Fast wie im richtigen Leben
Seltsame Briefe machen die Runde in den Städten und Gemeinden unseres Landes. Das Grauen auf Recyclingpapier!
Vorsicht: Hochachtungsvoll!
Da bekam ich als Osterüberraschung einen Brief von der Agentur für Arbeit.
Hochachtungsvoll R. war der Brief unterschrieben!
Hochachtungsvoll! Das konnte nichts Gutes sein. Und so war´s. Es ging um die "Kosten der Unterkunft."
Meiner Unterkunft. Nach Überprüfung habe man festgestellt: Diese sind unangemessen hoch.
Soso, ich bin eine Haushaltsgröße von einer Person, angemessen wären 45 Quadratmeter.
Und die dürften dann 270,00 Euro Kaltmiete kosten. Ich besitze die Dreistigkeit eine 2-Zimmer Wohnung mit 70 qm zu bewohnen und das für 332,34 Euro.
Na klar, vollkommen unangemessen!
Also fordert Hochachtungsvoll R. mich auf, die Kosten der Unterkunft auf ein angemessenes Maß zu senken.
Ich könnte ja z. B. untervermieten!
Ha! Scharfe Idee: 20-jährige, blonde, vollbusige Studentin, die mir ein wenig im Haushalt hilft.
Plopp! Seifenblase geplatzt. Da stand der 50-jährige Walter, der nach einer preiswerten Unterkunft sucht.
Wir konnten uns dann doch auf Anhieb gut leiden. Und so hab ich ihm die Hälfte meines Wohnzimmers und des Schlafzimmers abgegeben.
Eines schönen Tages tauchten meine beiden Kinder Max und Moritz zum ersten Mal für das Wochenende bei mir auf.
Jetzt hatte Walter ein Problem. Er wollte nicht, das einer der beiden Jungs in seiner Hälfte des Schlafzimmers übernachtet. Aber bei mir war kein Platz, da standen ja alle gestapelten Möbel.
Gott sei Dank, die Kinder waren bereit, abwechselnd in der Duschtasse zu nächtigen.
Eines Tages meinte Walter: "Wenn ich den ganzen Tag zuhause wäre, dann würde ich ja viel mehr Heizung abkriegen als er. Und aufs Klo ginge ich auch öfter. Und die Kinder! Er würde also nur noch ganz wenig Nebenkosten zahlen."
Und wenn die Kinder, zusätzlich zu den Wochenenden, in den Ferien für drei Wochen kämen, dann hinge der Haussegen aber schief.
Ich hab dann Wohnungsinserate abgeschrieben, oder aus der Zeitung ausgeschnitten und das Angebotsdatum notiert. Denn Walter hat wie Hochachtungsvoll R. gesagt, ich könne mich ja um eine angemessene Wohnung bemühen.
Und eines Tages, nachdem Hochachtungsvoll R. einer Anmietung zustimmte, zog ich um.
Die Kosten für den Umzug: 2.978,23 Euro.
Die Renovierung kostete 1.395,45 Euro.
Da ich ein 6-teiliges Besteck und auch Geschirr hatte, ich aber nur eine Haushaltsgröße von einer Person bin, bekam ich einen neuen Teller, ein neues Messer und eine neue Gabel.
Auch das Bett von 2 x 2 Meter wurde gegen Eines in der Größe 90 x 180 cm ausgetauscht. 6 Zentimeter von mir sind jetzt im Freien, aber kalte Füße hab ich sowieso.
Die Kosten: 250,00 Euro.
Jetzt sitz ich hier seit 5 Monaten in 45 qm, habe seit wenigen Tagen eine neue Arbeit.
Hochachtungsvoll R. hatte für meinen Umzug 4.623,68 Euro genehmigt.
Moment, 332,34 Euro zu 270,00 Euro. Das ist ein Unterschied von äh.......... 62,34 Euro.
5 Monate hab ich hier gewohnt, 5 x 62,34 Euro, macht 311,70 Euro.
Hab ich mich irgendwo verrechnet?
Ich muss Walter mal fragen!
Übrigens, Walter ist Revisor bei der Agentur für Arbeit. Der muss ja rechnen können.
Jake Blues