Kapitel 23 Schlachtplan
Nach der Begegnung mit der Patrouille verlief der Rest der Reise angenehm ruhig-. Bereits am Abend desselben Tages konnten sie in der Ferne bereist die Stadtmauern von Hama erkennen.
Liron hielt einen Augenblick auf dem Weg inne. Wie lange schien es her zu sein das er von hieraus nach Grauhafen aufgebrochen war um eine Frage zu stellen? Jahre. Dabei waren es…. Waren es wirklich erst knapp ein paar Wochen?
Er konnte es kaum glauben. Und so viel war seit dem schief gegangen.
Noch während sie ihren Weg durch die Seenlandschaft vor den Mauern fortsetzten öffneten sich die Tore der Stadt und eine Gruppe bewaffneter Reiter kam ihnen entgegen. Zuerst wusste Liron sich nicht ob sie sich sorgen machen mussten aber während die Reitergruppe näherkam entdeckte er Edrick an deren Spitze. Sie hatten es geschafft. Fürs erste. Es galt immer noch Anbrail mit allen Mitteln aufzuhalten aber fürs erste waren sie sicher. Konnten sie wieder ruhiger atmen ohne ständig über die Schulter sehen zu müssen. Erleichtert streifte Liron die Kapuze seines Mantels nach hinten.
Die Gruppe brachte Pferde für die vier Wanderer und Liron , Alexsi und Fylla waren froh nicht mehr zu Fuß gehen zu müssen. Lediglich Zemas lehnte ab und begab sich wieder in seine Drachengestalt in der er ihnen hoch am Himmel folgte.
,, Ich bin froh zu sehen das es euch gut geht. Ich hoffe ihr hattet auf den Weg hierher keine Schwierigkeiten.“
,, Nein keine Schwierigkeiten.“ , antwortete Liron und versuchte zu verhindern das sein Gesicht in den Schatten geriet. Solange er nicht selbst sicher sein konnte, was er nun war, brauchte es auch sonst niemand wissen. ,, Lediglich eine kleines Wachbataillon das uns aufgehalten hat.“
,, Wir haben schon davon gehört. Offenbar setzt Anbrail alles daran euch gefangen zu nehmen oder zu töten. Und die Wachen gehen dabei nicht grade zimperlich vor. Jeder de ihnen Verdächtig erscheint wird verhört oder sofort Festgesetzt.“ Er sah betrübt über die Schulter. ,, Ich habe bereits mehrere Boten und Getreue so verloren.“
,, Und ? Wer steht noch hinter uns?“ , wollte Alexis nun wissen.
,, Es sah zuerst nicht gut aus. Die meisten Ratsherren Ravens stehen hinter euch und ein Teil Egariums mich eingeschlossen. Arbitrum jedoch… Dort kontrolliert Anbrail mittlerweile fast alles.“
,, Ihr sagtet es sah nicht gut aus ? Was soll daran gut sein?“ , fragte Fylla. Zahlenmäßig schien es zwar ausgeglichene Verhältnisse zu geben aber ein Großteil der Armee rekrutierte sich aus Arbitrium.
Wenn sie versuchen würden Anbrail diplomatisch zu schwächen könnte er immer noch einfach eine Armee losschicken.
,, Möglicherweise haben wir noch ein Ass im Ärmel wenn ihr so wollt. Gestern kam hier ein unerwarteter Gast an.“
,, Welcher Gast ?“ , fragte Alexis. Sie hatten grade eben die Stadttore passiert die hinter ihnen sofort wieder geschlossen wurden.
,, Folgt mir einfach.“ , meinte Edrick Geheimnisvoll.
,, Sendor.“ Liron stand dem Hosti fast Ungläubig gegenüber. Was für ein Zufall konnte das denn sein?
,, Ich freue mich euch zu sehen. Mir wurde gesagt euch ist übel mitgespielt worden?“
,, IWr hatten hier ein paar Schwierigkeiten ja.“ Edirck hatte sie in den ehemaligen Regierungssitz von Hama gebracht. Und während die anderen sich ausruhten und mit Edrick einige Pläne besprachen war er selbst einige Räume zu dem Gast weitergeschickt worden. Nur um Sendor gegenüberzustehen.
,, Wie kommt es das ihr hier seit ?“
Der Hosti setzte sich auf einen Stuhl. ,, Das ist eine längere Geschichte. Ihr seid in Grauhafen doch Javen begegnet oder?“
,, Ja. Der Orkzauberer ich erinnere mich. Wieso ?“
,, Nun kurz nach eurer Abreise kam er zu mir und sagte das ihr möglicherweise Hilfe gebrauchen könntet. Ich habe ihm erst nicht geglaubt. Schließlich bat er mich jedoch zu der Quelle zu gehen nach der ihr gefragt hattet. Und dort ist etwas seltsames Geschehen. Zwei Männer tauchten aus dem Nebel auf und meinten ebenfalls dass ihr Hilfe braucht. Anfangs hielt ich das ganze ja für einen Scherz aber als sich einer dann als Jaret Weißläufer vorstellte wurde mir einiges klar. Die Bitten der Toten ignoriert man nicht.“
,, Und ihr seid hergekommen ?“
,, Zusammen mit Zweitausend meiner besten Kämpfer. Ihr wart noch nicht am Hafen oder? Da kommt momentan kein Schiff mehr raus oder rein und manchen würde uns am liebsten sofort wieder loswerden. Sämtliche Häuser der Stadt sind mittlerweile doppelt belegt.“ , meinte Sendor.
,, Und werdet ihr mir helfen ?“ ,stellte Liron schließlich die Entscheidende Frage. Sendor hatte keinen Grund ihm zu helfen und wenn er sich entschied sich auf Anbrails seine zu schlagen konnte Liron wenig dagegen Unternehmen.
,, Liron. Ihr habt den Krieg zwischen unseren Völkern beendet und wenn wir auch nicht als Sieger hervorgingen so habt ihr uns Monate des Blutvergießens erspart. Ihr habt Gnaden walten lassen wo andere den Tod gefordert hätten. Ihr habt uns als Gleichberechtigt angesehen. Und was vielleicht das wichtigste ist: Ihr habt uns unsere alte Heimat wiedergegeben.
Wie könnt ihr überhaupt fragen ob ich euch Helfen will? Was immer euch im Weg steht: Es sit bereits tot. Eure Feinde sind von heute an meine Feinde. Und eure Freunde sind von heute an meine Freunde.
Der Manns treckte ihm eine Hand hin und Liron zögerte keinen Moment sie zu ergreifen.
Liron betrat den großzügig angelegten Raum der früher einmal das Herz der Regierung Egariums gebildet hatte. Den alten Ratssaal der in seinem Aufbau dem in Licentia sehr ähnlich war und für diesen wohl als Vorbild gedient hatte.
Jetzt jedoch stellte er einer Improvisierten Karte raum dar.
Rexins Güter stehen unter Agenirs Kontrolle. Von dort können wir nicht mit Hilfe rechnen. Aber Erane ist ganz in der Nähe. Lord Vandrung steht uns loyal gegenüber mit etwas Glück und wenn ihr uns die Hilfe des Ordens sichern könnt Fylla…
Edrick stockte mit seinen Ausführungen als Liron den Saal betrat.
,, Wir haben keine Zeit uns auf lange Kämpfe einzulassen.“ , sagte er. ,, Wir gehen direkt gegen Licentia vor.“
Fylla unterbrach ihn. ,, Liron ich weiß ihr wollt Handeln aber.. . selbst die Hostis haben Licentia nur einnehmen können weil der Bund am Ende war. Und ihr meint es mit einem Frontalangriff schaffen zu können?“
,, Wie ihr bereist gesagt habt. Es ist uns schon einmal gelungen.“ , meinte Sendor.
,, Das ist Verrückt und das wissen wir alle.“ , warf einer der im Raum Anwesenden Generäle ein. Zumindest vermutete Liron das es sich um einen Handelte. Er hatte mal versucht sich alle Befehlshaber des Bundes zu merken hatte aber längst aufgegeben.
,, Ich habe nicht vor Licentia einzunehmen. Ich brauche lediglich eine Ablenkung.“ , meinte Liron.
,, Ablenkung wofür ?“ , wollte Edrick wissen.
,, Während alle Wachen und Soldaten bei der Verteidigung der Stadt gebunden sind kann sich mich reinschleichen und Anbrail ausschalten. Alles läuft über ihn. Solange er seine Macht noch nicht vollständig gefestigt hat ist er Verwundbar und ich habe nicht vor ihm die Chance dazu zu geben.“
,, Schön und gut aber wie wollt ihr in die Stadt hineingelangen ohne die Tore niederzureißen ?“
,, Glaubt mir. Ich habe einen Weg.“ Sein Gesicht geriet einen Moment in den Schatten und jedem im Raum vielen sofort die glühenden Augen des Sehers auf.
Einige Anwesende Strategen griffen zur Waffe und wichen unsicher zurück.
,, Was seit ihr ?“ Edirck wich ebenfalls zurück.
,, Edrick… ihr alle. Ich weiß nicht was ich bin. Aber ich weiß wer ich bin. Ich bin immer noch Liron Weißläufer. Immer noch der gleiche Mann wie früher. Wenn irgendjemand hier etwas gegen mcih vorzubringen hat oder mir misstraut so verstehe ich das. Und derjenige darf sich freifühlen zu gehen. Ich kann niemanden zu etwas zwingen und auch niemanden gebrauchen,“ , er sah kurz in die Runde. ,, Der nicht vollkommen hinter mir steht. Also wer hilft mir?“
Die Generäle die ihre Waffen gezogen hatten ließen diese langsam sinken, legten sie aber nicht weg. Immerhin verließ niemand den Saal.
,, Wer steht hinter mir ?“
,, Wir gehen nach Licentia.“, stellte Edrick fest.
,, Licentia, ja… lasst es uns beenden.“
,, Ihr braucht gar nicht erst fragen ob wir euch folgen.“ , meinte Zemas.
,, Genau. Ich und der Orden auch stehen hinter euch.“ , meinte Fylla.
,, Ich ebenfalls. Und die Zauberer von Dynastes genauso.“
,, Dann bringen wir es zu Ende.“
Der Plan war einfach aber, hoffentlich, effektiv. Kleinere Einheiten aus Ordensrittern, verkleidet als Banditen und Herumtreiber, sollten zuerst auf den Höfen um Licentia Unruhe stiften um einen Teil der Verteidiger vor die Stadtmauern zu locken. Nachdem die so etwas geschwächte Stadtverteidigung angreifbar geworden war sollte die Hauptarmee unter der Führung von Sendor und Edrick vorrücken und die Mauern unter Beschuss nehmen. Ihre Aufgabe war es nicht die Stadt einzunehmen oder auch nur hineinzugelangen, sie sollten lediglich so viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen wie möglich. Die Magier die Alexis versammelt hatte würden dazu ihr übriges beitragen. Sie hatten einen Illusionszauber vorbereitet der die Armee dreimal größer erscheinen lassen würde als sie tatsächlich war. Es würde sicher nicht lange dauern bis die Verteidiger den Trick durchschauten aber es verschaffte ihnen Zeit. Und dann hatten sie noch Zemas. Der Drache würde sich vor den Ballisten auf den Mauern hüten müssen, war aber sicher die Wirkungsvollste Ablenkung die sie hatten.
Währenddessen würde eine kleine Gruppe, bestehend aus Liron, Fylla und Alexis, versuchen ins Innere der Stadt zu gelangen, unauffällig bis zum Ratspalast vorzudringen und dort hoffentlich Anbrail ausschalten zu können. Wäre das geschafft hätten alle die sich gegen sie stellten keine Führung mehr und war Licentia erst wieder in ihrer Hand würden hoffentlich auch alle verbliebenen Ratsherren die die Seiten gewechselt hatten wieder besinnen und sich ergeben.
Nur wie Lirones anstellen wollte ins Innere der Stadt zu gelangen, dass blieb allen ein Rätsel. Bisher hatte der Seher nicht verraten wie sein Plan aussah.
Bevor die Angriffe auf die Höfe beginnen und damit der Startschuss für die Belagerung Licentias fallen würde sammelten sich alle noch einmal in den Wäldern vor der Stadt. Jeder wusste was er zu tun hatte und jeder war sich der Gewagtheit der Aktion bewusst.
Liron konnte bei vielen lediglich Skepsis oder schlimmer noch Furcht erkennen. Das Unternehmen war verrückt. Warum sonst hielt er auch seinen Plan in die Stadt zukommen Geheim. Die Idee allein war verrückt. Aber er wusste, spürte einfach, dass es gelingen würde. Und manchmal musste das eben ausreichen.
Er ging nochmals mit Edrick und Sendor alles durch. Versuchte sich selbst den Plan einzuprägen. Er würde nicht mehr in der Lage sein Änderungen daran vorzunehmen.
Schließlich wendete er sich an Alexis und Fylla. ,, Bereit ?“
,, Hmm… du meinst abgesehen von der Tatsache das das alles ein absolut verrückter Plan ist und wir vermutlich gleich alle sterben werden ?“ , meinte der Magier lächelnd.
,, Abgesehen davon, ja.“
,, Von mir aus kann es losgehen.“
,, Und ihr ?“
,, Nur noch eine Kleinigkeit.“ , sagte Fylla und ging zu Alexis. ,, Liron, wenn das irgendwer erfährt seit ihr ein toter Mann.“
Bevor Liron noch Zeit hatte zu fragen oder Alexis Zeit sich zu Wundern drückte die Tabajaxie dem Zauberer einen Kuss auf die Lippen.
Der völlig verwirrte Alexis löste sich. ,, Wie… wa…Wieso ?“ Er konnte nur die Schultern zucken.
Liron hingegen konnte nicht anders als Laut zu lachen.
Daraufhin schien sich Alexis wieder zu fangen. Sowohl er als auch Fylla sagten beinahe Zeitgleich
,, Seid still.“
Das war der Moment in dem Liron wirklich nur noch lachen konnte… Wie lange war es her, dass er einen Grund hatte sich für jemanden zu freuen? Eine Ewigkeit.
Und das Lachen spülte die letzten Schatten von seiner Seele.
,, Hört endlich auf das ist…“ selbst Fylla und Alexis mussten nun einfach mitlachen.
Liron war sich nicht sicher ob sie diesen Tag überleben würden. Er war sich nicht sicher ob sie Erfolg haben würden. Aber zum ersten Mal seit Zehn Jahren fühlte er sich ganz. Als hätte er etwas lange Verlorenes zurückgewonnen.