Kurzgeschichte
Menschen ändern sich - oder ist es nur die Zeit?

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"Menschen ändern sich - oder ist es nur die Zeit?"
Veröffentlicht am 26. August 2012, 10 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Menschen ändern sich - oder ist es nur die Zeit?

Menschen ändern sich - oder ist es nur die Zeit?

Beschreibung

Nach langer Zeit treffen sich zwei Männer, früher einmal zwei gleiche Freunde, heute verschiedener als man es sich vorstellen kann. Was trieb sie dazu?

Die zwei Augenpaare sahen sich an. Sie konnten nicht unterschiedlicher sein. Die einen blau und klar die anderen braun, blutunterlaufen und von einem Nebelschleier getrübt. Er hatte nicht nur zu wenig Schlaf, sondern auch zu viele Drogen. Das würde nicht nur in den Augen bewusst. Sein ganzes Erscheinungsbild war davon betroffen.

Manch einer fragte sich, was haben diese beide gemein? Schon komisch, dass dieser Anzugträger mit seiner konservativen Frisur die selbe Straßenseite nutze wie der Punk in seiner verrissenen Jeans, so dreckig, das sie alleine stehen konnte, ein Bandshirt, dessen Schrift man schon lange nicht mehr lesen konnte und die verfilzte Irokese, früher einmal blau heute nur noch undefinierbar dreckig, lag platt darnieder.

Doch gab es schon andere Zeiten, damals.

„Haste mal ‘ne Mark?“, grummelte der Punk mit rauer, aufgekratzter Stimme, streckte bettelnd seine Hand entgegen.

Samuel, der Mann im grauen Nadelstreifenanzug mit weißem Hemd und roter Krawatte, sah ihn verwirrt an. „Freddy? Du bist es doch? Da bettelst du mich hier um ‘ne Mark an? Der alten Zeiten Willen....“ Die völlige Verständnislosigkeit in seines Gegenübers Gesicht ließ ihn verstummen. „Erkennst du mich nicht?“ ,setzte er erneut an. „Ich bin’s Samu. Damals, ich weiß es sind schon ein paar Jahre her, aber all die Jahre können doch nicht einfach weg sein. Die Scheiße die wir immer gemacht haben.“

Er verstummt, hoffte das seine Worte die Erinnerungen wieder wach rüttelten. Tatsächlich, durchdrangen die Worten den Nebel aus Drogen und übersprangen das große Loch, das der Alkohol im Hirn hinterlassen hatte.

Freddy hatte tatsächlich schon mal was von einem Samu gehört. Vor einigen Jahren, Scheiße Mann, sie waren keine Kinder, aber verdammt noch lange nicht erwachsen. Die beiden kannten keine Grenzen, Regeln waren nur unnötige verschissene Schranken, die es zu überwinden galt, wenn nicht gleich einreisen. Sie wuchsen im selben Stadtteil auf. Wie Brüder, ja Zwillinge.

Mit neun hatten er seinem dämlichen Alten ein Six-Pack-Bier geklaut, den sie zusammen im Hinterhof ihres Wohnblocks klein machten oder es versuchten. Dennoch war es das Geilste, bis zu den Folgen, nicht nur die scheiß Stimmung des Vollrauschs und der verdammte Kater, wurde er von seinem Alten so verdroschen, das er auch noch ‘ne Ewigkeit danach die Spuren sah.

Die verfickte Gewalt, auch Erziehung genannt, die ihm zu einem folgsamen Sklaven machen sollte, hatte das Gegenteil zur Folge. Welches Fascho-Gesetz sich auch vor ihn stellte, er brach es. Klauen, Schlägerei, Sprayen, Mülleimer abfackeln.

So schwänzte er auch immer häufiger die Schule, weshalb er nicht selten von den Bullen­schweinen dorthin gebracht wurde, was auch einen Hass auf die Wichser verursachte. Sein Alter vergaß nie ihn zu verdreschen, äh zu erziehen.

Er wuchs und riss immer öfters aus. Samu, zum Bleistift, hatte immer eine offene Tür für ihn und verriet ihn nie. Wenn Freddy sich nicht bei ihm verkroch, waren sie ihm Jugendzentrum, hier hatte jeder seinen Spaß, andere Jugendliche von ihrem Schlag trafen sich dort. Manchmal wurde Karten gespielt, andern Tags nur gelabert hin und wieder gab es sogar ein Punkkonzert. Das wichtigste war, das die Kehle nie Trocken blieb. Selbst wenn sie eine Demo planten und deshalb einen klaren Kopf brauchten, bei all den Regeln und verfickte Drecksscheiße – sie brauchten aber mindestens drei Bier um Nüchtern zu sein. Versuchte man darauf zu scheißen, ging es gehörig in die Hose, als sie einem eine unangemeldete Demo versuchten, dauerte es nicht lange bis eine Herde Bullenschweine sie eingekesselt hatten. An Angriff oder Verteidigung war nicht mehr zu denken, mit solch effektiver Brutalität wurden sie fertig gemacht. Sie hatten Glück mehr als eine Nacht steckte man sie nicht in den Bau, mehr zum Ausnüchtern. Schlimmer war, das man das Jugenzentrum dicht machte.

Man hatte ihnen ihr Treffpunkt genommen. Die Clique drohte zu zerbrechen. Bis plötzlich die Runde machte, das Micks Eltern ein kleines Hüttchen im Wald hatten. Beschissen war, hinzukommen, war man aber endlich angekommen ging man nicht mehr so schnell. War das Jugendzentrum geile Scheiße, war das richtig geile Scheiße.

Die Abgeschiedenheit verhinderte das ein Spießer maulte. Hin und wieder brachte jemand Stoff mit, nicht das sie es brauchte, war aber geil. So zogen sie dann bekifft und besoffen in die Stadt, natürlich mit entsprechender Wegzehrung, um dort ihrem Frust am Kapitalismus und Autorität der vorherrschenden Ordnung auszulassen. So zerstörte man Wartehäuschen von Bussen, oder gleich die Busse, plünderte Kioske, zu mindestens die die es verdient hatten, andere Unterstützten sie, verdroschen Fascho-Wichser. Auch wenn die Bullen es dauernd versuchten ihre Gruppe zu zerschlagen, gelang es den Ärschen nie.

Das war ihr Viertel hier hatten sie das sagen und wer es bestritt, dem schissen sie in Gesicht, schön jeder in Reihe und manchmal gleichzeitig.

So sollte es für immer sein, doch genau das war das verfickte Problem. Sie wurden älter, und jetzt galt es zu entscheiden, ob man diese geilen eingeschlagenen Weg weiter ging oder sich für ein Spießer-Dasein entschied. Für Freddy war das keine Alternative. Niemals! wollte er anders sein, dieser Weg sollte ihn in die Freiheit führen, oder ins Grab.

Samu war da anders. Er hatte ihn und die ganze Clique verraten. Wichser!

Die beiden Männer sahen sich noch immer in die Augen. Der Anzug glaubte eine Spur der Erkenntnis zu sehen, doch da es nur bei dieser Spur blieb versiegte die Hoffnung schon bald. Wenn man kurz nachdachte war es nicht schwer zu erzählen, was die letzten Jahre passiert war.

Während Freddy aufgrund seiner hohen Fehlzeiten irgendwann von der Schule flog, ohne Abschluss, was ihn nicht weiter störte, weil er einen Job als Kistenschlepper in einer Brauerei fand, machte Samuel hingegen sein Abitur. Er hasste den Staat und den Status Quo sowie all die anderen, doch hatte er etwas verstanden, das Leuten wie Freddy verwehrt blieb; Fäuste konnten eine Revolution anfangen, doch niemals erfolgreich beenden. Wenn man etwas erreichen wollte musste man ein Teil des Systems werden und von innen heraus zuschlagen, Das war es worauf Samuel hinaus wollte und das ganze indem er Jura studierte um Anwalt zu werden. Von manchen aus der Clique als Spießer verschrien von anderen mit Respekt bedacht.

Freddy hingegen nutzte sein Zeit um den Hass auf das System mit Betäubungsmittel zu betäuben. Denn auch wenn seine Flamme hell leuchtete, war er doch nur ein armer Spinner am Rande der Gesellschaft, ohne die Kraft etwas zu verändern. Entweder diese Erkenntnis oder einfach die Genusssucht trieben ihn immer weiter in dieses tiefe Loch. Falls er jemals die Augen aufmacht stellte er fest, das er schon viel zu tief in diesem Sumpf versunken ist, als das ein Umkehren möglich wäre, sodass er die Lider schließen würde und blind bleiben wird.

In Samus Augen stand eine gescheiterte Person.

In Freddys Augen stand ein verdammter Mann vor ihm, der die ganze Scheiße verkörperte was er hasste.

Zeitgleich sprachen die beiden Männer, ehemalige Freunde: „Verräter“ „Idiot“

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