Romane & Erzählungen
Zirkusprinzessin Teil 43 - Endspurt!!!

Höflich, aber innerlich fiebernd bot Ray seinen Gästen in seinem kleinen Wohnzimmer Plätze und Getränke an. Jeder suchte sich einen Stuhl, letzteres lehnten alle ab. Eine seltsame Nervosität lag in der Luft, dazu legte Eugene eine ungewohnte Grimmigkeit an den Tag. Kein Zweifel, im Moment hatte er definitiv die Zügel in der Hand, eine Attitüde, die Ray an ihm gegenüber den Eltern noch nie erlebt hatte.

 

„Also gut, wenn ihr nichts trinken wollt, dann kommt doch einfach mal zur Sache!”, bat Ray. Vielleicht konnte man die Sache, sicherlich wieder ein eindringlicher Appell, nach Hause zu kommen, schnell erledigen und er würde nicht gar so spät zu seinem Termin kommen, von dem doch so vieles für ihn abhing...

 

Seine Mutter balancierte mehr auf der Sesselkante, als dass sie saß und knautschte eines ihrer parfümierten Spitzentaschentücher. Wie so oft ergriff nun sie das Wort anstelle ihres Ehemanns. „Ach Rayleigh, ich weiß gar nicht so recht, was wir hier sollen. Eugene hat uns geradezu erpresst, damit wir herkommen, aber es ist doch nicht so schlimm... Ich meine, jede Mutter würde doch versuchen, ihr Junges zu beschützen, oder?”

 

Damit war Ray so schlau wie vorher, nur ein wenig neugieriger – und über die Maßen alarmiert! „Es tut mir leid, aber ich verstehe nur Bahnhof!”

„Rayleigh! Diese Ausdrucksweise!”, nutzte seine Mutter, geborene Alessandra Havensteen aus der New Yorker Upper Class, die Gelegenheit, vom Thema abzulenken.

 

„Mutter”, erklang da Eugenes Stimme, „ich denke, das tut grad nichts zu Sache. Erzähle Ray, was du und Vater gemacht haben.”

 

„Also, ich hab damit ja eigentlich nichts zu tun”, meldete sich plötzlich sein Vater mit seltsam gekränkter Stimme zu Wort.

„Roderick, als ob ich so etwas veranlassen könnte, ohne dass du davon erfährst!”, empörte sich seine Frau nun und Ray platzte der Kragen.

 

„Wenn ihr nicht binnen einer Minute mit der Sprache raus rückt, bin ich weg! Ich hab da nämlich einen sehr wichtigen Termin”, wetterte er.

 

Das hatte endlich den gewünschten Effekt. Eugene sagte „Tja, das Theater mit deinem Geschäftsführer war vielleicht doch nicht so zufällig. Erzähl ihm davon, Mutter. Erzähl Ray von dem netten kleinen Plan, den du zusammen mit Kendra ausgeheckt hast!”

 

„Eugene, du benimmst dich abscheulich! Aber gut, Rayleigh, hör zu, dann wirst du sicher verstehen...”

 

Da war er sich nicht so sicher...

 

„Rayleigh, du bist doch mein Sohn und wir haben uns Sorgen, also ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Diese verrückte Idee, hier alleine eine Kneipe auf zu machen! Ein Lornton besucht Restaurants, aber er kocht dort nicht selber!”

 

Um den Fluss der Erzählung nicht zu stören, verzichtete Ray auf gewisse Richtigstellungen.

 

„Ich kann ja verstehen, wenn du was erleben willst, bevor du deine Verantwortung in der Firma übernimmst, du bist noch jung, musst dir die Hörner abstoßen... Es war in Ordnung, dass du nach dem Abschluss ein wenig durch die Welt gereist bist. Und Tante Charlottes Erbe gehört ganz dir, du kannst damit machen, was du willst”.

~Solange es irgendetwas Wohltätiges in deiner Umgebung ist~, ergänzte Ray in Gedanken und hoffte, seine Mutter würde in ihrem weinerlichen Tonfall endlich zum Punkt kommen.

 

„Nun ja, deine Weigerung, nach deinem Abschluss zurück zu kommen, hat uns tief getroffen. Aber als du nun auch noch so schrecklich profan hier ein Lokal aufmachen wolltest, statt wie vorgesehen endlich den Bund der Ehe mit Kendra ein zu gehen-”

 

Sein Kopf ruckte herum. „Mutter, ich habe niemals Kendra gegenüber etwas derartiges-”

„Ach Rayleigh, ihr jungen Männer merkt doch sowas nie. Da müssen wir Frauen halt ab und zu ein wenig nach helfen!”

 

„Und das habt ihr getan, hier ein wenig 'nachgeholfen'?!! Und wie, wenn ich fragen darf?”

 

„Nun, die Pendergasts haben natürlich ein großes Interesse am Glück ihrer Tochter. Dominique hat ein paar … Verbindungen genutzt und wir haben Simon dazu gebracht, dir als Geschäftsführer Mr. Crunner zu empfehlen.”

 

Noch immer arglos schnaubte Ray. „Na, das war ja wohl ein absoluter Fehlgriff!”

Dass Eugene bei seinen Worten kurz und trocken auflachte, irritierte ihn sehr.