Kurzgeschichte
Weisheit eines Kindes

Kälte

Es ist Herbst..fast schon Winter.
Das Jahr neigt sich dem Ende und ebenso endet mein Lebensjahr mit einer Verneigung.
Eine Verneigung vor der Natur.
Was wir ihr alles angetan haben können wir nicht wieder gut machen, wir können nicht mal mehr um Vergebung flehen, wir haben es verspielt.
Wir haben es vermasselt zu beweisen das wir ihrer unendlichen Güte und Vergebung wert sind.
Ich habe heute eine Szene beobachten dürfen die mich berührt hat.
Ein Kind stand im Nebel. Mein Kind. Mein Sohn. Sein Umriss zeichnete sich dunkel und schwach zwischen den wabernden weißen Wänden ab.
Für mich eigentlich nichts besonderes mehr.
Bis die Stimme fragte:
"Mama, atmet die Welt?"
Verwirrt frage ich: Wie kommst du jetzt darauf? Alles lebt, also denke ich wird auch alles atmen. Aber warum jetzt die Frage?"
Und mit der einfachen Weisheit eines Kindes haucht er eine weiße Atemwolke in den Dunst, dreht sich um und antwortet:
" Weil sie die gleichen Wolken atmet wie ich Mama, also bin ich wie die Erde."
Ich muss staunen, fasziniert von der Schlichtheit dieser Erkenntnis.
Er legt seinen Schal um den Hals, zieht die Mütze auf und bückt sich, schaut auf den Boden mit dem Gras auf dem sich Frost gebildet hat.
Streichelt über die weißen Spitzen.
" Weißt du Mama, was das dann heißt?"
Er steht auf, setzt seine Schulmappe auf und marschiert los.
" Das heißt das die Erde friert, aber niemand kümmert sich darum das sie einen Schal hat, macht sich denn keiner Sorgen um die Erde?"
Und alles was ich darauf antworten kann ist:
" Jetzt tut es einer Mikey."
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Nun hat ab dem heutigen Tag unser Balkonkasten mit den erfrorenen Blumenstengeln eine Wolldecke, damit wenigstens ein kleines Stück Welt sich umsorgt fühlt.