Kapitel 24 Ablenkung
Die Angriffe auf die Höfe waren ein voller Erfolg. Die kleinen Gruppen aus Ordenskriegern schlichen sich schnell an die Felder heran, steckten sie in Brand und verschwanden wieder. Bei anderen Höfen wurden die Scheunen angezündet oder die Wohnhäuser geplündert. Aber niemals wurde eine Klinge gegen die Bewohner gerichtet. Liron hatte strikt verboten sich gegen die Bauern zur Wehr zu setzen. Wenn sich diese Verteidigten sollten sich die Männer zurückziehen.
Der Stein war ins Rollen gekommen.
Sendor wurde mulmig als er zu den gewaltigen Stadtmauern aufsah. Ja sie hatten sie bereits einmal Überwunden, das änderte aber nichts daran das ihm leicht schwindlig bei der Idee wurde einfach davor auszuharren und die gegnerische Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Er kam sich vor wie ein Schwein auf dem Weg zur Schlachtbank.
Edrick neben ihm schien ähnlich besorgt zu sein. Noch außer Reichweite der Gewehrschützen auf den Mauern ließ er seine Leute anhalten.
Er musste ihnen Mut machen oder die ersten würden bei der geringsten Gegenwehr zurückweichen.
,, Heute stehen wir hier. Viele von euch fragen sich. Warum ? Wieso riskieren wir unser Leben für diesen einen Versuch?
Viele von euch sind mit der Herrschaft des Bundes und der der Herrschaft Jarets und dann Lirons aufgewachsen. Ihr kennt Freiheit. Ihr kennt Gerechtigkeit. Aber das sind bloß Worte. Worte vermögen nichts zu vollbringen meint ihr. Aber heute geht es nicht um Worte. Heute geht es um Taten. Heute werden diese Worte zu Klingen und Kugeln. Heute habt ihr die Chance zu Entscheiden. Jeder einzelne von euch entscheidet heute ob der Bund steht oder fällt. Ob diese beiden Worte, Freiheit und Gerechtigkeit bestand haben oder ein kurzes aufflackern in der Geschichte bleiben.
Heute gehört euch die Welt. Heute entscheidet ihr ihr Schicksal. Und heute werden wir einen Tyrannen fallen sehen. Wer folgt mir? Wer marschiert mit mir ins Feuer wenn wir uns seinen Kopf holen?“
Liron und die anderen waren zurückgeblieben aber selbst von ihrem Versteck aus war der Jubelruf Unüberhörbar. Eine einzige Stimme bestehend aus Tausenden.
Es ging los.
,, Also,“ , fragte Alexis. ,, Wie kommen wir in die Stadt ?“
,, Als ich im Ratspalast gegen Anbrail gekämpft habe war es mir möglich mich nach draußen zu teleportieren. Mit etwas Glück…“
,, Sehr viel Glück meinst du eher. Du weißt dass du beim letzten Mal Glück hattest? Ich bezweifle das wir die Zeit haben deinen Gesit nochmal zu flicken sofern das überhaupt möglich wäre.“ , warf Fylla ein.
,, Diesmal nicht. Ich habe es vorher nicht Verstanden. Jetzt schon. Man muss es einfach nur akzeptieren. Es kontrollieren zu wollen war genau der falsche Weg.“
Er trat ein paar Schritte vor. ,, Bringen wir es hinter uns.“ Er schloss die Augen suchte in sich die Dunkelheit die auf ihn lauerte. Doch diesmal versuchte er nicht damit zu kämpfen. Versuchte nicht die Kontrolle zu behalten. Er betrachtete es als Fluss mit dessen Strömung man sich treiben lassen musste oder Unterging.
Immer schneller und schneller schienen ihn die schwarzen Wogen voranzutragen. Der Sturm in seinem inneren wühlte das Wasser seiner Gedanken zu Wellen auf. Bis diese hoch genug waren um jedes Hindernis zu überwinden…
Ein Ring aus purpurnem Licht bildete sich um die kleine Gruppe. Alles wurde in Rot getaucht bis keine andere Farbe mehr zu existieren schien. Die Welt selbst machte einen Sprung zur Seite… oder waren sie das? Einen Moment war sich Alexis unsicher wo oben und unten war.
Dann schlugen alle drei auf dem Boden auf. Zumindest fühlte es sich so an.
Alexis und Fylla taumelten kurz bis sie ihr Gleichgewicht wiederfanden.
Sie waren tatsächlich durch die Tore durch. Liron sah sich um und stellte fest wohin er sie gebracht hatte.
Sie waren genau auf dem Platz hinter den Toren herausgekommen, an derselben Stelle an der Lis gestorben war. ,, Es war nicht umsonst“ , flüsterte er.
Jetzt mussten sie sich einen Weg durch die Stadt hinauf zu den Ratssälen suchen.
Draußen vor der Stadt näherte sich Edricks Streitmacht den Mauern. Bisher schien ihr Plan aufzugehen. Die Mauerkronen waren voll besetzt und die gesamte Aufmerksamkeit auf die Anrückenden Soldaten gerichtet. Niemand würde Liron oder die anderen bemerken.
Doch nun standen sie vor ihrer ganz eigenen Herausforderung. Die Scharschützen auf den Mauern legten an. Es war nur eine Frage von Sekunden bis auf ihrer Seite die ersten Kämpfer fallen würden.
Plötzlich jedoch durchbrach etwas die Stille. Luftzug… wie von….Flügeln ?
Aus dem Nichts tauchte der Drache aus den Wolken auf. Die Mauern verwandelten sich in ein Flammenmeer bevor überhaupt jemand wusste was los war.
Brennende Soldaten sprangen herab und rissen manchmal noch einige ihrer Glücklicheren Kameraden mit.
Das gab ihren eigenen Leuten Zeit ihre Schützen nach vorne zu bringen und zu zielen.
Die erste Salve kam nicht von den Verteidigern sondern von den Angreifern.
Bald sollte der Pulverdampf alles einhüllen und die weitere Sicht auf die Schlacht verdecken.
Offenbar waren doch nicht alle Wachen abgerufen worden. Am Fuß der Treppe die hinauf zum Vorplatz des Palastes führte liefen sie fast in die Zehnköpfige Gruppe aus Soldaten hinein.
Diese reagierten sofort und gingen zum Angriff über.
Alexis musste sich sofort gegen Vier Gegner gleichzeitig Verteidigen. Drei Angriffen konnte er ausweichen doch der vierte erwischte ihn am linken Arm. Er spürte wie ihm das Blut über das Handgelenk lief.
,, Jetzt habe ich aber genug.“ Der Zauberer formte spitz zulaufende Eiskristalle um seine Hände und griff selbst an. Die Kristalle schnitten sauber durch die Panzerung der vier Soldaten und zerfetzten diese zu unbrauchbaren Metallstücken.
Liron wurde von zwei Angreifern abgedrängt. Er hatte sich von Edirck ein Schwert geben lassen und damit parierte er nun so gut er konnte die Angriffe der beiden. Diese waren besser Ausgebildet als die Patrouille der sie auf der Straße begegnet waren. Ihm blieb kaum etwas anderes übrig als die Attacken abzuwehren. Und dann spürte er Stein im Rücken. Sie hatten ihn in eine Ecke gedrängt und griffen nun Beide gleichzeitig an. Doch bevor ihn die Schwerter treffen konnten stockten beide.
,, Nicht…so…schnell.“ Alexis stand hinter ihnen und hatte die Fäuste in Richtung der Wachen ausgestreckt. Nun schlug er die Beiden Hände zusammen und die Soldaten sackten leblos zusammen.
Fylla unterdessen beschäftigte drei weitere Wachen. Der erste der ihr zu nahe kam überlebte nicht lange. Mit einem gezielten Hieb gegen die Waffe des Mannes entwaffnete sie ihn und fing das Schwert noch im Flug auf. Sie war es einfach gewohnt mit zwei Klingen zu kämpfen.
Die Überlebenden Zwei Griffen gleichzeitig an mussten jedoch feststellen das Fylla jegliche Angriffe abwehrte.
Einer versuchte zurückzuweichen. Sie zielte. Viel zu nah um ihn zu verfehlen. Das Schwert welches sie dem ersten Wachmann abgenommen hatte segelte durch die Luft und fand sein Ziel.
Ihr letzter verbleibender Gegner wich langsam zurück. Dann, mit einer Verzweifelten Finte, stürmte er vorwärts. Er hatte vermutlich selbst nicht damit gerechnet Erfolg zu haben. Sekunden später fiel die Wache leblos auf die Granitstufen.
Hinter ihr bewegte sich etwas… Sie wirbelte herum… viel zu spät.
Alexis bemerkte den letzten Wachmann der sich an Fylla heranschlich. Er sprang dazwischen und ließ einen Strom aus Energie auf den Soldaten los. Dieser hob trotzdem noch die Waffe und verletzte ihn an der Schulter seines ohnehin schon verwundeten linken Arms.
Er stützte sich an der Wand ab. ,, Das war ziemlich knapp...“ Er spürte wie das Blut seinen Mantel durchtränkte.. offenbar hatte der Angriff doch mehr Schaden angerichtet als Gedacht.
Auf die besorgten Blicke reagierte er nur mit einem: ,, Mir geht’s gut.“
,, Ich bleibe bei ihm.“ , meinte Fylla.
,, Gut. Und ich nehme mir Anbrail vor. Haltet noch ein bisschen durch Alexis. Das hier ist bald vorbei.“
Er rannte die Treppe hinauf.
Edrick fiel es schwer im Pulvernebel noch irgendetwas zu erkennen. Kugeln beider Seiten jagten durch das undurchsichtige Weiß und er hatte keine Ahnung welche Seite die meisten Treffer einstecken musste.
Irgendwo im Nebel hörte er jemanden aufschreien. Dann wurde der Schrei, vermutlich durch eine weitere Kugel erstickt. Es war das Chaos aber solange er nichts sehen konnte war ein Rückzug noch gefährlicher.
Der Vorplatz zum Palast war nicht verlassen. Eine einsame vermummte Gestalt stellte sich ihm entgegen.
,, Anbrail wusste das ihr herkommen würdet.“ , meinte Agenir Rexin.
,, Sieht ihm ähnlich. Hat er auch schon vorhergesehen das er heute möglicherweise seinen Kopf verliert?“
,, Ihr werdet nie so weit kommen Liron Weißläufer. Ihr könnt mich nicht besiegen.“
Der Magier begann ihn zu umkreisen.
,, Ihr klingt ziemlich selbstsicher.“
,, Ich weiß das ihr mich nicht bezwingen könnt. Der Tod selbst hat es gesagt. Mein tot trägt ein anderes Gesicht.“
Liron suchte wieder jene dunkle Flutwelle in seinem Inneren.
,, Wisst ihr ihr hätte besser zuhören sollen. Vielleicht kann ich euch nicht töten. Verletzten aber schon.“
Liron entfesselte eine Welle aus purer Energie die dem Magier vor ihm das Fleisch von den Knochen ziehen würde.
Zu seiner Überraschung geschah dies nicht. Agenir absorbierte den Zauber.
,, Ihr Narr. Ich bin mächtiger als ihr es euch jemals vorstellen könntet. Ihr nährt meine Macht ledigl….“
Er stockte. Liron hörte nicht auf einen Zauber nach dem anderen auf ihn zu schleudern.
,, Hört ihr nicht. Ihr könnt nicht gewinnen. Ergebt…“
Die mit Runen beschriebenen Bande um den Körper Agenirs begannen zu glühen, leuchteten immer heller…
,, Hört auf… ihr zerstört…“
,, Das ist meine Absicht.“ , meinte Liron und schickte eine letzte Energiewelle in Richtung Agenir.
Dieser heulte schmerzvoll auf als die Runen verblassten und sich auflösten. Ohne den Schutz des Bannes forderte die Magie in seinem inneren nun ihren Preis.
Sein Fleisch fing Feuer
,, Nein. Ihr könnt nicht…:“ Der Magier sank auf die Knie, seine gesamte Form schien zusammenzuschmelzen.
Liron ging ohne Beachtung an dem sterbenden Vorbei in die Hallen des Rates hinein.
,, Geht es euch gut ?“ , fragte Fylla besorgt. Sie hatte dem Magier einen provisorischen Verband angelegt was zwar zu helfen schien aber sobald Alexis versuchte Aufzustehen drehte sich noch immer alles.
,, Etwas besser. Du willst dich nicht zufällig mal an Heilmagie versuchen? Mir wäre wohler zumute wenn Liron nicht allein weitergehen würde.“
Fylla zögerte. ,, Das ist keine gute Idee. Das letzte Mal das ich versucht habe jemanden zu Heilen ist Jahre her.“
,, Das verlernt man nicht.“ , meinte Alexis überzeugt.
,, Beschwer dich nur nicht wenn das eine Narbe gibt.“
,, Wenn du wüsstest.“
Fylla legte eine Hand auf die verletzte Schulter. Alexis hatte gemeint zu Heilen würde man nicht verlernen. Die Wahrheit war aber das es einem im Orden erst gar nicht gelehrt wurde.
Eine Tatsache die der Magier nicht zu wissen schien. Sie hatte es sich teilweise selbst beibringen können aber wirklich angewendet? Nein. Und das machte ihr Angst.
,, Verdammt.“ Der Zauberer zuckte zusammen und eine Rauchwolke stieg von der Wunde auf.
,, Heilen nicht ausbrennen.“
,, Entschuldigung. Ich Versuchs nochmal.“
Der Zauberer sprang beinahe panisch wieder auf. ,, Nein danke. Mir geht’s gut.“
Wie zum Beweis lief er die ersten paar Treppenstufen hinauf.
Fylla wäre am liebsten zurückgewichen. Agenirs zerstörter Körper lag auf den steinernen Fliesen des Platzes der Ratskammern.
Und was das Ganze noch schrecklicher Machte, er lebte noch.
Alexis trat an den sterbenden Magier heran und lies sich auf ein knie nieder.
,, Ich tat immer nur… was ich für richtig hielt… das müsst ihr doch Verstehen… Alexis.“
Alexis wunderte sich das der Zauberer überhaupt noch sprechen konnte.
,, Nein Agenir. Ihr habt getan was euch beliebte. Was eure Gier nach Macht nährte. Und nun zahlt ihr de Preis dafür.“
,, Vielleicht...Alexis… Aber seit ihr diesen Weg nicht auch gegangen? Ihr.. kennt seine Anziehungskraft.“
,, Ich leugne es auch nicht. Macht wird immer von der Gier nach derselben Begleitet. Aber… einige gute Freunde haben mir gezeigt wohin das führt.“
,, Dann bringt es zu Ende. Euer Urteil steht doch längst fest.“
Alexsi zog einen Dolch aus seinem Gewand. Der Magier starb, das hieß aber nicht, dass er ihn leiden lassen musste. ,, Es ist nicht an mir über euch zu richten. Ruht in Frieden.“