„Es brennt - ich brauche Hilfe!“
„Rufen sie die Feuerwehr!“
„Dies geht nicht, es ist ein Flächenbrand!“
Mein Job - Coach lacht etwas hämisch - am anderen Ende des Hörers.
„Ich brauche dringend einen Job - wenigstens ein 1,50 Job. (Bayern macht eine Ausnahme gemäß des Gesetzes § 16 Abs. 3 SBG II). Der freundliche, sympathische Mann ist ganz Ohr. Ich erzähle ihm, dass der Gerichtsvollzieher vor einigen Stunden meine Wohnung aufgesucht hat, und ich dringend eine Ratenzahlung tätigen muss - sonst gehe ich in den Knast. Ich bin sehr aufgeregt ich rede sehr schnell. Mein Coach verspricht mir, mir zurück zu rufen. Er will sich sofort bemühen, schauen was er für mich tun kann. Ich beruhige mich etwas, setze mich auf den Sessel und rekonstruiere meine derzeitige Lebenssituation. Diese sieht nicht gut aus.
Vor zirka zwei Jahren fing dieses Malheur an - ich erinnere mich noch genau. Damals habe ich die mit Fehler bestückte Nebenkostenabrechung dem Amt eingereicht - diese lehnt die Zahlung ab - nun nimmt das Schicksal seinen Lauf! Erst einen Beratungsschein auf dem Gericht besorgen, damit zu einem Anwalt, dieser gibt nach vielen Fehlversuchen auf. Diese Hintergründe sind nicht mehr zu erfragen. Dann Wohnungskündigung - wegen einer Nichtbezahlung der Nebenkosten, welche nicht den Normen entspricht, ist die Kündigung nichtig. Anmelden des Eigenbedarfs - anzweifeln des Sachverhaltes von mir...Mietminderung wegen Schimmelbefall, Wohnungsbesichtigung der verfeindeten Parteien. Räumungsklage des Vermieters. Gerichtsverhandlung - Vergleich!! Gerichtsvollzieher - Gefängnis. Mich packt die Wut. Ich bin eine arbeitslose, allein stehende Frau, arm, keine Starallüren! Keine Rechtsschutzversicherung. Mir ist nun klar - nicht jeder in unserem Staat bekommt Recht, der Recht hat.
Mein Job - Coach meldet, er habe eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung - gemäß des Gesetzes § 16 Abs. 3 SGB II.
„Wir wollen hier alle nicht, das sie in das Gefängnis gehen!“ ,betont der nette Mann.
Jetzt fallen mir zentnerweise Steine vom Herzen. Endlich Licht am dunkeln Tunneln. Drei Tage später nach dem ich die Formalitäten erledigt habe, beginne ich mit dieser Arbeit. 180,- Euro Mehreinkommen. Nun beginge ich mit der Ratenzahlung. Die ersten 50,- Euro streckt mir meine Freundin vor. Nun zahle ich die Schulden ab. Diese Kosten werden verzinst. Nach eineinhalb Jahren ist dieser schwere Lebensabschnitt beendet.
Mein Fazit:
Ist der Mensch in unserem Land arm, sollte er es sich zweimal überlegen, ob er gegen eine Ungerechtigkeit vor gehen will.
Als ich einige Zeit später wieder das Amt betrete, begegnet mich meine Sachbearbeiterin für Finanzen.
„Na, sie haben ja was mit gemacht, dies war nicht schön - oder?“
„Ihr Vermieter hat sich hier in den Amtstuben einige Male daneben benommen, öfters haben wir ihn des Raumes verwiesen!“
„Da können sie sich ja vorstellen was ich alles mit diesem Menschen erlebt habe!“
„Geld - macht halt geizig!“
Die Angestellte reicht mir die Hand, und bemerkt dass ich dies ja gut gemeistert habe.
Nun ist dieser Lebensabschnitt einige vorbei. Ich lebe in der Wohnung - habe leider noch keinen Job- aber die Liebe des Lebens gefunden. Ihn lernte ich während der Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung kennen.
Erst durch das Tal der Tränen gegangen, nun das große Glück gefunden.
Einen bitteren Nachgeschmack hat dieses Ereignis. Meine Mutter lebt nicht mehr.