Romane & Erzählungen
Der Bruder meiner Braut II

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"Der Bruder meiner Braut II"
Veröffentlicht am 10. Juli 2012, 12 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Der Bruder meiner Braut II

Der Bruder meiner Braut II

2. Kapitel

6 weitere Jahre später…

Ich betrachtete ihr friedliches Gesicht. Sie lächelte im
Schlaf. Ob sie wieder von ihrem Bruder träumte? 6 Jahre waren seit seinem Tod
vergangen und in diesen 6 Jahren war sie nach dem frühen Tod ihres Vaters vor 4
Jahren in ihre Rolle als Familienoberhaupt hineingewachsen. Sie war ein
großartiger Geschäftsmann geworden und erfreute sich auch in vielen anderen
Adelsfamilien großer Beliebtheit. Die Schule hatte sie vor einem Jahr mit Bestnoten
abgeschlossen und konnte sich nun voll und ganz auf ihre Aufgaben als Herr des
Hauses konzentrieren. Und ich? Nun ja, ich bin nun Haushofmeister des Hauses und
unterstütze sie so gut ich kann. Ich organisiere die Treffen mit ihren
Geschäftspartnern, kümmere mich um die „nervigen Angelegenheiten“, wie Lucia
sie gerne nennt.

Die Kutsche ruckelt so heftig, dass Lucia verschlafen die
Augen öffnet. Sie reibt sich den Schlaf aus den Augen und blickt aus dem
Fenster. „Es ist noch eine gute halbe Stunde, Herr.“

Sie wirft mir einen bösen Blick zu, verdreht die Augen und
sieht aus dem Fenster. Sie hat es aufgegeben mir zu sagen, dass ich sie Lucia
nennen soll. Ich lächelte traurig in mich hinein. Wie gerne würde ich ihr
Angebot annehmen, aber das war nun mal ein Privileg ihres zukünftigen
Verlobten, wer auch immer der Glückliche sein mochte. Mein Herz setzte einen
Schlag aus, wenn ich daran dachte, bald einen geeigneten Mann für sie aussuchen
zu müssen.

Ich beobachtete sie, wie sie aus dem Fenster starrte. „Bald
jährt sich sein Todestag schon wieder.“, sprach ich aus, was sie dachte. Sie
sah mich an und lächelte traurig. So langsam fiel es mir richtig leicht, ihre
Gedanken zu lesen. „Die Blumen für das Grab sind schon bestellt.“, fuhr ich
fort. „Was für welche?“, fragte sie. „Weiße Rosen.“, antwortete ich. Ihre
Lieblingsblumen. Sie lächelte wieder, diesmal fröhlicher. „Du bist
unverbesserlich.“ Ich grinste zurück und mein Herz setzte schon wieder einen
Schlag aus. Du musst jemanden für sie finden! Schoss es mir durch den Kopf.
Aber wie ich das Problem lösen wollte, wusste ich immer noch nicht. Sie war
eine Frau verkleidet als Mann. Sie konnte ja wohl schlecht eine Frau heiraten.
Aber einen Mann konnte sie auch nicht heiraten. Das wäre schlecht für das
Ansehen der Familie, wenn bekannt würde, dass das Oberhaupt der Familie schwul
war.

Heirate sie und geh mit ihr fort! Rief eine Stimme in meinem
Inneren. Die Stimme meines Herzens. Das kann ich nicht! Schrie ich meinem Herz
entgegen. „Hey, alles in Ordnung?“ Ich schaute auf. Lucia sah mich besorgt an.
„Ja, mir geht es gut. Wieso fragst du?“ NEIN MIR GEHT ES GANZ UND GAR NICHT
GUT!!! „Seropin, du weinst!“ Sie zog den Ärmel über die Hand und wischte über
mein Gesicht. „Es ist nur, … ich habe an jene Nacht gedacht.“, log ich.

„Ist schon in Ordnung, du musst dich nicht rechtfertigen.“

 

 

Unruhig wälzte ich mich von einer Seite auf die andere, aber
egal, was ich auch tat, ich fand keinen Schlaf. Was wird mit ihrer Hochzeit? Du
willst doch, dass sie glücklich wird! Ich setzte mich auf und vergrub mein
Gesicht in meinen Händen. „Ja, verdammt!“, murmelte ich und versuchte meine
Gedanken zu sortieren.

Lucia, ich musste sie sehen. Bestimmt war sie noch wach. In
den Nächten vor dem Jahrestag schlief sie nie gut.

Ich durchquerte das riesige Anwesen und blieb zögernd vor
ihrem Zimmer stehen. Von drinnen war kein Laut zu hören, aber das war nicht
ungewöhnlich. Meistens las sie in solchen Nächten und wenn sie nicht las,
schrieb sie oder starrte Löcher in die Luft. Ich holte einmal tief Luft und
klopfte. Ein Geräusch kam von innen. Es klang wie das Knatschen von Holz. Hieß
das, dass ich reinkommen durfte?

Vorsichtig öffnete ich die Tür. In dem Zimmer war es dunkel.
Nur der Mond erhellte es etwas durch das offene Fenster. „Herr?“, fragte ich.
Keine Antwort. Ich schloss die Tür hinter mir. Langsam gewöhnten meine Augen
sich an die Dunkelheit und ich konnte Teile des Raumes erkennen. Aber nirgendwo
konnte ich Lucia ausmachen. Eine Bewegung zu meiner Rechten. Ich drehte mich um
und sah sie. Sie lag zusammengerollt in ihrem Bett und schlief.

Am liebsten hätte ich mich selbst geohrfeigt. WAS ZUR HÖLLE
TAT ICH HIER EIGENTLICH??????? Warum war ich in ihrem Zimmer und nicht in
meinem??? Schnell wieder zurück! Schoss es mir durch den Kopf. Doch mein Blick
huschte immer wieder zu Lucia. Sie zitterte vor Kälte. Ihre Bettdecke lag am
anderen Ende des Bettes. Nur zudecken! Sagte ich mir immer wieder. Du deckst
sie nur zu und verschwindest dann endlich von hier!

Ich schlich um ihr Bett herum, nahm die Decke und deckte sie
damit zu. Sie roch nach Blumen.

Das war das Einzige, was ich dachte, als ich plötzlich
gepackt wurde und ehe ich es mir versah auf dem Bett lag. Lucia saß auf meinem
Bauch und drückte meine Arme über meinem Kopf ins Bett, sodass ich mich nicht
rühren konnte.

„Was machst du denn hier, Seropin?“ Natürlich stellte sie
diese Frage. Welche denn sonst? Idiot, überleg dir besser schnell eine gute
Antwort! Aber ich konnte mich nicht konzentrieren. Ihr Gesicht war zu nah. Ich
ertappte mich immer wieder dabei, wie ich auf ihre schmalen Lippen starrte,
während sie auf eine Antwort wartete. Lucia lachte. Herzlich und aufrichtig,
wie immer. Sie schien gar nicht böse zu sein…

„Schon gut, vergiss die Frage, ich kenne die Antwort.“ „Ich
glaube nicht, dass Ihr…“ Weiter kam ich nicht. Lucia erstickte meine Worte mit
einem Kuss. Ãœberrascht riss ich die Augen auf. Lucia lachte, als sie mir wieder
in die Augen sah. „Was guckst du denn so überrascht?“ Wieder ihre Lippen auf
meinen. Ich konnte nicht mehr. Ich befreite meine Hände und presste sie enger
an mich. Sie fuhr mir durch die Haare.

Nein, das durfte nicht sein! „Lucia, Lucia hör auf!“ Sie
kniete sich vor mich aufs Bett. Ich wusste nicht, wie ich anfangen sollte. „Ich
liebe dich!“, unterbrach sie das Schweigen. Mein Herz hüpfte vor Freude und
schlug so heftig, als wolle es mir gleich aus der Brust springen. „Ich dich
auch, Lucia.“, antwortete ich, bevor ich darüber nachgedacht hatte. Sie beugte
sich vor und küsste mich zum dritten Mal. Für einen kurzen Moment ließ ich mich
hinreißen, aber das durfte ich nicht! Ich schob sie erneut weg. „Machst du dir
Sorgen wegen meiner Hochzeit?“ Ich sah überrascht auf. „Was guckst du denn
jetzt schon wieder so überrascht? Glaubst du, du bist der Einzige,  der die Gedanken des Anderen lesen kann? Du
grübelst schon seit längerer Zeit über etwas nach und ich habe mich die ganze
Zeit gefragt, was es sein könnte.“ Sie seufzte und streckte sich auf dem Bett
aus. „Mach dir deswegen keine Sorgen, das habe ich schon geregelt.“ Ich sprang
überrascht auf. „Aber … wann??“ Ich sortierte meine Gedanken und holte Luft.
Konzentration!! „Wann hattest du vor es mir zu sagen? Einen geeigneten Mann für
dich“ Lucia sah auf. „Einen Mann, Seropin?“ Ich stockte. Sie hatte die
Problematik wohl erkannt. „Jemand geeignetes für dich zu finden ist meine
Aufgabe!“

Lucia lachte. „Ich hatte vor es dir an deinem Geburtstag zu
sagen.“, beantwortete sie meine erste Frage. „Willst du meine Lösung des
Problems trotzdem hören?“

Ich atmete ein paar Mal tief durch und setzte mich wieder.
„Ja.“ Lucia lächelte triumphierend und setzte sich auf. „Erinnerst du dich an
Soraya?“ „Miss Cayle? Natürlich, du warst vor zwei Wochen bei ihr zum Tee.“
Lucia nickte. „Ich habe ihr erzählt, dass ich eine Frau bin.“ „DU HAST WAS???“,
schrie ich. „Scht! Schrei nicht so!“ Sie löste ihre Hand, die sie auf meinen
Mund gepresst hatte. „Das ist typisch Mann! Hast du denn nicht gesehen, wie sie
ihren Gärtner angesehen hat?“ Ich schüttelte den Kopf, obgleich ich begriff,
was sie mir damit sagen wollte. „Es ist eine Art Geschäft, verstehst du? Wir
beide heiraten und jede kann glücklich mit dem zusammen sein, den sie liebt.
Und wenn sie Kinder bekommen, sagen wir einfach, sie wären von mir.“ Sie
lachte. „Das hätte ich mir auch niemals träumen lassen, Vater zu werden!“

„Und was ist, wenn du ein Kind bekommst?“, fragte ich. Lucia
sah überrascht zu mir auf und ich wurde knallrot. Sie grinste, dann wurde ihr
Blick für einen Moment traurig. „Ich kann keine Kinder bekommen, Seropin. Diese
Diagnose habe ich schon als kleines Kind bekommen. Wahrscheinlich sollte ich
dafür dankbar sein.“

 

 

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Yukidaruma

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