Biografien & Erinnerungen
Ich sah dich lächeln...

ich sah dich lächeln...

Gemessen an dem Mondlicht, das von der Seite auf ihr Gesicht fiel, musste es weit nach Mitternacht sein. Manchmal, wenn sie aufwachte, so wie jetzt und noch etwas verwirrt den Kopf in ihre Hände stützte, grübelte einer ihrer ersten wachen Gedanken darüber nach, worin wohl der Sinn liegen mochte, auf so seltsame Weise aus einem Traum katapultiert zu werden.

Hatte sie denn überhaupt geträumt?

Sie wußte es nicht genau. Und schon breitete sich wieder dieses Gefühl von Wärme in ihr aus. Nicht die wohltuende

Art eines wärmenden Schauers, sondern ein seltsam brennendes  Gefühl in den Eingeweiden, dass sie unruhig machte. Der Herzschlag beschleunigte sich, stolperte unregelmäßig in ihrer Brust und sie fühlte sich schrecklich allein.

Ein Gefühl, das sie verabscheute, weil es keine Möglichkeit gab, dieses absolut sinnlose Treiben ihrer Hormone zu unterbinden. Was würde sie jetzt dafür geben, bei ihm zu sein. Nein, es würde ihr schon reichen, ihn nur sehen zu können.
Der Vollmond stand hoch am Himmel. Sie schaute vom ihrem Bett aus wie hypnotisiert in das silberne Licht der runden Scheibe, dachte an den Mann, der

ihr so fehlte und schlief irgendwann ein... Vor einer großen Leinwand stehend, schaute sie gebannt auf die Bilde, die wie ein Film vor ihr abliefen. Da war ein abgedunkelter Raum, ein Fenster,- im Bett lag ein Mann, der sich im Schlaf bewegte. Bei genauerem Hinsehen erkannte sie verwirrt das Gesicht des Schlafenden und ihr Atem setzte sekundenlang aus. Sie starrte fassungslos auf die Szenerie vor ihren Augen. Magisch angezogen streckte sie ihre Hand aus, berührte mit den Finger-spitzen das

Bild... Sie befand sich plötzlich in diesem Raum, direkt vor seinem Bett. Sprachlos, aber auf eine seltsame Weise überglücklich, betrachtete sie sein Gesicht, - beobachtete diesen Schatten,

der anschmiegsam von seiner Nase herab, über die leichte Rundung der Wange glitt und sich irgendwo an seinem Hals zu verlieren schien.An seinen Lippen,- die sie so sehr vermisste, - verlor sie sich fast und der unwiderstehliche Drang, ihren Mund auf seinen zu legen, begann in ihr aufzusteigen. Schatten müsste man sein, dachte sie sich. Hingerissen zeichnete

sie sanft mit dem Daumen seine Unterlippe nach, bis er den Mund ein wenig öffnete und schlafend lächelte. Sein Kopf bewegte sich leicht. Unter den Lidern flackerte es unruhig. Sie schloss die Augen und sah deutlich die Miniaturlandschaften seiner Iris vor sich, - die winzigen unregelmäßigen Erhe- bungen und die hauchzarten Muskelfasern, die wie kleine Furchen auf die dunkle Pupille zuliefen. Wie eine überwucherte Landebahn, auf der alle Blicke von ihr, wie auf einem

Leitstrahl geführt, in den Tiefen seiner blauen Augen verschollen gingen. Diese Faszination der Augenblicke war bemerkenswert. Sie fand die

Lachfältchen, die sich wie kleine Kanäle hoch zu den Schläfen zogen, besonders attraktiv. Ebenso liebte sie seine Art zu sprechen, zu lachen und den Glanz seiner Augen, mit dem er sie ansah,- was regelmäßig dazu führte, das sie sich in einem Zustand zwischen Staunen und Erzittern befand. Er war ihr so unendlich vertraut und doch noch irgendwie fremd. Jedes Mal, wenn sie sich sahen, fand sich Neues und Vertrautes. Er drehte sich im Schlaf auf die Seite,- dabei knautschte er das Kissen unter seinem Kopf zusammen. Sein Gesicht war völlig entspannt. Sie nahm seine Hand, führte sie an ihre Lippen und küsste nacheinander jede

seiner Fingerkuppen. Wie beim ersten Mal, als sie ihn berührte, spürte sie auch jetzt die Magie.

Wer oder was würfelte ihre tiefsten Erinner- ungen durcheinander, dass sie in vielem einen Teil davon wiederzufinden glaubte,- doch nie alles? Würde sie irgendwann soviel finden, dass ihr Herz bis ins letzte das Gefühl hätte, wieder vollständig zu sein. Vielleicht bedeutete Beziehung auch nur ein lebenslanges Aneinanderreiben von Bruch- linien. Die sogenannten Ecken und Kanten im Leben, die stets durch Annäherungen und Kompromisse entschärft

wurden. Ihre Augen ruhten auf der schlafenden männlichen Gestalt, die für sie eine beun- ruhigende Ausnahme bildete, ohne dass sie genau sagen konnte, woran es lag. Er hatte einen besonderen Zugang zu ihrem Wesen. Eine Tür, die nur für ihn geöffnet schien und alle Disharmonien des täglichen Grauzonen- einerleis schlagartig auf Null zurücksetzte. Sein Humor und die Art mit ihr umzugehen, hatten

die Fähigkeit, sie wie mit einem gebündelten Lichtstrahl dem Hier und Jetzt zu entreißen,- aneinander gekoppelt zu schweben,- während die

gute alte Erde weiter rotierte. Sie hatte für einen kurzen Moment die Augen geschlossen,- beugte dann ihren Kopf zu ihm hinunter und küsste seine Lippen.... Der Rufton ihres Handys weckte sie. "Guten Morgen, mein Schatz. Hattest du eine schöne Nacht?", murmelte sie verschlafen. " Ja, mein Liebling, eine wundervolle Nacht. In meinem Traum warst du bei mir..." " Ich weiß, mein Schatz...Ich sah dich lächeln.."

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