Fantasy & Horror
Die Gebrochene Welt I (Kapitel 6; Teil 2/4) - Der Fall Fiondrals

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"Die Gebrochene Welt I (Kapitel 6; Teil 2/4) - Der Fall Fiondrals"
Veröffentlicht am 20. August 2012, 24 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Über den Autor:

Wer wäre ich hier, wenn nicht jemand, der seinen Visionen ein Zuhause geben will? Tue ich das gerade nicht, studiere ich Rechtswissenschaften und bemühe mich, nicht gleich jedes damit verbundene Klischee zu erfüllen (letzteres womöglich nur mit mittelmäßigem Erfolg), oder fröne in irgendeinem Pub meinen Lastern.
Die Gebrochene Welt I (Kapitel 6; Teil 2/4) - Der Fall Fiondrals

Die Gebrochene Welt I (Kapitel 6; Teil 2/4) - Der Fall Fiondrals

Beschreibung

Die Stadt Galor ragt als letzte Festung aus dem Trümmerfeld auf, in das die Invasion der Orks den Kontinent Fiondral verwandelt hat. Flüchtlinge aus allen Ecken und Enden des Landes suchen Zuflucht hinter den dicken Mauern. Doch während sich die feindlichen Heerscharen unter den hohen Zinnen sammeln, zerfressen Zwietracht und Hass die Reihen der Verteidiger, bis es schließlich an wenigen wackeren Streitern liegt, das Schicksal aller zu bestimmen. (Weitere Kapitel folgen in Kürze) Titelbild: "Einsturzgefahr" by "Paulo Claro" Some rights reserved. Quelle: www.piqs.de

Von Helden und Verrätern (Teil II)

„Dragan, sichert den Ort und kehrt dann sofort hierher zurück“, befahl de Nord, während Ferren es gerade erst geschafft hatte, seine Umgebung zu erfassen.
Er stand vor einem verdreckten, kaum befestigten Loch, das man einfach so in die Erde geschlagen hatte, am Rande eines kleinen Dorfes, über dem ein milchig blasser Himmel hing.
Als eine Windböe heranfegte, riss sie die Blätter aus dem bereits leicht bräunlichen Kleid der Bäume. Der Sommer, so erkannte Ferren, war endgültig vorbei.
Erst jetzt bemerkte er die vier bulligen Orkleichen, die um den Tunneleingang herum langen und langsam ausbluteten.
„Alle Mann sammeln! Verteilt euch auf eure Gruppen! Je schneller desto besser!“, rief Tymaleaux.
„Weg da!“, blaffte ein hässlicher Skatrier, mit kahl geschorenem, bleichem Schädel, während er an dem Leutnant vorbei zog und ihn dabei fast zu Boden rempelte.
„Hey, ich bin Offizier, Arschloch!“, fluchte er.
„Na und, aber nicht meiner“, höhnte sein Gegenüber und schloss zu den übrigen Skatriern auf, die sich daran machten, das Dorf zu sichern.
„Gut gemacht, Marquis!“, lobte einer der ledrianischen Offiziere, nachdem sie außer Hörweite waren, „Ich werde in Zukunft auch immer zuerst einen Skatrier vorschicken.“
„Tymaleaux, beginnt damit, die Gruppen aufzustellen“, befahl de Nord, „Ich erwarte, dass sie marschbereit sind, sobald die Skatrier zurückkehren.“
„Natürlich, Sir“, gab Tymaleaux zurück, worauf de Nord sich auf einem, eigens für ihn ausgeklappten Stuhl niederließ und sich ein Glas Wein einschenken ließ.
„Ich glaub’s ja nicht“, ertönte Arionas Stimme hinter Ferren, während Tymaleaux einen gewissen Major Jarred herbeirief.
Bei diesem handelte es sich um einen athletischen, dunkelhäutigen Elipfer, der zwar eine keine Haare mehr auf seinem Haupt, dafür aber einen recht buschigen, schwarzen Vollbart besaß.
Anschließend begann Lucians Adjutant damit, die Namen der Männer und Frauen zu verlesen, die sich Jarreds sowie Dragans Gruppe anschließend sollten.
Da weder Ariona noch Ferren diesen zugeteilt wurden, schlossen sie, dass sie zur letzten Gruppe gehören mussten, die de Nord persönlich unterstellt war. Mit dabei waren ein noch junger, ledrianischer Hauptmann namens Renault, Olaf der Schöne, Tymaleaux, eine xendorische Bogenschützin namens Kalira, Bruder Janus und noch ein paar andere.
Als die Skatrier zurückkehrten, wurden ihnen noch drei weitere Personen zugeteilt, bei denen es sich um einen vermummten Magier, einen etwas älteren Skatrier namens Slemov und ebenjenen Mann handelte, der Ferren zuvor angerempelt hatte.
Dieser trug, wie der Leutnant jetzt wusste, den Namen Dimitri.
Nachdem alle Gruppen vollständig waren und man jedem Soldaten ein metallenes Insignie überreicht hatte, wandte sich de Nord noch einmal an die beiden anderen Befehlshaber, Jarred und Dragan.
„Wohlan denn, marschieren wir los. Ich wünsche euch alles Glück der Welt, von dem ich annehme, dass wir es brauchen werden.“
„So auch euch“, gab Jarred zurück, während Dragan schwieg.
„Bewegt euch!“, befahl der Marquis unter einer wegwischenden Handbewegung, was dazu führte, dass sich die drei Gruppen trennten und in unterschiedliche Richtungen davonmarschierten.
Zunächst durchquerten sie einige überwucherte Felder, um die sich wohl schon längere Zeit niemand mehr gekümmert hatte.
„Wenn Ihr irgendetwas Essbares findet, sammelt es ein“, wies Tymaleaux sie an, „Ihr habt sicherlich mitbekommen, dass wir mit recht knappen Vorräten losgezogen sind.“
„Wieso eigentlich?“, fragte Olaf.
„Weil das hier keine Kampfmission ist“, erklärte Renault, „Wir versuchen, so schnell wie möglich und mit geringen Verlusten die Ostküste zu erreichen. Übermäßiges Gepäck würde uns dabei nur behindern.“
„Ich hatte erwartet, dass dieser Umstand hier bereits jedem bekannt wäre“, kommentierte de Nord, während er sich durch einige hochgewachsene Maisstauden kämpfte.
„Dann nehme ich mir doch gleich einen Maiskolben mit“, ließ Olaf verlauten, bevor er nach einer der Stauden griff.
„Sir, das Feld endet da vorne“, verkündete Renault.
„Gut, ich nehme an, dass dahinter eine Straße liegt?“, erkundigte sich Lucian.
„Ich werde auf der Karte nachsehen“, gab der Hauptmann zurück.
„Gott, Renault“, rief Tymaleaux, „Bis Ihr dieses Feld auf Eurer Karte gefunden habt, ist es Mitternacht. Ich habe eine bessere Idee. Ilar! Macht Eure Vogelgestalt und seht nach, was uns da erwartet.“
Ferren schluckte, als er den Namen des aufgerufenen Magiers hörte. Hastig sah er sich um, doch das Gesicht des Gesuchten erblickte er unter seinen Kameraden nicht.
„Ich bin kein Gestaltenwandler…Sir“, entgegnete der vermummte Magier, der mit den anderen Skatriern zu der Gruppe gestoßen war.
„Du…“, zischte Ferren, wobei er jedoch von Tymaleaux übertönt wurde:
„Schön, dann übernehmt Ihr das Truzos“, er wandte sich an den schmierigen, serpendrianischen Magier, der eine prunkvollbestickte, dunkle Seidenrobe trug.
„Pardon, Monsieur, aber ich werde mich nicht in ein Tier verwandeln. Das ist meiner unwürdig.“
„Truzos!“, blaffte Renault, „Das war ein Befehl.“
„Wenn Ihr es wirklich wünschen solltet…“
„Ach, vergesst es. Ich mache das!“, fauchte Ariona, worauf sie loslief.
Einige Meter weiter sprang sie in die Luft.
Dann zuckte es einen weißer Lichtblitz durch die Stauden, ihre Extremitäten verdrehten sich mit enormer Geschwindigkeit und in unnatürlichen Winkeln, bevor sie stark zusammenschrumpfte und sich schließlich in eine strahlend weiße Taube verwandelt hatte.
Mit wenigen Flügelschlägen war sie den Stauden, der Schwüle des Feldes und dem Gerede ihrer Kameraden entkommen. Über ihr hing nur der milchig weiße Himmel, unter ihr ruhte das herbstbraune Land und vor ihr erstreckten sich die unendlichen Weiten Fiondrals.
In ihrem gesamten Sichtfeld ordneten sich Felder und kleine Dörfer bis zum Horizont, wobei sie hin und wieder von Waldstücken oder orkischen Feldlagern unterbrochen wurden.
Sie flog eine Schleife warf einen Blick auf die Küste, wo sich die Türme Galors erhoben und nach Norden, zu den Bergen und Wäldern, in denen sich laut ihren Informationen die Lager der Orks befinden sollten.
Erst nachdem sie sich alles angesehen hatte und noch ein wenig durch den wogenden Wind gesegelt war, betrachtete sie das Feld, welches tatsächlich in eine Straße mündete.
Diese war vollkommen verlassen und führte durch etliche andere Felder zu einem Dorf weiter südlich.
Langsam ließ sie sich wieder sinken und landete, da sie sich nicht weiter durch das Feld schlagen wollte, direkt auf der Straße.
Nachdem sie sich zurückverwandelt hatte, rief sie in der Maisstauden Mauer hinein:
„Die Straße ist sicher!“
Tatsächlich verließen wenig später zunächst die Skatrier das Feld, denen der Rest der Gruppe folgte.
„Was habt Ihr gesehen, Novizin?“, wollte Tymaleaux wissen.
„Es gibt keine sichtbaren Feindbewegungen in dieser Gegend. Im Osten befinden sich noch weitere Felder und dahinter ein kleines Waldstück. Im Süden führt die Straße zu einem kleinen Dorf und im Norden wieder zu dem Ort in der Nähe des Tunnels.“
„Schön, ich denke wir sollten der Straße folgen, dann sind wir schneller, als wir es über die Felder wären“, sagte Renault.
„Nein“, entgegnete der Marquis, „Wir werden uns weiter gen Osten  durch diese Felder schlagen.“
„Doch, edler Herr“, wandte Tymaleaux ein, „das würde uns eine Menge Zeit kosten.“
„Dennoch ziehe ich es vor, unentdeckt zu bleiben, was uns ganz sicher nicht gelingen würde, suchten wir gleich das erst beste Dorf auf. Ihr solltet besser nicht vergessen, dass wir uns hier im Feindesland befinden.“
„Natürlich, Sir“, gab sein Adjutant zurück, bevor er sich an die Skatrier wandte, „Slemov, Ihr habt die Worte des Marquis‘ vernommen, bewegt Euch mit Euren Leuten in dieses Feld, der Rest folgt.“
„Hat es einen Grund, dass wir immer die Vorhut sind?“, fragte Dimitri.
„Es hat einen Grund, dass Befehle nicht hinterfragt werden sollen, Soldat!“, fauchte Renault, „Setzt Euch in Bewegung!“
Damit folgte Dimitri seinen Gefährten Slemov und Ilar über die niedrige Steinmauer auf der anderen Seite der Straße, hinter der das nächste Feld begann.
„Edler Herr, dürfte ich Euch eine Frage stellen?“, wandte sich Ferren an Lucian, während sie ebenfalls die Mauer überschritten.  
„Es sei Euch erlaubt, Leutnant.“
„Dieser Ilar…wenn er der Mann ist, für den ich ihn halte, dann wird er von der delionischen Wache immer noch wegen einiger Ungereimtheiten in Bezug auf die Thanatoiker gesucht. Wieso wurde er für diese Mission rekrutiert?“
„Unter den Skatriern gibt es nur wenige Magier. Wahrscheinlich mussten sie ihn nehmen“, gab Hauptmann Renault dazu.
„Skatrische Magier sind allesamt untalentiert“, lachte Truzos.
„Aber ich meine“, fuhr Ferren fort, „dieser Mann könnte ein Verräter sein? Da hätte man doch lieber irgendeinen einfachen Soldaten mitnehmen sollen. Nicht ihn.“
„Ich gestehe ein, dass Ihr Recht haben könntet“, bestätigte de Nord, „Ihr habt daher meine ausdrückliche Anweisung, ein Auge auf den Novizen Ilar zu werfen.“
„Vielen Dank, Sire.“
„Sollte Euch etwas auffallen, lasst es mich wissen“, wies der Marquis ihn an.
„Sir, ich fürchte, wir kriegen Magda nicht über die Mauer!“, rief Bruder Janus von der Steinmauer her.
„Ariona, Truzos! Geht zurück und seht zu, wie ihr helfen könnt. Danach schließt wieder zu uns auf!“, befahl de Nord.
„Wohlan denn, versucht, mit mir Schritt zu halten, Novizin“, sagte Truzos und machte kehrt, worauf Ariona ihm zähneknirschend folgte.
Obwohl sie nur wenige Meter von der Mauer trennten, konnte sie aufgrund der hochgewachsenen Maisstauden doch nicht bis dort sehen.
Als sie die Pflanzen endlich überwunden hatten, entdeckten sie Kalira, Janus und Olaf, die sich um ihr Lastenpony Magda gruppiert hatten, welches es nicht über die Mauer schaffte.
„Wenn wir das ganze Zeug hier abladen, schafft sie es vielleicht von alleine drüber“, vermutete Janus.
„Wir könnten versuchen, es darüber zu heben“, schlug Olaf vor.
„Ganz sicher nicht“, dementierte Kalira.
„Ich kann es mit einem Stoßzauber rüber schleudern“, merkte Truzos an.
„Das lasst Ihr bleiben!“, fauchte Ariona, „Wir sprengen einfach ein Loch in die Wand. Das Abladen dauert zu lange. Die anderen sind schon vorgegangen.“
„Schön“, knurrte Truzos, „Schafft das Vieh da weg und bringt euch in Sicherheit!“
„Ihr solltet es vermeiden, dabei allzu viel Lärm zu verursachen“, merkte Kalira an.
„Habt Ihr schon mal eine leise Explosion gehört?“, blaffte der Serpendrianer.
„Ich meinte ja nur…“, murmelte die Schützin, während Janus und Olaf das Pony von der Mauer wegführten.
„Reicht das?“, erkundigte sich der Mönch, nachdem er die andere Straßenseite erreicht hatte.
„Was weiß ich“, sabbelte der Serpendrianer, bevor er einen Flammenball gegen die Mauer feuerte, der sofort detonierte, als er sein Ziel fand.
Der Knall war ohrenbetäubend, Steine und Staub flogen durch die Luft, die Druckwelle warf sogar den Magier selbst zu Boden.
„So mein Werk hier ist vollbracht“, sagte er, rappelte sich wieder auf, klopfte den Staub von seiner Robe und verschwand im Feld.
„Idiot!“, zischte Ariona ihm hinterher.
„Wenn die Orks in der Nähe sind, wissen sie jetzt, wo wir sind“, seufzte Kalira.
„Na komm, wir kriegen dich schon wieder auf die Beine“, flüsterte Janus dem Pony zu, während er es zusammen mit Olaf beim Aufstehen stützte.
„Wir sollten uns beeilen, sonst verlieren wir die anderen“, wandte Ariona ein.
„Sind schon dabei“, bestätigte der Mönch, „Geht ruhig vor, ich führe Magda.“
„Ich bilde die Nachhut“, sagte die Bogenschützen.

Da de Nord das Marschtempo seiner Truppe gedrosselt hatte, gelang es ihnen tatsächlich recht schnell, wieder aufzuholen, sodass sie sich gemeinsam weiter durch die Felder schlugen.
Ariona kundschaftete noch ein paarmal für sie die Gegend aus, bis es schließlich Abend wurde und die Nacht über das Land herein brach.
Als sie zwischen den Feldern auf ein kleines, verlassenes Gehöft stießen, befahl de Nord, dort das Nachtlager aufzuschlagen.
Während die Skatrier die Umgebung nach Feinden absuchten, betrat der Marquis mit den anderen beiden Ledrianern das heruntergekommene Gehöft. Das Gebäude war ebenso wie das Mobiliar noch recht gut erhalten, jedoch kündete eine dicke Staubschicht, die alle Gegenstände überwucherte, davon, dass dort schon lange niemand mehr gewesen war.   
„Sobald die Skatrier zurück sind, können sie erst einmal hier sauber machen“, spottete Renault.
„Ihr scheint zu vergessen, Hauptmann, dass es für jeden Menschen eine Grenze gibt. Unsere nordischen Freunde mögen sich als Kanonenfutter verwenden lassen, allerdings fürchte ich, dass der Befehl, diesen Raum zu putzen, in einer Insubordination enden würde“, entgegnete de Nord.
„Ich würde lieber draußen schlafen als in diesem Dreck“, zischte der Hauptmann.
„Unsere Magier können doch sicher helfen“, lachte Tymaleaux, „Truzos! Ich brauche jemanden, der den Staub hier entfernt.“
„Pardon, aber ich bin ein Genie und keine Putzfrau!“, blaffte der Serpendrianer von draußen zurück.
„Novizin Ariona, sorgt dafür, dass dieser Raum in fünf Minuten bewohnbar ist!“, befahl Renault, bevor er das Gehöft wieder verließ.
„Putzen…“, zischte Ariona, während Tymaleaux und de Nord dem Hauptmann folgten, „Gott, wie ich sie hasse!“
„Befolgt besser ihre Befehle. Ich mag sie auch nicht, aber sie haben hier leider das Sagen“, flüsterte Bruder Janus ihr zu, bevor er sich daran machte, einen hölzernen Tisch mit dem Ärmel seiner Kutte abzuwischen.
„Lasst nur, Mönch. Ich komme damit noch ganz gut alleine klar“, entgegnete Ariona.
„Nun, davon bin ich überzeugt“, lachte der Geistliche, worauf er sich zum Ausgang begab, „Ich wünsche dennoch gutes Gelingen.“
Als die Skatrier zurückkehrten, hatte Ariona es tatsächlich geschafft, das Haus in einen einigermaßen passablen Zustand zu bringen.
Wenig später wurde ein Feuer im Kamin entzündet, um das sich die meisten der Streiter gesellten, während die Ledrianer sich in den ersten Stock zurückzogen, wo es noch ein paar nutzbare Betten gab.
Die Skatrier waren draußen zur Wache eingeteilt und Bruder Janus beaufsichtigte Magda beim Grasen, bevor er sie schließlich am Gehöft festband, um selbst ins Innere zurückkehren zu können.
Wenig später kam Hauptmann Renault nach unten, um die Verteilung der Nachtwache bekannt zu geben.
Tymaleaux übernahm dabei als Wachoffizier die erste, Ferren erhielt die zweite, Renault selbst die letzte.
Anschließend suchte sich jeder der drei Offiziere zwei weitere Soldaten aus, die mit ihnen die Wache übernehmen sollten.
„Keine Sorge, ich lasse dich schlafen“, flüsterte Ferren Ariona zu, bevor er sich für Olaf und Kalira entschied.
Während Tymaleaux mit seinen Begleitern die Wache übernahm, wurde das Feuer des Kamins zur Glut und die Gesellschaft, die sich darum gebildet hatte, löste sich langsam auf. Die meisten zogen sich in irgendwelche Ecken oder separate Räume zurück, um sich dort mit dem wenigen, das sie mitführten, ein annehmbares Nachtlager zu errichten.
Ferren breitete seine Bastmatte neben dem Kamin aus, legte seine Rüstung ab und kuschelte sich in seine Wolldecke. Dann blieb er reglos liegen, lauschte dem Knistern der Glut, dem Atmen seiner Kameraden, dem Ruf eines Nachtvogels in der Ferne, dem Wind, der sanft durch die Felder strich.
„Das ist alles zu einfach“, sagte er sich, „So leicht kann es nicht sein. Wo sind die Orks? Die Verräter, die Heerscharen? Hier ist nichts, gar nichts…versuch, zu schlafen…sie werden kommen….Ariona…“
Sekunden später war er auch schon in der sanften Umarmung des Traumes versunken.

Als ihn das laute Zischen des nogronischen Speerträgers Baraj dieser wieder entriss, glaubte er, kaum eine Stunde geruht zu haben.
„Was wollt Ihr?“, nuschelte der Leutnant.
„Ich übergebe Euch den Wachbefehl“, entgegnete der Soldat.
„Der Wachbefehl…wird normalerweise vom Offizier übergeben. Wo ist Tymaleaux?“
„Schon oben. Schlafen wahrscheinlich“, knurrte Baraj.
„Schön…“, murmelte Ferren, während er sich aufraffte.
Baraj stampfte an ihm vorbei.
„Wünsche auch eine gute Nacht!“, zischte er ihm hinterher, bevor er sich daran machte, Olaf und Kalira zu wecken.
Die Bogenschützin brauchte nur wenige Sekunden, um vollständig wach zu werden, wohingegen es bei Olaf eine halbe Ewigkeit dauerte.
„Habt Ihr etwas dagegen, wenn ich mich auf dem Dach positioniere, Leutnant? Von da aus sollte ich die ganze Gegend im Blick haben“, fragte sie, während sie ihre Lederrüstung anlegte.
„Nein, absolut nicht“, gab Ferren zurück, wobei er Olaf eine Ohrfeige verpasste, die ihn endgültig aus der Traumwelt beförderte.
„Aua“, murmelte er dumpf.
„Aufwachen und Posten beziehen!“, befahl der Leutnant, „Du nimmst die Nordseite!“
Wenig später befanden sie sich draußen, wo es im Vergleich zu den letzten Tagen erstaunlich kalt war. Die Geräuschkulisse beeindruckte ihn. Grillen zirpten, Pflanzen raschelten im Wind, Nachtvögel sangen.
Er richtete seinen Blick auf die Felder, die vor ihm nur eine schwarze, wabernde Wand bildeten, in der rein gar nichts zu erkennen war.
So saß er da, auf einer Bank an der Südseite des Gehöfts, während seine Gedanken durch ein ganz anderes, schier unendliches Universum streiften.
Dann aber ertönte ein Geräusch, ein klirrendes, lautes Scheppern von der Westseite, das den Leutnant dazu brachte, sich sofort zu erheben und sein Schwert zu ziehen.
„Die anderen wecken?“, dachte er mit einem Blick zur Tür, „Scheiß drauf!“
Er rannte los, stürmte um die Ecke und sah sich nur wieder mit der allumfassenden Finsternis konfrontiert.
Eine Sekunde verharrte er, bis ein Knirschen von den Dachziegeln her ertönte, dann ein dumpfes Aufprallen.
Langsam schlich er, seine Klinge fest in Händen haltend vorwärts.
„Seid Ihr das, Ferren?“, hörte er Kaliras Stimme.
„Ja…“, knurrte er zurück, wobei er das Schwert sinken ließ.
Zugleich kam die Waldläuferin hinter einem Stapel hölzerner Kisten hervor.
„Wart Ihr das?“, fragte sie.
„Was?“, entgegnete er.
„Dieses Scheppern.“
„Das habt Ihr auch gehört?“, erkundigte er sich.
„Natürlich“, antwortete sie, „Ich konnte aber nichts sehen. Deshalb habe ich das Dach verlassen.“
„Glaubt Ihr, dass irgendetwas im Gange ist?“
„Ich weiß nicht, Leutnant. Sonst ist hier doch nichts.“
„Ja…Tarnanzüge vielleicht.“
„Glaubt Ihr wirklich, unsere Feinde haben so etwas?“
„Ich hoffe, nicht“, sagte Ferren mit einem bitteren Lächeln, „Ich werde mal nach Olaf sehen. Haltet die Augen offen.“
„Werde ich, Leutnant“, versprach sie, worauf er an ihr vorbei und zurück in die Dunkelheit ging.
Olaf der Schöne hatte, wie er kurz darauf feststellen sollte, von der ganzen Aufregung absolut nichts mitbekommen.
Mit dieser eher beunruhigenden Erkenntnis kehrte Ferren auf seinen Wachposten zurück, wo er verweilte, bis die Sanduhr das zweite Mal durchgelaufen war.
Darauf schickte er Olaf, Renault zu wecken, sodass der Wachwechsel vollzogen werden konnte.
Anschließend legte er sich selbst noch an den Kamin, ohne jedoch Schlaf zu finden.

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Crawley
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