Das Muttermonster
Es ist schon merkwürdig, wenn ich mir das jetzt so betrachte, dann passt auch alles zusammen. Bevor ich sechs Jahre alt war, war meine Mutter nicht besonders streng, sie war zwar konsequent, aber im Ganzen etwas sanfter. Als ich aber sechs war, veränderte sie sich irgendwie. Ich kam in die Schule und litt gleich ab der ersten Klasse unter einem enormen Leistungsdruck. Ich musste lesen als ob es kein Morgen gäbe. Man muss dazu sagen, dass meine Mutter eine extreme Leseratte ist. Ich glaube ohne ihre Bücher würde sie sich nackt fühlen.
Ich hingegen war als Kind eher ein Lesemuffel, dem man zwar wunderbar vorlesen konnte, aber selber lesen hat sich erst zögerlich entwickelt. Kein Wunder, wenn man beim Lesen ständig angeschnauzt wird, da hat man ja automatisch keinen Bock mehr.
Aber das mit dem Lesen war noch harmlos. Viel schlimmer waren die Hausaufgaben, die ich unter der Aufsicht meiner Mutter oder ihres komischen Freundes machen musste. Der Freund war ein bisschen sadistisch veranlagt, er machte sich einen Spaß daraus, mir an den Haaren zu ziehen, natürlich nicht nur ein bisschen. Er muss selber ein sehr bemitleidenswerter Mensch sein, wenn er ein Vergnügen dabei empfindet kleine Kinder zu ärgern. Wenn ich beim Schreiben oder bei Rechenaufgaben versagte, dann kam es oft vor, dass meine gesamten Schulsachen durch Zimmer flogen, begleitet von einem Geschrei meiner Mutter, bei dem jeder Säbelzahntiger den Schwanz einziehen und davon laufen würde.
Klar, so ein Gebrüll und impulsives Handeln motivieren ungemein und lassen die Vorfreude auf die nächsten Hausaufgaben stetig anwachsen. Es war also kein Wunder, dass ich immer schlechter in der Schule wurde und natürlich auch keinen Spaß daran hatte.
Ich pendelte mich während meiner gesamten Schullaufbahn auf befriedigend bis ausreichend ein. Was aus meiner Sicht noch ganz gut ist, wenn man bedenkt dass ich immer mit Angst teils sogar Panik zur Schule beziehungsweise nach Hause ging