Kurzgeschichte
Fehlkalkulation

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"Fehlkalkulation "
Veröffentlicht am 06. Mai 2008, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Nach längerer Zeit bin ich wieder hier. Das Leben ist ein Arschloch? Keine Ahnung, ich schreibe Lyrik für Menschen, die sich etwas mehr über den Tellerrand hinaus wagen. Nicht jedermanns Sache, aber immer ehrlich und nah den Hinterhöfen und Seitengassen der Gesellschaft.
Fehlkalkulation

Fehlkalkulation

Fehlkalkulation

Fred stand seit einer halben Stunden im Geschäft, ohne sich auf irgendetwas festlegen zu können. Er schaute sich alles genau an. Zwei Verkäufer und zwei junge Frauen. Eine davon mit einem ca. 11 jährigem Kind. Nichts von Bedeutung also. Er schien sich nicht sicher zu sein, ob das hier der richtige Ort und der richtige Zeitpunkt war.

Doch dann spornte ihn eine innere Stimme an. Es brach aus ihm heraus:
“ÜBERFALL, das ist ein Überfall. Ich bin bewaffnet und möchte niemanden verletzten. Legen sie sich alle auf den Boden. Gesicht nach unten. Keiner rührt sich.”

Es tat gut. Wie in den Filmen, die er sich gerne ansah.
Die Leute im Laden legten sich auf die Erde. Er hörte hier und da ein Winseln.

“Wo ist das Geld?” schrie er in den Raum.
“Da, hinter der Theke,” erwiderte ein grauhaariger Mann, ohne den Kopf zu heben.
“Stehen sie auf, los. Gehen sie hin und packen mir das Geld in diese Tüte.”
Er schmiss eine gelbe Edeka-Tüte vor den Mann.

“Es ist noch nicht viel Geld hier, wir haben gerade erst aufgemacht”, sagte er zitternd.

“Was heißt, nicht viel”, fragte Fred unruhig.

“Ich weiß es selber nicht”, sagte der Mann.
Fred sah ihn an. Er schien so um die 55 Jahre zu sein. Viel zu klein für einen richtigen Mann, der ihm gefährlich werden könnte.

“ Schauen sie nach. LOS.”

Der Mann stand auf und ging zur Kasse hinter der Theke. Unsicher öffnete er sie und fing an zu zählen.
“Lassen sie uns am Leben?”, fragte er.
“Zählen sie, und halten sie die Klappe, seh‘ ich aus wie ein Mörder”

Während der Mann das Geld sortierte und anfing zu zählen, überlegte Fred, wie es auf die anderen wirkte. Er verspürte große Genugtuung.
Sein Leben lang wurde er gehänselt. Er hatte schon als kleiner Junge viel zu große Füße.
Schuhgröße 51.
Bigfoot oder Mega-Latschen haben ihn alle genannt. Und die Mädchen fanden ihn zu dick. Nie hatte eine einzige ihn gefragt, ob er mit er gehen würde. Nie hat eine ihn geküsst.

Er ging auf eine Frau zu.
“Wie finden sie mich?”
Die Frau ließ ihr Gesicht auf dem Boden.
“Schauen sie mich an, Gott verdammt. Wie finden sie mich?”
Sie hob ihren Kopf und sah ihn an.
“Wie meinen sie das?”
“Stell dich nicht blöder an, als du bist,” sagte er zornig.
”Sag schon was. Zu dick für dich? Zu klein? Zu unattraktiv?”
Die Frau fing an zu weinen. “Nein, sie sehen gut aus.”
“Zieh dich aus” sagte Fred.
“Nein, bitte nicht. Nicht das.”

“Bitte lassen sie doch die Frau in Ruhe”, sagte der Mann an der Kasse.
“HALT’S MAUL UND ZÄHL DEIN GELD,” schrie Fred ihm zu.
Dann ging er rüber, zog seine Knarre aus dem Hosenbund und hielt sie ihm an den Kopf.
“Willst du sterben?”
“Nein, Entschuldigung, aber die Frau hat doch nichts damit zu tun. Bitte lassen sie....”
“WILLST DU JETZT STERBEN, DU ARSCH?”, wiederholte Fred.
“Nein”.
Der Mann fing am ganzen Körper an zu zittern und zählte das Geld zu Ende.
“325 Euro”, sagte er.
VERARSCH MICH NICHT!” schrie Fred ihm entgegen. “ ICH WILL ALLES.”
“Mehr ist nicht da”, entgegnete der Mann.

Fred drückte ab.
Wie in Zeitlupe knallten Blut und Gewebeteile an die weiße Wand hinter dem Mann.
Dann fiel er um.
Aus seinem Kopf lief Blut. Extrem viel Blut. Aber das Loch war auch extrem groß.
Fred bückte sich zu ihm herunter.
“Hey, das wollte ich nicht. Ehrlich.”

Die Frauen und der andere Verkäufer fingen an lauter zu weinen.

“HEY DAS WOLLTE ICH WIRKLICH NICHT.” schrie er.
Er ging zu der Frau zurück, die panisch anfing sich die Bluse aufzuknöpfen.
“Lassen sie das”, sagte er. ”Ich bin nicht so einer. Ich bin ein guter Mensch.”
Dann stellte er sich Mitte in das Geschäft und dachte nach.
Alle haben ihn gesehen. Er trug keine Maske. Er muss sie alle umbringen.
Oder sich selbst.

Er hockte sich wieder neben die Frau.
“Sie können mich beschreiben, oder? Was mache ich jetzt?”
“Ich sage nichts, wirklich, aber bitte lassen sie mich am Leben. Ich sage wirklich nichts. Lassen sie mich gehen.” Sie brach in Tränen aus. “Bitte lassen sie mich und die anderen gehen.”
“Ich denke das geht nicht mehr”, sagte er.
“ Es geht immer noch.” sagte die Frau.
“Ihr habt mich gesehen. IHR HABT MICH ALLE GESEHEN. ALLE.”

Er nahm die Waffe in die Hand und drückte sie der Frau auf das Brustein.
“Ich bin kein schlechter Mensch.”
Dann zog er den Abzug.
Die Frau wurde durch den Druck ein Stück nach hinten geschleudert.
Sie atmete noch.
Er kroch zu ihr.
“Sorry.”
Dann drückte er noch zwei mal ab.
Er überprüfte die Atmung. Nichts.
Er stand auf und ging zum anderen Verkäufer.
“Haben sie Kinder?”
“Ja, zwei Mädchen”, antwortete dieser.
“Ich auch”, sagte Fred, obwohl es nicht stimmte.
Er hatte nie mit einer Frau geschlafen, geschweige denn eine Familie oder Kinder gehabt.
“Auch zwei Mädchen”, sagte er. “Jenny und Luisa. Ich werde sie nicht mehr wiedersehen, oder?”
“Ich weiß nicht”, sagte der Mann.
“Doch sie wissen es.”
Er kam mit seinem Gesicht ganz nah an den Mann heran und streichelte ihm zart über den Kopf.
“Kinder sind das wichtigste auf der Welt. Ich würde alles für meine Töchter geben. Alles”, flüsterte Fred ihm ins Ohr.



Wird fortgesetzt
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Lyders
Nach längerer Zeit bin ich wieder hier.
Das Leben ist ein Arschloch?
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Menschen, die sich etwas mehr über den Tellerrand hinaus wagen.
Nicht jedermanns Sache, aber immer ehrlich und nah
den Hinterhöfen und Seitengassen der Gesellschaft.

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