Biografien & Erinnerungen
Autostopp

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"Autostopp"
Veröffentlicht am 20. Juli 2012, 8 Seiten
Kategorie Biografien & Erinnerungen
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Über den Autor:

Ich bin eher introvertiert, liebe die Menschen, die Natur - die Literatur seit ich lesen kann (bin eine echte Leseratte) und schreibe auch selbst sehr gerne.
Autostopp

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                            Heute würde ich jedem jungen Mädchen entschieden abraten, per Autostopp zu reisen. Doch in der Nachkriegszeit lag die Verbrechensrate noch nicht so hoch. Die Menschen besaßen allesamt wenig und waren mehr aufeinander angewiesen, die Jugendlichen  meist mittellos und viele von ihnen wählten diese Reisemöglichkeit.  Auch ich. Wie wäre ich sonst nach Hause gekommen?

17-, 18-jährig besuchte ich eine Schule in Wien und lebte im angeschlossenen Internat. Meine Familie hingegen war in Mürzzuschlag, in der Steiermark zu Hause - ein weiter Weg!

Das bisschen Taschengeld war bald verbraucht und für eine Zug-Fahrkarte reichte es in den seltensten Fällen.

Was blieb übrig, als auf die Straße zu gehen?

Mit der Tramway fuhr ich aus der Stadt hinaus und postierte mich auf der Triester Straße bei der “Spinnerin am Kreuz”, einem beliebten Startplatz für Autostopper.

Meistens hatte ich Glück und musste nicht lange warten.

Noch mehr Glück hatte ich - heute gesehen - dass ich immer mit netten, vor allem mit anständigen Menschen zusammentraf.

           

            Ein einziges Mal nur machten meine Freundin Lotte und ich eine negative Erfahrung.

Doch auch das ging gut aus.

Als der Mann nämlich merkte, dass wir nicht bereit waren, die Fahrt mit Küssen zu bezahlen, ließ er uns wutentbrannt aussteigen.

Sein Glück! Denn ich hatte mich schon umgesehen und einen Reserve-Benzinkanister entdeckt. Bei dem geringsten Versuch, handgreiflich zu werden, hätte ich ihn dem Wüstling bedenkenlos über den Kopf geschlagen.

 

            Auch bei einem anderen Autostopp bekam ich es mit der Angst zu tun. Dieses Abenteuer ist mir noch lebhaft in Erinnerung.

Ich war  alleine unterwegs. Ich wollte nach Hause.

Bis Neunkirchen ging es ja gut, doch dann riss meine Glückssträhne ab.  Einsam wanderte ich die Landstraße entlang.

Immer, wenn ein Auto kam, hielt ich an und winkte. Ich hatte es mir zur Gewohnheit gemacht, nur dann einzusteigen, wenn ein Ehepaar oder ein Mann allein im Wagen saß. Saßen zwei drinnen, winkte ich dankend ab und wanderte weiter. 

An diesem Tag schoss Auto um Auto an mir vorüber.

Ich winkte, wanderte, winkte, wanderte,....... aber niemand blieb stehen.

Die wärmende Nachmittagssonne sank tiefer und tiefer. In der Dämmerung kühlte es empfindlich ab. Die Schatten wurden länger, und bald standen die Bäume der Neunkirchner Allee wie schwarze Schatten gespenstisch am Straßenrand.

 Immer noch flitzte dann und wann ein Auto vorbei.

Ich konnte nicht mehr erkennen, wie viele Personen im Fahrzeug saßen. Aber es hielt sowieso keines an.

Noch einmal kontrollierte ich mein Geldbörsel. Vielleicht hatte sich doch noch irgendwo ein Scheinchen versteckt? - Nichts! Absolut Ebbe! Und außerdem - wo und wie weit war denn die nächste Ortschaft, der nächste Bahnhof ?

Verloren stand ich auf der Landstraße. Nur pechschwarze Bäume um mich herum.

Näher kommende, immer größer werdende Autoscheinwerfer schienen alles zu verschlucken. Dann ein Flusch - und der Spuk war wieder vorbei. Als zwei kleine, rote Punkte entschwanden die Schlusslichter der Fahrzeuge in der Dunkelheit.

Meine Mutlosigkeit steigerte sich zu einem panikartigen Zustand.     

Da! Endlich!

Zwei Lichter näherten sich und wurden langsamer. Ein Auto hielt an. Mein Blick fiel auf zwei Männer.

In diesem Augenblick jedoch hatte ich meinen Vorsatz vergessen. Ich war nur dankbar, dass endlich jemand stehen geblieben war. Fast im selben Moment stoppte gleich dahinter ein weiterer Wagen. In ihm sah ich nur einen Mann sitzen. Eindringlich schwenkte er seine Arme und deutete mir, bei ihm einzusteigen.

 Viel Zeit zum Überlegen hatte ich nicht. Blitzschnell jagten die Gedanken durch meinen Kopf und ich entschied mich, bei dem einzelnen Fahrer einzusteigen.

“Einer ist besser als zwei,” dachte ich, auch wenn ich mich wunderte, dass er sich fast aufgedrängt hatte. Ich vertraute darauf, dass ich damals sehr kräftig war und es mit einem einzelnen Mann leichter aufnehmen könnte.

"Do you speak English?” fragte er, als ich neben ihm Platz genommen hatte.

“A little, a little....” antwortete ich und war heilfroh, endlich in einem Auto zu sitzen

Ich war dem Zufall dankbar, dass gerade jetzt ein weiteres Auto aufgetaucht war und mich davor bewahrt hatte, zu zwei Männern einzusteigen. Fast sah ich einen Retter in diesem Mann.

Er war Grieche und schien sehr nett zu sein. Bald entwickelte sich ein angeregtes und interessantes Gespräch. 

Plötzlich hielt der Wagen vor uns vor einem Gasthaus an.

Das Haus existiert heute noch. Es steht auch immer noch “Gertrude Klecker” darauf, der Name einer einstigen Schisport - Olympiasiegerin. Leider verfällt es zusehends. Damals war es ein gut gehendes Gasthaus an der Semmeringstraße. 

Auch mein Kavalier hielt abrupt an.

“We will take something to us,” schlug er vor und lud mich ein, mitzukommen. 

Wie groß aber war nun meine Überraschung!  Die drei Herren..... sie gehörten zusammen! Sie waren Freunde und alle drei Griechen.   Dieser Knalleffekt erheiterte uns damals sehr.

 

Im Nachhinein allerdings gab er mir lange zu denken. Denn viele Fragen, die alle mit “Was wäre, wenn...?” begannen, ließen mich erkennen, wieviel Glück ich gehabt hatte.

An jenem Abend aber lachten wir über diesen Gag.

Die drei Kavaliere luden mich zu einer Gulaschsuppe ein und erzählten von ihrer Heimat. 

Da ich als junges Mädchen eine begeisterte Ansichtskartensammlerin war, schickten sie mir sogar eine Zeit lang schöne Karten ausGriechenland.

So fand dieses gewagte Abenteuer ein gutes Ende!

 

 

           

 

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Ich bin eher introvertiert, liebe die Menschen, die Natur - die Literatur seit ich lesen kann (bin eine echte Leseratte) und schreibe auch selbst sehr gerne.

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mukk Re: -
Zitat: (Original von Lemontree am 12.09.2012 - 21:16 Uhr) Mürzzuschlag, da war ich mal in einem Kinderhotel, ist sicher schon bald 10 Jahre her.

Leeres Geldbörsel, nett :)
Ich möchte immer gar nicht aufhören zu lesen ..

Ja, da hattest du viel Glück, ich bin auch einmal per Anhalter unterwegs gewesen, heute würde ich das nie mehr machen. Die Zeiten ändern sich, wie du so schön geschrieben hast.

Liebe Grüße



Das ist ja toll, dass du Mürzzuschlag kennst. Danke für dein lesen und die netten Kommis. Wünsch dir einen schönen Abend und sei lieb gegrüßt
Mukk
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Re: Re: Ach, liebe Ingrid, da hast Du -
Zitat: (Original von mukk am 29.07.2012 - 00:48 Uhr)
Zitat: (Original von baesta am 20.07.2012 - 18:08 Uhr) mir ja wieder Erinnerungen beschert, weil meine Freundin und ich es genau so gemacht haben. Da kann ich ja auch ein paar Beiträge dazu schreiben.

Liebe Grüße
Bärbel



Bin schon neugierig auf deine Beiträge. Stellst du was herein?
War halt schon eine ganz andere Zeit ... unsere Zeit... oder?
Danke dir und sei lieb gegr+üßt!
Ingrid



Ich werde es versuchen. Mal sehen, ob mein Erinnerungsvermögen mir hilft.

Gute Nacht und liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: ***** -
Zitat: (Original von erato am 20.07.2012 - 20:09 Uhr) Wieder eine Erinnerung von dir,
die mich schmunzeln lässt -
unabhängig davon
habe ich meinen Ersatzbenzinkanister
sofort aus dem Auto entfernt........ :-))))))))))))))
Herzlichste Grüße, liebe Ingrid
Thomas


Danke dir, lieber Thomas. Super, dass du deinen Ersatzkanister aus dem Auto entfernt hast... man kann ja nie wissen. Lach! Dein Kommi gefällt mir und ließ mich hell auflachen
Aber läufst du denn Gefahr, nimmst du denn Anhalter mit?
Mit gglG Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: Ach, liebe Ingrid, da hast Du -
Zitat: (Original von baesta am 20.07.2012 - 18:08 Uhr) mir ja wieder Erinnerungen beschert, weil meine Freundin und ich es genau so gemacht haben. Da kann ich ja auch ein paar Beiträge dazu schreiben.

Liebe Grüße
Bärbel



Bin schon neugierig auf deine Beiträge. Stellst du was herein?
War halt schon eine ganz andere Zeit ... unsere Zeit... oder?
Danke dir und sei lieb gegr+üßt!
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: -
Zitat: (Original von Ciggy1 am 20.07.2012 - 16:38 Uhr) Spannend geschrieben, Ingrid! Daumen hoch!

"Geldbörsel" - süß!!!! lach

Mach's Dir gemütlich!

Liebe Grüße

Uli



Danke dir, lieber Uli, freue mich über deinen Besuch und deinen Kommi ... und über deinen " Daumen hoch" .
sei herzlichst gegrüßt
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: Glück -
Zitat: (Original von zurueckchen am 20.07.2012 - 14:30 Uhr) Hatte sie vorhin schob gelesen deine Geschichte, da war das Glück aber auf deiner Seite, wenn ich darüber nachdenke das meine Kinder bei Fremden in ein Auto steigen wird mir übel, deswegen bin ich froh dass du eine Erinnerung mit Knalleffekt;) hast, und uns daran hast teilhaben lassen.


Liebes Zuckerchen, nein, heute würde ich auch jedem jungen Mädchen abraten, per Autostopp zu reisen. ... damals aber war das ganz normal.
Danke dir herzlich und sei lieb gegrüßt!
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: Schön, schaurige Erinnerungen, -
Zitat: (Original von kullerchen am 20.07.2012 - 13:43 Uhr) liebe Ingrid und glaub mir, du hattest einen echten Schutzengel, denn "böse Menschen" gab es trotz anderer Zeiten auch damals zu Hauf.

Doch das ist vergangen und übrig bleiben eben diese schönen Erinnerungen, die ich von dir besonders gerne lese, weil sie nicht nur informativ, sonder so charmant geschrieben sind.

Dann auf ein Neus, liebe Ingrid und danke, für diese charmante Ablenkung vom Hier und Jetzt!

LG vom Kullerchen


Liebes Kullerchen, danke dir ganz, ganz lieb. Natürlich weiß ich, das ich damals immer viel Glück hatte..... aber auch viele nette Erlebnisse und viele nette Menschen dadurch kennen lernen durfte. Natürlich gab es auch damals Bösewichte, aber im Großen und Ganzen waren die Menschen hilfsbereiter , wie immer in schlechteren Zeiten, in Zeiten der Not und Entbehrungen....
danke dir auch herzlich für dein charmantes Lob ... freu mich sehr. Liebe Grüße Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
Luap Na da ist ja gerade noch mal alles gutgegangen... ein bisschen schmunzeln musste ich über den Benzinkanister...hätte ich dir gar nicht zugetraut!

Herzliche Grüsse
Paulchen
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR Ja, die Jugenderinnerungen ..... - ich bin früher auch ein paarmal getrampt,
mal mit meiner Freundin, mal allein.
Ist auch nichts passiert .... aber meine Mutter
war strikt dagegen.

GglG deine fleur
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