Humor & Satire
Am achten Tag schuf Gott die Langeweile - Ein Blick auf das deutsche Fernsehen

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"Am achten Tag schuf Gott die Langeweile - Ein Blick auf das deutsche Fernsehen"
Veröffentlicht am 15. September 2012, 12 Seiten
Kategorie Humor & Satire
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Über den Autor:

Die Pflicht des Menschen ist seine stetige Vervollkommnung. Ich versuche dies jeden Tag ein klein bisschen, zumindest wenn es durch Bücher geschieht.
Am achten Tag schuf Gott die Langeweile - Ein Blick auf das deutsche Fernsehen

Am achten Tag schuf Gott die Langeweile - Ein Blick auf das deutsche Fernsehen

Beschreibung

Ihr geschätzter Feuilletonist erlaubt sich einen kurzen Blick auf das deutsche Fernsehen anlässlich der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises am 02. Oktober.

Am 02. Oktober ist es wieder einmal soweit, der Deutsche Fernsehpreis wird verliehen, die Branche feiert sich selbst mit gläsernen Trophäen und viel Alkohol aus noch gläsernen Behältern.

Dies ermöglicht uns doch einmal den Blick nach hinten zu richten und die verheerende Schneise zu betrachten, die das deutsche Fernsehen durch die Äonen schlug.

Auch wenn es Gott leugnen wird, aber er gab dem Menschen die Fähigkeit sich zu langweilen. Die Angewohnheit alles unendlich öde zu finden, obwohl um einen lauter interessante Dinge geschehen.

Und nachdem Adam und Eva das Paradies verlassen hatten gab es erst einmal keinen Grund zum langweilen. Alles war unwirklich, neu. Man musste viele Sachen lernen, die man früher nicht machen musste und abends hatte man fröhlich Geschlechtsverkehr. Zum ersten und letzten Mal in der Geschichte herrschte Vollbeschäftigung.  

Doch dann hatte man sich mit der neuen Situation arrangiert, Eva hatte jetzt häufiger Migräne und so stellte sie sich erstmalig ein, die schreckliche Langeweile.

Adam machte sich sodann gleich auf um die ungefüllte Zeit tot zu schlagen, doch kein Knüppel konnte dies vollbringen. So begann er mit eben jener Keule runde Steine zu schlagen und erfand so nebenbei den Golfsport, was ihm aber nicht zusagte, weil er noch keine Gegner hatte und Eva sich schon damals zu emanzipiert vorkam um ihren Göttergatten die Eisen zu reichen. Krankenschwestern waren damals noch nicht erfunden…

Genrationen und Jahrhunderte mussten ins Land ziehen und sehr viel Wasser den Euphrat und den Tigris hinunterfließen, bis man schließlich auf die Urform des Fernsehens kam.

Die Antiken Herrscher hielten sich eine ganze Armada von Unterhaltungskünstlern, die man auf ihr Publikum der hohen Herrschaft loslassen konnte. Da die Fernbedienung noch unhörbare Zukunftsmusik war schaltete man zwischen den Programmen herum indem man den unkomischen Künstler wahlweise Krokodilen, Löwen, Tigern, oder einer wütenden Meute vorwarf.

Nachdem der Mensch das Theater, die Oper, die Operette und Revuen erfunden hatte, in denen er sich auch schrecklich langweilen konnte kam er auf eine neue Idee. Er wollte diesen langweiligen Mist auf Film bannen um sich diesen Quatsch immer wieder in gleichbleibend schlechter Qualität anzusehen.

Zwar gebührt unseren französischen Nachbarn die zweifelhafte Ehre ein Medium erfunden zu haben, welches heutzutage glitzernde Vampire und andere hanebüchene Figuren in noch viel sinnloseren Geschichten auf die Menschheit loslässt und dies dann „Blockbuster“ nennt.

Doch damals ging noch Zeit drauf, weil man sich zu einem der Lichtspielhäuser hinbewegen musste und dann endlos in der Schlange stehen musste, wo man sich dann, richtig, langweilte.

Also wollte man die Bilder in kleine Kisten bannen, die jeder bei sich zu Hause stehen hat, mit dem tollen Effekt, dass die Menschheit noch bequemer und dicker wird.

Und hier war es eine Deutsche, Manfred von Ardenne, der diese Technik zur Perfektion brachte und so eine Waffe auf die Welt losließ, die mehr Hirnzellen tötete, als die Atomwaffen, die er nach dem Kalten Krieg für die Sowjetunion entwarf und mithalf das Atommonopol der USA bereits nach 4 Jahren zu brechen.  

Zuerst glaubte man in dieser Technik einen Segen gefunden zu haben, denn nun konnte das gelangweilte deutsche Volk die gewaltigen Reden ihres Führers nicht nur hören, sonder auch sehen, wie der kleine Österreicher mit dem lustigen Schnauzbart wie ein Irrer sein Rednerpult und die Mikrophone malträtierte.

Doch kaum war der Krieg verloren, der Besatzer da und die Nylonstrümpfe und die Schokoladentafeln an das westdeutsche Volk verteilt erfreute man sich auch schon des Wirtschaftswunders. Und so nahm der Untergang der westlichen Zivilisation seinen Anfang. Fernsehgeräte waren erschwinglich, immer mehr von ihnen tummelten sich in deutschen Wohnzimmern, allerdings gab es erst 2 Programme, die sehr bieder und wenigstens in großen Teilen als informell galten.

Dann schufen die Programmdirektoren die Samstag-Abend-Unterhaltung. Wenn sie gewusst hätten, was einmal geschehen würde, wenn Peter Alexander, Joachim Fuchsberger und Peter Frankenfeld keine Unterhaltung mehr machen würden, dann hätten sie niemals dieses gefährliche Institut eingerichtet, was noch heute unzählige Familien allwöchentlich mit Chips und Getränken bestückt, vor den Fernsehbildschirm treibt.

Doch da war noch alles in Ordnung, bis es schließlich Franz-Joseph Strauß war, der den scheinbar göttlichen Einfall hatte, dass man auch private Fernsehsender einführen sollte. Dessen Einführung konnte nicht einmal mehr das Bundesverfassungsgericht verhindern, allerdings stellte es fest, dass auch die Privaten zum sogenannten „Bildungsauftrag“ beitragen sollten. Doch diese lachten nur einmal laut auf, installierten zwielichtige Nachrichtenprogramme in ihren Programmen und begannen mit der Produktion oder dem Aufkauf mit tödlichen Formaten.

Den inflationären Einkäufen amerikanischer Formate begegnete man damit, dass man auch britische einkaufte oder versuchte die großen Vorbilder zu kopieren.

Doch der durchschnittliche Zuschauer befand sich schon bald in der Abwärtsspirale der geistigen Fähigkeit. Das Bildungssystem der Bundesrepublik West und auch das des vereinten Deutschland brachten nicht allein ein wohlgebildetes, jeden Tag den Feuilleton verfolgendes Publikum hervor, sondern auch eine Spezies von Menschen, die man einfach nicht erziehen wollte, weil man zu faul war und nicht genug Lehrer hatte; den Hauptschüler.

Diese armen Menschen, die keine Chancen auf dem Arbeitsmarkt hatten, weil man selbst für das Kehren der Straße einen Abiturschnitt von mindestens 2,0 braucht, rutschten ungewollt in die soziale Hängematte aus der sie nur schwer wieder aufstehen konnten.

Und so nahm sich das Fernsehen ihrer an und glaubte Formate produzieren zu müssen, die dem intellektuellen Niveau dieser Zielgruppe entsprach, was natürlich falsch ist, denn niemand ist so dumm, dass er sich freiwillig Formate wie „Die Geissens“ ansieht.

Doch auch die öffentlich-rechtlichen Anstalten sahen sich gezwungen in diesen Kampf um die Krone des Schwachsinns einzusteigen. Auch sie schufen sogenannte Seifenopern, in denen austauschbare Figuren von der Aura einer Spülmittelflasche täglich ihr ach so hartes Leben fristen.

Die Kanonade ging weiter, als man auf die bahnbrechende Idee kam Fernsehfilme zu produzieren, die auf den Schundromanen einer eigentlich schon längst vergessenen englischen Autorin beruhten. Zudem rekrutierte man eine ansehnliche Anzahl nervtötender Schauspielerinnen, die einfach nur dekorativ waren, aber sonst nichts können, vor allem nicht schauspielern. Und damit besetzte man dann solche Filme.

Dieser Verblödungsprozess des Fernsehens führte zwangsläufig auch zur Verblödung des Publikums, weshalb man gerade auf den ersten Programmen gezeigte Filme an den Folgetagen auch gleich in den Dritten zeigen muss, weil sich der Zuschauer nichts mehr von 12 Uhr bis Mittag merken kann.

An manchen Tagen geschah es, da sprach Gott durch eine brennende Filmrolle zu den Programmdirektoren und forderte mehr Hirn, was die vielen guten Kabarettsendungen und Dokumentationen hervorbrachte, die man aber, beschämt, auf die letzten Stunden des tage setzte, wo sie unter Garantie nur eine geringe Zahl von Publikum erreichten um den Zuschauer vor zu viel Bildung zu schützen.

Den letzten großen Coup im Kampf um die totale Verdummung schaffte das Privatfernsehen, indem es den Begriff „Comedy“ einführte und darunter ein ganzes Bataillon der unlustigsten gestalten dieses Planeten ihre platten Zoten reißen ließ.

Doch selbst dies war dem Zuschauer irgendwann zu blöd, ebenso das angebliche „Reality-TV“, wo man sehen konnte, wie das Leben eigentlich laufen sollte. Nur dass eben nur sehr wenige Deutsche auf die Idee kommen ins Ausland zu gehen, ohne berufliche und sprachliche Qualifikation oder sich permanent in Rechtsstreitigkeiten mit den Nachbarn oder der Gemeinde verstricken lassen.

Und so sind wir wieder bei Adam angelangt, der durch die Programme zappt und nur Mist erblickt.

Eva hat immer noch Migräne und arbeitet in einem Managementjob, in den sie auch ohne flexible Frauenquote kam für Börsennotierte Unternehmen.

Und so feiern sich die Herren und Damen von der Front der Hirnzellenvernichtung selbst, die es aber nicht mehr schaffen die Langeweile zu bekämpfen, da sie selbst schon zu Langeweile mutierten. Und die paar Ausnahmen verziehen sich mit ihren Preisen in den Schatten, denn sie haben Kultur, was eine Jury anerkannte, aber wer will schon Kultur sehen, wenn sich eine Jungschauspielerin betrunken mit entblößten Brüsten vor die versammelten Vertreter von Funk und Fernsehen stellt.

Und so schließe ich dieses Kapitel des Schreckens mit den unsterblichen Worten: „Es lebe hoch, das deutsche Fernsehen!“

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RogerWright
Die Pflicht des Menschen ist seine stetige Vervollkommnung. Ich versuche dies jeden Tag ein klein bisschen, zumindest wenn es durch Bücher geschieht.

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RogerWright Re: Ja unsere Geselchaft -
Danke für den Kommentar, aber wir sollten auch nicht vrgessen, dass aus Unzufriedenheit große Dinge erwachsen sind.
Immerhin streben wir dank der Unzufriedenheit immer wieder nach neuen Dingen oder Besseren. Ich will ja jetzt nicht philosophisch werden, aber Unzufriedenheit ist schon eine gewaltige Triebfeder des Menschen, wenn nicht gar die Größte, aber dazu müsste man vertiefte Überlegungen anstellen, ob nicht unsere Gier und andere schöne Dinge größer sind.

Ebenfalls schöne Grüße, ich glaube ich muss mal schnell eine Summe zusammenstellen...
Vor langer Zeit - Antworten
lachmal Ja unsere Geselchaft - sie haben alles und doch nix
aber menchen die zufriden sind passen
nur selten in die geselchaft

da lobe ich mir doch der kleine Mann
so wie Du und ich

L.G Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
RogerWright Re: -
Zitat: (Original von IK6688 am 15.09.2012 - 19:12 Uhr) Ich geb's zu, ich schaue auch oft den Müll, geladen von unsinniger Werbung.... Kauf mich, nimm mich, benutz mich... aber erst, wenn die Sendung zu Ende ist :-)
VG Isa


Ma kommt damit irgendwie zwangsläufig in Berührung, ganz kann man sich nicht dem entziehen, niemand sieht nur intellektuelle Sendungen.
Da ist doch keiner von uns unbescholten und wer es doch ist, der werfe den ersten Stein...

Danke für den Kommentar und für's Lesen!
Vor langer Zeit - Antworten
RogerWright Re: Niemand siehts, aber jeder schimpft -
Zitat: (Original von Brubeckfan am 15.09.2012 - 18:46 Uhr) Es gibt einen Aus-Schalter, gelle? Es gibt sogar ein Leben ohne Kabelanschluß. Doch nein, fragt einen so ein Battle hier nach irgendeinem Milsky oder so...

Wie unterhielt sich in stromlosen Zeiten das Volk? Erzählte sich was im Dunkeln, schuf Lieder, Gedichte. Wir brauchen Strom und myStorys dafür, aber immerhin.

Amüsierte Grüße,
Gerd


"Threatend by shaddows and exposed in the light" (Shine on you crazy diamond; Pink Floyd)
-so ist es wohl, denn ja, man muss natürlich sagen um all dies mit hineinzupacken muss man es zumindest kennen, wenigstens einmal 5 Minuten davon gesehen haben.
Deine Überschrift zu deinem Kommentar ist demnach treffend.

Aber natürlich freut es mich in erster Linie, dass du dich amüsiert fühltest.
Vor langer Zeit - Antworten
Brubeckfan Niemand siehts, aber jeder schimpft - Es gibt einen Aus-Schalter, gelle? Es gibt sogar ein Leben ohne Kabelanschluß. Doch nein, fragt einen so ein Battle hier nach irgendeinem Milsky oder so...

Wie unterhielt sich in stromlosen Zeiten das Volk? Erzählte sich was im Dunkeln, schuf Lieder, Gedichte. Wir brauchen Strom und myStorys dafür, aber immerhin.

Amüsierte Grüße,
Gerd
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