Gejagter Jäger
Die schweren Schritte, die über den Boden der Kathedrale hallten informierten ihn sofort über die Anwesenheit des Fremden. Trotzdem blieb er noch einen Augenblick mit dem Rücken zu ihm stehen.
Man hatte ihm gesagt, dass man den Mann zu ihm schicken würde.
Logisch. Er war der einzige, mit dem Wissen, das er suchte. Er hatte nur nicht damit gerechnet, dass ihn der Mann mitten in der Nacht aufsuchete
,, Mir wurde gesagt ich solle mich an euch wenden ?“
Er betrachtete den Mann schweigend. Zerlumpte Kleidung und graue Augen, die jede Bewegung, jeden Schatten zu erfassen schienen. In den Händen hielt er eine gespannte Armbrust.
,, Das werdet ihr hoffentlich nicht brauchen.“ , sagte der Priester. Er würde seinen Namen nicht verraten. Genau so wenig, wie das der Jäger ihm gegenüber tun würde.
Der Mann senkte die Waffe.
,, Ich bin nur vorsichtig.“ , antwortete er.
,, Ich hatte euch nicht so spät erwartet. Schlaft ihr nicht?“
Der Jäger antwortete ruhig. ,, Ich schlafe Tagsüber. Mit der Zeit nimmt man die Gewohnheiten der Beute an. Deshalb seid ihr doch ebenfalls noch wach? Mir wurde gesagt ihr seid eine wahre Koryphäe auf dem Gebiet.“
,, Nun… man kann sagen das ich einige Erfahrung habe, ja. Selbst war ich allerdings nie auf der Jagd.“
Der Fremde nickte nur. Er fragte ihn nicht woher er sein Wissen dann hatte. Die Antwort wollte er vermutlich auch nicht kennen.
,, Also wie kann ich euch helfen ?“
,, Nun…“ Sie gingen durch das breite Querschiff der Kirche und setzen sich auf eine der Bänke, die dort verteilt standen. Mondlicht fiel durch die Fenster. ,, Ich plane eine Expedition nach Norwegen. Habt ihr schon von den Clans dort gehört?“
,, Es zieht euch ins Eis ? Dann seit vorsichtig. Die Unterart dort ist nicht sonderlich Intelligent. Aber ihr solltet euch vorsehen.“
,, Wieso ?“
,, Sie können durch Eis hindurchlaufen und greifen.“
Nach diesem Gespräch verließ der Jäger die Kathedrale. Es dauerte drei Monate bis er erneut vor der Tür stand.
Ein Auge fehlte, es wurde durch eine Lederklappe verdeckt und ein blutiger Verband um den Arm zeigte, das seien Jagd erfolgreich gewesen war, wenn auch nicht ganz ohne Verluste.
,, Ihr seht furchtbar aus.“ , begrüßte ihn der Priester.
,, In der Tat. Und es ist nicht das Eis mein Freund, auch wenn ich euch für die Information dankbar bin.“
,, Was dann ?“ , wollte der Priester wissen. War sein Verstand lückenhaft? Hatten die Jahre in seinem Versteck ihren Preis gefordert?
,, Es ist jede Art spiegelnder Flächen. Sie nutzen sie als Portal. Einer hat mich durch einen Zimmerspiegel verfolgt.“
,, Aber ihr habt ihn erledigt ?“
Anstatt einer Antwort holte der Jäger einen Bolzen aus seinem Rucksack. Getrocknetes schwarzes But hing daran.
,, Fast. Ich habe das Herz verfehlt. Aber nun weiß ich womit ich es zu tun habe.“
Der Priester nickte. „Und wie kann ich euch heute helfen?“
,, Ich suche nach etwas neuem. Habt ihr je von den Nachtschwingen gehört?“
,, Ja… Ich bin einmal einem ihrer Clanführer begegnet.“
,, Ihr meintet ihr würdet nicht jagen ?“
,, Es war eine unangenehme Begegnung.“ , antwortete er.
,, Und was wisst ihr über sie ?“ , der Jäger beugte sich gespannt nach vorne.
,, Nur sehr wenig. Aber sie können Fliegen, wenn auch nicht in ihrer eigene Gestalt. Sie sind schnell und absolut tödlich glaubt mir.“
,, Ich bin schneller. Wisst ihr wo diese Unterart sich aufhält?“
,, Man hat mir Berichtet… in Brasilien seien welche gesehen worden.“
,, Brasilien. Dann weiß ich wo ich beginnen muss. Habt dank.“
Wieder verschwand der Jäger. Diesmal verging fast ein halbes Jahr, bis es erneut an der Tür der Kathedrale klopfte.
Der unglückliche Mann, der statt dem Priester die Tür aufzog meinte einen Geist vor sich zu haben. Bleich und abgehetzt sahen ihn zwei graue Augen an. Und auf dem Rücken trug der Mann etwas.
,, Ihr habt hier alle ziemlich erschreckt.“ , meinte der Priester.
,, Zu Recht. Ich habe eure Nachtschwingen gefunden.“ Er warf den Beutel, den er auf den Rücken getragen hatte auf dem Boden. Unter dem Leinen kam etwas zu Tage, das an eine gewaltige Fledermaus erinnerte.
,, Ihr habt einen im Flug erwischt ?“
,, Zufall, wie ich gestehen muss. Aber ja.“
Der Priester beugte sich fasziniert über den Kadaver.
,, Und nun sucht ihr etwas noch mächtigeres ?“
,, Ich suche nach den Nosferatu.“
Der Priester fuhr erschrocken aus der Hocke hoch.
,, Ihr seid wahnsinnig.“ , antwortete er.
,, Sagt mir nur was ihr wisst.“
Der Man beruhigte sich wieder. Kein Grund zur Aufregung.
,, Da habt ihr euch eine schön Beute ausgesucht. Nosferatu sind die mächtigste Unterart, der ich das Pech hatte in meinem Leben zu begegnen. Ihr erkennt sie nicht, versteht ihr? Sie bewegen sich am Tag wie ihr.
Die einzige Möglichkeit einen zu erkennen, ist wenn er einen angreift.. oder sich nährt. Selbst heiliger Grund macht ihnen nichts aus. Einer könnte hier in diese Kirche gelangen ohne dabei zu Asche zu verfallen. Selbst wenn ihr sie in Weihwasser ertränkt schadet es ihnen nicht. Noch dazu müsst ihr erst einmal einen finden. Es sind intrigante Wesen. Und sie scheinen nach allem was ich beobachten konnte streben sie nach Macht, selbst in Öffentlichen Ämtern.“
,, Nun, dann werde ich dort suchen nicht wahr ? Ihr sagtet, ihre wahre Natur erkennt man nur wenn es zu spät ist?“
,, Ein Nosferatu muss sich alle drei Tage nähren. Sonst wird er seine Gestalt verlieren, die ihm Sicherheit gibt. Er würde erkennbar. Ja.“
,, Mehr muss ich nicht wissen.“
Diesmal blieb er fast einen Monat fort, bevor er eines Abends im Regen erneut an der Kathedrale erschien.
Es war alles wie die letzten Male. Nur war der Jäger frustriert. Er trat durch das Tor in das Querschiff ein und lief zum Altar, wo der Priester mit dem Rücken zu ihm stand.
,, Habt ihr gefunden was ihr gesucht habt ?“ , fragte er ohne sich umzudrehen.
,, Nein. Ihr hattet Recht, was ihre Fähigkeit der Tarnung angeht. Ihr habt keine Ahnung wo sich einer aufhalten könnte?“
,, Doch.“
,, Wo?“ , wollte der Jäger wissen.
Der Priester drehte sich um und lächelte. Und erst jetzt fiel dem Mann die viel zu blasse Hautfarbe des Mannes auf. Seien Augen funkelten hungrig im Mondlicht.
Monster.
,, Ich habe seit fast drei Tagen nicht gegessen.“
Es waren die letzten Worte, die der Jäger je hörte. Er kam nicht mehr dazu, die Armbrust zu heben und Abzufeuern.
