Familie Schuster ist eine Bilderbuchfamilie, meint man zumindest. Hinter dieser heilen Welt fassade verbirgt sich aber mehr, denn unheimliche Anrufe bedrohen ihre Idylle. Hat dies etwa etwas mit den beiden Morden zu tun, die geschehen sind? Titelbild: www.pixelio.de/©Roberto Kemter/PIXELIO
Unablässig schlug der Regen auf den Boden und warf lehmige Brocken auf, als wolle er ihn durchsieben. Durch dieses Schrapnellfeuer des Himmels bahnte sich eine einsame Gestalt einen Weg durch den eigentlich unbegehbaren Boden. Bei jedem Schritt sank sie tiefer in den Schlamm ein, hatte immer größere Mühe sich fortzubewegen. Schützend umklammerte die Gestalt ein kleines Bündel, welches sie unter ihrer Jacke verbarg. Unbarmherzig wollten sie Regen und Sturm von ihrer Bahn abbringen, doch sie hatte einen eisernen Willen und nur ein Ziel, das nicht mehr ferne katholische Kloster.
Einige Minuten später hatte sie die Pforte erreicht, betätigte mit letzter Kraft den schweren Klopfer. Das Echo hallte durch den ganzen Komplex, das war selbst durch das Dröhnen des Unwetters zu hören. Langsam sank sie in eine Ecke des Türrahmens und begutachtete das Baby, welches sie so gut wie möglich vor dem Unwetter hatte geschützt. Die Pforte öffnete sich, einer der Priester blickte hinaus in den Sturm, eine Sturmlaterne in der Hand. Suchend blickte er hinaus, als er schließlich, da das Baby einen neugierigen Gluckser ausstieß, die Frau erblickte, welche sich in einer Ecke zusammengekrümmt hatte. Eilends brachte er beide hinein, ließ die Ärzte zusammenrufen, doch für die junge Frau war alles zu spät. Selbst das geübte und schnelle Eingreifen der Klosterärzte konnten ihr Leben nicht mehr retten. Das Kind jedoch war wie durch ein Wunder vollkommen unversehrt geblieben, wenn man davon absieht, dass es leicht unterkühlt war, was man aber schnell beseitigen konnte.
So wurde der namenlose Junge von den Lehrern und Geistlichen im Kloster aufgezogen. Man gab ihm den Namen Michael, nach dem Erzengel mit dem Flammenschwert.
Michael war ein gescheiter Geist, welcher schneller als alle anderen die kompliziertesten Dinge erfasste, seien sie naturwissenschaftlich, sprachlich oder geistig. Schon in frühen Jahren begann er die Bibel intensiver zu studieren, als seine Altersgenossen, die sich ihre kurze Zeit zur freien Verfügung, außerhalb des strengen klösterlichen Tagesablaufes, nicht damit verschwenden wollten, dass sie in der Studierstube hockten. Was er nicht an Anerkennung bei seinen Altersgenossen, welche hier rar gesät waren, erfuhr brachten ihm seine Lehrer entgegen, welche schon einen großen Theologieprofessor in dem Jungen erkannten.
Doch die typischen Veränderungen im Geiste und am Körper während der Pubertät machten sich auch an diesem ach so frommen Jungen bemerkbar. Es begann damit, dass er heimlich Schriften las, die sich gegen die herrschenden Lehren wandten und in ihm den Geist der theologischen Rebellion entfachten.
Dazu kam, dass man den älteren Jungen mehr freie Zeit zugestand, welche sie auch außerhalb der Klostermauern verleben konnten. Das nahe Dorf wäre für Städter kein Anreiz gewesen, doch für Individuen, die lange Zeit in immer der gleichen Gesellschaft zusammen sind war dieses Dorf ein paralleles Universum. Und trotz festem Vorsatz die jungen Mädchen im Dorf nicht zu beachten konnte Michael es einfach nicht, die Biologie in seinem Körper gehorchte dem Geiste nicht. Und ja, er hatte ein Mädchen, sie hieß Eva, welch Ironie. Während die anderen Jungen schon mit ihren Eroberungen heftig prahlten, natürlich nicht vor den Lehrern und den Priestern, hatte Michael Bande anderer Art geknüpft, welche auf einer stärkeren intellektuellen Ebene stattfanden, obwohl Eva wahrlich hübsch war. Doch vorerst kamen sie über Küsse nicht hinaus.
Bis dato ging wohl alles seinen natürlichen Gang mit den kleinen Zerwürfnissen, die jene Zeit mit sich bringt. All dies hob nun wie ein Orchester zum dramatischen Höhepunkt, bevor alles in sich zusammenbricht.
Es begann damit, dass man Michael dabei erwischte, wie er die Schriften studierte, die ein wahrer katholischer Mensch niemals lesen sollte, oder besser gesagt, wenn er sie las, nicht in sich mit solcher Inbrunst aufnehmen sollte wie er es getan hatte. Den Lehrern war schon längere Zeit aufgefallen, dass der Junge begann abwegige Ansichten zu vertreten, die keineswegs die ihren waren.
Dieser erste Schlag durch die Autoritäten und das verordnete Büßen regte Wut in ihm, jedoch verpuffte dieser bei der Vorfreude auf ein weiteres Treffen mit Eva. Doch wo einmal Unglück ist, da schlägt es gleich wieder zu. Der verabredete Treffpunkt, sie kam nicht und noch dazu begann es zu regnen. So entschloss sich Michael zum Haus ihrer Eltern zu gehen um sie dort zu treffen. Er stahl sich zur Hintertür, die immer geöffnet war. Vorsichtig, tropfnass, betrat er das Haus, Evas Eltern waren wie üblich nicht da, beide arbeiteten für große Firmen und arbeiteten beide den ganzen Tag oder verreisten über mehrere Wochen. Verwundert horchte der Junge, als er seine Freundin plötzlich laut aufstöhnen hörte. Mit großen Sätzen war er die Treppe hinaufgeeilt und hatte die Zimmertüre aufgestoßen um dem entgegenzutreten, der Eva etwas antat. Doch was er sah war für ihn noch viel schlimmer. Seine Freundin hatte nicht vor Angst oder Schmerz, sondern vor Lust solche Laute von sich gegeben. Er hatte sie in flagranti mit einem der ungehobelten Flegel aus dem Dorf erwischt. Er lag mit dem Rücken zu ihm auf Eva, doch sie konnte nach oben sehen und blickte dabei in das tränennasse Gesicht von Michael. Mit offenem Mund schüttelte sie den Kopf, womit sie wohl sagen wollte, dass alles nicht so wäre, wie es aussähe, doch was wollte er dieser Metze schon noch glauben? Zwischen rasender Wut und vollkommener Verzweiflung hin und hergerissen erreichte er wieder das Kloster, wo er sich auf seinem Zimmer einer intensiven Selbstkasteiung unterzog als Strafe dafür so dumm gewesen zu sein zu glauben, dass diese Dorfhure anders wäre als die anderen fleischlichen Matratzen seiner Altersgenossen.
In all diesem Meer der Enttäuschungen gab es nur noch einen Anker; die Beichte bei einem der Priester. Und während er lange und ausführlich von dem Gesehenen berichtete vernahm er ein merkwürdig saugendes Geräusch. Verwirrt blickte er durch das Gitter, welches die Kabinen akustisch miteinander verband und sah, freilich nur undeutlich, dass sich der Priester in der Region seines eigenen Unterleibes zu schaffen machte.
Und damit ließ das Orchester den letzten großen Ton verklingen, wie der letzte Anschlag des Klaviers im Beatles Lied „A Day In The Life“. Für Michael war jetzt alles zerbrochen. Alle Autoritäten und wichtige Dinge in seinem Leben hatten sich durch ihm unverständliche Aktionen von ihm abgewandt. Jetzt waren da nur noch die humanistischen Lehrkräfte, die die Schule zuließ und das Wort Gottes.
Doch als hätte einer der Musiker das Finale verpasst schickte er noch einen letzten Schlag hintan. Bevor er zu Bett ging erblickte Michael einen seiner Lehrer, wie er, der Abend war warm und mild, sich mit einem der älteren Mädchen, die man schon als junge Frauen bezeichnen konnten, beim nahen Teich traf und beide nackt baden gingen. Und man muss kein Hellseher sein um zu erraten, dass es nicht dabei blieb.
Von Verrohung und Heuchelei umgeben blieb ihm schließlich nur noch Gottes Wort. Er wollte sich in die metaphysischen Arme dessen begeben, der ihn noch nie enttäuscht hatte. So war er gewillt die Botschaft seines Herrn entgegen zu nehmen, der ihm jetzt den Weg weisen sollte. Blindlings schlug er die Bibel auf, fuhr mit dem Finger über das dünne Papier und blieb schließlich an einer Stelle stehen. Vorsichtig erblickte die Worte, welche sein Finger fixierte und las:
„Bete sie nicht an und diene ihnen nicht. Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifriger Gott, der da heimsucht der Väter Missetat an den Kindern bis in das dritte und vierte Glied, die mich hassen“ (2. Brief Mose, Kapitel 20, Vers 5).
Ja, der Herr mag eifrig sein, doch braucht er auch gerechte Diener auf Erden, die ihm sein Werk erleichtern, dachte Michael und so ward der dunkle Samen in sein sonst reines Gemüt gesetzt.
Eine Reihenhaussiedlung, wie sie überall in der Republik stehen könnte. Die Vögel heben zu ihren fröhlichen, morgenbegrüßenden Gesängen an. In einem der Häuser schrillt ein Wecker voller Disharmonie in dieses harmonische Klangmeisterwerk. Es folgt ein Klatschen, als sich eine männliche Hand gegen den infernalischen Krach wendet und auch sofort beendet.
Noch etwas verschlafen schält sich Johannes Schuster aus dem Ehebett. Mit einem Lächeln betrachtet er seine Frau, die sich zwar regt, aber doch seelisch das Kopfkissen noch ein wenig fester umschlingt. „Guten Morgen, Schatz“, entfährt es schläfrig, kaum vernehmlich ihren Lippen, Johannes ist zufrieden.
Nachdem er seine morgendliche Reinigungsprozedur hinter sich gebracht hat weckt er Eva, seine Frau, indem er ihr zärtlich durch das lange, schwarze Haar fährt. Träge erhebt auch sie sich, küsst ihn, wäscht sich während ihr Mann bereits alles für das Frühstück vorbereitet.
Zusammen nehmen die Eheleute die Mahlzeit ein.
„Steht etwas Interessantes in der Zeitung?“, fragte Eva neugierig. Johannes antwortet gewohnheitsmäßig „Nein“, um dann im Anschluss wieder viele wichtige Dinge zu sagen, die aktuelle Ereignisse betreffen.
Johannes Schuster erhebt sich als Erster vom Tisch, zieht sich an, verabschiedet sich, fährt zu seiner Apotheke, der Persönlichsten in der ganzen Stadt, wie er immer zu erwähnen pflegt. Kein anderer ausgebildeter Pharmazeut im ganzen Umland könne so umfangreiche Auskünfte geben wie er, die Internetapotheken seien eine Schande, denn wo bleibt da noch das Herz?
Eva Schuster räumt das Geschirr in den Spüler, begibt sich nochmals nach oben um ihrer Tochter Lena letztendlich klar zu machen, dass es allerhöchste Eisenbahn ist um aufzustehen. Grummelnd sieht das auch die Gymnasiastin wenig später ein und macht sich schulfertig.
Dann ist auch Eva auf dem Sprung zu der Grundschule an der sie unterrichtet. Sie hat Lena übrigens niemals unterrichtet, das wollte sie ihr ersparen, weshalb die Tochter in eine andere Grundschule in der Stadt ging. Damals hatte diese es als vollkommen überflüssig angesehen, heute war sie ihrer Mutter für so viel Einsicht dankbar. Es war schon schlimm genug, dass diese eine von denen war, denen man jeden Tag den Kampf ansagte.
Und zuletzt rannte Lena aus dem Haus, den Rucksack sich um Lauf überwerfend um den Bus noch zu bekommen und sich, wie jeden Tag, zu schwören, dass sie am kommenden morgen früher würde aufstehen. Wie sagte ihre Freundin Jenny immer: „Wir sind niemals zu spät dran, unser Gymnasium liegt einfach in der falschen Zeitzone!“
Dieser Zyklus vollzog sich jeden morgen bei der Familie Schuster. Eine kleinbürgerliche Idylle ohne trübende Wolken am Himmel. Wirklich?
Lena war, wie so häufig, als Erste zu Hause. Ihre beste Freundin Jenny begleitete sie.
„Hat der Schneider sich wieder aufgeblasen benommen in Wirtschaft/Recht?“, fragte die Tochter der Familie herausfordernd. Ihre Freundin stellte sich breitbeinig hin, stemmte eine Hand in die Hüfte, begann lässig zu wippen und sprach dann mit abgeklärten Blick: „Das elementare Verständnis für das Synalagma (entfällt die eine Pflicht entfällt automatisch auch die Andere) von Gläubiger- und Schuldnerpflicht bei § 433 BGB dürfte wohl jedem der Herren und Damen hier vertraut sein.“ Beide mussten herzlich lachen.
„Ich geh‘ schon mal hoch“, prustete Jenny hervor, Lena nickte nur und sah ihr lange nach, wie sie federnden Schrittes die Treppe hinaufstieg. Als Lena gerade in die Küche gehen wollte um beiden etwas zu trinken zu holen klingelte das Telefon.
„Schuster?“ „Guten Tag, Hoyzer. Ist Frau Eva Schuster zu sprechen?“ „Nein, ist noch arbeiten.“ Am anderen Ende trat eine kurze Stille ein. „Wann ist sie denn zu sprechen?“ „Denke in 2 Stunden.“ „Gut, danke.“ Es knackte in der Leitung.
„Wer war es denn?“, fragte Jenny, die sich dabei tief über das Geländer beugte. Lena blickte auf und war kurz von diesem Anblick irritiert. „Äh, irgendwer. Passiert in letzter Zeit häufiger. Irgendwelche Typen rufen an und wollen mit meiner Mutter sprechen.“
Während sich die Freundinnen in Lenas Zimmer aufhielten kam auch Eva nach Hause. „Hallo? Lena?“ Sie erschien am Treppenabsatz.“ „Hallo, Mutter!“ „Hallo, Frau Schuster!“, echote Jenny aus dem Zimmer. „Ach, Jenny, auch da. Meine zweite Tochter“, sprach Eva im Scherz, denn Jenny war fast jeden Tag da, ging aber immer vor dem Abendessen, außer sie war von Lena offiziell zum Übernachten eingeladen worden, was beide häufig in den Ferien praktizierten, wenn Jennys Eltern zu ihren Verwandten nach Südtirol fuhren. Dann blieb sie, sozusagen, bei ihrer Gastfamilie, was vor allem Lena gefiel.
„Da hat wieder Einer angerufen!“ Eva blieb wie angewurzelt stehen. „Mutter? Mutter?! Mama!!“, schrie ihre Tochter, erst da wurde Eva wieder munter. „Ja, entschuldige Schatz, gerade viel um die Ohren, schwerer Jahrgang,…“, nuschelte sie entschuldigend vor sich hin und ging in die Küche um sich ein Glas Wasser zu holen. Bei dieser Gelegenheit verkonsumierte sie gleich noch ein Aspirin, welches sie jetzt ständig bei sich trug.
„Sag mal, Lena, was ist eigentlich mit Eva los?“, fragte Jenny, die sich jetzt zu ihrer Freundin gesellt hatte. „Keine Ahnung, das wird auch jeden Tag schlimmer. Irgendwas hat das mit den Anrufen zu tun, aber ich weiß nicht was.“
Wenig später klingelte das Telefon, zitternd ging Frau Schuster ihm entgegen, ihre Beine waren wie Wackelpudding. Der Weg zum Telefon schien sich immer weiter auszudehnen. Mit fester Hand packte sie den Hörer, räusperte sich kräftig und antwortete dann zwar fest, aber doch deutlich gedämpft: „Schuster?“ „Sünderin, tue Buße, oder es werden schreckliche Qualen über dich kommen!“, erklang die schrecklich vertraute, männliche Stimme aus dem Apparat, die sie nun jeden Tag hören musste. „Wer sind Sie?!“, schrie sie in den Hörer. Schweigen war die Antwort. „Ich zeige Sie an!“, drohte sie dem körperlosen Feind. „Tue lieber Buße, Sünderin!“, war sein Ratschlag.
Verstört knallte Frau Schuster den Hörer zuerst am Telefon vorbei und schaffte es erst im zweiten Versuch diesen aufzulegen. Weinend stürmte sie in das Gästebad und schloss sich darin ein.
Die Mädchen hatten das Schauspiel heimlich, außerhalb von Evas Sichtfeld, beobachtet. „Das muss aber eine schlimme Sache sein“, flüsterte Jenny. „Ja, wenn ich nur wüsste was diese Kerle sagen.“ „Das ließe sich leicht herausfinden“, erklärte ihre Freundin verschwörerisch. „Ach ja, wie?“, fragte Lena mit Zweifel in den Augen. „Du kannst doch deine Mutter so toll imitieren. Beim nächsten Klingeln gehst du einfach ran und meldest dich als sie.“
Natürlich! Warum war sie denn selber nicht darauf gekommen? „Mensch, Jenny, du bist ja ein Genie.“ „Erzähl mir etwas, was ich noch nicht weiß“, erwiderte diese im Tonfall von Dr. Schneider. Die Quittung war ein scherzhafter Knuff in die Seite von Lena. „Ja, ja. Hoffen wir, dass das klappt.“
Noch in ausgelassener Stimmung verstummten die Mädchen sofort, als es erneut klingelte. Von Lenas Mutter war nichts zu sehen oder zu hören. Häufiger hatten sie dies schon aus dem Zimmer heraus mitbekommen. Beim zweiten Mal ging Eva Schuster nicht mehr ans Telefon.
Schnell huschten die Beiden nach unten, Lena sammelte sich kurz und hob dann ab.
„Schuster?“, fragte sie im Tonfall ihrer Mutter. Beide hielten den Atem an. Jenny betätigte den Lautstärkeknopf, dass auch sie mithören konnte.
„Sünderin, tue Buße, oder es werden schreckliche Qualen über dich kommen! Büße, denn der Tag der Abrechnung steht bevor!“, dröhnte es durch das Haus. Man konnte einen erstickten Schrei aus dem Gästebad vernehmen. Gewaltsam musste Jenny Lenas Arm herunterdrücken, denn diese war wie zur Salzsäule erstarrt. „Fuck!“, entfuhr es beiden gleichzeitig.
Plötzlich stand Lenas Mutter bei ihnen, die Augen rot vom Weinen. „Was habt ihr euch dabei gedacht?!“, krächzte sie voller Wut und Schrecken. „Mutter, ist das der, der immer anruft? Nutzt der immer andere Namen?“, fragte ihre Tochter, die selbst Probleme hatte das Erlebte zu verarbeiten. Ein stummes Nicken. „Frau Schuster, Sie müssen zur Polizei!“, rief Jenny mit Nachdruck. „Ach die, die können doch da auch nichts machen“, wehrte diese ab. „Trotzdem und vielleicht installieren Sie auch noch irgendwelche Sicherheitstechnik, für den Fall der Fälle.“ „Ach Jenny, wenn das so einfach wäre. Mein Mann darf doch nichts davon wissen. Jetzt, wo seine Geschäfte gerade so gut laufen, da kann er doch so etwas nicht gebrauchen.“ „Dann erzähle ich es eben“, warf Lena stur ein. Wie ein verwundetes Tier wich Eva Schuster vor ihrer Tochter zurück. „Nein, nein, das würdest du nicht tun.“ „Da würde ich nicht drauf wetten“, konterte diese. „Schön, ich sage es, zufrieden?!“, bellte ihre Mutter, stieg die Treppe hinauf und verschwand im Schlafzimmer.
Schon am selben Abend sprach sich Eva Schuster mit Jonas aus, welcher genau wie sie die Ansicht vertrat die Polizei einzuschalten würde keine Hilfe sein. Jedoch stimmte er dem Vorschlag von Jenny zu Sicherheitstechnik zu installieren.
Der zuständige Elektriker erschien am kommenden Tag. Es war aber nicht der bekannte Meister, sondern ein Vertreter, der Elektriker sei kurzfristig erkrankt.
Die Vertretung verweilte längere Zeit im Schlafzimmer- und Außenbereich und präsentierte dann stolz mehrere kleine Überwachungskameras, die er an der Hausfassade installiert hatte, welche, grundrechtskonform, nur die eigene Einfahrt genau überwachten und auch die Terrasse. Im Schlafzimmer habe er nur Ausschau für günstige Installationsorte gehalten und die Kabel der Terrassenkameras hindurch gezogen. Sie waren im gleichen Farbton wie die Wände, fielen also gar nicht auf.
Nach einer kleinen Einführung, wie man diese über den Computer steuerte verabschiedete sich die Vertretung und im Hause Schuster kehrte wieder das alte Sicherheitsgefühl ein. Sollte dieser Irre doch weiter anrufen, sollte er auch nur einen Fuß auf das Grundstück setzen war er auf Band und geliefert.
Exakt die Geschwindigkeitsbegrenzungen einhaltend, zuckelte ein Smart durch die Stadt. Die Fahrer und Fahrerinnen hinter ihm begannen bereits in ihre Lenkräder zu beißen. Doch davon ließ sich der Fahrer des besagten Automobils nicht stören. Es waren andere Dinge, die ihn fesselten, nicht der Straßenverkehr.
Vor seinem inneren Auge öffnete Kommissar Frank Neumann bereits die Akten, die er gerade auf seinem Schreibtisch liegen hatte. 2 Mordfälle, vom Täter bisher keine Spur. So etwas legte man dem erfahrenen Ermittler auf den Schreibtisch. All die kleinen Sesselfurzer aus den anderen Abteilungen, dachte er grinsend. Was waren das für Prachtbeamten, die aber davor scheuten sich einen Leichnam mal genauer anzusehen, jedoch haargenau beschreiben konnten, wie man das eigentlich machte, weil sie es gelesen hatten. Was diesen Burschen fehlte war praktische Erfahrung. Ihre Kolleginnen machten da schon eine bessere Figur, aber wie war das noch mit festgefahrenen hierarchischen Strukturen und überkommenen Rollenbildern? Bei den Kammeraden der Polizei immer noch Alltag.
Kreuze, ja, Kreuze, die hinterließ der Täter am Tatort, aber die halfen natürlich nicht weiter. Kein heutiger Verbrecher war mehr so dämlich und hinterließ eigene DNA am Tatort, jedenfalls nicht absichtlich.
Was waren doch die anderen Autofahrer froh, als der Kommissar endlich vor seiner Dienststelle in den separaten Parkbereich abbog. Nun konnten sie wieder die Verkehrsregeln strapazieren in der Hoffnung, dass nichts passiert.
Mit federndem Schritt, der weder anstrengte noch zu langsam war, ging Kommissar Frank Neumann durch die Gänge des Polizeipräsidiums, wie er es jeden Tag tat.
Morgen Frau Schmidt, wie geht es den Kindern? Hallo Herbert, wieder einen Tag näher an der Pensionierung dran? Hey, Steffen, mach das Buch zu, lerne lieber aus dem Leben!
Immer wieder, jeden Tag die selben Fragen, die selben Neckereien, die selben Gesichter. Tür zum Büro öffnen, zumachen und…wundern.
Sein Vorgesetzter stand in seinem Büro, neben ihm eine zwar selbstbewusste, dass sah man in ihren Augen, aber doch leicht nervöse junge Frau.
„Ah, Frank!“, donnerte sein Chef los, wobei dessen schon beachtlicher Wohlstandsbauch wichtig mit hüpfte.
„Chef?“
„Sie hatten sich doch beschwert, dass Sie keine jungen Leute mehr ausbilden dürfen“, begann der Polizeipräsident in angenehmen Plauderton.
„Ja, aber Sie sagten immer, dass ich auch keine mehr bekomme solange Schweine nicht fliegen…“
„Ach was!“, polterte dieser ihm ins Wort, „das sagt man doch nun einmal so. Einem so fähigen Mann wie Ihnen kann ich die Jugend doch sicher anvertrauen.“ Verwundert über den unerwarteten Sinneswandel seines Vorgesetzten zuckte der Kommissar mit den Schultern. „Gut, dann lasse ich Sie und Frau Marques jetzt mal allein, das Führungszeugnis liegt auf dem Schreibtisch.“
Mit diesen Worten klopfte der füllige Mann der jungen Frau auf die Schulter, dass diese ein wenig in der Seite einknickte und klopfte Neumann so heftig auf den Rücken, dass dieser glaubte seine Lungen würden im nächsten Moment aus seinem Mund geschleudert. Die Tür schloss sich mit einem Knall, der dem eines Pistolenschusses ähnelte.
Vorsichtig nahm der Kommissar die dünne Heftpappe in die Hände und überflog den Inhalt. „Polizeimeisteranwärterin Theresa Marques. Haben Sie spanische Wurzeln?“
„Meine Eltern sind Spanier, ich bin Deutsche“, sprudelte es aus ihr hervor. Beim Überfliegen der Akte musste der Kommissar plötzlich laut lachen.
„Natürlich, war doch klar, dass man mir nicht eine brave Polizeischülerin bringt, die irgendwann im gehobenen Dienst Akten herum schiebt. Ich erhalte die Frechste vom ganzen Orchester.“
„Das ist eine Lüge!“, schrie die junge Frau wutentbrannt.
„Aha, das Kätzchen zeigt die Krallen“, feixte der erfahrene Polizist.
„Darf ich Sie darauf hinweisen, dass ich zwar weiblich Geschlechts bin, aber trotzdem mit dem gleichen Respekt zu behandeln bin wie ein männlicher Kollege? Das steht mir Kraft Verfassung zu, Art. 3 II 1 GG ebenso wie Art. 3 III 1 Alt. 1 GG.“
Der Kommissar musterte seine ihm zugeteilte Anwärterin eingehend. „Die junge Dame wird einem höhergestellten Beamten gegenüber anmaßend. Sie gefallen mir, setzen.“ Er wies auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. „Schön, wie es mir scheint soll ich Ihnen Manieren beibringen.“
„Das ist doch Blödsinn“, erwiderte die junge Frau abwehrend und schüttelte dabei ihr langes, metallisch blau glänzendes, schwarzes Haar effektvoll.„Für die meisten Sachen kann man mir doch gar keinen Vorwurf machen. Überhaupt, immer dieses Paragraphenreiten. Wozu ist man Teil des Exekutive?“
Neumann grinste vor sich hin. Die Polizeianwärterin erinnerte ihn an sich selbst in jungen Jahren. „Ich sehe, ich habe noch viel Arbeit vor mir. Zuerst mal ein kleiner Leitsatz: auch die Exekutive ist an die Verfassung gebunden und auch an deren Ausgestaltung in Gesetzen. Aber lassen wir das, kommen wir mal zur Praxis. Haben Sie vom Kruzifixmörder gehört?“ Theresa nickte.
Der Beamte legte 2 geschlossene Akten vor ihr auf den Tisch. „Das sind die Akten über beide Morde. Können Sie mir darüber etwa sagen? Ich will sehen wie aufmerksam Sie das Geschehen um sich herum verfolgen.“
Während er es sich in seinem großen Lederstuhl gemütlich machte begann Theresa Marques mit der Bestandsaufnahme dessen, was sie wusste.
„Das erste Opfer war ein gewisser Wilhelmsen, der örtliche Bankdirektor. Die Motive sind noch unklar, die Rechnungsprüfer sind noch am Arbeiten. Opfer Nummer 2 ist so ein Adliger, von Stein, oder?“ Frank nickte. „Ferdinand von Stein, weitermachen.“ „Ja, der war ein Geschäftsmann, oder besser Mittelsmann für große Konzerne und Zulieferer. Ach und beide Morde wurden mit eier Überdosis Morphium besorgt. Und an jedem Tatort wurde ein Kreuz gefunden. Ob es aber religiöse Motive gab weiß man nicht. Man schließt es sogar aus, da beide Opfer zum Todeszeitpunkt einer Kirchengemeinschaft angehörten. Das wäre es dann schon.“
Neumann war zufrieden. „Alles richtig. Und auch wenn das schon wie recht viel Papier aussieht beinhaltet es doch in seinem Substrat nur diese wenigen Informationen. Bisher tappen wir im Dunkeln. Es könnte ein Pharmazeut sein, irgendjemand, der sich wiederrechtlich dieses Zeug aneignet oder auf dem Schwarzmarkt kauft, wer weiß das schon?“ Mit ihren großen, kastanienbraunen Augen betrachtete Theresa Marques Frank Neumann. „Und Sie sind mit diesem Fall betraut?“ „Ich weiß was Sie denken. Natürlich werde ich Sie auch ein wenig einsetzen, doch wenn es gefährlich wird bleiben Sie außen vor.
Ich will keine Anwärterin auf dem Gewissen haben, verstanden?“ Ernüchterung machte sich auf dem Gesicht seiner Gesprächspartnerin breit. „Verstanden.“
In unserem Jahrhundert hat sich die freie Zeit nicht verringert, deren Einteilung jedoch schon. Die Zeit zur freien Verfügung muss gefüllt werden mit den Dingen, die wichtig für Beruf oder Ausbildung sind. Da bleiben nur wenige kurze Momente des Verweilens, in denen wahrlich alle zusammenkommen können um sich gemeinsam einer Beschäftigung zu widmen, die mit alledem gar nichts zu tun hat. Die Familie Schuster nutzte ihren freien Sonntag für einen kleinen Ausflug an den nahen Badesee bei sommerlichen Temperaturen. Jedes Familienmitglied trug einen kleinen Korb in dem sich wahlweise Badesachen oder die Verpflegung für diesen Tag befanden. An der Tür angelangt bemerkte Vater Johannes plötzlich, dass er den Autoschlüssel noch nicht eingesteckt hatte. Lena wurde in sein Zimmer geschickt um Betreffenden aus der Schreibtischschublade zu holen.
In freudiger Erwartung der kommenden Freuden eines solchen faulen Tages war Lena dieses kleine Hemmnis egal. Schnell war die im Arbeitszimmer ihres Vaters, der niemals abschloss, soviel Vertrauen hatte er zu seiner Familie. Außerdem, was hatte er schon zu verbergen?
Mit etwas Kraftaufwand öffnete sie die Schublade. Es eröffnete sich Lena ein elementares Chaos, wie es jeder mehr oder weniger in seiner Existenz irgendwo hat. Bei ihrem Vater beschränkte es sich auf diese Schublade. Filigran flogen ihre Finger über die verschiedenen Gegenstände. Dann fühlte sie den Schlüssel, zog ihn hervor. Eigentlich wäre es das gewesen, doch dann blickte sie doch noch einmal auf das sich ihr bietende Chaos, warum wusste sie selbst nicht. Und in all dieser Ungeordnetheit, die einen undurchdringlichen optischen Teppich bildete stach etwas hervor. Der zylinderförmige Gegenstand aus durchsichtigem Plastik, gefüllt mit irgendeiner Flüssigkeit. Auf ihm prangte ein Aufkleber, der, in schwer entzifferbaren Lettern förmlich das Wort „Morphium“ schrie.
Lena schreckte zurück. Was hatte diese Spritze mit Morphium im Schreibtisch ihres Vaters zu suchen? Eilig schloss sie die Schublade, heilfroh, die Spritze nicht berührt zu haben. Ein Spiegel hing an der Wand. Das Bild, welches er zurückwarf war das einer bleichen jungen Frau, die den Tränen nahe war. Für kurze Zeit schloss Lena die Augen, dachte an schöne Dinge. Die letzte erfolgreiche Klausur, der in seiner Blasiertheit unübertroffen komische Dr. Schneider und natürlich Jennys nachmittägliche Besuche. Gerne würde sie ihren Kopf jetzt an ihre Schulter legen, weinen und ihr alles erzählen, doch das ging jetzt nicht.
Erneut blickte sie sich an. Die Bleiche war gewichen, Lena war zwar nicht die Gleiche wie noch bei Betreten des Raumes, aber es musste gehen. Nochmal tief Luft holen und dann den Autoschlüssel übergeben. Sie wusste nicht wie sie das Gesehene bewerten sollte, also verdrängte sie es erst einmal. Jetzt die Sonne genießen, die die Haut kitzelte und das kühle Nass, nicht mehr dran denken.
Fernab dieser Freuden holt einen der Alltag auch schon wieder mit Riesenschritten ein. Und Lena musste jeden Tag an die Morphiumspritze denken. Und das, weil Eva jeden Tag die vertrauten Anrufe erhielt, die ihr so zusetzten. Lange nicht mehr so schlimm wie zu Anfang, doch immer noch ausreichend um ihr ein sorgenfreies Leben unmöglich zu machen. Sie wirkte jetzt immer angespannt, bereit, dass jeden Moment wieder das Telefon schellen würde.
Doch langsam trat ein furchtbarer Gedanke in ihre Mitte. Immer wenn Johannes nicht zu Hause war erfolgten die Anrufe. Dazu hatte Lena noch das Wissen um die ominöse Spritze. Sollte etwa der treusorgende Familienvater gar der Urheber all dessen sein? Nicht auszudenken war dies, doch Lena und Eva taten dies immer häufiger, sie fühlten darin eine stillschweigende Übereinkunft, was diesen Gedanken betraf. Lange würden sie nicht mehr schweigen können, jeden Tag konnte das imaginäre Fass überlaufen.
Frank Neumann hatte sich gerade mit seiner Tasse Morgenkaffee in sein Büro begeben, als auch schon seine ihm zugeteilte Anwärterin erschien. „Guten Morgen!“, sprach sie mit südländisch, fröhlichem Gemüt. Ihr Mentor nickte nur müde. „Man hat mir gesagt es gibt eine wichtige Information, die die Kruzifixfälle betrifft.“ Der Kommissar erhob sich bereits. „Lassen Sie mich raten; ich muss unverzüglich irgendwo antanzen?“ Theresa nickte verlegen. „Wusste ich doch, mitkommen!“
Einer seiner Kollegen überreichte Neumann einen beschriebenen A4 Zettel. „Wer hat die Information gegeben?“ „Wissen wir nicht, hat keinen Namen gesagt.“ Frank blickte den Zettelüberreicher düster an. „Ihr wisst, dass das Mist ist. Woher sollen wir wissen, dass das nicht irgendein Wichtigtuer ist?“ Der Gefragte zuckte nur mit den Schultern. „Naja, können wir uns wenigstens mal in Bewegung setzen. Nicht dass Frau Marquez noch glaubt meine Arbeit besteht bloß aus Papierkram, zurück ins Büro!“
Neumann ließ den Zettel auf den Schreibtisch fallen. „Lesen Sie bitte laut vor.“ „Ich werde Ihnen verraten, wonach Sie zu suchen haben, wenn Sie den Kruzifixmörder, finden wollen. Forschen Sie doch mal in der Vergangenheit von Herrn Johannes Schuster, dem Apotheker, nach. Ist das eine Spur?“ Ihr Mentor zuckte mit den Schultern. „Vielleicht, vielleicht auch nicht. Ich lasse mir mal alle Akten zu diesem Kerl geben und dann gehen wir mal gemeinsam auf Spurensuche, dass ist es doch, was Sie schon immer machen wollten?“ In den Augen der Polizeianwärterin konnte man die wilde Entschlossenheit lesen endlich die Dinge tun zu können, die sie schon immer machen wollte.
Der Dienstwagen von Neumann hielt vor dem örtlichen Kloster, welches sich abseits der Stadt befand und von mächtigen Wiesen umgeben war. Nachdem sie einer der Mönche hatte eingelassen führte er Frank Neumann und Theresa Marquez gerade in das Arbeitszimmer des Klostervorstehers. Beim Betreten dieser Einrichtung bekreuzigte sich die junge Frau und küsste ihr kleines Schmuckkreuz, welches sie um den Hals trug, der Kommissar hielt dies für überflüssigen Quatsch.
Hinter dem Schreibtisch im Büro trat ein ergrauter Mann hervor, welcher eine schlichte Kutte trug. Das vollkommen weiße Haar fiel fließend bis zu den Schultern hinunter, sein Gesicht zeigte den Ausdruck eines langen und geistig erfüllten Lebens. Er reichte der Polizistin seine beringte Hand, welche diese hastig ergriff, auf die Knie fiel und den Ring küsste. Väterlich legte er seine andere Hand auf ihren Kopf. „Meine Tochter, erhebe dich bitte. Solche Ehrerbietung ist nicht nötig.“ Dann reichte er dem Kommissar die Hand, der sie zu einem einfachen Schütteln ergriff. „Mein Sohn, ich hoffe du findest, was du suchst“, sprach er mit einer tiefen, durchdringenden Stimme. Den Satz Ich glaube nicht, dass ich dein Sohn bin, konnte sich Neumann gerade noch verkneifen.
„Ihr wisst warum wir hier sind?“, begann der Polizist, als sich alle gesetzt hatten. „Man hat mich bereits unterrichtet und ich glaube, ich kann ein wenig helfen. Herr Schuster war einst Schüler im Kloster.“ Der Vorsteher nickte und reichte Frank ein altes schwarz/weiß Bild. „Der Junge ganz rechts in der zweiten Reihe, das ist er. War schon immer sehr bewandert was Heilpflanzen anging. Deshalb freuten wir uns besonders, dass er das Studium der Pharmazie aufnahm.“ „Hat er sich irgendwann einmal Feinde gemacht?“, fragte der Kommissar stereotyp. Der Alte schüttelte heftig den Kopf. „Nein! Gott bewahre! Er war immer ein ordentlicher Junge mit den Flausen im Kopf, wie sie auch andere haben, aber Feinde hatten er nicht, weder bei seinen Altersgenossen, noch bei seinen Lehrern.“ „Hattet Ihr noch Kontakt zu ihm, als er das Kloster verließ?“, fragte die junge Frau demütig. „Oh, natürlich. Es ist nicht einfach, aber tatsächlich, ein paarmal kam er noch hierher, in Erinnerung an alte Zeiten. Diese Treffen verliefen meist ohne irgendwelche denkwürdigen Gespräche ab, allerdings einmal, da war er sehr verärgert.“ „Worüber, wenn man fragen darf?“, stieß der erfahrene Kriminalbeamte sofort in die Wunde. „damals wollte er seine erste Apotheke eröffnen, jedoch hat ihm damals der Bankdirektor den Kredit verweigert.“ „Hieß der Bankdirektor Wilhelmsen?“, fragte Theresa erwartungsvoll. Der Alte überlegte kurz und spannte seine Fragesteller damit enorm auf die Folter, doch schließlich bejahte er die Frage. „War dies nur einmal, dass er sich über jemanden aus seinem Berufs- oder Privatleben negativ äußerte, oder tat er dies auch später nochmals?“ „Nein, Moment, einmal noch, aber da hatte er gerade einen Disput mit einem wichtigen Geschäftspartner. Glaube er hieß von Stein. Aber weitere Gespräche dieser Art gab es danach auch nicht mehr. Er kommt fast gar nicht mehr, der Beruf nimmt ihn so sehr ein.“
Die Polizeianwärterin hatte schweigend alles aufgezeichnet, der Kommissar alles im Kopf gespeichert. Jetzt erhob er sich. „Wir danken Ihnen für die Kooperation und wünschen noch einen schönen Tag.“ Beide schüttelten nur die Hand des Vorstehers, doch Theresa blickte dabei ehrfürchtig zu Boden. Dann fuhren sie weiter.
Das Anwesen der von Steins war ein gewaltiger Bau im Jugendstil. Schinkel hätte es nicht besser entwerfen können. Mächtige Säulen überall. Das Familientier, der Löwe, blickte alle Besucher grimmig an. Drei gewaltige Stockwerke maß das Anwesen und war von so ausladender Breite, dass es dem Deutschen Reichstag Konkurrenz machen konnte.
Ein Butler führte die beiden herein. Alles war so in Ordnung, als wäre der ehemalige Eigentümer nur verreist und nicht tot. Das gesamte Personal musste sich einfinden, was eine Weile dauerte, denn obwohl man es nun zeitweilig nicht mehr gebrauchen konnte, die Erben bezogen den Stammsitz wohl nicht, sondern verkauften ihn, hatte es eine erstaunliche Größe.
Nach einigen intensiven Fragen des Kommissars trat eines der Hausmädchen vor und erklärte kurz darauf, nachdem man die anderen Bediensteten fortgeschickt hatte, dass sie den Disput in jener Nacht hatte verfolgt. Es gab einen heftigen Streit zwischen dem Apotheker und von Stein, welcher sein Zwischenmann für die Zulieferverträge war, überhaupt war das von Stein für so ziemliche jeden Geschäftsmann in der Umgebung gewesen. Worum sich der Disput gedreht hatte war ihr aber verborgen geblieben.
Johannes war in der Apotheke, das Telefon klingelte zu Hause, Eva verkraftete den Anruf zuerst gut, doch dann verwandelte sie sich wieder in das übliche Wrack. Es war zu viel, dieser Zustand war nicht mehr zu ertragen, denn langsam machte sich der Dauerstress auch auf Arbeit bemerkbar und ihre Leistungen als Lehrerin litten darunter. Schneller als üblich brachten sie ihre Schüler auf 180, fast wäre sie an einem besonders schlimmen Tag handgreiflich gegen einen der größten Lausbuben geworden. Noch hatte sie niemand abgemahnt, aber es konnte nicht mehr lange dauern, bis es dahin kam.
So war es schließlich Lena, die sich überwand und zur Polizei ging um zu melden, was sie gesehen hatte an jenem schicksalhaften Wochenende.
In der Bank hatte man die kurze Auskunft bekommen, dass man den Kredit von Herrn Schuster einstmals wirklich abgelehnt hatte, wohl, weil er zu geringe Sicherheiten anbieten konnte. Aber genauer wollte man nicht werden. Und das brauchte man auch nicht mehr.
Zurück auf dem Präsidium, die Aussagen säuberlich zusammengefasst und auch das frische Geständnis von Lena Schuster vorliegend begab man sich in die Apotheke und nahm Johannes Schuster unter dem dringenden Tatverdacht des zweifachen Mordes fest.
Alles war anders. Kein Vater, kein Ehemann mehr da, die Rituale des Tages hatten plötzlich eine unschließbare Lücke. Nur Veränderungen schlossen sie, ebenso wie der Fakt, dass die Anrufe endlich aufhörten. Das Leben wurde dadurch irgendwie nicht recht besser, dafür ein wenig stärker verkrampft.
Lena hatte sich an diesem Nachmittag zum Haus ihrer Freundin begeben, denn dort fand sich immer der Nachhilfelehrer ein, welcher mit Jenny Mathematik pauken musste. Lena hatte es ihr schon mehrmals angeboten, dass sie ihr helfen solle und tatsächlich, man hatte dies auch schon praktiziert mit sichtbarem Erfolg. Doch ihre Eltern schrieben dies dem Zutun des Externen zu, nicht der leidenschaftlichen Bemühung ihrer Freundin, also musste sie sich jetzt jeden Mittwochnachmittag von diesem Kerl bespaßen lassen. Außerdem sollte der zudringlich sein, war ja auch kein Wunder. Jenny hatte einen sportlich trainierten Körper, denn sie war im Volleyballteam Kapitänin.
Wie immer ging Lena um das Haus herum und nahm sich den Ersatzschlüssel, welcher unter einem kleinen Blumentopf versteckt war. Kein kreatives Versteck für diesen, aber bisher hatte ihn noch kein Einbrecher in all den Jahren gefunden, was für dieses sprach. Leise öffnete sie die Hintertür, dieser Herr Vögler mochte es gar nicht, wenn man ihn bei seinen Bemühungen störte, die nicht fruchteten aber viel Geld kosteten. Vorsichtig schielte sie um die Ecke, hinein ins Wohnzimmer. Mit seiner schleimigen Stimme säuselte der Nachhilfelehrer irgendetwas von Gleichungssystemen und dem Gaußalgorithmus. Nebenbei hielt er Jenny eng mit seinem einen Arm umschlungen und in den Kunstpausen beugte er sich zu ihr herüber um sie küssen zu können, was diese lächelnd erwiderte. Von wegen Lustmolch und anhänglicher Typ, sie zeigte sich ebenfalls empfänglich für die Avancen dieses, zugegeben, nicht unattraktiven Herren von noch jungen Jahren.
Lena fühlte, wie man den Dolch durch ihr Herz stieß, ihn mehrmals drehte und dann wieder herauszog um immer wieder hineinzustoßen. Es war eingetreten, was sie immer schon wusste, dass es passieren würde, aber gerade mit dem! Das war besonders hart. Trotz dem inneren Verlangen allen Schmerz, Enttäuschung und Wut wild hinauszuschreien begab sich Lena auf dem gleichen Weg hinaus wie zuvor, schloss die Hintertür ab, versteckte den Schlüssel, radelte nach Hause und vergrub sich dann in ihrem Bett, wo sich schließlich alle Emotionen ihren Weg in einer gewaltigen Explosion bahnten. Dieses von ihr angebetete Wesen war es, die einen so unwürdigen, kleinen Schmutzfink an sich ließ. Als wäre Aphrodite vom Olymp herabgestiegen um sich mit einem griechischen Schafhirten zu vergnügen!
Tödlich getroffen suchte sie Hilfe bei ihrer Mutter, doch Eva Schuster konnte ihrer Tochter, so gerne sie es wollte, nur wenig geben, da sie selbst noch zu schwach war um einem anderen Menschen eine Stütze zu sein. Mit Jenny wechselte sie nur noch die notwendigsten Worte, wenn sie sich, was unvermeidlich war, in der Schule trafen. Auch diese merkte schnell, was geschehen sein musste, denn das Fehlen von Lena an jenem Nachmittag hatte sie natürlich zur Kenntnis genommen. Und das Lena irgendwas empfand, das hatte sie wohl schon länger gespürt, aber sie glaubte das sei nur so ein kleiner Anflug, wer hatte das denn nicht in diesem Alter? Dass sie es ernst meinte, hatte Jenny niemals durchschaut. Jetzt musste sie abwarten, bis ihre Freundin sich wieder fing, dann konnte sie wieder auf sie zugehen, was sie auch tun wollte zur gegebenen Zeit.
Lena verarbeitete ihren Kummer auf ihre Weise und begann ihrer Tante, die in New York lebte, ein paar Mails zu schreiben. Eva Schusters Schwester war ganze 10 Jahre älter als sie und war schon früh ihren eigenen Weg gegangen, dem die Eltern nicht zugestimmt hatten, weil er nicht solide war, wie diese fanden. Miriam war Model geworden und in die Staaten gegangen. Die jetsettenden Eltern waren vielbeschäftigt, aber auch besorgt, soweit, wie man das eben sein kann, wenn man gerade wichtige Geschäfte abwickeln muss. Doch Tante Miriam war standhaft geblieben, erfolgreich und reich geworden und unterhielt nun selbst ein kleine Agentur, die große Erfolge verbuchen konnte. Sie war immer aufgeschlossen und liberal, sie würde die Sorgen ihrer Nichte verstehen können.
Auf die ersten Anfragen, ob man mal wieder schreiben könnte antwortete sie schnell. Und so baute Lena in den folgenden Tagen ein immer größeres Vertrauen zu der Tante in der Ferne auf. Immer intimer wurden die Geständnisse, Lena offenbarte ihr gesamtes Gefühlsleben vor einer Frau, die sie nur selten in Realität gesehen hatte, deren Persönlichkeitsbild sie von einem regelmäßigen und doch meist oberflächlichen Mailverkehr kannte. Schließlich schrieb sie, was unvermeidlich war. Die Offenbarung der eigenen Sexualität, einem Akt, den sie ihrer Mutter bisher noch nicht vollkommen offenbart hatte und ihrem Vater noch verbarg, denn der schien nicht gerade angetan zu sein von homosexuellen Menschen im Allgemeinen. Ja, Lena war lesbisch und das tippte sie nun auf der Computertastatur, versandte die Mail. Es war vollendet, sie war seelisch nackt aber doch befreit einem Menschen sich so offenbaren zu können, einem Menschen der sie nicht deswegen abstieß, der sie verstand.
Vollkommen befreit kam sie am kommenden Tag in die Schule um sich schon nach dem unmittelbaren Betreten des Schulhofes zu wünschen niemals geboren worden zu sein. Bei ihrem Anblick drängten sich alle zusammen, begannen zu tuscheln. Fraglich war warum. Was hatte sie denn angestellt, bisher war doch allen egal gewesen, wie es ihr ging. Die Mädchen wichen weiträumig vor ihr zurück, die Jungen schüttelten den Kopf und murmelten kryptisch: „Schade, dass die für uns verloren ist.“ Was das bedeutete wurde ihr schlagartig klar, als sie die große Anschlagtafel betrachtete, an der man immer die wichtigsten Nachrichten anpinnte. Eine gewaltige Traube von Schülern hatte sich davor versammelt, ihr jedoch machte man ehrfürchtig Platz, begleitet von den gleichen Flüstereien, wie auf dem Schulhof.
Und da sah sie es. Ein Bild von ihr mit dem Text ihres Geständnisses, dass sie homosexuell war, den sie gestern an ihre Tante verschickt hatte. Verstört blickte sie um sich, alle versuchten ihren anklagenden Augen auszuweichen. Wer hatte die Mails angezapft, oder, wer hatte sich als ihre Tante ausgegeben? Genug Genies gab es hier, die dies vollbringen konnten. Sie war bloßgestellt, ihr größtes Geheimnis von heute auf morgen ins Rampenlicht der Öffentlichkeit gezerrt. Es kam alles wieder. Der Schmerz, den sie fühlte, als sie einsehen musste, dass Jenny sich mit diesem Schleimbeutel verbündet hatte und dann diese Bloßstellung vor all ihren Mitschülern, die ganz offensichtlich kein Verständnis dafür hatten, dass man sich auch zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlen kann. Alles drehte sich, die Welt explodierte vor ihren Augen, aus der Ferne höhnisches Gelächter, kein Gefühl im Körper, Zusammenbruch und Dunkelheit.
Der Tag nach dem Zusammenbruch war für Lena der des Abschieds. Man hatte sie auf der Krankenstation aufgepäppelt, auf eigenen Wunsch war sie nach Hause geschickt worden. Eva war benachrichtigt worden, sie, vollkommen durch den Wind, war schon fast dabei ihre Tochter in eine einschlägige Station einzuweisen, doch diese konnte ihrer Mutter erstaunlich ruhig und überzeugend diesen Gedanken ausreden. Ein letztes Mal vollkommene Ruhe vor dem Sturm.
Von der Schule hatte man sie vorerst freigestellt, Eva ging ihrer Arbeit nach. Alles war vorbereitet, niemand im Haus. Das Wasser war in die Wanne eingelassen worden. Vorsichtig ließ sich Lena in die wohlige Wärme fallen. Duftkerzen brannten, Blütenblätter schwammen auf der Wasseroberfläche. Alles war perfide geplant. Kein Grabesschmuck konnte schöner sein. Vollkommen selbstsicher nahm sie die Rasierklinge, führte sie an ihr Handgelenk. Ein letzter sehnsüchtiger Gedanke an Jenny, ihre Mutter, ihren Vater. Dann erfolgte der Schnitt, wieder Dunkelheit. Das warme Wasser färbte sich in Windeseile blutrot.
Als hätte es Eva geahnt war sie heute sofort nach Hause geeilt, hatte ihre Arbeit, stehen lassen. Vorbereiten konnte sie sich später noch. Auf ihre Rufe antwortete ihre Tochter nicht, sie eilte in ihr Zimmer, niemand da. Und dann in das Badezimmer, wo sie die schrecklich schöne Szenerie erblickte. Lena, deren Kopf nur knapp über der Wasseroberfläche schwamm. Einige Blätter hatten sich in ihren Haaren verfangen, wie Ophelia lag sie in jenem roten Wasser.
Eilig rief Eva den Notarzt, ihre Tochter lebte noch, befand sich aber in einem äußerst kritischen Zustand. In den folgenden Tagen konnte man sie wieder ins Leben zurückholen. Als sich ihr Zustand stabilisiert hatte brachte man sie, diesmal ohne Widerstand, auf die psychiatrische Station.
Theresa Marquez saß vor einem Computerbildschirm, welcher gerade die Daten über den ermordeten Bankdirektor Wilhelmsen ausgespuckt hatte. Missmutig saß ihr Kommissar Neumann gegenüber und blätterte in den Akten, die Johannes Schuster entlasteten.
„Der Medikamentenlieferant kann bezeugen, dass Schuster niemals irgendwie Morphium genommen oder ohne Grund bestellt habe. Und die Auswertungen des Mobiltelefons sowie anderer Verbindungsdaten des Telefonanbieters der Familie hat ergeben, dass er niemals angerufen hat, wenn die fraglichen Drohanrufe erfolgten. Er ist in allen Punkten entlastet. Das wird vielleicht ein großer Spaß werden, wenn mich mein Chef deswegen zusammenbrüllt. Und für Sie ist es ja auch nicht toll gleich gezeigt zu bekommen, wie es nicht geht“, resümierte er griesgrämig und schloss die Akten wieder.
„Ich glaube wir haben da wieder eine Spur“, sagte die junge Frau aufmunternd. „Ach ja?“ „Wussten Sie, dass Bankdirektor Wilhelmsen einen juristischen, nicht biologischen Sohn hat? Was heißt das denn?“ Interessiert trat Neumann zu seiner Anwärterin. „Das tritt in den Fällen ein, wenn die Ehefrau von jemand anderem ein Kind bekommt, der nicht der Ehemann ist. Vater des Kindes, im juristischen Sinne, ist immer der Ehemann zum Zeitpunkt der Geburt. Deshalb ist er nur juristischer Vater. Und, um Ihre Frage zu beantworten; ich wusste es nicht. Was steht zu diesem da?“ Mit einem triumphierenden Lächeln beugte sich die junge Polizistin zu ihrem Mentor herüber, denn sie kannte den folgenden Text bereits. „Er wurde in ein Kloster gebracht, gleich nach seiner Geburt und dieses Kloster ist zufällig das Gleiche in dem Herr Schuster auch war.“
Frank Neumanns Gehirn überschlug sich förmlich. Plötzlich hatte er einen Plan. „Frau Marquez, Sie sind ja beinahe schon eine gute Polizistin! Aber gewöhnen Sie sich dieses überlegene Grinsen ab, dass sieht kein Vorgesetzter bei Untergebenen gerne.“ „Moment, Untergebene ist ein so dermaßen rückständiges…“ Frank brachte sie mit einer kurzen Handbewegung wenigstens so lange zum Schweigen, dass er kurz einwerfen konnte. „Wir gehen jetzt erst einmal zu Schuster, danach fahren wir wieder in das Kloster. Lassen sie die Daten ausdrucken und nehmen Sie sie mit!“
Johannes Schuster blickte trübe auf die Wand, welche gegenüber seinem Bett stand. So deprimiert konnte er sich nicht einmal dazu zwingen irgendetwas zu schreiben, was er sonst immer tat um sich abzulenken. Er starrte einfach nur und dachte an seine Familie. Wie sehr wünschte er sich jetzt bei ihr zu sein. Von Lenas gescheiterten Suizid hatte man ihm berichtet. Er wäre sofort bereit gewesen ins Krankenhaus zu fahren und dort seelischen Beistand zu leisten, doch stattdessen musste er auf die kahle Wand starren. Er war in diesen wenigen Tagen bereits emotional gebrochen worden. Er wusste nicht einmal, ob er jemals wieder die gleichen Gefühle haben konnte wie noch zuvor.
In all diese düsteren Gedanken hinein hörte er, wie seine Zellentüre aufgeschlossen wurde. Neumann und Marquez traten ein, sie jedoch mit gehörigem Sicherheitsabstand.
„Herr Johannes Schuster?“, fragte Neumann laut. „Ja, was wollen Sie?“, erwiderte dieser kalt. „Wir haben die Beweise ausgewertet, keiner konnte Ihnen eine Schuld nachweisen, demnach sind Sie jetzt wieder ein freier Mann.“
Johannes blieb sitzen, starrte Neumann an. „Kann ich denn jemals frei sein, nachdem ich hier war?“, fragte er tonlos. Man konnte hören wie Theresa schwer atmete. „Hören Sie, es gibt da eine Sache, die wir noch mit Ihnen besprechen müssen.“ Er nickte. „Alles hat seinen Preis.“ „Reden Sie keinen Quatsch! Es geht dabei um die Person, welche wirklich hinter der Sache steckt. Wir haben eine Vermutung warum er all dies veranstaltet…“ „Ich will es von ihr hören!“, fuhr Johannes ihm in die Erklärung und deutete auf Theresa. „Das ist ausgeschlossen“, begann Neumann. „Dann bitte ich jetzt zu gehen, das darf ich doch als freier Mann“, erwiderte der Apotheker und erhob sich bereits. Da trat die Anwärterin zu ihm. Der Gefängnisbeamte folgte ihr mit gespannter Miene, Neumann vollführte abwehrende Handbewegungen. „Gut, dann werde ich alles erklären“, sprach die junge Frau mit festem Tonfall, an ihren Mentor gerichtet. Der wollte Einwände erheben, ließ es jedoch bleiben als er sah, dass sich Schuster wieder setzte, Theresa Marquez nahm neben ihm auf dem Bett Platz. Die Männer hielten sich bereit sofort eizugreifen, sollte die Situation eskalieren.
„Wir glauben, dass es eine Verbindung zwischen dem gibt, was man Ihnen versuchte anzuhängen und was mit Ihrer Tochter geschah.“ „Lena!“, schrie der Apotheker plötzlich schrill auf und begann zu weinen. Warum dies ihm nun möglich war und nicht schon zuvor war ihm unbegreiflich doch wichtig war nur, dass er nun alle aufgestauten Emotionen von sich werfen konnte. Seine Menschwerdung vollzog sich.
Die Männer standen gleichgültig dabei. Theresa jedoch fühlte, dass dieser elende Mann jemanden brauchte, weshalb sie ihm erst ein Taschentuch reichte und ihn dann, zum Entsetzen der anderen Anwesenden, zu sich hinzog und ihm erlaubte sich an ihrer Schulter auszuweinen. Dabei strich sie ihm beruhigend über den Kopf. Gleichzeitig wies sie mit einem entschiedenen Blick die Herren zurück, die jeden Moment damit rechneten, dass etwas Grauenvolles geschehen würde.
Ein paar Minuten später hatte sich Schuster beruhigt und setzte sich wieder auf. „Danke“, sprach er dankbar, die junge Frau lächelte ihn aufmunternd an. „Bitte fahren Sie fort.“ „Wir haben den Verdacht, dass man Sie und Lena aus dem Weg schaffen will, damit der Täter freien Zugriff auf ihre Frau hat.“ „Aber wieso?“, fragte er verwirrt. „Das ist es eben, was wir noch herausfinden müssen. Wir hoffen es aber bereits in wenigen Stunden zu wissen. Deshalb wollen wir Sie bitten weiterhin hier zu bleiben, also auf dem Präsidium. Wir richten Ihnen auch einen schönen Raum her.“ Schuster dachte nach. „Sie meinen also, der Täter schlägt nicht zu, wenn ich jetzt zu meiner Frau zurückkehre?“ Theresa nickte. „Sollte sich diese Idee nicht bestätigen, dann sind Sie frei, aber für die nächste Zeit brauchen wir Ihre Einverständnis, dass Sie weiterhin hier bleiben. Einen freien Mann kann man schließlich nicht festhalten ohne sich strafbar zu machen.“ Schuster dachte kurz nach. Dann schließlich beendete er die Spannung, die förmlich zu fühlen war. „Gut, ich spiele mit.“
Der Klostervorsteher machte eine betrübte Miene, als die beiden Polizisten wieder an seinem Schreibtisch saßen.
„Ich wusste, dass ich irgendwann diese Geschichte würde erzählen müssen. Das Kind des Klosters. Wir haben ein umfangreiches Wissen was die Umstände betrifft, denn wir sind daran interessiert, warum man uns Kinder einfach übergibt. Aus Spaß macht dies heute niemand mehr. Ich darf sagen, dass es stimmt, dass Michael der juristische Sohn von Bankdirektor Wilhelmsen ist. Der biologische Vater ist ein gewisser Peter Dietrich, der aber aus Angst vor der Rache des Bankdirektors erst wegzog und später auswanderte. Er weiß nichts von diesem Kind, soweit wir erfahren konnten.
Bankdirektor Wilhelmsen jedoch bekam irgendwann mit, dass seine Frau schwanger war, es konnte jedoch unmöglich sein Werk sein, denn dieser war nicht gerade für Nächstenliebe und gewisse Aktivitäten im zwischenmenschlichen Bereich bekannt. Er forderte die Abtreibung des Kindes, denn eine solche Schande ein Kind großzuziehen, welches nicht seines war, dass konnte sich dieser hochangesehene Herr nicht leisten. Seine Frau gebar den Sohn jedoch unter der Auflage ihn gleich wegzugeben. Dies tat sie auch, eine ihrer engsten Freudinnen brachte das Kind in einer furchbaren Unwetternacht hierher. Diese verstarb auch auf der Krankenstation, sie hatte eine Immunschwäche, von der ihre Freundin aber nichts wusste. All dies hatte die gute Frau uns eröffnet, bevor sie verstarb. Später musste wir es ihm erzählen, denn er hat ein Recht darauf zu wissen, wer seine Eltern sind.“
Der Vorsteher trank einen kräftigen Schluck Wasser. „Das erklärt das Motiv für Wilhelmsen, aber was ist mit von Stein?“, fragte der Kommissar gespannt.
„Das, meine Kinder, ist eine schlimme persönliche Tragödie. Der arme Michael hatte während einer Phase seines Lebens, in der er begann Schriften zu studieren, die nicht dem Kanon der heiligen Kirche entsprachen, eine Freundin, Eva hieß sie, welch Ironie! In diesem Lebensabschnitt der Orientierung war eine geistige Beziehung zu diesem Mädchen für ihn sehr wichtig. Doch als er sich an jenem schicksalbehafteten Tage wieder mit ihr treffen wollte erwischte er sie beim Beischlaf mit diesem von Stein. Man kann sich ja vorstellen, wie sehr ihn dies erschüttert hat. Auch hatte er erleben müssen, wie sich einer unserer Priester, während er beichtete, selbstbefriedigte. Der unglückselige Mann ist bereits vor 10 Jahren verstorben. Und dann musste er mit ansehen wie sich eier seiner Lehrer an einer der jungen Frauen vergriff, beim gemeinsamen Baden im nahen Teich. Und dies alles zusammen, alle Vernichtung der Bilder dessen was ihm wichtig und teuer war und aller Institutionen veränderten ihn vollständig. Er wurde schweigsam, beinahe fanatisch im Glauben. Wir alle bekamen es mit der Angst zu tun, wenn ich so frei sprechen darf.“
Die Polizisten waren geschockt von einer solchen Leidensgeschichte. „Und unglücklicherweise habe ich noch etwas, was wohl den Verdacht noch stärker untermauert“, begann der alte Vorsteher und holte ein Kruzifix und ein Zeitungsbild hervor. „Das Kruzifix, welches bei den Toten gefunden wird ist exakt das, was unser Kloster verwendet. Das ist nicht trivial, denn nur unser Kloster verwendet diese Farbgebung und diese Darstellung des leidenden Jesus. Kein uns näher bekanntes Kloster im deutschen Raum verwendet diese Kombination. Das dürfte wohl ein eindeutiges Indiz sein.“
Schweigen folgte, der Kommissar fand zuerst seine Sprache wieder. „Sie wissen gar nicht wie viel Sie uns geholfen haben, ich danke Ihnen aus tiefstem Herzen!“ „Ich will hoffen, dass Ihnen dies alles hilft um spätere Morde zu verhindern. „Da wäre noch etwas, fügte Theresa hinzu. „Welchen Nachnamen hatte diese Eva?“ „Walther, Eva Walther“, antwortete der Vorsteher, nachdem er kurz sein Gedächtnis durchforstet hatte.
Nachdem man sich wieder auf dem Präsidium befand stellte man, nach kurzer Befragung der Datenbank fest, dass Eva Schuster eine gebürtige Walther war.
Einsamkeit. Das war es, was Eva Schuster fühlte, als sie in einem Ehebett lag, in dem nur sie präsent war. Wo war denn Johannes? Weg, in U-Haft, immer noch. Und Lena, auch nicht da, in Krankenhaus. Ihre Arbeit half da nicht, die füllte diese Lücken nicht. Überhaupt kam ihr das Haus erstmals so grauenvoll gigantisch vor. Alle Räume waren leer, abgesehen von dem, in dem sie sich gerade aufhielt. So viel ungenutzter Platz, so viele Ecken, in denen sich niemand befand. Und langsam machte sich mit dieser Gewissheit auch eine große Angst in ihr breit. Immer öfter stand sie auf, betrachtete den Laptopbildschirm, auf dem man die Bilder der Überwachungskameras sehen konnte. Ach Eva, du wirst noch paranoid, dachte sie dann lachend, doch dieser stetige Prozess ließ sich dadurch nicht stoppen. Mit jedem Augenblick der vollkommenen Einsamkeit stieg das Bedürfnis nach Schutz, den ihr niemand hier bieten konnte. Allein die kalten Kameraaugen vermochten ein trügerisches Gefühl aufrecht zu erhalten, welches sie davor bewahrte schlagartig auf die Straße zu rennen und schreiend zu fliehen.
Doch mit dem Einbruch der Nacht stieg der Puls, in allen ihren Adern fühlte sie ihr Blut zirkulieren. Die seidene Bettwäsche war kein Schutz, das Bett bot keinen Schutz vor den Schrecken der alles verschlingenden Schatten. Immer wieder schreckte sie panisch auf, ein Geräusch war es, welches sie augenblicklich in den Zustand von vollkommener Wachheit versetzte. Und bald musste auch sie einsehen, dass dieser Vorgang ihre Kräfte schwinden ließ. Die Nerven waren gespannt bis zum Äußersten, es blieb nur ein Weg. Eva musste tatsächlich fliehen, jedoch nicht so wie in ihren wirren Vorstellungen, sondern ganz zivilisiert. Koffer packen, zu ihrer Mutter fahren, in das ehemalige Dorf, welches jetzt zum äußersten Rand der Stadt gehörte, vor 4 Jahren hatte man es in Zuge einer großen Kreisreform eingemeindet.
In einiger Entfernung des Hauses standen zivile Polizeiwagen. Tag und Nacht wartete man darauf, dass sich etwas ereignen würde. Es bestand einfach gar kein Zweifel mehr daran, dass der Täter Eva Schuster angreifen würde, fraglich war nur wie und wann.
Man verfolgte die Frau sogar bis an ihren Arbeitsplatz um ganz sicher zu gehen und auch ins Krankenhaus, wenn sie Lena besuchte und, das verstand sich von selbst, wenn sie aufs Präsidium kam und Johannes zu sehen, den man dann vorsorglich in eine der leeren Zellen steckte, damit sie keinen Verdacht schöpfte. Eva musste sich natürlich verhalten, etwaige Freude über eine nur vorgetäuschte weitere Haft ihres Mannes könnte den Täter zu einem unvorhergesehenen Verhalten provozieren.
Frank Neumann las nun schon zum dritten Mal, weil man es bisher nicht hatte fertigbringen können ihm ein anderes Buch zu besorgen, das Handbuch seines Wagens. Theresa Marquez setzte sich wieder neben ihn, einen Becher Kaffee reichend. „Danke, das nächste Mal hole ich den Kaffee“, versprach der Kommissar feierlich. „das haben Sie vor 3 Kaffees auch schon gesagt. Außerdem ist das ungesund so viel Koffein in so kurzer Zeit zu verkonsumieren.“ Neumann verdrehte die Augen. „Frau Carrar, warum geben Sie uns denn nicht ihre Gewehre?“, fragte er theatralisch. Die Anwärterin blickte ihn verständnislos an. „Was meinen Sie?“ „Die Jugend von heute! Haben Sie etwa nie von den Gewehren der Frau Carrar gehört?“ Theresa verneinte. Er schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Kein Wunder, dass wir bei jeder PISA-Studie versagen!“
Bevor er weitere Ausführungen zu diesem Brechtstück und der Lage der Bildung überhaupt machen konnte hörte man eine Stimme aus dem Funkgerät.
„Neumann, was gibt es?“ Die andere Stimme überschlug sich fast. „Das Zielobjekt ist losgefahren, östliche Richtung, vor 2 Minuten!“ Neumann startete umgehend den Motor und fuhr in besagte Richtung. „Wieso erfahre ich das erst jetzt?!“, schrie er. „Wir haben es irgendwie verpasst“, war der zögerliche Versuch der Entschuldigung. „Ihr könnt euch frischmachen, sollte etwas passieren, ist das klar?“, kam es wütend zurück. „Ja“, ertönte es zögerlich zurück, der Funkverkehrt brach ab.
„Frau Marquez, was halten sie vom Achterbahnfahren?“ Ein diebisches Grinsen trat ihr ins Gesicht. „Ich liebe es!“ „Na dann, viel Spaß“, wünschte ihr Mentor freudig und betätigte das Gaspedal mit aller Kraft.
Eva hatte das Haus ihrer Eltern erreicht. Ihr Vater hielt sich immer noch in Argentinien auf, irgendwelche wichtigen Geschäfte mit Großgrundbesitzern abschließen. Wenigstens ihre Mutter hätte da sein können, doch die befand sich offensichtlich auch gerade außerhalb, Geschäftsreise, das konnte Eva aus dem kleinen Kalender neben dem Telefon herauslesen, den beide Elternteile schon immer mit solchen Informationen spickten. Schon in ihrer Kindheit hatte sie so den Verbleib herausgefunden. Sollte man dies jetzt Kommunikation nennen?
Sie begab sich in ihr altes Kinderzimmer. Alles hatte sie bei den letzten Besuchen auf ihre Bedürfnisse als Erwachsene umgestellt, jedoch ein paar kleine Erinnerungen an eine unbeschwerte Kinderzeit waren da immer noch. Beim Blick durch den Raum stutze sie plötzlich. Wo kam denn das Kruzifix her? Dieser Junge aus dem Kloster, Michael hieß er, hatte ihr, es war Ewigkeiten her, einstmals dieses Ding geschenkt. Wie es dem wohl heute erging?
„Erstaunt über das Kreuz?“, fragte es hinter ihr. Erschrocken drehte sich Eva zur Quelle der Worte um. Sie blickte in ein jungenhaftes Gesicht, das so gar nicht zu dem langen, schlaksigen Körper passen wollte. Die Haare waren in einer Form geschnitten, wie es bei Mönchen üblich war. Die grau-grünen Pupillen gaben dem jungen Gesicht einen sehr alten Blick, als hätte sein Träger schon weit mehr gesehen, als es in seinem Alter üblich war. Ein diabolischer Zug umspielte alle seine Bewegungen.
„Erkennst du mich nicht mehr? Es würde mich nicht wundern. Aber dann will ich dir auf die Sprünge helfen. Ich bin der, der dir einst dieses Kruzifix schenkte.“
Eva wich wie erstarrt zurück. Gerade hatte sie noch an ihn gedacht, da war er schon materialisiert. „Michael“, hauchte sie erschrocken. Beinahe kindliche Freude war nun auf seinem Gesicht zu erkennen. „Ja, ja, ich bin es! Dein Michael, den du so schändlich hintergangen hast, verruchte Metze!“, war seine Antwort, welche zwischen Freude und tiefem Hass schwankte. Und genau diese Stimme des Hasses war es, die Eva plötzlich präsent wurde. Wie aus einem bösen Traum stiegen die Worte wieder auf: „Büße, Sünderin!“
„Du, du bist der unheimliche Anrufer?!“, schrie sie ihn entsetzt an. Er kam ihr bedrohlich nahe. „Nein, nein. Ich bin keine Bedrohung, ich bin dein gutes Gewissen, welches dich an deine christliche Pflicht erinnert. Genauso wie ich es schon mit den anderen tat.“ Vorsichtig tasteten ihre Finger nach einem Gegenstand, den sie zur Selbstverteidigung nutzen konnte. „Welche anderen?“, fragte sie zur Zeitgewinnung. Michaels Blick glitt in die Ferne. „Mein Vater, der Bankdirektor, der meine arme Mutter dazu zwang die Frucht ihres Leibes wegzugeben, nur weil er sich fürchtete seinen Ruf zu verlieren, lächerlich!“, stieß er hervor. „Und dann dieser von Stein, der dürfte dir doch besonders im Gedächtnis geblieben sein?!“, kam es von ihm wutentbrannt. „Ich weiß nicht was du meinst“, entgegnete Eva, der erste Tränen die Wangen herunterrollten. Verzweifelt suchte sie nach irgendetwas, was man als Waffe nutzen konnte, sie fand aber nichts, hinter ihr war nur die eiskalte Wand.
„Er war es, der dich nahm wie ein wilder Stier. Es war in jener Zeit, als ich dachte, dass zwischen uns so etwas wie ein höheres geistiges Band sei, jedoch haben deine gespreizten Schenkel da etwas anderes gedacht als dein Kopf“, kam es höhnisch von seinen Lippen.
In diesem Moment erinnerte sich Eva der Szenerie vor vielen Jahren. Plötzlich sah sie nicht den bedrohlichen Michael vor sich, sondern den Jungen, der ins Zimmer kommt und sie dabei erwischt, wie sie Geschlechtsverkehr mit diesem von Stein hatte, dem tollen Fußballspieler und Sohn des reichen Herren, der in dem gewaltigen Anwesen wohnte. Die beiden hatten damals schon gewusst, dass es nichts werden würde, denn sein Vater gestattete nur die Zusammenkunft mit einer jungen Dame aus der Stadt t, die ebenfalls bereits erste Schritte im Geschäftsbereich machte. Diese war damals ein paar Jahre älter als sein Sohn, doch das war dem alten Herren egal. Und dieses Abenteuer mit Eva, naja, beide wussten, dass es nichts Ernstes war. Alle, außer Michael.
„Das war doch nichts. Außerdem mochte ich dich lieber als diesen Schnösel.“ „Und so hast du es mir gezeigt?! Indem du ihm gestattet hast dich zu besteigen wie einen seelenlosen Hügel?!“, schrie er aus Leibeskräften. „Michael, du machst mir Angst!“, war ihre Reaktion darauf. „Büße, büße diese Sünde und alles kann wieder wie früher werden, als du noch ohne deinen Mann dastandest und ohne Tochter. Wir können beide als geläuterte Wesen wieder neu beginnen“, schlug er in einem solchen ehrlichen Ernst vor, dass es Eva übel wurde. „Was sagst du da? Du glaubst das doch nicht wirklich, außerdem, was hast du damit zu tun?“
Sie fühlte, dass sich etwas in ihren Rücken bohrte. Es war eine alte Holzstange, die sie immer dazu verwendet hatte das Fenster vom Bett aus zu öffnen, wenn sie zu faul war aufzustehen. Mit festem Griff erfasste sie diese nun. Michael bemerkte es nicht.
„Meinen Vater habe ich für seinen Frevel an meiner Mitter büßen lassen und diesen von Stein dafür, was er uns beiden angetan hat. Und nun du, die ihre Sünde bisher nicht gebüßt hat. So einfach war es nicht an dich heranzukommen, also schaffte ich durch entsprechende Beweise ihn aus dem Weg. Und dann deine Tochter, die ihren sündigen Lebenswandel ihrer angeblichen Tante schrieb. Ich stellte sie bloß und damit war auch sie aus dem Weg“, erklärte er vollkommen ohne jede Gefühlsregung.
Das Haus der Familie Walther war bereits zu sehen. Die Polizeiwagen rasten ihm entgegen.
„Du hast meine Tochter fast getötet, du elendes Schwein!“, schrie Eva verzweifelt. „Das wollte ich doch nicht. Wer hätte denn mit dieser Reaktion rechnen können?“, kam es entschuldigend von seinen Lippen. „Außerdem kommt es doch nur noch darauf an, dass du büßt meine Liebe. Gestehe deine Sünde ein und alles sei dir vergeben. Sonst, nun, du dürftest wissen, was mit den Uneinsichtigen geschieht“, dabei lachte er höhnisch und klopfte sich auf die eine Tasche seiner Jacke.
Die Polizisten sprangen aus den Wagen heraus. Der eine Trupp lief zur Hintertür, Neumann führte die Gruppe, die sich an der Vordertür zu schaffen machte. Mit Gewalt versuchten beide Truppen die versperrten Zugänge zu öffnen.
„Nun Büße, meine süße Eva“, säuselte Michael. „Ich, ich…“, begann diese, fasste die Holzstange und rammte sie mit aller Macht in die Körperseite ihres Bedrängers, der laut aufheulte, Eva aber sofort gewaltsam ergriff als sie ihre Chance zur Flucht nutzen wollte. „Das war die falsche Antwort!“, krächzte er, wobei er bereits dicke Tränen des Schmerzes und der Enttäuschung weinte.
Unten hörte man, wie Türen aus ihrem Rahmen fielen und schwere Schritte die Treppe hinauf hetzten.
„Oh, du verfluchte Sünderin, jetzt kommen sie um mich zu holen! Wie hätten wir beide doch zusammen sein können, doch diese Chance hast du uns verbaut. Und diese Elenden, die mich richten wollen, man kann einen Krieger Gottes nicht durch ein irdisches Gericht richten. So muss ich es denn selber tun!“, entfuhr es ihm unter lautem Wehklagen. Er zog eine Morphiumspritze aus der Tasche, legte sie bereits an, doch da rissen ihn mehrere Beamte zu Boden und entwanden ihm die Spritze, noch bevor er sich auch nur einen Tropfen der tödlichen Dosis hatte setzen können.
Verhörzimmer des Polizeipräsidiums. Anwesend sind Kommissar Frank Neumann, die Anwärterin Theresa Marquez, ein Stenograph, ein Justizvollzugsbeamter und der unter Mordverdacht stehende Michael Wilhelmsen.
Neumann nimmt erst einmal einen kräftigen Schluck Kaffee, dabei wird er von Michael ununterbrochen gemustert. Wenn sein Blick töten könnte, wäre Neumann schon unzählige Male sterbend zu Boden geglitten.
„Also schön. Beginnen wir doch beim Anfang. Wie war das mit dem Bankdirektor Wilhelmsen, ihrem Vater?“, fragte Neumann routiniert ruhig.
„Das war nicht mein Vater! Der Kerl war ein elender Sünder, der meine Mutter dazu gebracht hat mich fortzugeben wie einen Gegenstand. Der Vorsteher musste mir früher oder später sagen, dass sie wussten, wer meine Eltern waren. Ich wusste somit auch alles über dieses Ekel. Und ich tat was richtig war. Ich wollte, dass er Buße tut für seine Sünden. Allerdings musste ich damit warten, bis man meine Mutter nicht mehr dafür verdächtigen konnte. Vor 2 Jahren ist sie verstorben, was mir jetzt freie Bahn bescherte. Unter dem Deckmantel, ich sei der Elektriker ging ich in sein Haus, traf ihn an, stellte ihn zur Rede. Er wollte nicht büßen, er sprach sogar davon, dass es nur zu unser allem Besten geschehen sei, dieser Elende!“, schrie Michael, der Beamte trat zu ihm, langsam beruhigte er sich.
„Woher hatten sie das Morphium?“
„Auf dem Schwarzmarkt erstanden. Damals hatte ich noch nicht die Absicht es dem Apotheker in die Schuhe zu schieben, doch im Anschluss an die Tat wurde ich plötzlich erleuchtet, was eine vortreffliche Waffe ich doch gefunden hatte. Und außerdem fand ich in den Unterlagen, dass er ebendiesem Mann auch einen wichtigen Kredit verweigert hatte, es konnte ja gar nicht besser laufen.“
Neumann nickte stumm. „Kommen wir nun zu von Stein.“
Die Miene seines Gegenübers verfinsterte sich noch mehr. „Er hat mir Eva genommen vor vielen Jahren. Ohne Sinn, ohne Verstand war er schneller. Nur zur Befriedigung niederer Triebe. Was hätte er ihr denn geben können? Nichts! Was wir hatten war rein, unverdorben, doch er war ein Schwein, welches sich ekelig dazwischen wälzte. Und auch er sollte büßen, doch auch er war uneinsichtig. Ich gab mich als Lieferant aus und dann stellte ich ihn zur Rede und sein Tod folgte kurz darauf.“
„Wie konnten Sie es schaffen nicht von den ganzen Dienern bemerkt zu werden?“, fragte Theresa Marquez interessiert. Mit einem beinahe schon liebevollen Gesichtsausdruck bedachte der Mörder die junge Frau. Sie fröstelte dabei, weil er jetzt gerade gar nicht wie dieser fanatische Schlächter wirkte. Fast fühlte sie so etwas wie Mitleid, doch diesen Gedanken verdrängte sie sofort wieder.
„Ein kleines Ablenkungsmanöver war von Nöten. Ich hatte einen kleinen Sprengsatz am anderen Ende des Hauses angebracht. Nach seiner Detonation rannten alle dorthin, niemand kümmerte sich mehr um den Lieferanten, man übersah mich deswegen, wusste gar nicht, dass ich überhaupt da war. Dieses kleine Schmuckstück hatte ich kurz zuvor angebracht, ich hatte so getan, als würde ich den Lieferanteneingang suchen. Einfach, aber effektiv. Dass Schuster einstmals Streit mit ihm hatte, ich wusste es nicht. Aber es passte, neben der Mordwaffe, toll ins Bild, nicht wahr, Herr Kommissar?“, fragte Michael herausfordernd.
Neumann stand auf, ging einmal um seinen Stuhl und setzte sich dann. „Wahrlich, Sie sind ein wahrer Glückspilz. Leider haben andere Indizien nicht so toll gepasst, also war es zwar in Teilen sehr gut ausgeführt, aber teilweise auch leicht durchschaubar. Mittelmaß, gehobenes Mittelmaß würd ich attestieren. Also, kommen wir nun zu den Anrufen.“
Michael benetzte sich die Lippen. „Ich wollte Eva dazu bringen ihre Sünde einzugestehen, ich wollte sie immer wieder daran erinnern. Bewusst legte ich die Anrufe in die Zeit, als ihr Mann nicht zu Hause war.“
„Schön, aber das mit der Spritze, sehr gefährlich, oder? Die hätte doch Johannes auch finden können und nicht seine Tochter. War das auch reines Glück?“
„Oh nein, das war Berechnung. Zuvor war ich als Elektriker verkleidet in das Haus gekommen und hatte Überwachungskameras installiert. Bei dieser Gelegenheit habe ich kleine Lautsprecher im Schlafzimmer installiert, über die ich verschiedene Geräusche abspielen konnte und außerdem wusste ich durch längere Beobachtung, dass der Vater immer wieder seine Schlüssel in der Schublade vergaß. Über eine weitere kleine Kamera konnte ich das Zimmer beobachten und eine Vorrichtung im Schreibtisch machte es mir möglich zum richtigen Zeitpunkt die Spritze hineinfallen zu lassen. Die Installation war riskant, ja, aber die Ausführung selbst nicht. Glück brauchte ich nur noch dabei, dass sie gefunden werden würde, aber das funktionierte ja gleich beim ersten Mal.“
Theresa Marques war erschüttert von so viel kaltblütiger Berechnung. Neumanns Miene blieb ungerührt, er hatte schon schlimmere Fälle erlebt.
„Aber es war Ihnen noch die Tochter im Weg. Wie wurde diese dann entfernt?“
„Natürlich zapfte ich ihren elektronischen Mailverkehr bereits an. Ich wusste, dass sie diese Tante hatte und als sie begann sich mit dieser in Kontakt zu setzten, da schaltete ich mich en. Keine einzige Nachricht erreicht die Adressatin, immer nur mich. Und so hatte ich auch alle Informationen beisammen um sie bloßzustellen für ihren falschen Lebenswandel. Dass dabei diese Reaktion hervorgerufen wird konnte ich nicht wissen. Wichtig war nur, dass mir jetzt niemand mehr im Weg stand um zu Eva zu gelangen.“
„Dummerweise hatten wir das alles bereits durchschaut und alles beobachtet. Wir verfolgten Sie und konnten Sie glücklicherweise noch stellen. Aber warum das alles? Hätten Sie Eva wirklich töten können, wenn sie nicht reumütig gewesen wäre?“
Michael blickte nach unten. Sein Körper bebte, er begann zu weinen. „Es ist Gottes Befehl, welchen ich ausführe! In meiner dunkelsten Stunde, vor vielen Jahren, gab er mir durch die Heilige Schrift seinen Willen zu erkennen. Ich sollte dabei helfen alle Sünder vom Angesicht der Erde zu tilgen, aber das verstehen Heiden wie Sie nicht!“, spie er Neumann ins Gesicht. Theresa schaltete sich in diesem Moment wutentbrannt dazwischen. „Ich selbst bin Katholikin und auch ich kann das Getane nicht verstehen!“, schrie sie ihn an. „Du hast das Licht noch nicht gesehen, du bist blind!“, konterte er mit brechender Stimme. Dann senkte er wieder seinen Kopf. „Außerdem hätte ich dieses herrliche Wesen niemals töten können, dafür liebe ich sie zu sehr, so konnte ich nur meiner eigenen Existenz ein Ende bereiten.“
Es folgte Schweigen, das Tonbandgerät, welches alles aufzeichnete, wurde ausgeschalten. „Abführen“, beendete der Kommissar schlicht das Verhör. Beim Abführen, wehrte sich der Geständige noch kurz und rief: „Der Herr vergebe mir meine Sünden, doch ich handelte recht, dass wird ein anderer Richter als der irdische entscheiden, der einzige Richter, dem ich wahre Rechenschaft abzulegen habe!“
Lena schlug die Augen auf. Um ihr Bett hatte sich die ganze Familie versammelt und auch Jenny stand dabei. Unendliche Freude darüber spiegelte sich in ihren Augen wieder. „Ist alles vorbei?“, fragte sie sehnsüchtig. Alle nickten. Ihrer Freundin befahl sie sie zu zwicken. Es musste ein herrlicher Traum sein, doch zu ihrer noch größeren Freude war es Realität.
„Papa, du bist nicht mehr im Gefängnis, hat man den Irren geschnappt, der und Jenny…“ Alle bedeuteten ihr zu schweigen. „Schatz, schone deine Kräfte. Wir erklären dir alles später. Jetzt musst du erst einmal nur wissen, dass alles Schlimme vorbei ist und alles wieder so wird wie früher“, sagte Eva sanft. „Nur noch besser“, ergänzte ihr Vater lachend.
Dann blickte sie Jenny an. „Ach ja, weil ich begonnen habe dich zu meiden…“ Ihre Freundin winkte nur schnell ab. „Ach lass mal, dieser Spinner ist und bleibt ein Spinner.“ Ein vorsichtig, optimistisches Lächeln kam über Lenas Lippen. „Du hast ihn doch nicht etwa verlassen?“ „Doch, der ist ein Arsch und bleibt es, ich hatte an diesem Nachmittag eben einen komischen Moment, der ist jetzt auch nicht mehr mein Nachhilfelehrer, das habe ich meinen Eltern endlich austreiben können.“ Lena suchte vorsichtig ihre Hand. „Und unsere Freundschaft?“ „Die bleibt! Wir sind seit Jahren Freundinnen und damit hat es sich. Alles was passiert ist wird doch keinen Keil zwischen uns treiben, zumindest will ich das nicht.“ Lena war seelig. Erleichtert atmete sie tief durch. „Zum Glück, ich will das nämlich auch nicht.“
Und so kehrte wieder der Urzustand an jenem Nachmittag zurück, welcher einstmals geherrscht hatte. Doch eines dürfte jedem klar geworden sein, dass jedes noch so scheinbar große Glück im Grunde fragil ist und man schwer darum kämpfen muss um es aufrecht zu erhalten oder nicht zerbrechen zu lassen, auch wenn dieser Prozess manches Mal auch selbst schmerzhaft ist.
ENDE
RogerWright Re: - Erst einmal recht herzlichen Dank für diese wahrlich unfangreiche Kritik! Zuerst einmal zu den kleinen Baustellen der Geschichte: Die Absätze bei S.17 wrede ich setzen, überhaupt gehe ich nochmal mit der Korrektur drüber, denn beim Durchlesen des Textes sind mir ein paar kleine Fehler noch aufgefallen. Das wird geändert. Die Zeitformsprünge...nun da muss ich gestehen passen die mir eigentlich immer ins Konzept, da hatte ich jetzt nicht das Gefühl zu extrem heranugehen, bei sehr gründlichem Auseinandernehmen würde ich wohl noch etwas daran ändern, aber das ist glaube ich das geringste Problem des Textes, also bleibe ich vorerst dabei. Und nun zum Hauptproblem: Analytisch schreiben, das könnte mit meinem Studium zusammenhängen. 2 Semester objektive Betrachtung und man beginnt auch so zu schreiben. Eghrlich gesagt, beabsichtigt war das nicht, dass es vom Erzähler her als so frostig herüberkommt. Michael schon, der muss berechnend sein, die anderen Figuren gar nicht. Und der Erzähler, der ist objektiver Dritter, aber natürlich kann man dem auch noch mehr Wärme geben. Dafür freue ich mich, dass ich es an den Stellen, wo ich Emotionen haben wollte diese wenigstens zufriedenstellend und an einer Stelle sogar gut hinbekommen habe - wenigstens ein Lichtblick. Schwieirg woird die Änderung dessen, denn ich glaube mich außer Stande zu sehen mich einfach nochmal über dne Text zu setzen und Emotionen einzustreuen. Ich glaube ich erreiche damit eher eine Verschlimmbesserung. Das Angebot wäre, dass da eine andere Person, sprich du, diese einstreut und man dann ein gemeinschaftliches Substrat erhält, welches eine Konkordanz zwischen beiden Autoren bilden kann. Aber das ist nur ein Vorschlag, du hast ja so bestimmt genug u tun, als dich auch noch damit zu beschäftigen. Erfreulich ist zum Ende ncoh, dass ich alles logisch zusammenhalten konnte. An ein, zwei Stellen finde ich das geständnis leicht schwammig, aber nicht anders lösbar, wenn eine stringente Kette entstehen soll. Das kann ich jetzt wieder positiv aus meinem Studium mitnehmen, strenge Logik bis zum Ende, niemals sich selbst widesprechen. das wäre es von mir, lso nochmals einen ganz großen dank für diesen ehrlichen Kommentar und man liest sich ja immer wieder, Jan |
MysticRose So, Jan, hier kommt wie versprochen die Kritik von mir. Mein PC stürzt inzwischen nicht mehr ganz so oft ab und die Notizen liegen neben mir. Wie dem auch sei, also. Du hast mich ja darum gebeten ehrlich zu sein. Und na, ja, das bin ich dann jetzt auch. Auf deine Verantwortung. Ich hab zu meckern, weil du zu trocken schreibst. Ich meine nicht, dass das keine guten Ideen sind - im Gegenteil. Du setzt sie nur zu trocken um, zumindest für meinen Geschmack. Es fehlt mir an Emotion, aber das hab ich dir ja schon mal gesagt. Durch das ganze Buch hinweg fällt das immer wieder auf. Du schreibst so, wie ich hätte in der Schule schreiben müssen: Analytisch, irgendwie. Ich weiß nicht, wie ich es dir besser erklären soll. Das gewisse Etwas fehlt mir einfach. Vielleicht fällt mir das auch besonders auf, weil ich eine sehr sensible und emotionale Person bin, ich kann es dir nicht sagen. Ich würde aber so weit gehen, dass es teilweise wirklich kalt und stumpf wirkt. Und auch ein Thriller braucht Emotion, finde ich. Die Vorgeschichte ist zwar interessant beschrieben (ich hatte dir ja gesagt, sie erinnert mich sehr an Dan Browns "Da Vinci Code"), aber im Laufe der Geschichte ist dieses "trockene" Beschreiben nicht mehr sooo toll, finde ich. Püh, also das war auch schon der größte Teil an negativer Kritik. Nicht sauer sein, ok? Du hattest ja darum gebeten :) Es sind eben ein paar Wortwendungen wie "die morgendliche Reinigungsprozedur"... - die gefallen mir einfach nicht. Für einige Texte ist so etwas angemessen, finde ich... Aber hier nicht so sonderlich. Das ist natürlich nur meine Meinung! Manchmal springst du vom Präsens ins Präteritum, ist das beabsichtigt? Gegen so etwas hab ich nichts, aber zwischen diesen "Sprüngen" stehen oft nichtmals Absätze (Bsp. S.9 unten). Da ist sogar noch das Perfekt dabei. S.11: Dieser Zyklus vollzog sich jeden Morgen bei der Familie Schuster. Das ist noch so ein Satz. Ich weiß nicht, ob du verstehst, was ich meine. Das ist vielleicht auch einfach deine Art so zu schreiben, finde ich. Aber es ist... kalt :P Als formaler Mangel ist mir noch aufgefallen, dass auf S.17 keine Absätze bei der wörtlichen Rede stehen. Es sieht so ein bisschen unübersichtlich aus. Na, ja, was soll ich zum Abschluss noch sgen... Dieses "Hauptkriterium" von mir zieht sich erstmal bis zur Mitte des Buches. Bei "Falsche Freunde" versuchst du ein bisschen emotionaler zu schreiben, was stellenweise sicher gelingt. Aber trotzdem fehlt mir da auch manchmal das gewisse Etwas. Also, Jan, ich will nicht mal sagen, dass das generelle Mängel sind in dem Buch. Es liegt wahrscheinlich einfach an meiner Persönlichkeit, dass ich sehr darauf achte, wie man Emotionen rüber bringt. Wie gesagt, ich zähle mich selbst zu den sehr Sensiblen. Es entstehen bei mir eben keine Bilder im Kopf. Eine gute Stelle ist hier für mich S.41 oben - gut formuliert und emotional. Sonst möchte ich dir trotzdem ein riesiges Lob aussprechen. Ich finde die Idee richtig super und auch, wie du sie logisch (ich krieg das ja eigentlich nie hin, das Problem mit der Logik ;)) ausgeschmückt hast. Ganz große Klasse! :) Das war's dann aber auch. Liebe Grüße Randy |