Kapitel 1 - Ein schicksalhafter Tag
Ein besonderer Tag
Ein süßer Geruch lag in der Luft, als ich die Augen an meinem 14. Geburtstag aufschlug. Ich schaute auf die Uhr auf meinem Nachttisch. Zehn Minuten nach neun. Zeit, dem neuem Lebensjahr gegenüber zu treten. Ich stieg aus meinem Bett, zog die Gardienen an meinem Fenster zurück und blicke, nur im Nachthemd bekleidet, hinaus in die Welt. Doch alles was ich sah war die Baustelle unserer Nachbarn. Sie bauten einen Neubau an und dies machte mehr Lärm und Dreck, als mein Zimmer und meine Ohren ertragen konnten. Deswegen weigerte ich mich, diese verpestete Luft hinein zulassen und ging deshalb zum Kleiderschrank um mich anzuziehen. Ich öffnete eine der Türen und nahm ein gelbes Sommerkleid mit einer Schleife um die Taillie heraus, zog es an und betrachtete mich im Spiegel. Schnell steckte ich mir noch meine Haselnussbraunen Haare hoch, nickte mir selbst zu und schritt auf den Flur, wo der Geruch nach süßem Gebäck noch intensiver war, als in meinem Zimmer.
Ich ging langsam die Treppe hinunter und wusste, dass heute ein ganz besonderer Tag werden wird. Doch da wusste ich noch nicht, wie besonders. Als ich nur noch ein paar Stufen vor mir hatte, bat mich meine Mutter stehen zu bleiben. Sie wollte auch diesen besonderen Tag in meinem Leben festhalten. Meine Mutter hatte die Angewohnheit, jeden Schritt im Leben meiner Familie zu dokumentieren und für die ewigkeite festzuhalten. Das war auch der Grund, warum sie es sich nicht nahm, den Fotoapparat zuzücken und ein Foto zu machen. Während dieses Rituals, striff mein Blick durch Wohnzimmer, offener Küche und durch die großzügigen Fenster nach draußen in den Garten, wo meine beiden jüngeren Brüder Fussball spielten. Von weiter weg vernahm ich das Geräusch eines Fernsehers und lauschte. Doch ich wusste schon, was da lief. Ich hatte nämlich an einem ganz besonderen Tag Geburtstag. Am 11.September. Jener Tag, an dem , vor nun schon fast 50 Jahren, ein Wahrzeichen New Yorks zugrunde ging. Auch wenn wir nicht in dieser Stadt wohnten, sondern in einem kleinem Vorort von New York, verfolgte mein Vater jede Dokumentation, die es über diesen Tag gab. Warum hat er nie gesagt, er meint immer nur, es interessiere ihn halt.
Meine Mutter riss mich aus meinen Gedanken, als sie mit ihrer hellen und lauten Stimme alle zusammenrief zum Frühstück. Wir versammelten uns um den Großen Esstisch, der im Wohnzimmer platz fand und reich gedäckt war. Kuchen, Kekse und viel anderes Gebäck stand auf dem Tisch und ich wusste gar nicht womit ich Anfangen sollte. Meine Brüder nahmen mir diese Enscheidung ab, in dem sie mir eine Sahnetorte vor die Nase hielten. Auf ihr war in Bunter Zurckerschrift ‚Happy Birthday Kate‘ geschrieben und um den Schriftzug branten 14 Kerzen. Meine Eltern und meine Brüder sangen mir ein Geburtstaglied und dann konnte ich schließlich die Kerzen auspusten und wünschte mir etwas. Grade, als die letzte Kerze erlosch, hörten wir einen lauten Knall und sahen raus zum Garten. Wir ließen den gedeckten Tisch so, wie er war und stellten uns auf die Veranda, doch was wir sahen, versprach nichts gutes.
Wieder ein lauter Knall, der Himmel wurde dunkel und die Luft stank nach Rauch. Weiter entfernt ertönten Sirenen und unser Hund Lex fing an wild den Himmel an zu bellen. Schnell schobmein Vater uns alle ins Haus, wir sollten in den Keller und uns dort verstecken, er würde uns dann holen, wenn es vorbei war. Wenn. Doch dazu sollte es nicht kommen. Als wir vor der Kellertür standen, erhaschte ich noch schnell einen Blick von Lex und meinem Vater, bevor dieser in einer Feuerwolke verschwand. Unfähig etwas zu sagen, zu reagieren, schaute ich zu, wie die Feuerwalze sich den Weg ins Haus suchte und alles auf ihrem Weg verschlang.
Ich wurde aus meiner Trance gerissen, als mich jemand am Arm wegzerrte. Meine Mutter hatte uns alle nach draußen auf die Straße gezerrt. Ihr standen Tränen in den Augen und meine Brüder kauerten schon auf dem Boden. Sie sahen zu, wie die Flammen unser Haus verschlungen. Ich blickte mich draußen um und bemerkte, dass auch unsere Nachbarn ihr Hab und Gut verloren hatten. Auf den Straßen herrschte ein getummel wie in einem Ameisenhaufen.
In einem kurzem Moment der Stille, vernahm ich das winseln meiner Brüder und hockte mich hin, nahm sie in den Arm. Plötzlich drang erneut ein lauter Knall an mein Ohr, allerdings irgendwie verzögert. Denn als ich den Knall vernahm, flog ich schon durch die Luft. Was ich dabei sehen konnte war nur verwüstung. Bäume wurden entwurzelt, Autos, Menschen, Holz, einfach alles flog druch die Luft und wurden von der Wucht von, was es auch immer war, weggeschleudert
Schreie kamen aus jeder Himmelsrichtung.
Der Himmel wurde schwarz wie die Nacht.
Ich schlug hart auf den Bodem auf, einige Meter weit weg von meinem Zuhause und hörte beim Aufprall ein knacken. Ich hatte mir mit Sicherheit etwas gebrochen. Doch daran konnte ich nicht denken. Zu meinem Glück blieb ich bei bewusstsein, hätte mich allerdings fast übergeben, als ich neben mir ein Bein sah, ohne Körper. Ich befahl mir wegzusehen und aufzustehen, doch das entsetzen über dieses Szenario war so groß, dass ich wie gebannt auf das sah, was vor mir war. Ein riesengroßer Krater.
Noch immer hafteten meine Augen auf dem riesengroßen Krater, der sich vor meinen Füßen auftat. Unendlich lange Minunten schienen zu vergehen, bis auch die umliegenden verletzten Nachbarn begriffen, was da grad geschehen war. Erste Andeutungen auf ‚Bomben‘ und ‚Terroristen‘ wurden laut und wenn ich es mir recht überlegte, war es gar nicht so abwieig.
Es war der 11.Septemper 2050. Mein 14. Geburtstag. Ein schöner Tag, bis zum Anschlag.
Als ich meine Augen öffnete war ich geblendet von dem hellen weißen Licht, dass mich anstrahlte. Es lag etwas in der Luft, das mir fast den Magen umgedreht hätte. Es roch nach Desinfektionmittel, nach Mitleid, Bedauern. Als ich mich versuchte aufzurichten kam eine Schwester auf mich zu. Sie versuchte ein lächeln aufzusetzten, doch man sah ihr an, dass sie gestresst und völlig am Ende war. Sie erzählte mir, dass ich mir den Arm und ein paar Rippen gebrochen hätte und befahl mir liegen zubleiben. Ich schenkte ihren Worten kaum interesse und redete auch nicht. Mein Kopf versuchte immer noch das Geschehene zu verarbeiten. Einigen Minunten vergingen und die Schwester wollte grade wieder gehen, da rief ich sie und fragte nach meiner Mutter und meinen Brüder. Ich nannte ihre Namen und bat sie, sich zu erkundigen. Sie nickte nur und antwortete mit einem knappen ‚Ich werd sehen, was ich tun kann‘, drehte sich allerdings nicht mal um.
An ihrer Reaktion konnte ich die Antwort auf das Wohlergehen meiner Familie ablesen. Ich hatte mir sowieso nicht viel Hoffnung gemacht. Es war ein Wunder, dass ich überhaupt noch lebte während der Rest meiner Familie wohl das zeitliche gesegnet hatte. Es wurde ganz still in dem Raum und eine Träne nach der anderen rann mir über die Wangen. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit kam die Schwester wieder und unterdrückte meine Tränen. Sie verabreichte mir ein starkes Schmerzmittel und gab mir einen Zettel, auf dem stand, dass ich gehen konnte. Sie brauchten mein Bett wohl für dringlichere Notfälle.
Als ich aufstand bemerkte ich, wie zerissen und verbrannt mein Kleid war. Ich spielte mit dem Gedanken zurück nach Hause zu gehen um mir etwas neues anzuziehen, doch da holte mich die Realität wieder ein. Auf dem Krankenhausflur herrschte reges treiben. Ärzte und Schwestern wussten sie Anfangen sollten, es waren einfach zu Verletzte. Ein Fernseher hing von der Decke runter und zeigte eine junge Frau, vielleicht mitte zwanzig, die meiner alten Wohngegend stand und live von dem Geschehen dort berichtete.
Während die Frau von dem tragischem Ereignis berichtete schwenkte die Kamera durch die Gegend und zeigte die Verbrannten Häuser, den riesengroßen Krater, die Sanitäter und Feuerwehrleute, die Leichen, die Verletzten. Ich glaubte unter den Verletzten meine Mutter gesehen zu haben, doch der Moment war zu kurz, um es mit gewissheit zu sagen.
Auf einem Tresen lagen ein paar Medikamente, ohne zu überlegen griff ich danach und lies sie in meiner kleinen Tasche verschwinden, die in mein Kleid eingenäht war. Sie war zum Glück ganz geblieben. Ich schritt durch die Menschenmassen, die sich in den Fluren und vor dem Krankenhaus tummelten. Das Krankenhaus hatte schon eine Notversorgung mit extra Zelten eingerichtet. Offenbar war nicht nur unser Viertel betroffen. Einen älteren Mann fragte wo er her kam, doch er konnte mir nicht mehr sagen, als dass er weinerlich den Namen seiner Frau rief.
Ich bin Kate, 14 Jahre und stärker als ich dachte.