Romane & Erzählungen
Von Liebe, Wut und Kartoffeln

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"Von Liebe, Wut und Kartoffeln"
Veröffentlicht am 26. Juli 2012, 12 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Von Liebe, Wut und Kartoffeln

Von Liebe, Wut und Kartoffeln

Beschreibung

Der ganz alltägliche Wahnsinn einer Frau und Mutter...

Von Liebe, Wut und Kartoffeln

Es war wieder einmal einer dieser Tage, die man am liebsten aus seinem Gedächtnis streichen würde. Draußen wütete ein eisiger Schneesturm, der ab und zu von Regen und Hagel abgelöst wurde. Es waren mindestens 5 Grad Minus, aber durch den Sturm fühlte es sich an wie -15° und natürlich hatte Maja beim letzten Einkauf etwas Wichtiges vergessen, sodass sie ausgerechnet jetzt, an einem Samstag so kurz vor Weihnachten noch mal los musste, damit sie ihre ach so geliebten Schwiegereltern am Nachmittag zum Essen empfangen konnte. Sie hatte ernsthaft schon mehrmals überlegt, ob sie nicht spontan an akuten Bauchschmerzen erkranken sollte oder ob sie klammheimlich ihre Schwiegermutter anrufen sollte, um Irene mitzuteilen, dass eines der Kinder sich gar nicht wohl fühlte. Natürlich hätte sie dann telefonisch erst einmal eine Standpauke bekommen, dass es vielleicht an diesem oder jenem lag und auch völlig überflüssige Tipps hätte sie sich notieren müssen. Natürlich hätte sie ihrem Schwiegermonster, äh, ihrer Schwiegermutter keinesfalls widersprochen, denn eines war klar: Irene hatte immer Recht. Somit war auch klar, woher Bernd das hatte… Apropos Bernd - bei einer solchen “Not” - Lüge musste Maja zwangsläufig damit rechnen, dass ihr Mann Bernd dann ein Riesen-Theater machen würde und dass der Streit bis mindestens Neujahr anhalten würde. Er war furchtbar nachtragend, eine Eigenschaft (von vielen), die sie schon immer an ihm gehasst hatte. Aber perfekt war sie ja nun auch nicht, deshalb hatte sie immer versucht, darüber hinwegzusehen. Und über seinen Geiz, seine Eifersucht, seine maulige Art und so weiter und so weiter. Was die Liebe alles bewirken kann…

Maja wurde mehr als unsanft aus ihren Gedanken gerissen, als sie ein markerschütternder Schrei ihres Sohnes Tim durchfuhr, der offenbar wieder einmal Opfer seiner wütenden Schwester Tina wurde. Mit ihren 14 Jahren hatte sie leider nun die Pubertät erreicht und aus der süßen hilfsbereiten kleinen Tina ist ein zickiger und bockiger Möchtegern-Vamp geworden. Nicht nur Maja litt unter dieser krassen Veränderung, sondern scheinbar auch Tim, der immer wieder von Tina angegriffen wurde, sobald er sich ihr zu sehr näherte oder ein falsches Wort sagte. Dieses besagte falsche Wort hatte Maja scheinbar gepachtet, denn einen freundlichen Ton bekam sie von ihrer Tochter schon seit einigen Monaten nicht mehr.

Heulend kam der 10-Jährige nun auf seine Mutter zugelaufen und versuchte ihr zu sagen, was passiert war, doch in dem Moment sah man schon eine Furie auf die beiden zulaufen, mit einer Fliegenklatsche bewaffnet, die alles andere als den Anschein machte, mit ihrer lieben Mutter und ihrem kleinen Bruder ein Pläuschchen halten zu wollen. In letzter Sekunde hechteten die beiden zur Seite, um dem Angriff auszuweichen. Das alltägliche Spektakel wurde plötzlich unterbrochen, als Bernd schnaubend aus dem Bad gestapft kam und nörgelig wie immer mitteilte, dass er an einem Samstag Morgen, nach einer harten und anstrengenden Woche (er war Ingenieur bei der Deutschen Bahn) definitiv nicht von einem solchen Geschrei gestört werden wollte. Außerdem wäre sein Deo leer und er hätte doch schon mehrfach gesagt, dass er bald neues bräuchte. “Aber in diesem Haushalt klappt ja scheinbar gar nichts!” Mit diesem Worten drehte er sich um und knallte die Badezimmertür lautstark zu. Die Kinder schenkten den Worten ihres Vaters schon keinerlei Bedeutung mehr, zu oft hatten sie ihn so meckern hören. Stattdessen liefen sie in Richtung Küche, um dort ihren Streit fortzusetzen. Was für ein schöner Samstag Morgen.

Jetzt hatte Maja endgültig genug. Sie warf sich ihren Mantel über, erwischte gerade noch einen Schal und sprang förmlich in ihre Schuhe, damit sie schnellstens aus diesem Irrenhaus fliehen konnte. Kaum draußen angekommen musste sie frierenderweise feststellen, dass sie ihre Handschuhe vergessen hatte, aber noch einmal hinein wollte sie auf keinen Fall. Also begann sie ohne Handschuhe, ihr Auto von der dicken Schneeschicht zu befreien. Kaum war die Windschutzscheibe frei von Schnee, fluchte sie über die darunterliegende Eisschicht. Mittlerweile konnte sie ihre Finger nicht mehr einzeln bewegen, aber als Ganzes funktionierte die eingefrorene Hand noch, immerhin.

Irgendwann hatte sie es geschafft und konnte zum nahegelegenen Supermarkt fahren. Etwa 15 Minuten vergingen ehe sie einen Parkplatz gefunden hatte, da scheinbar noch der eine oder andere Dorfbewohner die gleiche Idee mit dem Supermarkt hatte. Maja war mehr als bedient, aber momentan war alles andere besser, als zu Hause zu sein, wo sie alles dafür gab, dass es ihrem Mann und ihren Kindern gut ging und doch dankte es ihr niemand, Im Gegenteil, gemeine Worte bekam sie sogar noch oder äußerst blöde Sprüche. Nicht zu vergessen der ständige Streit, ein sich abweisender Ehemann oder die Ignoranz der pubertierenden Tochter, Wo war ihre liebevolle Familie hin? Wo war ihr zärtlicher Ehemann geblieben, der sie ab und zu mit einer kleinen Aufmerksamkeit überraschte? Was war mit ihren Kindern geschehen, die bis vor kurzem noch hilfsbereit und redselig waren? Doch nicht nur ihre Familie hatte sich verändert, auch sie selbst. Sie hatte mehrere Kilos abgespeckt und war noch lange nicht an ihrem selbst gesteckten Ziel angekommen. Auch war sie kürzlich beim Frisör gewesen, der ihr einen schicken Kurzhaarschnitt verpasste. Sie fühlte sich damit pudelwohl und mindestens 5 Jahre jünger und mit diesem tollen Gefühl war sie nach besagtem Frisörbesuch nach Hause gefahren. Und was war? Bernd stand im Flur, starrte sie an und fragte, ob sie ab sofort den alten Besen ersetzen wollte. Nach dem anfänglichen Schock rannte Maja schnurstracks wieder raus und verbrachte die nächsten paar Stunden bei ihrer Freundin Steffi, um sich auszuheulen. Natürlich gab es keine Entschuldigung oder dergleichen, als sie abends wieder nach Hause kam. Das Essen interessierte ihn wesentlich mehr, wie so oft.

 

Nun ging sie zielstrebig in den Supermarkt, wurde aber sofort von der enormen Menschenmasse gebremst. Nach gefühlten 10 Minuten erreichte sie den Kartoffelstand. Als regelmäßige Kundin dieses Marktes griff sie beherzt ins Fach, doch was war das? Da waren keine Kartoffeln! Das durfte doch nicht wahr sein. Sie suchte überall, doch die Kartoffeln waren definitiv ausverkauft. Da war sie den ganzen Weg hierher gekommen, hatte all die Strapazen auf sich genommen und dann das. “Verdammt noch mal!” murmelte sie vor sich hin, “Und das alles nur wegen der ollen Schwiegereltern und des lieben Frieden Willen! Jetzt reicht es, jetzt ist endgültig Schluss damit!” Das aus den Augenwinkeln erspähte Deo ließ sie kurzerhand links liegen und man hätte fast den Eindruck bekommen können, sie lächelte es förmlich an. Im Vorbeigehen griff sie noch schnell eine Flasche Rotwein aus dem Regal, die sie sich am Abend gönnen wollte - allerdings keinesfalls zu Hause, das war klar.

Auf dem Weg über den Parkplatz war Maja allerdings so sehr in Gedanken über Bernds Reaktion, wenn sie einfach nicht mehr nach Hause kommen würde und wie wohl seine glorreichen Schwiegereltern reagieren würden, dass sie die kleine Stufe, die zum unteren Teil des Parkplatzes führte, übersah. Sie stolperte und fiel unsanft in ein Gemisch aus Schnee, Eis und Dreck. Zu allem Überfluss war ihr die Weinflasche bei dem Sturz aus der Hand gefallen und der Inhalt färbte nun einen Teil des Schnees vor ihr rötlich. Oh happy day!

Peinlich berührt von ihrer Dummheit und Tollpatschigkeit versuchte Maja schnellstmöglich aufzustehen, als sie plötzlich eine Hand an ihrem Arm spürte. Wie sich später herausstellte gehörte die Hand Peter, einem gut aussehenden muskulösen Mann in Majas Alter, der erst vor kurzem ins Dorf gezogen war. Und was am allerwichtigsten war: Er hatte noch den Anstand, einer Frau in “Not” zu helfen. “Wie schade” begann Peter, als Maja wieder sicher auf ihren Füßen stand, “sicher wollten Sie den Wein später zusammen mit ihrem Mann gemütlich trinken”. “Oh nein”, warf Maja schnell ein, “die war nur für mich. Ich, also ich bin im Grunde ziemlich allein. Naja, eigentlich ja nicht, aber ich-” Weiter kam sie nicht, da Peter ihre Hand nahm, sie liebevoll anlächelte und sagte: “Ist schon gut. Vielleicht trinken wir bei mir eine Flasche Wein und dann kannst du mir alles in Ruhe erzählen.”

 

Das war vor 6 Monaten. Ihre Kinder hat Maja innerhalb kürzester Zeit zu sich geholt und seit sie ohne Bernd leben, ist die Stimmung wieder wesentlich entspannter. Selbst Tina hat sich wieder verändert - dieses Mal zum Glück positiv. Maja hat endlich ihr Glück gefunden und Peter kümmert sich rührend um seine Maja. Nie im Leben hätte sie an diesem Samstag Morgen gedacht, dass sich ihr Leben derart verändern wird, aber es war die beste Entscheidung ihres Lebens, sich ihre Finger abzufrieren, ewig auf einen Parkplatz zu warten, sich derart über Kartoffeln zu ärgern und schließlich sogar noch in den Dreck zu fallen. Sonst hätte sie Peter sicher nie kennengelernt.

Und Bernd? Tja, Bernd hatte erst einen Tobsuchtsanfall nach dem anderen und machte Maja vor seinen Eltern an dem Samstag noch schlechter als sonst. Daraufhin bekam er erneut gute Tipps seiner Mutter, damit Maja in Zukunft besser “funktionieren” könne. War wohl nix…

Mittlerweile wohnt er wieder bei seinen Eltern und seine Mutter hat ihm sogar schon 2 Ersatzdeos gekauft. Auf Mutter ist eben Verlass…

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Hörbuch

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AnnaKie

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Zamperle wunderschön erzählt.

Liebe Grüße Zamperle
Vor langer Zeit - Antworten
AnnaKie Kommentar vom Buch-Autor gelöscht.
Vor langer Zeit - Antworten
AnnaKie Re: - Danke Dörte.
das war meine allererste Kurzgeschichte :-)
Schön, dass sie dir gefällt.
LG, Anna
Vor langer Zeit - Antworten
Carolyn2 Herrlich erzählt - das Chaos pur - viele Dinge absolut nachvollziehbar. Doch so ein schönes happy end gibt`s leider selten ...

LG Dörte
Vor langer Zeit - Antworten
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