihren Mund einfach all ihre Gesichtszüge und musste feststellen, dass sie die Augen von ihr hatte aber die Haare von ihrem Vater. Der Kopf von Haruka war allgemein rundlich und ähnelte weder der Kopfform ihrer Mutter noch der ihres Vaters. Haruka blieb während des ganzen Bades ruhig und genoss die Stille mit geschlossenen Augen. Sie liebte die heißen Quellen sehr. Aber nur ohne Begleitung. Denn, wenn irgendeine Person mit im Badbereich war, merkte sie, dass ihr Chi nicht richtig floss und sie Panik bekam. Nach dem Bad liefen die beiden wieder friedlich nach Hause. Es war schon spät geworden, jedoch war das nicht 

 

schlimm, denn die Zeremonie sollte erst gegen Mitternacht anfangen.

Zu Hause angekommen legte sich Haruka in ihrem Abteil zur Ruhe, während ihre Mutter ihr Kimono für die Zeremonie vorbereitete.

,,Yumiko!“, schrie plötzlich eine kräftige Stimme aus dem Eingang. Die Mutter eilte schnell herunter und sah, dass ihr Mann gekommen war.
,,Guten Abend mein Schatz. Was ist los? Wieso schreist du?“
Der Mann warf einen drohenden Blick zur Frau und ging stürmisch ins Wohnzimmer und dann in die Küche und ins Schlafzimmer bis er alle Räume durchsucht hatte und ins Zimmer seiner Tochter stürzte. Die Mutter bemerkte welche Angst ihr Mann hatte und beruhigte ihn.
,,Keine Sorge! Ihr geht es gut! Sie ist nur ein wenig müde vom heutigen Ausflug?“
,,Ausflug?!“, fragte der Mann zornig zu seiner Frau.

 

,,Ja, ich bin mit ihr heute in ein Onsen nach Kyoto gegangen, weil sie furchtbar gestunken hatte. Ich meine, ich kann sie doch nicht so in unserer Stammeszeremonie blicken lassen, oder etwa doch Shouta?“ fragte die Frau ihren Mann selbstsicher und vorwurfsvoll. Der Mann antwortete nicht, sondern kehrte den Rücken zu seiner Frau und machte sich selber für die Zeremonie fertig.

,,Eingebildeter Kauz!“, fluchte Yumiko mit einem verachtenden Blick auf Shouta. Daraufhin schloss sie die Tür hinter sich zu und blieb mit ihrer Tochter alleine in einem Zimmer.

Langsam ging sie mit leisen Schritten auf das Bett ihrer Tochter zu und stieß sie vorsichtig an.
,,Haruka mein Liebling, wache bitte auf! In zwei Stunden ist es soweit. Harukaaa!“ Das kleine zierliche Mädchen machte langsam die Augen auf und gähnte laut.
,,Ist es wirklich schon soweit Mami?“

 

,,Ja mein Schatz! Komm stehe auf und ziehe deinen Kimono an! Ich habe es für dich fertig gemacht!“, dabei hielt die Mutter ein gelbes Kimono hoch. Haruka saß aber nur auf ihrem Bett und wollte den Kimono nicht einmal sehen. Sie durchströmte eine Unruhe, die sie nicht verstehen konnte, denn alle Menschen, die für sie wichtig waren, waren da: ihre Mutter, ihr Bruder, ihre Tante und ihr Onkel. Aber trotzdem wurde sie das Gefühl der Traurigkeit und Sorge nicht los. Sie kämpfte regelrecht gegen ihr Unbehagen und versuchte es immer wieder zu verdrängen. Yumiko, die die Unruhe ihrer Tochter mitbekam, merkte dass sie alleine sein wollte und ging aus dem Zimmer.

Das Mädchen bemerkte nicht einmal, dass ihre Mutter das Zimmer verlassen hatte. Ihr Blick war nur auf einen Punkt fixiert: auf ihre Bettdecke. Für sie bedeutete diese Zeremonie nichts, da sie die Fähigkeiten ihres Stammes und somit auch ihre eigenen Fähigkeiten nicht 

 

nicht tolerierte und respektierte. Den Grund für diesen Hass bildeten für sie die Bezeichnungen wie Krieg, Blut, Verluste, Reichtum, Macht und der Wettkampf zwischen den vielen Dörfern auf den benachbarten Inseln Honshu, Shikoku, Kyushu und Hokkaido. Denn jeder Bewohner, der auf jeweils dieser Hauptinseln auf die Welt gekommen ist, hat übermenschliche und außergewöhnliche Eigenschaften. Je nach Insel ändert sich das. Aber es gibt auch Randgruppen, die durch ihre unterschiedlichen Erbanlagen mehrere Eigenschaften besitzen. So besitzen z.B. die Kinder, die auf Hokkaido leben die Wassereigenschaft, können aber auch dadurch, dass einige Mütter andere Eigenschaften besitzen (z.B. Feuer) auch diese in ihrem zukünftigen Leben erlernen.

Plötzlich hörte Haruka die Stimme ihres Bruders. Ihr Blick schweifte zur Tür und von dort auf ihren gelben, glänzenden Kimono. Auch wenn sie es sich selber nicht zugeben 

 

wollte, sie fand den Kimono sehr schön. Es waren weiße Rosen darauf abgebildet, welche auch auf dem Obi (jap.:Gürtel) vorhanden waren. Der Kragen war schwarz genauso wie das Obi. Auf der linken Brustseite war das Zeichen des Stammes abgebildet: Licht. Langsam bewegte sie ihre Beine und spürte, dass ihre Gelenke eingeschlafen waren. Sie hob schnell ihren Kopf und schaute aus dem Fenster heraus. Sie sah, dass alle Mitglieder ihres Stammes da waren und darauf warteten, dass die Zeremonie endlich beginnen solle. Sie konnte unter den ungeduldigen Gesichtern das Gesicht ihres Vaters nicht finden. Mit einem Mal freute sich Haruka darüber, dass er nirgends zu sehen war. Das bedeutete, dass die Zeremonie ohne ihn ablaufen werden würde. Sie würde zum ersten Mal mit all ihren Freunden und Verwandten reden dürfen ohne im Hintergrund zu denken, dass ihr Vater sie beobachten würde. Für einen kurzen Augenblick formte sich auf dem Gesicht des 

 

Mädchens ein hoffnungsvolles Lächeln, welches aber sofort wieder verschwand. Sie wusste, dass diese Vorstellung nur ein Traum war. Ein unerreichbarer Traum. Ihre Augen füllten sich bei diesem Gedanken mit Tränen. Tränen der Angst, Unglücklichkeit und Verzweiflung.

Auf einmal hörte sie diesen nach ihr rufen.

,,Haaruukaa! Bist du endlich fertig? Der ganze Familienstamm wartet auf dich. Wir wollen langsam anfangen! Beeile dich gefälligst und blamiere mich nicht!“

Harukas Gesicht verfinsterte sich als sie die Stimme ihres Vaters hörte. Sie konnte diese Stimme überhaupt nicht ausstehen. Sobald sie seinen Tonfall hörte, spielte ihr Chi verrückt. Ihre Pupillen weiteten sich vor Wut und ihre Hände ballten sich automatisch zu Fäusten. Der letzte Satz wiederholte sich in ihrem Kopf wie ein Echo:

 

,,Beeile dich gefälligst und blamiere mich nicht!“
Mit diesem Ohrwurm blieb ihr Blick auf dem Kimono stehen. Sie nahm den Kimono und zog es schnell an. Daraufhin ging sie auf die Tür zu. Dabei lenkte sie der Spiegel, in dem sie ihr Spiegelbild sah, ab. Sie blieb stehen und schaute die Person in dem Spiegel an. Sollte das Haruka Hikari aus dem Hikari-Clan sein. Im Spiegel sah sie ein Mädchen, das kurze weiße Haare hatte. Sie stellte fest, dass sie sehr ängstlich und traurig schaute. Außerdem stand ihr der Kimono auch nicht. Die Ärmel waren viel zu lang genauso wie der Rock. Das einzige, was ihr an ihrem Kleid gefiel, waren die weißen Rosen. Plötzlich klopfte es an der Tür, sodass Haruka ängstlich zusammenfuhr und heftig zu zittern begann. Die Stimme ihrer Mutter ertönte.

,,Haruka Liebling bist du fertig? Darf ich hereinkommen?“ Haruka antwortete nicht aber 

 

fühlte sich durch die Stimme ihrer Mutter erleichtert und atmete tief aus. Daher machte Yumiko die Tür langsam auf. Als sie im Zimmer war, sah sie ihre Tochter vor dem Spiegel stehen. Leise ging sie auf ihre Tochter zu und umarmte sie von hinten.

,,Wie gut dir der Kimono steht. Du siehst wie eine Prinzessin aus. Nur es fehlt noch eine Kleinigkeit.“ Daraufhin machte sie ihre Hand auf und zum Vorschein kam eine weiße Rose.

,,Das ist ein Haarschmuck für dich. Ich bin mir sicher, dass du damit noch umwerfender aussehen wirst als du es schon bist."

Haruka gefiel der Haarschmuck. Nicht nur weil es eine weiße Rose war, sondern, dass diese Rose sie immer an ihre geliebte Mutter erinnern würde. Yumiko nahm den wunderschönen Haarschmuck und befestigte es auf der rechten Seite des Kopfes ihrer Tochter. Dabei lächelte sie ihre Tochter überglücklich an. Haruka befiel 

 

auch ein Glücksgefühl und lächelte ihrer Mutter entgegen.

,,So, jetzt wird es aber höchste Zeit mein Glühwürmchen! Wir müssen jetzt gehen, sonst wird dein Vater noch richtig böse!“
,,Ja!“, antwortete das Mädchen und versank wieder in ihrer Traurigkeit und Angst. Als die Mutter die Tür öffnete, sah sie ihren Vater vor der Tür stehen und Haruka fing an zu zittern.

,,Na, das wurde aber auch langsam Zeit! Komm folge mir Haruka! Aber beeile dich!“, und mit diesen Worten machte der Vater die Tür auf und ging raus.
,,Kommst du nicht mit, Mami?“, fragte das ängstliche Mädchen mit zittriger Stimme. Yumiko senkte den Kopf.
,,Nein, mein Glühwürmchen. Der Zutritt in den Tempel ist mir leider nicht gestattet. Aber glaube mir, du wirst die Zeremonie schaffen! Du bist ein starkes Mädchen und ich vertraue dir. Wenn du im Tempel bist, werde ich für dich 

 

beten, mein Schatz. Aber nun geh, bevor dein Vater endgültig die Geduld verliert!“

Haruka wollte ihre Mutter noch fragen, warum sie nicht mit in den Tempel durfte. Aber dann würde sie den Zorn ihres Vaters auf sich lenken und das wollte sie nicht. Davor hatte sie viel zu sehr Angst. Deswegen rannte sie so schnell wie möglich hinter ihm her. Als sie ihn eingeholt hatte, versuchte sie ihm vorsichtig ins Gesicht zu blicken. Er sah wie immer streng und gereizt aus. Langsam senkte sie wieder ihren Kopf. Sollte sie ihm jetzt ihre Frage stellen? Ihre Augen schauten wieder in das verbitterte Gesicht der streng autoritären Person.

,,Wie weit müssen wir denn laufen Papa?“, fragte sie ihn dann leise und ängstlich. Shouta blieb daraufhin stehen und zeigte mit seinem Finger auf einen großen Tempel im Norden.
,,Wir müssen zum Obaku-san Mampuku-ji Tempel. Dort wirst du deine Fähigkeit und deine Zukunft gezeigt bekommen. Ich hoffe nur 

 

das was gutes bei dir herauskommt, ansonsten bist du zu nichts zu gebrauchen und würdest nur Schande über unseren Clan bringen!“

Haruka war bei diesen hässlichen und lieblosen Worten ihres Vaters den Tränen nahe doch sie weinte nicht, sondern schluckte den schweren Kloß, der wie Blei in ihrem Hals stecken blieb, herunter. Dabei fühlte sie, wie das Wasser in ihren Augen stieg. Ihr Rachen brannte vor Wut und Trauer. Am liebsten hätte sie ihm ordentlich ihre Meinung gesagt doch sie traute sich nicht. Sie hatte viel zu sehr Angst vor den Kräften ihres Vaters.

 

Auf dem Weg zum Tempel mussten sie über einen See vorbei. Auf dem See war es neblig, während sich das Wasser ruhig verhielt und man sich darin gut spiegeln konnte. Haruka atmete die frische Luft tief ein und versuchte sich zu entspannen. Der Mond schien in seiner runden Form hell auf den Tempel. Im Wasser sah sie große Fische, deren Schuppen in dem Licht des Mondes silbern leuchteten. Als sie am anderen Ufer angekommen waren, stieg der Vater aus und lief einfach weiter ohne seiner Tochter aus dem Boot zu helfen. Das Mädchen sprang so schnell sie konnte aus dem wackeligen Wassergefährt herunter und rannte ihrem Vater durch den Nebel hinterher. Dabei streifte das Ärmel ihres Kimonos an einem Dickicht, sodass es aufriss und ihren Arm zerkratzte.

,,Aua!!!“, schrie Haruka und sah das ihre Verletzung blutete. Damit ihr Vater das nicht mitbekam, lutschte sie schnell ihre Wunde, um 

 

das Blut zu stoppen. ,,Benimm dich gefälligst! Wir sind da“, sagte Shouta mit seiner tiefen Stimme und blieb vor dem Eingang des Tempels stehen.

Das Gebäude leuchtete im Mondschein bläulich und hell. An den Ecken der Dächer waren kleine Statuen aus Stein eingemeißelt, die ihr noch mehr Angst einjagten. Voller Furcht versuchten ihre Augen dem Anblick des Gebäudes auszuweichen. Aber die Neugierde, die trotzdem tief in ihrem Inneren schlummerte, trieb sie dazu an weiter das Gebäude zu beobachten. Dabei sah sie ihr Vater dunkel an. Sein Blick ermahnte sie, nicht noch neugieriger zu werden. Daraufhin senkte Haruka traurig ihren Kopf und versuchte gerade zu laufen. Am Tempeltor angekommen schloss Shouta seine Augen und formte mit seinem Zeige- und Mittelfinger vor seinem Gesicht eine Senkrechte und rief: ,,KAI!!!“ Mit einem Mal öffnete sich die Tür und das Mädchen betrat 

 

mit ihrem Vater einen großen Raum. In dem Raum waren mehrere große Säulen und Kerzen. Haruka liebte Kerzen. Sie liebte vor allem die Wärme, die von ihnen ausging und die angenehme beruhigende Farbe des Feuers. Aber diese Kerzen waren für sie ein bisschen zu groß. Die kreisförmige Abbildung auf dem Boden, die wie das Wappen des Hikari-Clans aussah, entging dem faszinierten Mädchen auch nicht. Sie bemerkte das diese Abbildung der einzige Fleck in dem Raum war, der schön und weiß strahlte. Als sie ihren Kopf anhob sah sie, dass im Dach ein großes viereckiges Loch eingebaut war, durch das, das Licht des Mondes direkt auf die kreisförmige Abbildung schien und den Raum erhellte.

,,Ich möchte, dass du dich in die Mitte des Kreises stellst Haruka!", befahl auf einmal die tiefe und strenge Stimme des Vaters. Das kleine Mädchen tat, was ihr Vater sagte und 

 

stellte sich in die Mitte des Kreises. Ihre ganze Freude und Faszination schwand mit jeder Sekunde.

,,Öffne jetzt alle deine Meridiane in deinem Körper gleichmäßig und lasse dein Chi ordentlich fließen! Du hast fünf Minuten Zeit. Dann wird sich der Mond über dir befinden und deine Eigenschaften mit deinen Erbanlagen verbinden!“

Haruka schloss ihre Augen und konzentrierte sich auf all ihre 14 Tore. Sie verband ihre Fingerspitzen, um das Tor der Ruhe zu öffnen. Daraufhin leuchtete auf dem Boden eine gelbe Kanji-Schrift mit der Bedeutung Ruhe. Das Mädchen hielt diese Fingerspitzenposition ein und öffnete im Nachhinein das Tor des Geistes und das Tor der Seele. Dann formte sie dasselbe Fingerzeichen, das ihr Vater am Eingangstor formte und öffnete somit das Tor der Wahrnehmung und das Tor der Intelligenz. Da sie schon fünf Tore geöffnet hatte konnte 

 

man ihr Chi in Form eines Gelben Flusses, welches ihren ganzen Körper umhüllte sehen. Shouta war nicht sehr begeistert. Er verschränkte enttäuscht seine Arme vor seinem Körper und verzog nur die Mine. Haruka bemerkte die missachtenden Blicke ihres Vaters und die Tore der Angst, des Wutes und des Hasses öffneten sich in ihr sofort. Sie dachte schnell an ihre Mutter und an ihren großen Bruder, um das Tor der Liebe und somit das Gleichgewicht ihres Chis wiederherzustellen. Dann blieb sie in der Yin und Yang Position. Das verzweifelte Mädchen versuchte noch die letzten drei Tore zu öffnen. Doch es half nichts. Die Tore des Mutes, der Jugend und des Sieges wollten sich einfach nicht öffnen. Sie hatte es auch bis heute noch nie geschafft und würde es auch jetzt nicht schaffen. Als die Zeit abgelaufen war, befand sich der Mond über dem Mädchen und schien auf ihr Chi, ihre Erbanlagen und ihre Eigenschaften. Plötzlich leuchteten alle 

 

geöffneten Kanji-Schriften stärker und verbanden sich mit der Blutbahn des Mädchens in ihrem Körper. Ihre Wunde verheilte in diesem Moment und es bildete sich auf ihrer Stirn das Wappen des Hikari-Clans. Dann verschwand das ganze Licht und die Kanjis hörten auf zu leuchten. Der Vater schaute Haruka finster an.

,,Jämmerlich. Einfach erbärmlich! Du konntest nur 11 Tore öffnen. Dein Bruder hatte 13 Tore geöffnet. Du bist nicht einmal annähernd so gut wie er! Du bist nur eine Schande! Ich schäme mich für dich!“ Haruka schaute ihren Vater zornig an. Sie spürte aufgrund ihres großen Chiverbrauchs ihre Knie nicht mehr und fiel gnadenlos auf den Boden. Bittere Tränen liefen ihr dabei über die Wangen und tropften langsam auf den eiskalten Boden, auf dem sie nun niedergeschlagen lag. Die kränkenden Worte ihres Vaters wiederholten sich in ihrem Kopf ständig, sodass sie noch wütender wurde 

 

und letztendlich mit ihrer Faust verzweifelt auf den Boden schlug.

Sie spürte wie ihre Adern und somit ihr ganzer Körper vor Trauer und Enttäuschung zitterten. Ihre Hände waren vor Wut und Erschöpfung eiskalt und weiß geworden. Weiß aufgrund ihres schwachen Blutkreislaufes. Ihren Körper auf ihre beiden Arme gestützt, starrte sie voller Tränen und Verzweiflung auf den Boden. Eine Träne nach der anderen tropfte auf den glatten, spiegelnden Marmor. In ihrem Gedächtnis sah sie noch einmal ihren Vater, wie er sie missachtend ansah und diskriminierte. Seine Augen – Blicke, die ihr die Verdammnis wünschten. Als sie an seine letzten Worte dachte (Jämmerlich. Einfach erbärmlich! Du konntest nur 11 Tore öffnen. Dein Bruder hatte 13 Tore geöffnet. Du bist nicht einmal annähernd so gut wie er! Du bist nur eine Schande! Ich schäme mich für dich!), hörte sie auf zu weinen. Während die letzte Träne auf 

 

den Boden fiel, wirkten ihre Augen entschlossener. Sie spürte in ihrem Körper etwas Warmes und Brodelndes aufsteigen. Vor Wut und Zorn ballte sie ihre Hände zu Fäusten zusammen. Die Bilder und Worte ihres Vaters gingen ihr nicht mehr aus dem Kopf. Voller Hass und Verzweiflung schüttelte sie daraufhin heftig ihren Kopf, um diesen schrecklichen Wiederholungen ein Ende zu bereiten. Doch es half nichts.

,,Wieso tust du das?“, fragte sie letztendlich zornig und selbstverloren den Mann, der ihr Vater sein sollte. Doch der war schon längst verschwunden. Haruka hatte die Nase gestrichen voll ständig als seine Tochter so niederträchtig behandelt zu werden. In ihr sammelte sich so eine Wut, sodass sie anfing mehrmals in die Mitte des Kreises einzuschlagen.

,,Ich haaaasse dich! Hörst du Shouta Hikari! Du bist nicht mein Vater! Du kannst nicht mein 

 

Vater sein! Ein richtiger Vater behandelt sein Kind nicht wie Dreck, so wie du das mit mir machst! Warte nur ab. Irgendwann werde ich euch alle im Clan übertreffen! Sogar dich! Wer bist du schon, häää?!“, schrie Haruka wütend aus Leibeskräften und die restlichen Tore öffneten sich in ihr plötzlich. Das zornige Mädchen spürte in sich auf einmal eine gewaltige Kraft, das durch ihre Adern und ihr Blut floss. Das Wappen auf ihrer Stirn wurde immer markanter und das gelbe Chi kam wieder zum Vorschein. Dieses Mal floss es aber viel stärker und schneller. Shouta, der gerade das Boot fertig machen wollte, um wieder ans andere Ufer zu paddeln, sah wie ein gelber Strahl aus dem Tempel hervorschoss und rannte schnell zurück. Im Tempel angekommen konnte er seinen Augen nicht trauen. Vor ihm stand seine Tochter und hatte alle 14 Tore geöffnet. Um ihren Körper bildete sich eine gewaltige Aura, sodass Shouta es sehr schwer hatte zu seiner Tochter zu laufen. 

 

Er musste regelrecht gegen den Druck kämpfen. Die Iris seiner Tochter verfärbte sich golden und auf ihrer Stirn bildete sich langsam auf dem Wappen ein weiteres Zeichen. ,,Aber das ist doch…? Das gibt es nicht!“ Es bildete sich das Zeichen des Lichtes. Als Haruka zu viel Chi verbraucht hatte, wurde ihr Fluss blockiert und sie musste aufhören. Die Kanji-Schriften hörten ein weiteres Mal auf zu leuchten und das Zeichen auf ihrer Stirn verschwand ebenfalls wie auch die Aura. Der Mann, der vorhin seine Tochter missbilligt hatte, war jetzt sprachlos und wusste keine Worte. Langsam kam er auf seine Tochter zu, um ihr zu gratulieren. Diese aber war immer noch wütend auf ihn und schrie:
,,Komm mir bloß nicht zu Nahe! Ich warne dich! Lass mich in Ruhe! Fass mich nicht an! Du bist einfach eine hinterhältige Schlange nichts weiter!“ Der Vater der seinen Ohren nicht trauen konnte, dass seine Tochter diesen Mut hatte ihm diese Worte zu sagen blieb 

 

stehen. ,,Aber Kind! Ich wollte doch nur- Doch Haruka unterbrach ihn. ,,Du wolltest keine Schande über deinen Clan bringen. Nicht wahr? Du hast es mir doch vor ein paar Minuten gesagt! Du hast gesagt, dass ich eine Schande sei und für nichts zu gebrauchen wäre! Kaum entwickle ich wundersame Kräfte fängt der gute Herr an mich zu mögen und mit mir auf eine ganz sympathische Art und Weise an zu reden!“

Der Vater blieb vor seiner Tochter nur stehen und hörte zu. Als sie fertig gesprochen hatte, sah er nur kurz in ihre traurigen und wütenden Augen. Dann kehrte er ihr kalt den Rücken zu, um den Tempel zu verlassen.

,,Da du fertig bist, können wir ja nun endlich nach Hause zu deiner Einweihungszeremonie gehen und dies hier zu Ende bringen!“ Mit diesen Worten drehte er seinen Kopf leicht zu dem müden Mädchen herüber. Seine Augen blieben auf den weißen Rosen, welche auf 

 

Harukas Kimono abgebildet waren, stehen. Sie erinnerten ihn an eine Frau. Eine Frau, die zwar nicht talentiert war wie er, aber dafür jeden sein Herz mit ihrer Symphatie und ihrer wunderschönen Ausstrahlung gewann und sie somit zu etwas Besonderem machten.

,, Habe ich dir schon einmal gesagt, dass ich Rosen hasse? Nein? Dann weist du es jetzt! Vor allem weiße Rosen kann ich überhaupt nicht ausstehen!“ Haruka wollte und konnte die Kaltherzigkeit ihres Vaters nicht verstehen. Was hatte die ganze Situation mit seinem Hass auf Rosen zu tun? Obendrein hatte er sie die ganze Zeit ignoriert. Alles was sie gesagt hatte, hatte er überhört.

,,Willst du dort Wurzeln schlagen oder kommst du bald?“, fragte ihr Vater mit angehobener Stimme ungeduldig und wütend. Daraufhin stand das kraftlose Mädchen auf und lief ihm schwankend hinterher.

 

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Hörbuch

Über den Autor

ShiningEnzian
Ich bin ein pessimistisches Fräulein, dass schon seit ihrer Kindheit einen Narren an der asiatischen Kultur als auch der Sprache gefressen hat. Demnach lerne ich fleißig japanisch. Eine Weile lernte ich auch zusätzlich koreanisch aber, das ist dann unter dem ganzen Stress untergegangen. Außerdem habe ich gemerkt, dass mich die japanische Sprache doch mehr fasziniert. Genauso wie ich verrückt nach Asien bin, liebe ich auch den Sport Basketball. Kobe Bryant und Michael Jordan sind meine Idole.
Ich finde im übrigen, dass Sport unbedingt ins Leben integriert werden sollte. Es ist sehr wichtig und vor allen Dingen sehr gesund.
Ich bin wie viele andere aus den 90ern auch mit den Kinderserien aus Japan bzw. Nippon und Toei Animation aufgewachsen. Danke Japan auch dafür.

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