er spielte Cello
Diese Geschichte beschreibt eine ungewöhnliche und höchst sinnliche Übungsstunde...ein kleines amouröses Abenteuer.
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Heute Mittag stand die Hitze wie eine zähe Masse zwischen den Häuserfronten der kleinen französischen Stadt, in der Marié lebte. Schattenbilder bemalten die uralten Mauern und manchmal blitzten grelle Sonnenstrahlen, reflektiert durch eine Fensterscheibe, wie kleine Geschosse auf und jagten durch die flirrende Luft. Marié hatte heute keinen Sinn für die kleinen Lichtschauspiele und lief schnellen Schrittes durch die engen Gassen. Sie hatte noch einige Musikstücke geübt und dabei völlig die Zeit vergessen.
Madame Colbert würde nicht sehr erfreut sein, wenn sie zu spät zu ihrem Unterricht erschien. Sie hatte eine strenge Auffassung – sowohl was das Üben betraf, wie auch
über die Pünktlichkeit. Die Persönlichkeit eines Menschen erkennt man an seinen Handlungen, pflegte sie zu sagen und erhob dabei immer mahnend ihren rechten Zeigefinger. Die alte Dame war ein Ausbund an Disziplin und erwartete dies auch von den Menschen, mit denen sie sich umgab.
Ein Blick auf die Armbanduhr sagte Marié, dass sie noch vier Minuten Zeit hatte, um die letzten Meter der Gasse zu bewältigen, die breite Holztreppe in den ersten Stock des alten Hauses hoch zu steigen und möglichst gelassen den Salon von Madame zu betreten. Es wäre alles weniger problematisch, wenn sie Querflöte spielen würde und nicht den Cellokasten schleppen müsste, überlegte sie und musste lächeln.
Als sie die Wohnung betrat, schwebten ihr aus dem Salon wundervolle Celloklänge entgegen. Die Flügeltür war nur angelehnt und Marié betrat ohne anzuklopfen den Raum. Das hohe Fenster war weit geöffnet und der leichte Wind blähte die bodenlange Gardine wie ein schlaffes Segel und warf sie in den Raum.
Es war angenehm kühl hier drinnen. Marié stand noch immer an der Tür und schaute irritiert auf den jungen Mann, der vertieft in die Musik, ihr Eintreten gar nicht bemerkt hatte. Madame Colbert war nicht zugegen.
Plötzlich verstummten alle Klänge und der Cellist schaute zu Marié herüber.
„ Du musst Marié sein," meinte er freundlich. Sie nickte nur.
„ Madame Colbert hat mir von Dir erzählt. Sie ist leider erkrankt und ich soll für Madame die Übungsstunde übernehmen, wenn es dir recht ist.“
Er blickte sie jetzt erwartungsvoll an.
„ Aber natürlich…oh, ich hoffe, es ist nichts Ernstes!“
„ Nein, nur eine kleine Unpässlichkeit einer alten Dame“, gab er an.
„ Dies waren die Worte von Madame, nicht meine!“ Jetzt lächelte er und kam auf sie zu.
„ Ich bin Paul. Schön dich kennen zu lernen.“
„ Marié…aber das weißt du ja schon. Hallo, freut mich auch.“
Für einen winzigen Moment schauten sie sich in die Augen. Er hatte sehr lange
Wimpern, die seine großen braunen Augen perfekt umrahmten. Paul war vielleicht einmeter- fünfundsiebzig groß und nicht von kräftiger Statur. Alles an ihm wirkte schlank und feingliedrig. Seine langen schwarzen Haare hatte er zu einem Zopf zusammen gebunden und als er nun lzu seinem Stuhl zurückging, konnte sie sehen, dass er ihm bis zur Mitte seines Rückens reichte.
„ Sollen wir, Marié?“ fragte er sanft.
„ Wie bitte? Ja, natürlich…“, antwortete sie, immer noch in Gedanken an ihn versunken.
Nachdem sie sich auf den Stuhl gesetzt hatte, platzierte sie das Cello, schräg auf den Stachel gestützt, zwischen ihren Schenkeln. Dabei rutschte das lange
Sommerkleid bis zu ihren Knien hoch und gab wundervoll geformte sonnengebräunte Beine preis.
Paul schaute, den unsicheren Blick hinter seinen Wimpern versteckend, bewundernd zu Marié hinüber. Sie war ohne Zweifel eine wunderschöne Frau, wie sie so selbstver- gessen dasaß, das Cello stimmte und sich anscheinend gar nicht bewusst war, wie verführerisch sie wirkte. Ihre langen Haare hatte sie locker zu einem Knoten gedreht und hoch gesteckt. Einige Strähnen hingen ihr noch an den Schläfen herunter, andere wenige hatten sich teilweise wieder aus dem Knoten befreit und verliehen ihr eine wilde, ungeordnete Schönheit. Die Einzelheiten des Bildes, das sich ihm bot,
passten einfach in Vollendung zueinander.
„ Ich bin dann soweit, Paul“
„ Was möchtest du spielen?“ fragte er noch etwas abwesend.
„ Sollten wir nicht meine Übungen durch-gehen?“
„ Natürlich, ja…,“ meinte Paul und schmunzelte leicht. Er musste im Stillen über sich lachen. Wie konnte er sich nur so blöd anstellen.
„ Vivaldi, C-dur / opus : RV 398,“ erklärte Marié....
Sie hatten den 1. Satz gespielt, als Paul unvermittelt aufhörte und sie direkt ansah.
„ Was ist los, Paul?„ Du setzt den Bogen nicht exakt an. Es könnte an deiner
Koordination zwischen Arm und Handgelenk liegen. Du weißt schon… richtig Abknicken und halten.“
„ Nein, ich weiß nicht. Ich denke, dass ich es völlig richtig mache.“
„ Ich werde es dir zeigen. Einverstanden..?“
Auf sie zugehend, griff er sich einen Hocker, der an einer Wand stand und forderte sie auf, sich darauf zu setzen. Er nahm dicht hinter ihr Platz.
Seine Schenkel berührten mit sanftem Druck ihre Hüften. Sein Oberkörper lehnte leicht gegen ihren Rücken und sie konnte seinen warmen Atem in ihrem Nacken spüren. Das leichte Zittern ihrer Hände war die Reaktion auf seine Nähe. Von hinten nahm er nun ihre rechte Hand in seine und
korrigierte sanft ihr Handgelenk.
„ Sei ganz locker, Marié – ich führe dich.“Sie nickte nur. In diesem Moment hätte sie kein Wort erwidern können, denn seine Stimme, die dicht neben ihrem Ohr erklang, bescherte ihr eine Gänsehaut am ganzen Körper.
„ Bist du soweit?“ fragte er.
„ Ja………..natürlich.“
„ Also von vorn“, hauchte er.
Mit sanftem Druck strich er den Bogen über die Saiten und es klang wundervoll.
Marié hatte große Mühe, ihre linke Hand am Griff- brett zu koordinieren. Sie spürte, wie er sich dichter an sie heranschob, sein Becken war jetzt deutlich spürbar, der sanfte Druck seiner Schenkel nahm zu.
Seine linke Hand lag nun auf ihrer Hüfte und wanderte ganz langsam zum Oberschenkel hinab. Sie konnte nicht anders, als sich in ihn hineinfallen zu lassen. Leicht zurückgelehnt, nahm Paul sie mit seinem ganzen Körper auf. Ihr Kopf fiel etwas zurück, seine Lippen berührten die Seite ihres Halses, wanderten zart bis hinter das Ohr und hinterließen eine heiße Spur.
„ Du riechst wundervoll,“ hauchte er und seine beiden Hände begannen weiter zu wandern, tasteten sich sanft an den Innenschenkeln ihrer Beine aufwärts bis zum Becken.
Lange schon dachten sie nicht mehr daran, Partituren zu spielen. Sie waren völlig in dem
anderen versunken und genossen diesen Moment sinnlicher Nähe mit entrückter Hingabe. Er küsste ihren Rücken, knabberte und saugte, vergrub sein Gesicht in ihrem Haar. Marié kreiste leicht mit ihrem Becken. Dieser Einladung konnte Paul nicht wieder- stehen. Seine Finger fanden die geheimen Orte und Marié genoss seine hingebungsvolle sanfte Zärtlichkeit. Er suchte ihren Mund, fand die vollen feuchten Lippen und verschlang ihre Leidenschaft mit unendli- chem Verlangen….
Als sie sich viele Momente später mit einem nicht enden wollenden Kuss verabschiede- ten, ahnten Beide, dass sie sich nie wieder begegnen würden….