Amerika, Wilder Westen im Jahre 1879. Ein Krieg bannt sich an zwischen zwei Ranch und mittendrin Zwei Wesen die dort nichts zu suchen haben. Finden Sie zusammen und können sie den Krieg verhindern? Ein folgendschwerer Fehler und es ist nichts mehr so wie es einmal war. Man merkt erst was man hatte, wenn es verloren ist! Alles und Jeder wird hinter fragt! Was sind Gefühle? Wozu sollen sie gut sein? Was denkt ein Mensch? Will ich ein Mensch sein? Er geht auf die Suche, mit unbegrenzten Möglichkeiten und er muss sich entscheiden. Wird er seine Angst besiegen?
Sie fielen lang, ihren kompletten Rücken hinab. Sie waren so wunderschön anzusehen. Ich folgte Ihr mit meinen Augen. Es war mir unmöglich meinen Blick von Ihr zu lösen, bis Sie in den Stall verschwand. Meine Aufregung stieg ins unermessliche. Es bereitete mir geistige und körperliche Schmerzen, sie nicht mehr zu sehen und meine Angst war stärker den je zurück. Ich musste einfach wissen wo Sie war und mit einem Satz schwang ich mich nach oben, drehte eine Runde um den Stall, sodass ich vor dem Eingang zu Boden gleiten konnte. Sie rannte den Gang entlang, zu dem anderen Mann, den Sie Bill genannt hatten.
„Bill!“
-Wer kommt den da angerannt?
Hat sie Daniel doch herum gekriegt?
Die Diskussion hat diesmal etwas länger gedauert, aber zu mindestens hat er es versucht.-
“Na, hast du es doch geschafft dich deinem Dad zu wieder setzen?”
Der Cowboy sah das kleine Mädchen kurz in die Augen und schüttelte dann lachend seinen Kopf.
“Dein armer Dad. Er meint es doch nur gut mit dir.”
“Ja, ich weiß, doch diesmal übertreibt er es.”
“Wie hast Du Ihn umgestimmt?”
-Ich kann es mir denken. Ich habe auch oft genug verloren.-
“Ich habe versprochen artig zu sein und Du bist jetzt mein Aufpasser.”
“Ich bin dein Aufpasser? Wie soll ich das verstehen?”
-Oh nein.-
“Ich darf dir nicht von der Seite weichen. Ich bin jetzt dein zweiter Schatten.”
Sie demonstrierte es, indem Sie um Ihn herum schlich und sich hinter ihm versteckte.
-Das hält sie niemals lange durch. Immer sieht sie etwas interessantes.-
Der Cowboy schaute mit gespielter Bestürzung auf sie hinab.
“Ach du lieber Himmel! Womit habe ich das verdient? Welch eine Bestrafung! Welche Straftat habe ich begannen Racy?”
" Bill der geborene Komiker. Ha Ha ! Sehr witzig Bill. Ich werde mich benehmen. Versprochen! Dad übertreibt nur. Ein Adler ist doch viel zu klein gegen mich. Und ich schmecke doch nicht wie eine Maus? Er will doch nur das ich im Haus bleibe, um M´a beim kochen zu helfen, damit ich später meinem Mann bekochen kann. Das ist doch voll langweilig. "
Bill prustete los. Ihr Gesicht war so todernst, als ob es die Hölle wäre kochen zu können.
„Der arme Mann den du einmal ehelichen wirst.“
Diese Vorstellung fand auch das kleine Mädchen sehr lustig und lachte mit.
Während Sie miteinander sprachen, machte ich mich auf, unbemerkt von den beiden, in den Stall und hüpfte auf eine Wand der Boxen, wenige Meter von Ihnen entfernt. Sie zog mich an, als ob Sie einen eingebauten Magneten besaß, der nur für mich bestimmt war. Ich konnte nicht anders als Sie zu beobachten, ihr nahe sein zu wollen, anstatt mich von den Menschen fern zu halten, das definitiv gesünder für mich wäre und auch nicht so riskant. Sie waren wieder bei dem Thema Tiere.
“Sag das nicht, auch wenn es noch nicht passiert ist, wissen wir nicht genug über die hier lebenden Tieren. Schon gar nicht wie ein Adler reagiert. Das war der erste den ich hier in unserer Gegend jemals gesehen habe.”
-Sie sollte mehr Angst zeigen. Nicht jedes Tier lässt sich gängeln.-
Das kleine Mädchen hörte aufmerksam zu und schaute zu dem Mann hinauf. Sein Blick ging in Richtung Tor und blieb auf halber Strecke an mir hängen. Sein Mund klappte auf und seine Augen weiteten sich vor staunen. Das kleine Mädchen bemerkte die Veränderung im Gesicht des Mannes und folgte seinem Blick und wie es schon dem Mann passiert war, so geschah es auch mit Ihr. Sie stand mit offenem Mund da und Ihre Augen waren weit aufgerissen.
-Ja spinne ich denn? Sieht Racy den auch?-
“Siehst du auch was ich sehe Racy?”
Racy sah mich, aber Angst hatte sie dennoch nicht. Eher war sie fasziniert von mir.
“Wenn du einen Adler meinst, der da sitzt, und uns beobachtet, dann ja, wir sehen dasselbe.”
“Muss ich fragen, ob das derselbe Adler ist, den wir noch vor wenige Minuten draußen am Himmel gesehen haben?”
“Nein, ich denke nicht.”
“Sollten wir jetzt Angst haben?
“Nein, ich denke nicht.”
“Sollen wir Ihn raus jagen?”
“Nein, ich denke nicht.”
Bill, hob argwöhnisch eine Augen braue und neigte den Kopf um Racy, in die Augen sehen zu können. Er zuckte sichtlich zusammen als er ihren Gesichtsausdruck sah und ich verstand Ihn nur zu gut. Es machte mir auch Angst wie sehr Ihr Gesicht litt, wie die Farbe Ihr entwichen war und ich wusste gleichzeitig das auch ich von ihr gebannt wurde.
“Hi Racy! Ist alles in Ordnung mit dir?”
Bill flüsterte es ihr, leise und eindringlich, ins Ohr. Er wartete einen winzigen Moment, doch Racy Lee blieb stumm. Sie starrte mich weiterhin an. Er folgte ihren Blick und seine Ahnung ließ ihm nicht im Stich.
-Wie sie den Adler ansieht! Wie hypnotisiert! Ihre Haut! Sie wird heller!-
Sein Gesichtsausdruck verwandelte sich schlagartig in ernsthafte Besorgnis. Racy Lees Augen verloren jegliche Farbe.
-Du liebe Güte, Ihre Augen! Was passiert mit Ihr?-
Seine Gedanken glichen fast die meinen. Sein Blick flog, mehrmals, zwischen Ihr und mir hin und her. Bill schaute mich jetzt argwöhnisch an und ich bekam ein mulmiges Gefühl. Es lag eine fast unerträgliche Spannung in der Luft. Plötzlich machte Racy Lee einen Schritt auf mich zu und streckte eine Hand nach mir aus.
-Was macht sie denn?-
Bill reagierte sofort und hielt sie am Arm fest. Racy Lee schien die Berührung nicht wahrzunehmen, denn sie machte einen weiteren Schritt auf mich zu. Entweder hatte Bill sie nicht stark genug fest gehalten oder er hatte seinen Griff so gelockert das es ihr möglich gewesen war noch einen Schritt zu gehen. Bill hätte um ein Haar sein Gleichgewicht verloren. Ich bekam alles am Rande mit, obwohl Racy Lees Blick und dieses starke Gefühl mich fesselte. Er fand sein Gleichgewicht wieder und als er fest mit beiden Beinen wieder stand schaute er auf und es sah so aus, als ob ihm gleich die Augen aus dem Kopf fallen würde.
-Wie hat sie das geschafft? Ich hatte sie fest am Arm. Wo hatte sie solch eine Kraft her?-
Ich hatte völlig daneben gelegen. Bills Kraft war nichts gegen die Anziehungskraft, gegen das Gefühl, das Racy Lee ausstrahlte.
Das Gefühl das von Ihr ausging war mir so vertraut, aber irgendwie falsch. Es tat mir körperlich weh. Mein Geist und Körper waren hin und her gerissen zwischen bleiben und fort fliegen. Es war nicht dasselbe Verlustgefühl wie ich es schon einmal empfunden hatte, doch war es irgendwie gleich.
Wie lange konnte ich es noch so ertragen?
Ich sah aus dem Augenwinkel wie Bill einen Schritt nach hinten ging und dann hörte ich seine Gedanken.
-Dem setzte ich jetzt ein Ende.-
Seine Hand ging von alleine noch ein Stück nach hinten. Ganz langsam, um keine schnelle Reaktion zu zeigen, wer weiß was ich anstellen würde. Racy Lee kam noch einen Schritt näher und gleichzeitig sah ich wie sich Bills Hand immer näher seinem Gewehr näherte. Ich wollte sie warnen. Meine Gedanken entluden sich in einem Schrei und Bill zuckte zusammen. Sie stand starr da und blickte mich weiter an. Ich schaute Racy Lee an und prägte mir jeden Zug ihres Gesichtes ein. Ihre Stirn, Ihre Augen, Ihre Wangen, Ihre Nase, Ihre Kinn Form, der Mund; ich wollte nichts von Ihr vergessen. Ich konnte nicht mehr bleiben. Menschen hatten nicht viel Geduld und gerieten schnell in Panik. Bills Hand hatte das Gewehr nun erreicht und nahm es an sich.
Ich musste fort!
Sofort!
Jetzt!
Was sollte ich auch anderes tun?
Wieder entluden sich meine Gedanken in einem Schrei. Es musste mir ausreichen, Sie erst einmal aus der Ferne zu beobachten. Ich lief sonst auf die Gefahr hinaus, dass er mich tötete und dann waren wir beide für alle Ewigkeit verloren. Menschen hatten vor unbekannten Tieren eine furchtbare Angst. Ich hatte keine Ahnung wie ich weiter vorgehen sollte. Viel Zeit blieb mir nicht mehr, aber nun war ich zuversichtlicher das ich Sie schneller wieder finden würde.
Bill hob seinen Arm, als Racy Lee den letzten Schritt auf mich zu kam und nahm mich mit dem Gewehr ins Visier.
Ich schaute Sie noch einmal an, breitete meine Flügel aus und flog in Richtung des Ausgangs. Dann schlug ich mit meinen Flügeln auf und nieder und schwang mich hoch in die Lüfte zurück. Ich umkreiste einmal den angrenzenden Wald und suchte mir einen Baum aus mit Blick auf dem Stall. Sehen konnte ich Sie nicht mehr, doch hören sehr gut. Ich hatte eine Verbindung erschaffen und würde alles geben damit sie bestehen blieb.
Racy Lee schien wieder zu sich zu kommen. Sie antwortete endlich auf die von Bill gestellte Frage.
“Ja, mit mir ist alles OK.“
“Du siehst furchtbar aus.”
“Ha Ha, danke! Wie lieb von dir.”
“So meinte ich das nicht. Du siehst wirklich krank aus und deine Augen hatten jegliche Farbe verloren.”
“Wirklich? Wie seltsam.“
„Weist du was passiert ist?“
„Ich habe etwas gespürt. Ein Gefühl.”
„Das meinte ich nicht. Wie konntest du noch einen Schritt machen, obwohl ich dich fest gehalten hatte?“
„Ich weiß es nicht. Ich musste weiter gehen. Frag mich nicht warum. Es war dieses Gefühl.“
“Ein Gefühl?”
“Jaaaa. Ich weiß nicht was ich sagen soll. Mir kam es bekannt vor, aber ich weiß nicht wann ich es einmal gespürt habe. Ich kann gerade nicht klar denken.”
" Das ist ja unheimlich. "
“Du sagst es. Aber mit einem leeren Magen lässt sich schlecht nach denken. So, jetzt lass uns zum Haus gehen. Mir knurrt der Magen. Dir nicht?”
“Doch, ich bekomme auch Hunger.”
Ich bemerkte besser als Bill, das Racy Lee nicht ganz bei der Sache war, geschweige denn, die allumfassende Wahrheit zu verstehen, da sie für Racy Lee nicht begreifbar war.
Wie denn auch?
Sie war noch ein Kind, zu jung, gerade einmal Zwölf Jahre alt, aber, sie hatte es gespürt! Für ihr Alter wirkte sie sehr erwachsen, der Wortschatz konnte mit dem eines Erwachsenen mit halten und ihre Auffassungsgabe war bemerkenswert.
Das hätte ich wirklich nicht tun sollen, mich direkt zu zeigen. Natürlich konnte Sie mit mir nichts anfangen. Ich sah nun, wie Sie den Stall verließen und Racy Lee hoch zum Himmel schaute und Ihn absuchte.
Ihr Haar stand wieder in Flammen.
Es war nicht normal!
Sie war nicht normal!
Und mich überkam schon wieder dieses Gefühl, aber auch Zweifel an diesem Gefühl.
War Sie es?
War Sie es, die ich so lange suchte?
War Sie dieser Mensch?
Konnte ich wirklich soviel Glück haben, da ich schon die Hoffnung beinahe verloren hatte?
Mein Schrei ließ Sie herum fahren.
Nur eines wusste ich genau, verlassen konnte ich Sie nicht mehr. Nicht bevor ich den Gegenbeweis fand, das Sie es nicht war. Dieses Gefühl war mein Anhaltspunkt. Ich würde Sie nun immer wieder finden. Mit der richtigen Konzentration würde es mir gelingen. Das sollte nicht allzu schwierig sein. Und so fing das Dilemma erst an. Seid diesem Zeitpunkt an, war ich immer in Ihrer Nähe. Sofern Sie es zu ließen. Ich versuchte mich Ihr ständig zu offenbaren, ihr zu zeigen Wer ich wirklich war. Meine Ideen waren nicht wirklich einfallsreich. Ich wählte immer wieder ein Tier, doch Sie war ein Mensch und so erlebte ich die Zeit der Schmerzen, als Tier. So lange ihre Eltern an ihrer Seite waren, schien alles leichter und erträglicher zu sein. Racy Lees Vater, Daniel, war der einzige Green der auf der Ranch bleiben wollte, um das Vermächtnis fort zu führen. Wie viele Geschwister er hatte wusste niemand. Er sprach niemals über sie und daher traute sich niemand ihn danach zu fragen. Ein absolutes Tabu Thema. Racy Lee ähnelte in dieses Sache sehr ihren Vater. Was für ihn seine Geschwister waren, war für sie der Tod ihrer Eltern. Tabu!! Sie war damals Fünfzehn Jahre alt gewesen, mehr wusste ich nicht, denn niemand außer sie selber war dabei gewesen und sie schwieg eisern. Diese Erinnerung war tief in ihrem Bewusstsein verschlossen und keiner der auf der Ranch lebenden Menschen hatte es geschafft sie wieder heraus zu locken. Nur eines war für alle klar, die Greens wurden ermordet, Racy Lee war dabei gewesen und es musste so furchtbar gewesen sein, das sie vor Schock die Erinnerung ignorierte.
Sie lies keine Erinnerungen mehr zu.
Es war eine furchtbare Zeit für Sie gewesen. Für alle, nicht nur für Racy Lee. Ich wusste es, ich hatte Sie lange genug beobachtet. Es dauerte volle drei Monate eher sie zusammen gebrochen war. Vorher glaubte sie, ihre Eltern wären nur auf eine Reise und sie würden bald zurück kommen. Man zeigte ihr die Gräber, doch hielt sie Sie für ein schlechten Scherz, aber so leicht hatten die anderen nicht auf gegeben. Die Tage vergingen und Racy Lee wartete, doch ihre Eltern kamen nicht zurück. Und sie wollte immer noch nicht glauben, auch mit den schwerwiegenden Tatsachen, wie zum Beispiel, wo sollten ihre Eltern hin reisen, das so viele Tage in Anspruch nahm? Alles stieß bei Racy Lee auf taube Ohren. Tage vor dem Zusammenbruch glaubte sie plötzlich ihre Eltern hätten sie verlassen. Die Hilflosigkeit und die seelischen Schmerzen waren alle deutlich anzusehen. Wie hilflos und machtlos sie sich fühlten. Es blieb ihnen immer nur eines zu tun, man brachte sie wieder zu den Gräbern und dann kam es wie es kommen musste. Kein Schrei, kein Weinen, Nichts machte sie. Sie stand vor den Gräbern und tat nichts. Ihr Körper stand da, ihr Gesicht wie eingefroren. Keine Regung, kein Zucken. Egal was die anderen anstellten weder ihr Körper noch sie selber reagierten und dieser Zustand hielt sich einen vollen Monat. Unter ihnen war eine Hülle, ein menschlicher Körper ohne Seele. Man fütterte sie, badete sie und zog sie an und immer war jemand da der auf sie aufpasste. Nach diesen schrecklichen Vier Monaten erwachte sie eines Morgens und stand ganz normal auf. Emily hatte diese Nacht bei ihr Wache gehalten. Tiefe dunkle Ringe lagen unter ihren Augen. Das war nicht die einzige Nacht in dem alle einmal Wache bei ihr gehalten hatten. Die Arme hatte nicht mit bekommen wie Racy Lee aufstand, sich Wasser in die Porzellanschüssel schüttete und sich wusch, anzog und dann nach unten ging. Mary Lou war da und bereitete das Frühstück zu. Auch ihr sah man an das die Monate nicht ohne Folgen für sie vorbei gegangen waren. Sie hatte Racy Lee nicht kommen hören und erschrak bis ins Mark, so das sie laut auf schrie, als sie Sie im Türrahmen der Küche stehen sah. Von oben hörte man ein lautes gepolter und Emilys Ruf nach Racy Lee. Sekunden später hörte man Emily wie sie den Flur entlang lief und halb die Treppen herunter gestürzt kam. Sie blieb keuchend und schreckensbleich am Treppenabsatz stehen. Racy Lee ignorierte alles und setzte sich an ihrem alten Platz am Tisch und wartete. Ungläubig schaute Mary Lou ihr hinter her und Emily kam schleppend zur Küche. Beide sahen eine Racy Lee und auch wieder nicht. Als die anderen kamen sahen sie genauso ungläubig aus, wie zu vor Mary Lou und Emily es getan hatten. Und während des Frühstücks wurde es noch kurioser. Sie besprachen noch einmal den Tag und versuchten sie immer wieder mit in ihrem Gespräch ein zu binden, doch sie reagierte nicht. Sie sprach nicht ein Wort. Sah niemanden an, beteiligte sich nicht am Essen und bevor das Frühstück beendet wurde stand sie auf und verließ das Haus, ohne ein Wort zu sagen. Alle standen gleichzeitig auf und folgten ihr zur Tür, um zu schauen was sie jetzt als nächstes tun würde. Sie quetschten sich alle in den Türrahmen und sahen wie Racy Lee zum Stall ging und Minuten später mit Emma aus dem Stall kam, aufsaß und davon ritt. Niemand folgte ihr. Sie gaben ihr den Frieden den sie anscheinend wollte, was nur keiner ahnen konnte, ihr Verhalten würde sich über Monate so hin ziehen.
Ich konnte ihr nicht helfen. Dennoch spürte ich ihre seelischen Schmerzen, wie Monate lang ihr Geist flüchtete und nur eine stumme Hülle vor sich hin lebte. Sie funktionierte wie eine aufgezogene Puppe, die nur imstande war das ihr beigebrachte immer und immer wieder in derselben Reihenfolge zu wiederholen. Ihre Tagesabläufe waren immer gleich. Ich traute mich nur so nahe heran, um mich im Notfall schnell verstecken zu können und beobachte sie einfach.
Mein Verhalten passte sich ihrem an, bald schon fühlte ich meine innere Starre. Ich konnte es nicht verhindern und so vergingen die Monate.
Nach neun Monaten geschah es endlich. Sie war auf der Weide und ich war ihr nach gelaufen. Wie immer. Sie saß auf diesem großen Felsen und schaute mit ihrem leeren Blick in die Ferne. Ich hielt mich erst im Hintergrund und beobachtete Sie. Sie bewegte sich nicht einen Millimeter. Ich hielt es irgendwann einfach nicht mehr aus still da zu liegen und nichts zu tun, denn ein Grashüpfer meinte heute mich besonders lange ärgern zu können. Ich lies meine vordere Pfote noch vorne schnellen und begrub ihn. Einen kleinen Moment später hob ich die Pfote wieder an und mit einem weiten Sprung rettete sich der Grashüpfer vor einer erneuten Attacke meiner Pfote. Da ich ihn nicht so einfach entkommen lassen wollte, weil es mir auch riesigen Spaß machte, sprang ich ihm nach und so sah man erst einen Grashüpfer und dann einen Hund über die Weide springen. Das Spiel dauerte so lange bis ich mit meinem Kopf gegen den großen Felsen sprang. Benommen hob ich den Kopf und schüttelte mich. Ich schaute, um heraus zu finden was mein Spiel so abrupt beendet hatte, erkannte den Felsen und blickte an ihm nach oben.
Erst war ihr Blick wie immer, doch schlagartig kam Bewegung in ihren Augen. Sie schaute mich erschrocken an und ich sah deutlich wie Sie schluckte.
Plötzlich! Wie aus dem nichts, passierte es!
Sie lächelte und mich veranlasste ihre Reaktion die vordere Pfote gegen den Felsen zu legen und stand nur noch auf meine Hinterläufe, damit ich ihr ein Stückchen näher sein konnte. Mir kam ihr stummes Lächeln wie eine halbe Ewigkeit vor und als sie dann, nach so einer langen Zeit, endlich wieder sprach, winselte ich vor Freude.
“Hi! Hat dir schon mal jemand gesagt was für ein hässlicher Hund du bist?”
Mein Fell war weiß, total strubbelig und mit Staub bedeckt. Und dazu hatte ich einen Pechschwarzen Kopf. Ich legte meinen Kopf schief und schaute Sie mit meinem Hundeblick an.
“Was machst du hier?“
Auch sie legte ihren Kopf etwas schief und zwinkerte mir zu. Ich konnte nur ein leises winseln von mir geben.
„Hast du kein zu Hause?
Bist du ganz alleine unterwegs?”
Ich verstand alles was Sie sagte und als Antwort setzte ich mich auf meine Hinterläufe und winselte jämmerlicher als zu vor. Ihr Gesicht wirkte auf einmal sehr traurig und tiefe Schatten legten sich unter ihre Augen, doch ihr Lächeln blieb.
“Dann geht es dir wie mir, mein strubbeliger Freund. Ich bin auch ganz alleine.”
Sie kletterte von dem Felsen herunter, kam ganz langsam um die Ecke und blieb einen Meter vor mir stehen. Racy Lee ging vor mir in die Hocke und streckte eine Hand nach mir aus.
“Möchtest du ein neues zu Hause haben? Ich könnte dir ein schönes zu Hause geben.”
Sie schaute mich fragend an, mit diesem wunderbaren warmen Lächeln und wie könnte ich jemals nein sagen? Meine Antwort zeigte ich ihr, indem ich auf Sie zu lief und an ihrer Hand schnupperte. Das war das Ausschlag gebende für Sie. Es brach aus ihr heraus, als ob ein Damm eines Biber gebrochen war.
Sie weinte!
Sie weinte sehr lange, bis der Abend sich ankündigte. Es war der Schmerz, die Erkenntnis das ihre Eltern für immer aus ihrem Leben verschwunden waren, die Sie nie mehr lachen sehen würde, nie wieder mit ihnen sprechen oder streiten konnte. Ihr Herz war voller Trauer und es sollte eine sehr lange Zeit vergehen, bis sich die Trauer legte.
Jetzt kam die Zeit des Heilens. Sie nahm mich mit nach Hause, pünktlich zum Abendessen. Sie sagte nur einen Satz und niemand stellte Fragen oder drängte sie zum reden.
„Das ist Streuner und er hat beschlossen hier zu bleiben.“
Nur war die Zeit mit Racy Lee nur geliehen.
Ich wich ihr nicht mehr von der Seite, bis es wieder Zeit war zu gehen. Es war bis dahin die schönste Zeit gewesen die ich je erleben durfte. Ich war ein Teil ihres Lebens gewesen. So nah. Die Zeit war immer nur geliehen und begrenzt. Unfair war es schon, denn ich wusste das, sie aber nicht. Wieder würde sie jemanden gehen lassen müssen, um ihn nie wieder zu sehen. Ich würde ihr weh tun und konnte es nicht verhindern.
Es gelang mir nicht!
Ein Versuch, mit einer Wandlung, wäre beinahe in einer Katastrophe geendet. Ich war sehr unvorsichtig gewesen und es hätte uns beinahe das Leben gekostet.