Beschreibung
Seit mittlerweile 2 Jahren beobachte ich das politische Vorhaben BETREUUNGSGELD. Dieses Gesetzgebungsverfahren, das mehr an ein Tauziehen als an einen abgestimmten und fachlich fundierten Prozess erinnert, beraubt mich mehr und mehr meines Glaubens, das die da oben es wohl schon irgendwie richten werden. Aus Verzweiflung hierüber, versuche ich das Ganze satirisch zu betrachten.
Als ich diesen Text im August 2012 geschrieben habe, bin ich NICHT davon ausgegangen, dass das umstrittene Betreuungsgeld tatsächlich kommen wird. Mittlerweile ist es von der schwarz-gelben Regierung beschlossen worden und es hat auch bereits die nächste Hürde genommen: Das neue Gesetz wurde Mitte Februar 2013 von Bundespräsident Gauck unterzeichnet. Eigentlich steht damit dem Inkrafttreten zum 1. August 2013 nichts mehr im Wege. Jedoch erwägen von der SPD regierte Länder - allen voran Hamburg - Klage gegen dieses Gesetz zu erheben.
Mai 2013: Der Bundesrat hat sich meiner Meinung angeschlossen und will das Gesetz rückgängig machen.
Titelbild und Text:
Copyright by MerleSchreiber (August 2012)
Mai 2013:
Der Bundesrat spricht sich gegen die Einführung des Betreuungsgeldes aus. Mit einem entsprechenden Gesetzentwurf (17/13112), den die Länderkammer in ihrer Sitzung am 22. März dieses Jahres mehrheitlich verabschiedete, soll das Gesetz zur Einführung des Betreuungsgeldes wieder aufgehoben werden. Nach Ansicht des Bundesrats setzt das Betreuungsgeld falsche bildungs- und integrationspolitische Anreize, „weil es Kindern den Zugang zu frühkindlicher Bildung und gesellschaftlicher Teilhabe verschließt“..........
Der Bundesrat spricht sich zudem dafür aus, die für das Betreuungsgeld eingeplanten Haushaltsmittel stattdessen in den weiteren Ausbau und die Qualität der Bildungs- und Betreuungsangebote für unter dreijährige Kinder einzusetzen.
Quelle: heute im bundestag vom 28.5.2013
Der Gesetzentwurf ist schon veröffentlicht. 2013 kommt es. Das Betreuungsgeld! Eigentlich müsste ich ja jetzt total zufrieden sein. Ich, die sich schon immer stark gemacht hat dafür, dass die Betreuung und Erziehung von Kindern innerhalb der Familie (auch) als Leistung für die Gesellschaft anerkannt und dementsprechend honoriert wird. Aber das war zu einer Zeit, als es noch möglich war, dass eine Familie vom alleinigen Einkommen eines der Partner leben konnte. Die Zeiten haben sich gewandelt, die Vorzeichen sind heute völlig Andere. Zwei wenig kompatible Interessenssträn-ge - Vereinbarkeit von Familie und Beruf - müssen jetzt irgendwie zusammengebracht werden.
Deutschland braucht Kinder, ohne eine höhere Geburtenzahl gerät das ganze System aus den Fugen und der Generationenvertrag kann ad acta gelegt werden. Naturgemäß wird für die langfristige Problembehebung das Engagement der Frauen gebraucht. Ja, ja, ich weiß - unter anderem natürlich. Aber! Es ist ein Abwerbungs-
prozess in Gange. Die Wirtschaft lockt mit Erfüllung in Beruf und Karriere! Frauen sind gefordert, am Bruttosozialprodukt kräftig mitzubasteln. Und Frau will das ja auch. Also ist doch eine Weichenstellung gefragt, die auf diesen vorhandenen Gegebenheiten aufbaut.
Also was jetzt? Betreuungsgeld? Kitaanspruch auch für unter 3-jährige? Entweder oder? Oder Beides? Aber da widerspricht sich doch was! Das Betreu-ungsgeld passt doch überhaupt nicht in das Konzept. Oder doch und ich bin nur zu unbedarft, um das zu verstehen? Ich habe einfach zu wenig Ahnung von der großen Politik. Ich habe ja nur so etwas wie einen halbwegs gesunden Menschen-verstand. Und der sagt mir, irgendetwas passt da nicht zusammen.
Ich brauche Aufklärung und vereinbare als ebenso wissbegierige wie verantwortungsvolle Bürgerin und Wählerin ein Gespräch mit Bundesfamilien-ministerin Kristina Schröder, ihrer bayerischen Kollegin Christine Haderthauer und der Seehofer
Quelle: Der Spiegel 40/1973
Horst lässt es sich nicht nehmen, er will auch dazu beitragen, mir die Faktenlage zu erklären.
Wir setzen uns also alle an einen runden Tisch. Alle, bis auf Frau Schröder. Die steht in der Ecke, stampft mit dem Fuß auf wie ein trotziges Kleinkind und beharrt auf ihrem wie auch immer zustande gekommenen längst überholtem Familien- und Frauenbild. „Ich habe mir das Betreuungsgeld nun einmal auf meine Fahne geschrieben und das ziehe ich jetzt auch durch. Basta!“ Sie zieht eine Schnute und weigert sich standhaft, sich zu uns zu setzen.
„Bravo“, bekräftigt der bayerische Landesvater und fügt hinzu: „ Mir san mir. Und mir sagen, mir brauch ma dös Betreuungsgeld. Mir ham ja de Krippnplätze noch gar net beinand“.
Du lieber Himmel, daran habe ich noch gar nicht gedacht. Ja klar. Ab Mitte 2013 hat jede Familie (auch in Bayern!!!) gesetzlichen Anspruch auf einen Krippenplatz d.h. wird dieser Platz nicht
vorgehalten, dann rollt eine riesige Klagewelle auf das bayerische Maximilianeum bzw. auf die Kommunen zu.
Oh, oh! Mir wird klar, warum die Bayern so vehement auf die Einführung des Betreuungsgeldes beharren. Außerdem fehlen noch jede Menge Erzieherinnen in den Krippen. Na gut, wie war das noch mal mit der Schnelleinweisung der Schleckerfrauen? denke ich mir und während ich noch darüber sinniere, kommt Frau Haderthauer ins Spiel "Ja, und da hätten wir ja noch das Argument in petto, das besagt, das die frühe Fremdbetreuung schädlich für die Entwicklung der Kinder ist. Welcher halbwegs normal denkende Bürger möchte schon, dass wir uns da aggres-siven und bindungsgestörten und in der Folge lebens- und damit auch arbeitsuntüchtigen Nachwuchs heranziehen?" Fürwahr ein Tot-schlagargument.
Die Haderthauer lächelt siegesgewiss, doch nun kann auch ich mein bescheidenes Fachwissen in den
den Ring werfen. "Stimmt, Frau Ministerin", sage ich "Allerdings gilt dies nur für das erste Lebensjahr des Kindes. Das ist durch die Bindungsforschung belegt, dass Kinder das erste Jahr die Betreuung ihrer Bezugsperson(en) brau-chen, um eine sichere Bindung aufbauen zu können. Das was Sie anführen, gilt für unsichere und ambivalent gebundene Kinder".
Sie widerspricht mir nicht, weil sie weiß, dass mein Argument belegbar ist. Ich werde mutiger und lege nach: "Und außerdem ist es ja wohl so, dass es Kindern von Eltern, denen der Aufbau einer sicheren Bindung innerhalb eines Jahres nicht gelingt, nur gut tun kann, wenn sie dann wenigstens Zuwendung und Förderung in einer Kita erhalten".
Frau Haderthauer schnappt nach Luft und Seeho-fer reicht es jetzt. Er steht auf, murmelt sowas wie "Undankbar und Papperlapapp" und während er zur Türe geht, sagt er in meine Richtung "Des is sinn-
los, Entscheidungen mit dem Bürger abzustimmen. Des hamma erst kürzlich bei da Volksabstimmung zur dritten Start- und Landebahn vom Münchner Flughafens gsehn. Do is uns da Bürger mit seim Votum a in Rückn gfoin, obwoi ma mir Politiker davor ganz klar gsogt ham, wia ma uns des Ergebnis wünschn".
Total verwirrt bleibe ich zurück. Es wären mir noch viele Fragen eingefallen z.B. Wie das mit den Alleinerziehenden ist. Die werden ja von vorne herein ausgeschlossen, vom Betreuungsgeld zu provitieren. Ganz einfach, weil ihnen ein Hauptverdiener fehlt.
Nicht wahr, man kann schon ins Grübeln kommen, wenn man mal angefangen hat, über politische Entscheidungen nachzudenken? Vielleicht sollte ich es lieber lassen und mich wieder dem Schreiben über Wetter, Liebe und anderen schönen Erleb-nissen zuwenden.