Romane & Erzählungen
Der Bruder meiner Braut III

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"Der Bruder meiner Braut III"
Veröffentlicht am 10. Juli 2012, 8 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Der Bruder meiner Braut III

Der Bruder meiner Braut III

Die Kutsche klapperte über die unebene Straße. Es war ein
kalter Frühling, aber Lucias Hand in meiner war warm. Unsere Blicke trafen sich
und über ihr Gesicht huschte ein Grinsen. Und ich konnte nicht anders, als es
zu erwidern.

Wir hielten vor Sorayas Anwesen und stiegen aus. Lucia
schlüpfte sofort wieder in die Rolle des Familienoberhauptes und küsste Soraya
in der Empfangshalle sogar die Hand, wie man es von einem Gentleman erwartete. Ja,
sie war wirklich eine brillante Schauspielerin. Sie bot Soraya ihren Arm an und
diese ergriff ihn. Lucia führte sie hinaus in den Garten.

Ich folgte ihnen in einigen Metern Entfernung. Lucia blieb
stehen und winkte mich herbei. „Seropin, würdest du bitte schon mal den Tee auf
der Terrasse einschenken? Miss Cayles Butler sind bei einem wichtigen
Geschäftsessen ihres Bruders.“ Ich deutete eine Verbeugung an. „Natürlich
Herr.“

Ich stieg die lange Treppe zur Terrasse hinauf, die hinter
dem Haus auf einem Hügel lag. Endlich oben angekommen, bewunderte ich die
wunderschöne Aussicht auf Wiesen, Wälder und Felder.

Als sich mein Atem wieder beruhigt hatte, hörte ich, wie
jemand die Treppe empor stieg. Zuerst dachte ich, es wären Lucia und Miss
Cayle, aber es war ein junger exotisch aussehender Mann, der ein Tablett mit
Tee trug. Ich erinnerte mich an ihn.

„Francesco, der Gärtner, wenn ich mich richtig erinnere.“
Der Mann musterte mich. „Was verschafft mir die Ehre, dass ihr Euch an  mich erinnert, Baron?“, fragte er spöttisch.
Ich stockte anscheinend erinnerte er sich nicht an mich und hielt mich für
Lucia, ich meine für Alawis. „Francesco, ich…“, doch weiter kam ich nicht.
Francesco hatte den Tee auf den Tisch gestellt, ein paar flinke Schritte auf
mich zu gemacht und voll zugeschlagen. Ich taumelte zurück und tastete mit der
Hand über das schmerzende Kinn. „Francesco, was…“ „Wenn Ihr glaubt, Baron, dass
ich euch Soraya einfach so überlasse, habt Ihr Euch geirrt!“ Und wieder holte
er aus. „Francesco!“ Eine schrille Stimme ließ ihn innehalten. Auf dem
Treppenabsatz standen Lucia und Miss Cayle. Francesco ließ seine Hand sinken.
Sein Blick blieb an Lucia hängen. Sie ging ein paar  Schritte auf ihn zu und stellte sich zwischen
uns beide.

„Francesco, hättest du die Güte, meinen Haushofmeister
loszulassen?“ Francesco löste seine verkrampfte Hand und ließ meinen Kragen
los. Lucia zog mich wieder zurück auf die Beine und flüsterte mir dabei zu:
„Verzeih ihm, er weiß es noch nicht.“

Dann führte sie Soraya zum Tisch und ließ sie Platz nehmen.
Francesco deutete eine Verbeugung an und wandte sich zum Gehen. „Francesco, ich
würde mich freuen, wenn du uns Gesellschaft leisten würdest.“ Lucias Stimme
ließ ihn erstarren. Er drehte sich zu ihr um, ballte die Hände zu Fäusten und
warf ihr einen vernichtenden Blick zu. „Wenn es euch nichts ausmacht, Baron,
würde ich mich lieber zurückziehen.“, presste er mühsam beherrscht zwischen den
Zehen hervor. Ich konnte mir vorstellen, wie er sich fühlte. Ich könnte es auch
nicht ertragen zu wissen, dass Lucia einen anderen heiraten würde.

„Leiste uns bitte Gesellschaft, Francesco!“ Soraya sah ihn bittend
an. Wieder deutete er eine Verbeugung an. „Wenn Ihr das Wünscht, Madam.“ Er
stellte sich schräg hinter sie und verschränkte sie Arme hinter seinem Rücken.
Soraya blinzelte Lucia zu. Und gab mir dann zu verstehen, dass ich den Tee
servieren sollte. Ich füllte zuerst Sorayas Tasse mit dem herrlich duftenden
Tee und danach Lucias. Als ich die Teekanne gerade wieder auf den  Tisch gestellt hatte, strich Lucia mir mit
einer Hand über die Wange und als ich sie verwundert ansah, zog sie mich zu
sich heran und küsste mich. Etwas verwirrt erwiderte ich den stürmischen Kuss
und vergas für einen Moment, wo wir uns befanden.

Als Lucia sich sanft von mir löste und ich aufsah, begegnete
ich Francescos entsetztem Blick. Lucia fing an zu Lachen. „Ich denke, es wird Zeit,
die Karten offen auf den Tisch zu legen.“ Sie stand auf und ging auf Francesco
zu, der wie  versteinert da stand und
sich nicht rühren konnte.

„Francesco, eigentlich bin ich hier, um mit dir zu
verhandeln.“ Die Verwirrung in Francescos Blick wuchs. „Hör mir jetzt gut zu,
Francesco. Sagt dir der Name meiner Schwester Lucia etwas?“ Francesco
schüttelte den Kopf. „Sie war meine Zwillingsschwester und starb vor sechs
Jahren.“ „Mein herzliches Beileid.“, stammelte Francesco. „Jetzt hör gut zu
Francesco. Es ist damals vor sechs Jahren nicht Lucia, sondern Alawis an dieser
Krankheit gestorben. Verstehst du? Ich bin Lucia, nicht Alawis. Ich bin eine
Frau.“ Francescos Augen weiteten sich vor Schreck. Er stammelte ein paar
unverständliche und unzusammenhängende Worte. „Nun hör mir zu, Francesco.“,
fuhr Lucia fort. „Wir beide haben etwas gemeinsam, wir können nicht die Person
heiraten, die wir lieben. Aber wenn wir uns zusammen tun, können wir immerhin
mit ihnen zusammen bleiben.“ Lucia warf mir einen langen Blick zu. „Ich erbitte
von dir das Recht, deine Geliebte zu heiraten, um das Ansehen beider Familien
zu wahren und ich bitte dich darum, der Vater meiner Erben zu werden.“

Schweigen folgte. Der völlig überrumpelte Francesco, starrte
Lucia an, sah zu mir und dann lange zu Soraya, dann wieder zu Lucia. „Du liebst
ihn?“, fragte er und deutete in meine Richtung. Lucia lächelte verträumt. „Ja.“

Francesco nickte und man konnte ihm ansehen, wie es hinter
seiner Stirn arbeitete. Dann stahl sich plötzlich ein strahlendes Lächeln auf
sein Gesicht. Er machte noch einen Schritt auf Lucia zu und nahm sie fest in
die Arme. „Euch hat der Himmel geschickt!“ Eine Träne rollte über seine Wange.

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Yukidaruma

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