Der Einsame Sänger
Was seid ihr Möwen freudig
Und euer Lachen voller Hohn;
Sind ja eure Flügel weit
Und Freiheit eurer Seele Lohn.
In luft’ge Höhe ihr euch schwingt,
Die fernen Weiten zu bestaunen;
Trotzt den Wolken und dem Wind,
Des Meeres wilden Launen.
Doch ich armes Menschenkind
Hab keine Schwingen mich zu leiten,
Drum kann ich nur im fernen Traum
Mit meinen Sängen euch begleiten.
So fliegt, ihr Küstensänger,
Mit eurem Lied am Himmelszelt
Und bringt die zarten Klänge
Meiner Harfe in die weite Welt.
Der Seemann
So kalt das Meer sich woget
Bei Nacht und Tageslicht.
Aus den Tiefen noch zu hören
Das Lied von Flut und Gischt.
Und ein Schiffer schon so lange
Fährt dahin in Einsamkeit.
Sein Herz die Küsten suchet,
Doch sein Ziel ist noch so weit.
Fern, so fern das Ufer,
Rettend, auch kein Möwenschrei.
Wohin soll er sich nur wenden,
Da alle Hoffnung vergeblich sei.
Doch der Seemann nicht zögert,
Nicht verzweifelt an der Welt.
Er hisst die Segel, greift die Pinne,
Der Kiel das Wasser zerschellt.
Und auch des nächtlichen Sanges
Der Nymphen mag er widersteh´ n.
Sein Herz kennt nur ein Begehren:
Das Land einst wieder seh´ n.
Doch die Möwen, sie schweigen,
Kein Ufer kommt in Sicht.
Viele Jahre schon vergangen.
Wo ist nur der Hoffnung Licht?
Verzagend, verzagend der Seemann
Bringt ein letztes Aufgebot,
Steuert in die Stürme,
Vergisst all Last und Not.
Kann sich nicht mehr wenden,
Verflucht die Herrin kalt;
Klaget und Bittet,
Einen Weg zu finden bald.
Und siehe da, die Herrin,
Gewandet in ihr Meereskleid,
Singet zu dem Schiffer
Von Tränen und von Leid.
Seemann, oh Seemann,
Der sich nach dem Land verzehrt,
Der Nordstern dein Geleit dir sei,
doch ein´ Kuss mein Herz begehrt!
Salzig schmeckt er die Lippen,
Seiner Hoffnung schwerer Lohn.
Oh, wenn er nur gewusst´ hätt´ !
Doch er folgt dem Nordstern schon.
Nordstern, Nordstern am Himmel,
Bring den Schiffer bald nach Heim!
Führ´ ihn zu den Gestaden,
dem fernen Ziele sein!
Und der Seemann erblicket
Der Küsten weißer Sand.
Vergisst die See, die Wellen,
Greifet nach dem Inselland.
Jahr und Tag, sie vergehen.
Für Weib und Haus und Kind
Legt´ er auf Kiel sein Schiff nur
Und die Segel fangen keinen Wind.
Doch Weib und Kinde ihn nicht halten,
Stets zum Meere kehrt sein Blick.
Oh, wo ist nur die Zeit geblieben?
Wo liegt nur sein wahres Glück?
Da weiß er, es rauschen die Wellen
Und die Meere rufen ihn.
Gefangen wohl sein Herz ist,
Will nur in die Ferne ziehn´ .
Geflickt, gehisst sei nun das Segel,
Der Sand vom Rumpf gefegt,
Und tief in seinem Herzen,
Die kalte Sehnsucht sich regt.
Von fern her singet die Herrin
Ihr Lied von Sturm und Meer.
Denn wen sie einst berühret,
Gibt sie wohl nie mehr her.
Jahrtausendalt
Lass die Seele schweifen,
Über weite Meere ziehn.
Wünscht’, ich könnt’ begreifen
All die Jahre, die entfliehn.
Auf weißen Möwenschwingen
Gehen lange Jahre dahin,
Wollen Freiheit jäh besingen,
Im Himmelsblau den klaren Sinn.
Doch mein Herz ist wohl gefangen,
Wandert ruhelos durch weißen Sand;
Sind alle Träume doch vergangen
Wie das Meer am Weltenrand.
Und wie die Möwen lachen,
von den Ufern fern es schallt.
Mein Herz träumt von Erwachen
Und ist bald jahrtausendalt.
Kalte Tiefen
Das blaue Licht getilgt
Unter immerkalten Wogen,
Dass gar mein kleines Herz
Um seine Wärme wird betrogen.
Ein Abgrund tiefster Stille
Tut sich vor mir auf
Und in Dunkelheit entschwindet
Mein einst ungebeugter Wille.
Welch Leben lauert drohend
Auf diesem tiefen Grund,
Dass leise es mir flüstert
Aus der Seele düstren Schlund.
Ein bleicher Körper schwebt vorbei,
Tote Augen starren mir entgegen,
Schwärze streckt die Klauen aus
Zu manch böser Zauberei.
Dass ein grauenvolles Leuchten
Die Kälte jäh erfüllt
Und in den leeren Weiten
Manch Geheimnisse enthüllt.
Oh, welch falsche Sicherheit
In dieser trüben Schattenwelt,
Da sich Schönheit mischt mit Schrecken
In des Herzens Einsamkeit.
Kiel
Wolken weich im kühlen Blau,
Schmecke Salz in Meeresluft.
Nahe Küste mit dem Wind
Bringt Möwenklang und Algenduft.
Sommerfelder, sonnengelb
Vom Weiten schon zu sehn;
Mal frei im lichten Schatten
Junger Apfelbäume gehen.
All die Menschen, heit’rer Klang:
Fremde Sprachen und Gesichter
Aus fernen Ländern übers Meer
Geführt durch Leuchtturmlichter.
Neue Reise
Hinfort, hinfort, oh Freund!
Hörst du nicht
Der Wellen Rauschen,
Der Möwen Sang?
Die Winde warten schon,
Erwarten uns
An alten Gestaden.
Bereit sind schon die Schiffe,
Zu geleiten uns
Auf dieser letzten Fahrt.
Zurück verbleiben
Alte Freunde, lange Zeit,
So viel Freuden, so viel Leiden,
Taten und Erinnerungen,
Die bald verblassen werden.
Denn sieh, oh Freund!
Ein neuer Weg liegt uns bereit,
Ein letzter, bringt uns ans Ziel.
Wohin die Winde
Uns am Ende tragen?
Weshalb die Möwen
Singen, klagen?
Was uns wird erwarten?
Frage nicht, oh Freund!
Denn was einst gewesen,
Verliert am andern Ufer
Allen Sinn, Bedeutung.
Und Erinnerungen verblassen,
Ewig ruhen, ewig schlafen.
Segel am Horizont
Segel fern am Horizont
Ziehen aus aufs weite Meer,
Doch wohin der Kurs sie führt,
Weiß schon bald kein Schiffer mehr.
An Felsen wohl und Ufern
So manches Schiff vorübergeht;
Und manches Segel wohl vom Wind
Aufs stet’ge Land wird fortgeweht.
Ein Schifflein ward verschlungen
Von dunklen Wellen schattenhaft,
Als des Schiffers Mut versiegt,
Gebrochen alle Willenskraft.
Doch jene, die den Nixen
Und der Scylla widerstehn,
Sei ein stiller Hafen wohl bereit,
Dass sie all die Wunder Edens sehn.
So kommt ihr Schiffer, legt nur an,
Vom Lebenskurse schon ermattet.
In meinem Garten ew’ge Rast
Im Tod euch sei gestattet.
Spuren im Sand
An weit entfernten Ufern
Werden wir uns sehn.
Dort will ich dir zeigen
All die Wunder, die geschehn.
Ziehen unsre Spuren
Durch den weißen Sand,
Leben Herz bei Herze
Durch Zeiten Hand in Hand.
Am Himmelsblau die Möwen
Mögen ihre Kreise ziehn;
Haben doch die Götter
Ihnen freie Seel’n verliehn.
Doch unsren Menschenherzen,
An Zeit und Raum gebunden,
Bleibt allein die Liebe,
Eh’ Herz und Seel’ entschwunden.
Doch solange Liebe währt
Und der Wind ums Wasser freit,
Hinterlassen wir die Spuren
Im weißen Sand der Zeit.