Gedichte
Ikarus' Tod II - Aus: Von Göttern und Heroen

Ist Liebe nicht die Sonne,

Die des Jünglings Flügel jäh versengt;

Und ist Schicksal nicht der Faden,

An dem des Lebens Pendel hängt.

So ist alles, was in Licht erstahlt,

Zum tiefen Sturze stets verdammt,

Dass in der Flut der schwarzen Tränen,

Verloren ist, was einst entflammt.

Es will des Menschen Seele

Den Himmel frei durchstreifen;

Will nach den feurig’ Früchten,

Den hellsten Sternen greifen.

Doch ein kleines Herz muss brennen,

Wenn der Flammenstern ihm scheint;

In goldnen Fluten jäh vergehen,

Wenn Lieb’ sich mit dem Zweifel eint.

So kann nur des Starken Seele

Den Leidenschaften widerstehn,

Kann frei auf leichten Schwingen

Den Zauber wahrer Liebe sehn.