Gedichte
Träumerin im Walde - Aus: Hohelied des Todes

Letzte Sonne neigt sich glühend,

Benetzt das Laub mit Gold;

Und der Reif sich frostig legt

Auf die Lippen rot und hold.

Blutge Tränen weinen Bäume,

Wie Herbstes letztes Feuerlicht;

Hüllt die ferne Welt in Stille,

Dass die Zeit vergehn mag nicht.

Von fern der Wind trägt Klagelieder,

Flüstert Oden der Vergänglichkeit

Für die Schlafende im Walde,

Die dort träumt von Ewigkeit.

Bleich die Haut wie Winterfrost,

Des Ahorns Laub ihr Lockenhaar -

Doch nun ruht sie, still und schweigend,

Verharrt ohn’ Regung Tag und Jahr.

Das bunte Laub bedeckt den Leib,

seit Tagen nun schon kalt,

Verbirgt die Tat, das Mädchen,

Das dort träumt von Zeiten alt.

Nun liegt sie dort verborgen

Im Schatten hoher Bäume,

Das Moos im Haar die herbstlich’ Krone;

Und der Wind, er schenkt ihr Träume.