Fantasy & Horror
Der Damens Katzen

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"Der Damens Katzen"
Veröffentlicht am 01. September 2012, 46 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Der Damens Katzen

Der Damens Katzen

Beschreibung

Nach langer Reise scheint das Herrenhaus, eine gute Unterkunft. Wie schön wird der Tag enden, mit einer warmen Mahlzeit, einem Bett und einem dichten Dach über dem Kopf.

Die Nacht hatte mich völlig überrascht, eben schien noch die Sonne und die goldenen Weizenfelder strahlten mit ihr um die Wette, es wird nicht mehr lange dauern, bis die Bauern ihre Ernte einfahren. Zudem lag es an den schweren grauen Gewitterwolken die aufgezogen waren. So schnell, wie sie kommen würde der Regen mit einen nicht zu verachtenden Sturm hereinbrechen. Das ungemütliche Ende eines schönen Spätsommertages.

Ich wollte nicht auf der Straße bleiben. In der Entfernung hatte ich Lichter gesehen. Es schien ein Herrenhaus zu sein, ein Schlösschen beinahe. Und wenn es ein Heuschober war, Hauptsache das Dach ist mehr oder minder dicht.

Wenn die ganzen Weizen, Roggen und Gerstenfelder zu dem Lehen gehörten, dann vermutete ich, das ich eine warme Mahlzeit bekommen könnte. Es war ein gutes Jahr gewesen. Da kann man einem Gast schon einmal gut bewirten. Denn wie heißt es doch; ein Gast im Haus zu haben heißt Gott im Haus zu haben.

Mit sanften Schenkeldruck gab ich Belladonna, meiner Apfelschimmel Stute zu verstehen, das sie sich ein wenig beeilen sollte. Zu schnell aber auch nicht, denn man erkannte den Weg nicht mehr, ja nicht einmal ihre Ohren. Das Einzige was man sah, waren die Lichter in der Ferne. Hin und wieder streiften mich Getreide am Bein, ein deutliches Zeichen, das wir vom Weg abkamen. So blieb es nur zu hoffen, das keine Gefährlichen Wurzeln oder Steine im Weg lagen.

Die Unmöglichkeit etwas zu sehen, ließ meine Gedanken abschweifen. Ein Kaninchen, geröstet über Feuer, gewürzt mit Knoblauch, Rosmarin und Thymian, übergossen mit einer Zwiebelsauce, in der die Innereien ausgekocht wurden. Ein Laib Brot um sie aufzutunken. Ein Humpen Bier, frisch aus dem Keller um es herunter zu spülen. In meinen Träumen schwelgend schwand die Entfernung in kürzester Zeit.

Egal welche Vorstellung ich von dem Herrenhaus hatte, die Realität übertraf sie. Ich zählte sieben Stockwerke. Wobei nochmal 2 Türme doppelt so hoch waren. Manche der Fenster waren mit Buntglas ausgestattet, was aber die entstehenden Mosaike darstellten konnte ich nicht erkenne, andere Gläser waren farblos mit Muster verziert. Die Fassade wirkte frisch getüncht. Die wahre Farbe konnte ich nicht bestimmen, hell, doch kein weiß. Die Dächer waren mit schwarzen Ziegeln gedeckt. Ungewöhnlich Spitz ragten sie in den Himmel. Das Haus war von einem stählernen Zaun umgeben. Durch die vielen Windungen und Verzierungen wirkten seine scharfen Spitzen weniger martialisch. Der Hof hatte einen gepflegten Rasen und ein paar vereinzelnde Apfelbäume, die ihre Äste tief gen Boden hängen ließen, durch das Gewicht der prallen Früchte. Zwei, drei Katzen tollten über die Wiese, soviel sah ich zu mindesten, denn den Schreien und miauen nach versteckten sich noch ein paar weitere.

An das Herrenhaus schloss ein Stall, der neben dem großen Schloss fehl am Platz wirkt. Man konnte mit Mühe höchstens drei Pferde darin unterbringen, jedes weitere war Tierquälerei.

Am Tor des Zauns gab es ein Tau, das über ein Windensystem eine kleine Glocke zum läuten bringen konnte. Ich ritt näher heran, griff nach dem Seil, zog daran und ließ wieder locker. Um sicher zu gehen auch gehört worden zu sein, wollte ich es wiederholen, doch kaum verstummte das kleine Glöckchen, dröhnte in lauter Schlag durch das ganze Tal. Belladonna wurde unruhig, schnaubte, wieherte, trat auf der Stelle herum. Es war deutlich zu sehen, das ihr gerade ihre gute Dressur und ihre Urinstinkte miteinander fochten.

„Ruhig meine Gute, das war auch nur eine Glocke“, versuchte ich auf sie einzureden. Sie musste sich in einem der Türme befinden. Bei dieser Lautstärke musste praktisch der ganze Turm aus ihr bestehen.

Irgendwo aus der Ferne hörte man ein Dröhnen, ähnlich eines gestoßenen Horns. Wer auch immer hinein blies hatte ein unvorstellbares Lungenvolumen. Eine gefühlte Ewigkeit hielt er den gleichen Ton, ähnlich einer Sackpfeife.

Trotz tätscheln und beruhigendes auf sie einreden, tänzelte und schnaubte Belladonna weiterhin. Doch war ich froh, das sie nicht stieg oder durchging.

Ohne Vorwarnung schlug die riesige Glocke nochmals. Ähnlich eines Blitzes aus Schall wurde es plötzlich laut und schon verstummte alles; die Glocke, das Horn und selbst Belladonna. Einzig was blieb war der Wind, der noch sachte durch das Getreide wehte.

„Mein Herr?“

Ich stieß einen spitzen Schrei aus. Wie aus dem Nichts stand ein Mann hinter dem Tor. Ich könnte schwören, das er eben noch nicht da war.

„Verzeiht mein Herr, ich wollte euch nicht erschrecken.“

Ehe ich antworten konnte, musste ich kurz durchatmen, meinen Puls ein wenig verlangsamen lassen.

Der Mann trug einen schlichten Umhang. Schütteres helles Haar fiel ihm ins Gesicht, in dem jegliche Falten fehlten. Seine Augen waren es gewöhnt zu Boden zu sehen, wie auch jetzt. Die Hände und auch sein restlicher Körper wurden vollständig von dem Umhang verhüllt.

„Die Nacht hat mich überrascht. Ich erbitte Zuflucht vor dem Unwetter in diesen Hallen“, bat ich.

„Selbstverständlich. Man erwartet euch bereits.“

Die Dunkelheit verhinderte, das er meinen verwirrten Blick sah. Es konnte sich nur um ein Versprecher handeln. Seit mehr als zwei Tagen habe ich niemanden auf der Straße getroffen. Zumal ich fremd in dieser Gegend bin. Wer also, soll mich erwarten?

Das Tor war gut geölt. Völlig lautlos glitt es auf. Der Mann ging beiseite, das ich hinein reiten konnte. Ein weiterer Mann kam aus dem Stall. Auch er trug einen grauen Umhang. Seine Haare waren bis auf die Haut abrasiert, auch sein Gesicht war glatt wie eines Säuglings.

„Oh bitte gebt mir die Verantwortung über eure Stute. Ich werde mich gut um sie kümmern.“

„Hast du gehört Belladonna, dieser Herr kümmert sich um dich. Benimm dich, wir sind hier zu Gast“, mit diesen Worten schwang ich mich aus dem Sattel und gab die Zügel dem Mann. Jetzt erst erkannte ich, das Heu in seinem Umhang. Ein paar Halme hingen auch in seinem Gesicht. Als hatte er sich mit dem Kopf voran durch die Ballen gewühlt. Vom Sattel nahm ich meine kleine Reisetasche. Als er Belladonnas Zügel nahm, wandte ich mich wieder zu dem anderen Mann.

„Es tut mir Leid, ich habe keine Kleidung, die deines Herren Standes angemessen wären“, entschuldigte ich mich.

Er grinste, doch wohl darauf bedacht seine Zähne nicht zu zeigen. „Das macht doch Nichts, meine Herrin wird sicher etwas für euch haben. Jetzt lasst uns hinein gehen, das Gewitter wird nicht mehr lange auf sich warten lassen.“

Durch den Garten führte ein Weg, breit genug für zwei Männer. Ungewöhnlich klein für ein solch großes Herrenhaus. Ich bemerkte die Augen der Katzen in der Wiese. Es waren nur drei Paar. Die anderen die ich gehört hatte mussten wohl schon Unterschlupf gesucht haben, sonderbar war eher, das ihre drei Artgenossen es ihnen nicht gleich getan haben.

Das Eingangsportal schwang auf. Das herausfallende Licht raubte mir für einen Augenblick die Sicht. Was ich schließlich wieder sehen konnte raubte mir den Atem.

Ein Kronleuchter, drei Schritt im Durchmesser spendete das Licht. Die Kerzen warfen ihren Schein auf Jade, Lapislazuli und vereinzelnd auch Amethyst und Onyx. Die Wände waren mit weißem Alabaster verkleidet. Der Boden war aus grün gemustertem Marmor. Bunte Rosen und Amaryllis spendeten mit ihren Blüten noch mehr Farbe. Dennoch wirkte es angenehm im Auge. In der Mitte befand sich ein gemusterter Teppich.

Zwei Gänge führten in die Seitenflügel. Dem Eingang entgegengesetzt befand sich sowohl links als auch rechts eine gewundene Treppe, die im nächsten Stockwerk wieder zusammen gingen. In ihrer Mitte befanden sich eine Tür, bewacht von zwei Tiger.

Ich erschrak; waren sie doch so nah. Erst ihre Bewegungslosigkeit ließ mich darauf schließen, das es nur Statuen waren. War ihr Fell aus Edelsteinen, so gut, das es täuschend echt wirkte. Wer auch immer sie gefertigt hatte, war ein Meister seines Fachs.

Es fiel mir schwer im Angesicht dieser Schönheit meinen Anstand zu halten und mit ihm meinen Mund.

„Die Herrin hat befohlen, euch ein Zimmer in der Nähe der Imperialen Halle zu bereiten, wenn ihr mir folgen würdet.“

Der Mann führte mich aus dem Vestibül in das zweite Stockwerk. Ich war entsetzt was ich dort sah, blieb stehen, rieb mir die Augen. Es hatte sich nichts geändert. Nochmals ging ich ein paar Stufen zurück, prägte mir den Eingang genau ein. Kaum ging ich in die zweite Etage zurück, glich das Bild das ich sah, dem meines geistigen Auges. Das zweite Geschoss war eine Spiegelung des Vestibüls. Der gleich große Kronleuchter, die gleichen Blumen, die gleichen Sterne, der Teppich war identisch, wieder schauten mich die realistischen Tiger an. Sie hatten sogar die gleichen Muster im Fell. Die einzigen Unterschiede bestanden darin, das alles gespiegelt war und das man eine Treppe hinaufkam, statt durch das Eingangsportal.

Für den Mann war das selbstverständlich, kein Wunder er arbeitete hier.

„Entschuldigung“, sprach ich ihn an.

„Der Herr wünscht?“

„Was soll das?“

„Es tut mir leid, ich verstehen nicht, was soll was?“

„Die zwei Stockwerke sind absolut identisch.“

„So ist es mein Herr.“

Für ihn war es völlig normal, es hatte keinen Sinn weiter nachzufragen. Als er mich schließlich in die dritte Etage führte, wusste ich nicht ob ich überrascht sein sollte. Ich hatte es erwartet, dennoch war es verwunderlich es zu zu sehen. Es war wie die Räume zuvor, ausgerichtet wie das Vestibül.

Wahrscheinlich hatte mich Belladonna abgeworfen, durch einen Sturz auf den Kopf, fiel ich in das Reich der Träumen. Das kann nicht wahr sein, so baut doch niemand ein Herrenhaus, vor allem wo sind die ganzen Diener. Ein so großes Haus muss doch eine riesige Schar Männer und Frauen beschäftigen. Auch vermisste ich Fresken und Ahnenbilder. Wenn das wirklich wahr ist – und so fühlte es sich an – was war das für ein Ort?

Ich hoffte schon fast darauf, das ich bald im Straßengraben mit pochenden Kopfschmerzen erwachte oder zu mindestens, das ich etwas fand, was sich als Waffe gebrauchen ließ, wenn es nur ein Buttermesser wäre. Besser als die bloße Faust.

Der Mann ging nicht weiter nach oben, sondern vom Eingang gesehen in den linken Gang. Er war mit zahllosen Kerzen beleuchtet. Von der Optik passte er zum Vestibül und seinen kongruenten Abbildungen, doch konnte ich ihn mir nicht lange anschauen, denn er nahm gleich die erste Tür Rechts.

Wenn das ein Gästezimmer war, möchte ich gar nicht wissen, wie der Hausherr und Gemahlin lebten. Fackeln und Kerzen wechselten sich ab. Sie machten den Raum taghell. Der Boden bestand aus Eichendielen. Zierwaffen hingen an den Wänden. Ein großer Schrank stand offen. Er war voll mit feinster Kleidung; Samt, Atlas, Kottun, Filz, Batist, und Brokat. Der Inhalt war wohl mehr Wert als ich jemals in meinem Leben erwirtschaften konnte. Ein Himmelbett so groß, das drei Menschen ohne Schwierigkeit darin nächtigen, standen ihm gegenüber. Die Kissen und Decken stapelten sich zu Bergen. Mit Sicherheit war nichts davon mit Stroh gefüllt. Daunen hieß hier das Zauberwort.

Zwischen Bett und Schrank stand ein dampfender Holzzuber. Daneben zwei ebenso warme Eimer, gefaltete Handtücher und ein Jüngling.

„Mein Herr“, sprach der Mann. „wenn ihr euch waschen und einkleiden möchtet. Bitte beeilt euch ein wenig, die Herrin wartet. Ihr wollt doch nicht, das euer Essen kalt oder trocken wird. Ich werde vor der Tür warten.“ Mit diesen Worten ging er aus dem Zimmer.

Der Jüngling erklärte: „Man hat mir aufgetragen euch beim Waschen und Einkleiden zu helfen.“

Seine braunen glatten Haaren waren lang genug, das er sie Nacken zusammen gebunden hatte. Seine Rehaugen hielt er niedergeschlagen. Sie passten zu den zahlreichen Sommersprossen, die wiederum die Akne und Pockennarben vertuschten. Grau war wohl hier des Dieners Farbe, denn auch er trug einen solchen Mantel. Sonderbar, wenn man den Reichtum der Hausherren bedachte.

„Überaus großzügig von eurem Herrn“, bemerkte ich, warf meine Reisetasche auf den Boden und fing an meinen Wams aufzuschnüren.

Er kam sofort und half mir dabei. Es war ein komisches Gefühl. Bisher hatte ich nie einen Diener, der mir beim Ausziehen half, ebenso nicht beim Einkleiden.

Nach dem Wams fiel das Hemd und das grobmaschige Unterhemd. Richtig sonderbar war, wie er vor mir auf die Knie fiel und meine Füße erst aus den Stiefeln und dann aus den alten durchgeschwitzten Fußlappen befreite. Dann dauerte es nicht mehr lange und ich stand nackt vor ihm. Scham ist etwas das ich nur vom Wort her kannte. Was erwartet man bei sechs Geschwistern und gut das doppelte an Mägden, jeden Tag einen anderen Kaufmann oder Handwerker zu Besuch.

Jegliche Gedanken verschwanden, wie das warme Wasser meine Schenkel umspülten. Mir musste wohl ein wohliger Seufzer entfahren sein, denn der Knabe fing das Kichern an, bis ich bemerkte das er es amüsant fand, dass ich schon das Wasser braun färbte. Die Reise war lang und für einen Besuch im Badehaus fehlte mir zumeist das Geld und für eine Katzenwäsche am Fluss fehlte mir konstant die Lust.

Die geschickten Finger des Knaben wussten was sie taten. Sanft, doch schnell fingen sie meinen Rücken zu schrubben. Geistig schaltete ich ab, ließ ihn einfach machen. Schon bald sah er ein, dass Wasser nicht genügen würde, also nahm er Seifen zur Hilfe. Er spülte das Gröbsten mit dem ersten Eimer von mir. Auf seine Bitte hin aufzustehen, erhob ich mich und schon kippte er den Zweiten über mich. Anschließend stieg ich aus dem Wasser und er fing sofort an mich mit den Handtüchern trocken zu rubbeln. Ich wollte mich gerade auf zum Schrank machen, wie er mir mit einem Handzeichen Einhalt gebot. Aus einem Flakon – Gott möge wissen wo er es her hatte – nahm er ein Duftwasser, träufelte es mir auf den Hals, die Handgelenke und in den Schritt. Es hatte eine dezent süße Note. Etwas fruchtiges, ich war mich nicht ganz sicher, doch vermutete ich Himbeere.

Der Knabe ging ein Schritt zurück, betrachtete mich, legte abschätzend den Kopf schräg, schließlich stellte er fest: „Wohl das einzige Problem bleiben die Haare, doch ist es mir in der kurzen Zeit die uns die Herrin gibt nicht möglich sie in eine Schönheit zu verwandeln.“ Ein Grinsen erhellte sein Gesicht, doch wohl darauf bedacht nicht seine Zähne zu zeigen. „Vielleicht ist es gar nicht nötig“

Sofort stürmte er zum Schrank. Flinken Griffes zog er ein paar Kleidungsstücke hervor und schon half er mir sie anzulegen. Anders ausgedrückt kleidete er praktisch eine Puppe ein; Unterwäsche aus Batist, eine Hose aus Kottun in dunkler Farbe, gleich den Stiefeln aus zartem Hirschleder, ein blaues Hemd aus Atlas, für den Kontrast sorgte das gelbe Samtwams, außerdem waren blau und gelb die Farben meiner Familie. Wohl eher ein Zufall oder woher sollte der Knabe das wissen?

Die Krönung war ein graues Filzbarett mit zwei grünen Streifen. Ich wollte besser gar nicht erfahren wie ich aussah, dennoch des Anstandes wegen setzte ich gerade dazu an, nach einem Spiegel zu fragen, doch er war noch nicht fertig. Erneut ging er an den Schrank, zog eine Schatulle hervor, ein Schmuckkästchen. Darin fand er drei Ringe für mich; rechte Hand Ringfinger ein goldener mit eingelassenem Lapislazuli – er erinnerte mich an das Vestibül – an den rechten Daumen kam ein weitere aus Hämatit und für die linke Hand Ringfinger, hab es ein einfaches silbernes Band. Um den Hals legte er mir eine silberne Kette, in der auch ein Lapislazuli in Form eines Katzenzahns hing.

Erneut ging der Junge einen Schritt nach hinten, legte den Kopf schräg. „Ja so kann man euch zur Herrin lassen.“

„Hättet ihr einen Spie...“

„Mein Herr es wird Zeit“, als habe der Mann vor der Tür es gewusst, kam er herein.

Dann musste ich wohl ohne Spiegel zu diesem Essen gehen. Der Mann führte mich durch die Vestibülabbildung in den anderen Seitenflügel. Der Gang war wie der Vorherige, nur schnell zu Ende. Es gab nur eine Tür. Mit einem Nicken gab er mir zu verstehen, dass ich eintreten sollte.

So wie ich die Klinke herunterdrückte und die Tür ein wenig aufschob, strömte mir der Geruch von Essen in die Nase; Gebratenes, Thymian, Majoran, Rosmarin, Knoblauch, Zwiebeln, sie und noch vieles mehr verband sich zu einer Kakophonie von Gerüchen, die mir erst zu verstehen gaben, welch großen Hunger ich eigentlich hatte. Mit nur einem flüchtigen Blick erkannte ich, dass das was auf dem Tisch lag genügen würde um ihn zu stillen.

Was aber in dem Raum viel auffälliger war, waren die Katzen. Selten sah man so viele in einem Raum. Es gab keine Farbe, Farbkombination oder Muster, das ich vermisste. Durch das Öffnen der Tür hatte ich von allen die Aufmerksamkeit. Fast als wollen sie mich begrüßen.

Manche Herren hielten sich Hunde oder ein Gestüt, also warum nicht auch eine Meute Stubentiger? Ohne mich weiter darüber zu wundern, achtete ich auf den Raum. Er hieß zu Recht Imperialsaal. Würde man den Tisch beiseite schieben, würden gut 100 Paare Platz zum Tanzen finden. Jade und Lapislazuli auf Alabasterwänden, Holzdielen als Boden und drei Kronleuchter die das Licht spendeten. Wieder suchte man Ahnenbilder vergebens. Man schien in der Gegend keinen guten Maler zu finden oder man konnte auf seine Vorfahren nicht stolz sein.

Ein Hufeisenförmiger Tisch war aufgestellt, die Öffnung zeigte gen Tür. Trotz all den Speisen und den filigranen Kerzenständern, war es etwas anderes was meine gesamte Aufmerksamkeit bedarf. Es saß eine Frau zu Tisch, doch selbst wenn hundert dort gesessen hätten, würde sie einem ins Auge stechen und nicht nur, weil sie in der Mitte saß und jedem Neuankömmling ins Antlitz sah.

Sie trug ihr langes schwarzes Haar zu einem Zopf geflochten, den sie zu einer Schnecke auf am Hinterkopf aufgewickelt hatte. Die großen dunklen Augen waren aufgrund einer unendlichen Weisheit, die sie ausströmten, Respekteinflößend. Das ovale Gesicht konnte sowohl sanft als auch hart sein. Volle Lippen, röter als Kirschen, ließen einem ganz Warm werden. Ein tiefer Ausschnitt, offenbarte ein makelloses Dekolleté. Das rote Kleid war sehr figurbetont geschnitten. Der Samt raschelte leicht, wenn sie sich bewegte. Auffällig war, das sie keinen Schmuck trug. Egal was sie auch auswählen würde, es würde ihrem Erscheinungsbild nicht gerecht werden. Es würde eher verunstalten, als zieren.

In ihren langen feingliedrigen Fingern hielt sie einen Pokal, die andere Hand lag lässig auf der Armlehne. Die Beine hatte sie überschlagen. Ein weiter Schlitz zeigte viel Haut. Mir wurde unangenehm heiß. Schweiß rann mir den Rücken herab.

„Ah Nathan, aus dem Haus der Schwalbenhände“, ihre Stimme war sanft wie der Frühlingsmorgen. So wäre es mir fast entgangen, das sie wusste, wer ich war, ohne das ich mich vorgestellt hatte, noch das ich kein Wappen trug. Vielleicht wusste der Knabe deshalb, welche Kleidung er mir geben musste, um die Farbe meines Hauses darzustellen.

„So lange seid ihr schon mein Gast und endlich treffe ich euch, so setzt euch neben mich. Wir möchten doch nicht soweit reden.“

„Wie ihr wünscht, meine Herrin.“ Ich musste einmal um den Tisch gehen, bei jedem Schritt spürte ich ihren Blick auf mir, so intensiv, das es such anfühlte als hätten sie mir die Kleider vom Leib gerissen und ich geh nun nackt durch den Raum, schlimmer noch sie sah sogar was unter der Haut war.

Kaum hatte ich mich neben sie gesetzt, sprach sie weiter: „So greift zu. Ihr müsst vor Hunger sterben. Ich werde mich enthalten. Es ist schon spät, da verträgt mein Magen solche Kost nicht mehr.“

„Wollen wir nicht auf euren Gemahl warten, den Herr des Hauses?“

Sie lächelte. Ihre weißen Zähne passten zu ihrer hellen Haut. „Es gibt keinen Herr des Hauses. Das Glück war mir nicht hold einen Gemahl zu finden, also blieb es an mir über die Ländereien zu walten. Ich hoffe es stört euch nicht alleine zu essen. Es war zu spontan, als das ich Gäste einladen konnte.“

„Nein durchaus nicht. Durch die lange Reise bin ich es gewöhnt.“

„Wohl an, dann lasst es euch schmecken.“

Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Auf den ersten Moment nahm mich das Kaninchen gefangen. Unter den Massen, der Zwiebelsauce sah ich die Kräuter hervorlugen, wohl Rosmarin und Thymian, dem Geruch nach, war es auch noch mit Knoblauch verfeinert. Es entspricht genau dem Bild, das ich auf dem Weg hierher hatte. Zufall oder nicht, schmeckte es doch vorzüglich. Es dauerte nicht lange und das weiße Gerippe war einzigst übriggeblieben. Selbst die Sauce hatte ich mit einer Brotkante restlos aufgetunkt. Zu trinken gab es einen herben Rotwein. Ein wenig zu sauer, als das man ihn gut genießen konnte, doch zum Essen gerade richtig. Das Kaninchen war ein wenig klein gewesen, oder mein Hunger zu groß, auf jeden Fall war ich noch nicht satt, so nahm ich mir ein Täubchen mit einer scharfen Paprikakruste. Es machte Durst, so hatte ich fast eine ganze Karaffe geleert, bis ich den letzten Knochen abgenagt hatte.

„Herrin, ihr habt mich mit einem hervorragenden Mahl verwöhnt, dafür danke ich euch.“

Sie war sichtlich erfreut über das Kompliment. „Ich finde, wir sollten uns in ein angenehmeres Zimmer zurück ziehen. Dieses hier entspricht nicht ganz den Ansprüchen für eine angenehme Konversation.“

Ohne auf meine Antwort zu warten, erhob sie sich. Noch immer hielt sie ihren Pokal in den Händen. Während des ganzen Essens, hatte sie vielleicht einmal daran genippt. Die meiste Zeit war sie damit beschäftigt mir beim Essen zuzusehen. Die Speisen waren einfach zu gut, als das ich mich daran stören würde, so beobachtet zu werden.

Mit einem Zug trank ich mein Wein aus und folgte ihr. Dabei musste ich aufpassen, nicht auf eine der zahlreichen Katzen zu treten, die schier nicht aus dem Weg gehen wollten, stattdessen mich nur mit großen Augen anstarrten. Erst jetzt bemerkte ich der Herrin Sandalen, die ihre zarten weiße Füße kaum bedeckten. Sie ging zu einer Tür gegenüber der durch die ich hineingekommen war. Sie war mir bis eben nicht aufgefallen.

Dahinter verbarg sich ein Raum, von gemessener Größe. Ein prasselndes Feuer im Kamin spendete Wärme, während man das Gewitter gegen die Fenster peitschen hörte. Zwei Stoffbezogene Sessel standen davor. Dazwischen ein gläserner Tisch mit einer Glaskanne und zwei Trinkgläser, sie enthielten eine goldene bis dunkelbraune Flüssigkeit. An den Wänden standen Regale, voll mit Büchern, von Lexika und Wörterbücher bis hin zu Erzählungen und Dichtungen von Barden. Zwei Panther lagen vor dem Kamin dem Kamin, eingerollt auf dem Teppich. Wie ich sie erkannte, schreckte ich zurück, anders als die Tiger in den Hallen, waren diese hier echt. Worauf sie matt ihre Köpfe hoben. Ihr weit aufgerissenes Gähnen demonstrierte die Vielzahl ihrer spitzen Zähne, doch ließ sie im selben Moment müde wirken.

„Keine Sorge, sie sind harmlos. Sie haben ihr Futter heute Abend schon bekommen, außerdem nur Menschen sind so blöd und beißen in die Hand die sie nährt“, mit dem Seitenblick den sie mir bei ihren Worten zuwarf, wusste sie etwas was sie nicht wissen konnte, nicht wissen durfte. Ich blieb in Mitten des Raumes stehen, während sie sich auf einem Sessel mit überschlagenen Beinen niederließ. Den Blick in das Feuer vor sich gerichtet.

Sie wollte mich gerade auffordern mich zu setzten, doch ich kam ihr zuvor: „Wer seid ihr?“

Die Frage amüsierte sie, mit einem Lächeln und nun mich ansehend antwortete sie: „Nur eine Frau, die mit ihren Katzen in ihrem Herrenhaus wohnt.“

„Das bezweifele ich. Zuviel hier ist mysteriös, das allein aufzuzählen würde schon zu lange in Anspruch nehmen.“ Ich war froh das sie nicht nachfragte, denn aus einem unerfindlichen Grund, fiel mir in diesem Moment nichts ein zum Aufzählen.

„Nicht ich bin das Mysterium, sondern ihr seid es. Wann hört man schon von einem Fürstensohn, der alleine durch die Welt reitet, als sei der Teufel hinter ihm. Der sich nur in Stroh bettet, wenn er einmal Glück hat, statt zu Hause in Daunen zu liegen. Der hin und wieder eine Maus oder Ratte fängt um seinen Hunger auf Fleisch zu stillen, statt das Wild an Vaters Tafel zu verzehren.Glaubt mir, ihr seid das Mysterium Nathanael Schwalbenhand und jetzt setzt euch euch. Im stehen redet es sich nicht gut.“

Ich ging langsam zu dem Sessel, doch in mir sträubte es sich, anders gesehen egal wo ich war, wenn sie die Panther auf mich hetzen würde, würde es mir nicht mal gelingen mich zur Flucht zu wenden, warum sollte ich es dann mir nicht bequem machen und mich am Feuer wärmen.

„Da trinkt“, bot sie an. „Es ist genau das Richtige nach einem Mahl wie das eure.“

Ohne den Blick von ihr zu wenden nahm ich das Glas. Es war groß für seinen wenigen Inhalt. Als ich es zu meinem Mund führte verstand ich auch warum. So nahm man den Geruch besser wahr. Er erinnerte an die Kräuter die mein Vater immer rauchte, vermischt mit einer zarten Note von Alkohol und einer noch zärteren von Frucht, besser gesagt von mehreren Früchten, doch nur Kirsche konnte ich eindeutig davon erkennen. Der genommene Schluck gab in etwa dieses Bild wieder, das was mich überraschte, trotz das es ein Schnaps war spürte man den Alkohol nicht. Er war mild wie Wasser.

Überraschung erfüllte mich, doch genügte es bei weitem nicht davon abzulenken um was es gerade ging.

„Allein das ihr das wisst, ist schon unheimlich. Niemand weiß es.“

„Ach Nathanael, ich kennen euren Vater und er hat mir eine Taube zukommen lassen. Sie ist aufgrund des Sturmes leider erst kurz vor euch eingetroffen.“

An ihrem Lächeln erkannte ich, wie mir schlagartig die Farbe aus dem Gesicht gewichen sein muss. Ehe sie über ihren Sieg triumphieren konnte, erkannte ich den Fehler, den sie gemacht hatte.

„Falsche Richtung. Ich bin auf den Sturm zugeritten, demnach dürfte die Taube ihm nicht einmal mitbekommen haben, vorausgesetzt ihr sprecht die Wahrheit“, nicht wie ich damit gerechnet hatte, das ihr Lachen erstarb, nein es wurde sogar noch größer.

„Wie ich sehe hat eure Mutter keinen Idioten geboren, auch wenn er es immer wieder versucht das Gegenteil zu beweisen.“

„Woher wisst ihr das alles? Was ist euer Geheimnis?“

„Ihr könnt diese Frage noch hundert Mal stellen und wenn ich will, werde ich sie beantworten. Siehe Nathanael du darfst nach meinen Spielregeln spielen. Es ist zu dunkel als das ihr irgendwohin reiten könntet. Demnach seid ihr auch ohne Ketten, ohne Wachen hier in meinem Haus gefangen. In dieser Nacht werdet ihr mir gehören. Also bitte spiele mit. Es macht das ganze erträglicher.“

„Und was wenn ich einfach in das Gästezimmer gehe?“ Ich wusste nicht wann er sich bewegt hatte, aber wie aufs Kommando schlug ein Panther seine Pfote auf meinen Schoß. Ich hatte Glück, das die Krallen eingefahren waren. Einen Augenblick sah er mich warnenden an. Es schien eine Ewigkeit zu dauern. Dann erhob er sich und machte es sich wieder vor dem Feuer gemütlich. Erst jetzt merkte ich, das ich das meiste des Schnapses verschüttet hatte.

„Ich brauch keine Wachen, doch habe ich sie. Also brauchst du mir auch nicht zu drohen. Haben wir jetzt alle Eventualitäten geklärt? Oder fällt euch noch eine sinnlose Möglichkeit ein zu versuchen meinen Spaß zu ruinieren, nur das ich euch zeigen kann, das auch das nicht funktioniert?“

Schweigend lieferte ich meine Zustimmung, doch gleichzeitig arbeitete ich im Geiste daran, wie ich dieser Irren entkommen konnte. Das größte Problem war wohl wie ich von diesem Herrenhaus wegkommen würde. Wenn ich eine Fackel mitnehmen würde, würde ich zwar etwas sehen, doch ebenso leicht gesehen werden. Auf jeden Fall, wenn ich hier bleiben würde, könnte das einige Probleme bescheren. Mit einem Blick auf die Panther, wohl auch schmerzhafte.

„Das ist schön, das ihr euch zur Kooperation bereit erklärt habt. Ihr habt euch also für ein Leben in Armut und Abgeschiedenheit verschrieben. Wollt ihr eure Geschichte erzählen oder soll ich weiter machen?“

Sie genau musternd stellte ich fest; sie hatte nichts von ihrer Schönheit verloren, dennoch schien sie eher abstoßend. Etwas teuflisches haftete an ihr. Deswegen vielleicht das rote Kleid.

„Wieso sollen wir das jetzt nochmal durchkauen. Ihr wisst doch schon was passiert ist“, stellte ich fest.

Ihr ständiges Grinsen fing an mich zu nerven. Es war ebenso unpassend wie wenn man bei einem Begräbnis nicht das Lachen unterlassen konnte. „Ihr habt Recht, ich kenne die Geschichte schon, aber ich bin mir nicht sicher ob auch ihr sie kennt.“

„Natürlich kenne ich sie“, widersprach ich, „ich habe sie schließlich erlebt.“

„Bei euch hat das nicht viel zu sagen. Wenn man bedenkt was ihr getan habt.“

Fest auf mein Atem konzentriert, sog ich langsam die Luft ein und stieß sie noch langsamer aus. Zur zusätzlichen Beruhigung schenkte ich mir noch Schnaps nach. Wenn ich das schon zu erduldend hatte, konnte ich es wenigstens das Umliegende genießen, zumal der Alkohol noch lange keinen Einfluss auf mein Verstand hatte.

Aus meinem Schweigen schloss sie, dass sie die Geschichte erzählen durfte. Es war wohl besser, denn so konnte ich weiter über meine Flucht nachdenken.

„Da ihr der Jüngste in eurer Familie seid, war es also unmöglich für euch einen Titel zu erhalten. Selbst bei euren Cousinen wäre es wahrscheinlicher. Frustrierend nicht war? Auch das Kloster war keine Alternative. Es war schon genau beschlossen, wer dorthin durfte. Der Vasall seines Bruders. Vielleicht als Vogt einer bedeutenden Stadt, oder nur Magister eines Dorfes. Kommt drauf an, wenn die Pest dahinrafft oder Geschwister.“

Ich verrollte die Augen, während in an dem Glas nippte. Auch wenn er nicht heraus schmeckte, so wusste ich doch, das Alkohol darin war, zu mindestens wurde es warm in meinem Magen. Eine Angenehme Wärme, die sich langsam ausbreitet, dennoch blieb mein Verstand verschont. Deutlich daran zu erkennen, das mir plötzlich eine Idee kam. Ohne lange darüber nachzudenken, setzte ich sie in die Tat um.

Weder die Herrin noch die Panter reagierten. Es war zu überraschend und ich war zu schnell. Kaum merklich griff ich nach der Glaskanne. Dort angelangt, schleuderte ich sie auf die zwei Katzen. Noch bevor sie verstanden, was geschehen war, stieß ich mein Glas in den Kamin. Sobald der Schnaps mit den Flammen in Berührung kam, entzündete er sich. Ob mein Plan aufging wartete ich nicht ab, sondern sprang auf und stürmte zur Tür. Das qualvolle Gekreische der Panther und das Ausbleiben eine Angriffs verriet mir, das er Erfolg hatte. Der Schnaps auf ihnen hatte sich entflammt. Grausam, aber notwendig.

Wie ich durch die Tür jagte, folgte mir der Gestank von verbranntem Haar und Fleisch. Es war mir egal. Erst als mich hundert Augen ansahen, erkannte ich meinen Fehler in meinem Plan. In dem Speiseraum waren noch immer die ganzen Katzen. Es waren nur Stubentiger, doch jede von ihnen hatte Klauen und Zähne. Einzeln waren sie kein Problem, doch in dieser Fülle waren sie nicht ungefährlicher als die Panther. Wenn ich aber hier verweile, bis sie mich anfallen, hätte ich nichts gewonnen.

Der Tisch war noch immer mit den vielen Speisen gedeckt, auch wenn ich das Gefühl hatte, das sie weniger geworden waren. Ich griff nach einem scharfen Fleischmesser und sprang über den Tisch, ohne langsamer zu werden. Durch die Tür hinaus stellte ich fest, das der Mann, der mich durch das Herrenhaus geführt hatte verschwunden war. Warum sollte er auch warten?

Jetzt galt es, meine Reisetasche zu holen und so schnell wie möglich hier zu verschwinden. Ich rannte in den anderen Seitenflügel, riss die Tür zu meiner Kammer auf. Der Jüngling war verschwunden, dafür räkelten sich zwei Katzen auf meinem Bett. Gibt es hier eigentlich auch etwas anderes als Katzen?

Meine Reisetasche lag noch immer auf dem Boden, neben meiner Kleidung, nur der Zuber war verschwunden. Ohne lange nachzudenken, griff ich meine Tasche und die Klamotten. Es fehlte die Zeit mich umzuziehen. Immerhin konnte ich den edlen Stoff in der nächsten Stadt verkaufen. Es würde mir eine warme Nacht ermöglichen.

Vorausgesetzt ich würde sie nicht ruinieren oder überhaupt lebend hier herauskommen. Auch wenn ich keine gesehen hatte, bezweifelte ich, das die Herrin keine Soldaten oder Wachen hatte.

Mit einem schweifenden Blick erkannte ich, das es nichts gab, was es lohnte mitzunehmen. Es wurde Zeit zu verschwinden. Kaum die Tür aufgerissen, wollte ich hinausstürmen, doch aus dem Nichts sprang mich ein grauer Blitz an. Rein instinktiv riss ich mein Messer vor die Brust. Mit der anderen Hand versuchte ich es von meinem Leib zu halten, griff in das Fell und stach immer wieder zu. Klauen und Zähne versuchten mich irgendwie zu treffen.

Ich spürte nichts, einzig das Brüllen und Kreischen, das durch den Raum hallte, die Stiche und Schläge. Dabei passierte alles so schnell. Auf die Augen war kein Verlass.

So plötzlich wie der Angriff begann, erstarb er auch wieder. Es waren zu viele Stiche gewesen oder einer hatte endlich getroffen. Leblos fiel mein Feind auf den Boden. Auch wenn es vor lauter Blut, Wunden und Fellbüschel schwer war, erkannt ich, das es ein Luchs gewesen war.

Er war noch nicht voll ausgewachsen, dennoch hatte er tiefe Kratzer an meinen Armen und der Brust hinterlassen.

Am liebsten wäre ich zu erst zur Ruhe gekommen, hätte tief durchgeatmet, doch dafür fehlte mir die Zeit. Wenn ich das Herrenhaus hinter mir gelassen hatte, werde ich genug Zeit haben.

Bevor ich kopflos heraus stürmte, schaute ich den Gang entlang, doch er war leer. Keine Katze, in egal welcher Größe und auch kein Mensch. Das roch nach einer Falle, aber mir blieb keine andere Wahl. Das Haus war zu groß, als das ich nach einem anderen Ausgang suchen konnte, also blieb mir nur der bereits bekannte.

Wie ich in die Vestibülabbildung kam, blieb mir das Herz stehen. Es waren diese zwei Augenpaare, die mir klar machten, das Flucht genauso sinnlos war wie Kampf. Mit meinem mickrigen Fleischmesser würde es enden, ehe es richtig begonnen hatte. Das widerliche Gefühl einer bewussten Niederlage machte sich breit. Kurz bevor ich resignierte faste ich wieder Mut. Die beiden Tiger waren immernoch nur Statuen. Ohne weiter darüber nachzudenken rannte ich erneut los. Die Treppe herunter. Diesmal hatte ich mit den Tigern gerechnet, beachtete sie nicht besonders, stattdessen rannte ich einfach weiter, die nächste Treppe hinab. Ich konnte die Freiheit schon fast riechen. Es fehlte nicht mehr viel und ich würde auf Belladonnas Rücken sitzen. Etwas stimmte nicht.

Sodass es mich aus dem Tritt brachte. Stolpernd kam ich zum Stehen. Ich war mir sicher, das ich im dritten Geschoss gewesen war. Die zwei Treppe hätten mich ins Vestibül zurück bringen sollen, doch das Eingangsportal fehlte, an dessen Stele führte eine weitere Stiege nach unten. Vielleicht hatte ich mich vorhin verzählt. Also rannte ich weiter, im Stockwerk darunter sah es genauso aus. Was auch immer hier gespielt wurde, oder wie es überhaupt möglich war blieb unklar. So blieb nichts anderes als das Vestibül zu suchen. Stockwerk um Stockwerk ließ ich hinter mir. Sie alle waren Spiegelbilder ihrer Vorgänger. Es war ein Lauf durch einen endlosen Tunnel. Eine wahnsinnige Jagd stetig nach unten, ohne Änderung. Ich war schon fast daran aufzugeben, als ich doch einen Ausbruch aus der Gleichheit sah. Sie entmutigte mich vollends.

Das letzte Stockwerk hatte keine Treppe nach unten, sondern nach oben, es war in mitten gespiegelt. So gab es dann auch vier Tiger. Denen ich diesmal mehr Aufmerksamkeit widmen hätte sollen, doch diese Tatsache wurde mir zu spät schmerzlichst bewusst. Wie eine Keule traf es mich auf den Rücken. Die Wucht raubte mir das Gleichgewicht und den Atem. Der folgende Sturz machte es nicht besser. Dennoch rollte ich mich instinktiv herum. Ich wollte meinem Angreifer ins Gesicht sehen.

Das Zähne bewehrte Maul vertrieb jeglichen Kampfeswillen. Rein symbolisch legte der Tiger seine Tatze auf meine Brust. Zum Glück waren die Krallen eingezogen. Die anderen drei schlichen um mich herum.

Das Einzige was ich in diesem Moment hoffte war, dass er mich schnell und schmerzlos tötet. Andere Hoffnung konnte ich in diesem Zustand nicht mehr machen. Manche behaupten wenn man so kurz vor dem Tot steht, resümiert man sein Leben, sieht alle an sich vorbei ziehen, andere Scheißen sich vor Angst ein, flehen und jammern, doch da war nichts, vielleicht Resignation.

Jeglicher Angriff blieb aus. Die einzige Bewegung war das Schließen des Mauls. Sonst starrte er mich nur eindringlich an. Seine Augen strahlten ein Gefühl aus. Mitleid? Was es auch war, es wirkte menschlich. Jetzt fiel mir auch auf, das sie nicht wie typische Katzen Augen geformt waren.

Eine sich ausbreitende Wärme an meinem Rücken riss mich aus meinen Gedanken. Der Hieb war mit ausgefahrenen Krallen. Wie zur Bestätigung kam der Schmerz durch den Schock hindurch.

„Wir hätten das Gespräch in angenehmerer Atmosphäre führen können“, ich sah die Frau nicht, aber neben ihren lauter werden Worte vernahm ich die Schritte. Gemächlich ging sie die Stufen hinab. „Ihr habt euch aber dafür entschieden. Wo waren wir stehen geblieben. Ah, bei den Möglichkeiten, die ihr von der Zukunft zu erwarten habt. Rosige Aussichten sind etwas anderes. Also habt ich beschlossen, eurem Glück ein wenig nachzuhelfen. Wie alt wart ihr bei eurer ersten Jagd. Ziemlich jung. Du und dein Bruder habt einen Keiler gejagt. Leichtsinnig, doch man möchte dem Vater ja zeigen was in einem steckt. Es könnte schon genügen in der Hierarchie aufzusteigen. Ihr gingt lieber auf Nummer Sicher. Nachdem euer Bruder seinen Bolzen verschossen hatte, oder zu mindestens nicht tödlich verwundet hattet, wäre es an euch gewesen, doch ihr habt gezögert, so lange bis euer eigener Bruder unter dem Keiler lag. Dann war es für euch ein leichtes erst den Bolzen aus eurer Armbrust, die nie geklemmt hatte trotz eurer späteren Erzählungen, dann noch den Speer.

Nicht nur das ihr eine Sprosse in der Rangfolge aufgestiegen seid, habt ihr den Keiler sogar alleine erlegt. Eine wirklich beachtliche, wenn nicht sogar unmögliche Leistung für ein Kind. Vielleicht lag es am Jägersmann auf eurer Seite, tief verborgen im Gehölz, sein weiter grüner Rock verbarg ihn vor neugierigen Blicken.

Er war es auch, der euch das Pulver gegeben hat, weshalb der nächste Bruder an seinem Wein erstickte.

Für jeden der vor euch kam kannte er eine Lösung dafür verlangte er nicht viel, nur eine Stelle des Hofjägersmann für ihn oder seinen Sohn, wenn ich euren Vater beerben solltet.

Doch dieser wurde langsam misstrauisch. Soviel Pech konnte ein Vater gar nicht haben, es seiden jemand half nach und wer sollte es denn sonst sein, als der Jüngste? Also fing er an einen Weg zu suchen euch los zu werden. Solange er aber keine Beweise hatte, hab es keinen Möglichkeit sich dieser Plage zu entledigen, die sein eigener Sohn war. Eine Bestie getarnt als sein eigen Blut.

Doch wie es bei Menschen so ist, begehen sie irgendwann einen Fehler. Es war die Tochter des Pferdemeisters. Diese blonde Schönheit. Gut wer soll es euch verdenken? Wie sie mit ihren wogenden Brüste über den Hof lief, wobei ihr Kleid viel zu wenig verbarg. Es war doch ihre Schuld, dass sie euch ganz verrückt gemacht hat und als ihr sie eines Tages im Stall damit konfrontiert habt, wagt sie es auch noch abzulehnen. Sie sei schon einem Mann versprochen.

Es war etwas, womit ihr nicht gerechnet habt, ihr, der Fürstensohn, bekommt eine Absage, zudem noch von einer einfachen Bürgerin, aufgewachsen in Mist und Unrat.

Von einer solchen lasst ihr euch kein Nein gefallen. Also habt ihr euch dort im Stroh genommen was ihr wolltet. Das sie sich wehrte machte es nur interessanter. Erst als sie hinterher zu ihrem Vater rannte, bemerktet ihr euren Fehler, den ihr machtet. Einem anderen Sohn würde euer Vater wohl Gnade gewähren und eher den Pferdemeister samt Familie aufhängen, wegen angeblich falschen Beschuldigungen, doch das habt ihr euch verspielt. Wenn nur ein Wort gegen euch ausgesprochen werden würde, wärt ihr dran.

Also zögerte ihr nicht lange, sattelte Belladonna und machtet euch davon. Eine wahrlich ritterliche Flucht.“

Stumm lauschte ich ihrer Erzählung. Ein Kloß saß in meinem Hals, der und zudem die schwere Pranke verhinderte das ich etwas sagte.

Während sie sprach tauchten die ganze Zeit die Bilder aus meiner Erinnerung auf. Alles war wahr gewesen. Genau so geschehen, wie sie es beschrieben hatte. Nach einer Stummen Ewigkeit gelang es mir drei Wörter zu sprechen: „Wer seid ihr?“

Ohne es zu sehen, wusste ich das sie lächelte. „Das interessiert euch wahrlich. Nun dann will ich es euch verraten. Ich bin der Lohn. Lohn für Machtgier und Habsucht; Wollust und Zügellosigkeit. Normal würde ich euch hier ein Angebot unterbreiten; ein mehr oder minder einfaches Ende als Maus, oder ein ewiges Leben als Katze meiner Gefolgschaft. Doch aufgrund eurer Attacke auf meine zwei Panther versage ich euch diese Wahl. Keine Sorge, ihnen geht es schon wieder besser, es hat ihnen nur ein Leben gekostet, aber davon haben sie genug.“

Bilder blitzten in meinem Verstand auf, wie die ganze Katzen – die alle Menschen in meiner Situation waren, dessen war ich mir jetzt sicher – mit mir spielten bis mein kleines Mäuseherz vor Angst versagte. Bei dieser Erwartung, spürte ich wie meine Kontrolle über meinen Körper versagte. Es wurde warm zwischen meinen Beinen. Wo vorhin nur Resignation herrschte erschien nun die Angst, übermächtig.

„Macht euch nicht zu viele Sorgen, ich entscheide für euch das, was die meisten Männer wählen, weil sie sich so krampfhaft an ihrem Leben festkrallen, da sie noch nicht verstanden haben, das die Schuld sie wahnsinnig macht, ohne Hoffnung auf Erlösung, werdet ihr das Ende der Tage kennen lernen“

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