Sie ist nicht geschlechtlich.
Zu diesem Schluss bin ich nun gekommen – ich lebe seit Jahren in einer, manchmal etwas fernen Beziehung.
Natürlich mit einem Mann - das gehört sich ja so für eine Frau, oder?
Dieses „oder" beschäftigt mich schon seit ich 12 bin. Die aufkeimenden sexuellen Phantasien im Teenageralter manifestierten sich nach Jahren in der Dunkelheit – im Geheimen – irgendwann in einer tiefen Verbundenheit mit einer Frau.
Diese Frau ist nicht besonders schön, sie ist nicht besonders intelligent und sie ist bei Gott nicht so, wie ich mir Frauen an sich in erotischen Phantasien vorstellte.
Sie ist einfach der Teil in meinem Leben, der mir fehlte.
Der Mann an meiner Seite weiß nichts von ihr, kennt aber die heimlichen Phantasien und meine schwäche für schöne (weibliche) Körper.
Jeder Tag, den ich an ihrer Seite verbringen kann, erhellt meinen Geist. Lieber mit
ihr beim Schuhe-Shoppen als mit einem Mann beim Sex.
Und nun kommen wir zum zentralen Thema. Sex. Dass drei Buchstaben ein Leben dominieren sollen, kann ich einfach nicht glauben.
Es gehört denke ich mehr dazu zum Leben. Ich fühle mich nicht impotent, wenn ich keinen Sex habe. Ich fühle mich nicht einsam, wenn ich Sex mit mir selbst habe.
Wenn ich Sex mit mir selbst habe, kann das aufregend, geil oder auch einfach nur notwendig sein. Manchmal ist der Griff zum Vibrator auch eine gute Möglichkeit danach leichter einzuschlafen. Die einen trinken Kamillentee, die anderen lassen den Batterienverbrauch steigen. So ein Vibrator-Orgasmus ist schnell, unkompliziert und relativ wenig flüssigkeitsintensiv - frau muss danach nicht einmal ins Bad.
Auch Pornos helfen. Sie füllen das leere Gefühl auf, das fehlt, bei einem Quickie mit dem Vibrator. Denn wenn frau im Vorfeld nicht geil ist und auch nicht feucht, ist die Vibrator-Sache ein gar trocken Ding. Aber das ist im Endeffekt egal, wenn es nur darum geht, die letzten Winkel des Körpers zu durchbluten, das Herz auf Vollgas zu stellen und danach selig einzuschlafen.
Dafür müssen dann aber auch die Pornos was besonderes sein. Mit der Null-Acht-Fuffzen-Nummer Mann-Frau, Blasen, Lecken, Ficken möglich in Muschi und Po, gebe ich mich da nicht zufrieden.
An einem Tag ist mir nach Analhammer und am anderen nach schwulem Sex. Natürlich nur unter Männern, denn der Anblick zweier Frauen, die sich hingebungsvoll räkeln, nur um den betrachtenden Männern zu gefallen, ist mir einfach zu unrealistisch.
Ich hatte Sex mit Frauen und weiß, dass das anders läuft, als sich Mann das gerne Mal vorstellt beim Mittagstisch.
Oder Anime-Sex, Animal-Sex und so fort - das Alphabet ist lang und genauso die Liste der Pornovarianten, die mich scharf machen (können).
Muss ja nicht immer sein, kann auch sein, dass sich gar nichts rührt. Dann halt ein andermal.
Hätte ich da immer einen Mann an meiner Seite, würde ich wahrscheinlich öfter Sex haben, aber wer will das schon...
Sex kann die Welt nicht dominieren. Davon bin ich mittlerweile überzeugt.
Wie gesagt, Schuhe kaufen kann viel spannender sein und der Effekt der Befriedigung hält wenigstens bis zum nächsten Schuhkauf an. Welche Frau kauft schon einmal die Woche Schuhe - folglich gibt's mehr Befriedigung für ein paar Schuhe als für Sex.
Denn von einmal pro Woche kann man nach vielen Beziehungsjahren nur noch träumen.
Einmal im Monat schon eher. Moment vorher war da was von wegen ..."nur noch träumen".... Nein, das revidiere ich, träumen tue ich vom Sex mit einem Mann nicht mehr. Es ist schön, wenn, muss aber nicht sein.
Aber nur keine Sorge, auch der Sex mit Frauen ist nichts, das ich jeden Tag brauche.
Allen Phantasien von Männern zum Trotz, treibens auch Frauen untereinander nicht überall und immer.
Da wird geredet, geredet und geredet - und vielleicht, wenn das reden denn auch heiß war, wird's heißer.
Außerdem habe ich festgestellt, dass frau Sex haben kann, wenn sie sagt: So jetzt passierts. Mit einer Frau spürt man da keinen Druck, man muss nicht feucht werden, damit das große Ding rein geht. Man muss nicht beweisen, dass man geil ist. Und wenn man nicht mehr will, hört man einfach auf, wurscht ob Orgasmus oder nicht.
Das verstehe ich auch unter Liebe - nicht den unterbewussten Zwang, den so ein großer, harter Schwanz auf mich ausübt und mir sagen will: So jetzt muss ich da rein, wurscht ob's Dir gefällt!
Die Liebe ist da, wenn ich keinen Zwang spüre, wenn mich nicht ständig jemand bedrängt, Sex zu haben.
Liebe ist ungeschlechtlich, denn die Nähe, und die Vertrautheit, die ich bei ihr spüre, wird im Zusammensein mit dem Mann immer durch den Damokles-Schwanz überschattet.
Der will immer und überall in feuchte, heiße Lenden stoßen, immer und immer wieder, ohne Rücksicht auf Besamumg.
Der Akt mit einem Mann hat etwas Brachiales, etwas Machtbeflissenes, etwas Furchteinflößendes an sich. Immer geht es hier um den Akt, den Sex an sich - Mann und Frau werden reduziert auf Muschi und Schwanz (plus ein paar anderer Körperöffnungen...).
Denn selbst bei allen Vorspielen dieser Welt, allem Gelecke, Gelutsche und Gestreichle, letztendlich endet der Akt in der Vereinigung zwischen den beiden Geschlechtsteilen von Männchen und Weibchen.
Zwischen Frauen ist das nicht so. Die Muschi spielt eine nachrangige Rolle und kaum keimt der Wunsch auf, etwas unbedingt irgendwo hineinstecken zu müssen.
Dafür gibt's Zärtlichkeiten von sanft bis streng und von liebkosend bis lüstern und von hauchzart bis heftighart.
So stelle ich mir Sex vor - der Zwang ist weg und am Tag darauf bin ich so glücklich, als hätte ich ein paar neue Schuhe gekauft (oder zwei....).
Und wie könnte frau auch für ein völlig konträres Wesen wie einen Mann die selbe Liebe und Zuneigung empfinden wie für das selbe Geschlecht - nur eine Frau kann eine Frau so kennen, wie sie sich selbst.
