Mein Leben hinterließ brennende Löcher
Ich treffe sie fast täglich wieder,
meine Lebensgeschichten, meine Liebesbeziehungen,
meine verfluchten Nächte,
die mich für Momente der Lust aus der
Einsamkeit rissen.
Sie alle hatten Namen.
Sylvia,
die jetzt als Verkäuferin in einer Metzgerei arbeitete
und drei Kinder hatte.
Gabi,
sich nach drei Selbstmordversuchen
einer Selbsthilfegruppe angeschlossen hatte
und dort seit vier Jahren versucht zu erkennen
wer sie ist.
Oder Trude,
die immer noch stocksteif durch die Supermärkte streifte
um den billigsten Fusel zu finden.
Sie alle waren mein Leben,
alle rochen meinen Schweiß,
alle weinten mit mir
und alle waren wir uns sicher,
dass es irgendwann aufwärts geht.
Aber gestern traf ich Karla.
Sie war die Liebe meines Lebens.
Wir verbrachten Tage im Bett und philosophierten
über die Zukunft und unsrere Kinder,
die wir nie haben werden.
Irgendwann lernte sie Karl kennen.
Erfolgreich und smart.
Sie entschuldigte sich sogar dafür
und schenkte mir unser Lieblingslied
mit einer Widmung:
Für den Mann, der mir die Sterne schenkte
und sich nie fragte, ob ich sie haben möchte.
Sie schien mich nicht zu erkennen.
Ihr Haar war verfilzt,
ihre Kleidung dreckig.
(Ausser ein riesiger Strohhut - sehr wahrscheinlich neu )
"Hey, Karla."
Sie sah mich an
und ich erkannte wie in ihren Augen ein Film ablief,
der sich nicht zuordnen ließ.
Sie studierte mich mit einer Mischung aus
Vorsicht und Hilflosigkeit.
"Ich bins, Mike."
"Ah, Mike.
Ja, genau.
Alles klar Mike?
Haste ma' ein, zwei Euro für mich?"
Ich kramte in meiner Tasche und fand nichts.
"Ne, leider nicht,
aber vielleicht kommst du kurz mit.
Ich lad' dich auf 'nen Kaffee ein."
Sie presste ein müdes Lächeln
aus ihren spröden Lippen.
"Ach Mike, schau mich an.
Alles klar?"
Dann ging sie weiter und hinterließ
ein Loch in meinen Gedanken.
Ein brennendes, stinkendes Loch,
dass ich nie wieder zuschütten werden kann.