Beschreibung
Konkurrenz belebt das Geschäft, das ist Rays Motto. Sein verbrecherischer Geschäftsführer war da wohl anderer Meinung! Also muss Ray nun bei der jungen Frau, die sich selber als Zirkusprinzesssin bezeichnet,zu Kreuze kriechen. Kann er vielleicht auch wieder gut machen, was ihr angetan wurde? Oder hatte sie eigentlich von vornherein nie die Absicht, seßhaft zu werden?!
Die Reise verlief an sich problemlos. In einer langen Reihe waren die Wagen unterwegs, ab und zu ungeduldig angehupt von anderen Autos, doch meistens waren die Straßen zweispurig und die Kolonne konnte problemlos passiert werden.
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Helena war glücklich über ihre Entlassung und plapperte wie aufgedreht, über die vergangene Saison, über die Ereignisse im menschlichen Beziehungsgeflecht der Truppe... Bis sie dann merkte, dass Cassie nur sehr einsilbig antwortete.
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„Hey, was ist los, interessiert dich das alles gar nicht?”
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„Doch, aber du redest doch die ganze Zeit, was soll ich da machen?”, lachte Cassie zurück.
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„Naja, ein bisschen mehr Anteil nehmen, was weiß ich...”
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„Kleine, ich muss mich auch noch aufs Fahren konzentrieren.”
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„Hm, ja... Aber da fällt mir ein, wie war es denn eigentlich bei dir? Bei deinem Lokal oder dem anderen, ich hab das nicht so ganz verstanden...”
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Das hatte ja kommen müssen! „Hm, mein eigenes Lokal ist gefloppt. Die letzte Zeit hab ich dann bei meinem Nachbarn gearbeitet.”
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„Oh! Wie, gefloppt? Wissen Mum und Dad das schon?”
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„Inzwischen ja. Ich hab es jetzt zum Verkauf an einen Makler gegeben.”
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„Mensch, warum bist du denn dann nicht viel eher zu uns zurück gekommen?”
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Die Worte trafen Cassie wie ein leichter Fausthieb. Wie konnte sie ihrer enthusiastischen Schwester erklären, dass der Zirkus nun einmal nicht ihr Rückkehr-Ort war? Dass sie zwar gerne mithalf, aber ihr Leben anders gestalten wollte?
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Abgelenkt murmelte sie „Ach, das hat sich dann so ergeben, Ray brauchte Hilfe und ich hatte grad Zeit...”
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„Ray?”, fragte Helena nun mit dem gewissen Unterton, den nur Frauen drauf haben, denen die Männer reihenweise zu Füßen lagen. Eigentlich ein Wunder, dass Alex und Konsti nicht in jeder Stadt einen verprügeln mussten...
„Hallo? Jemand zuhause?”, insistierte ihre Schwester nun weiter. „Jetzt erzähl schon!”
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„Da gibt es nichts zu erzählen”, erwiderte Cassie schroff und damit war Helena natürlich klar, dass es da sehr wohl etwas zu erzählen gab. Jedoch begnügte sie sich vorerst mit dem kleinen Bericht, den sie nun über die Arbeit und über den Restaurantkritiker bekam. Aber Cassie war klar, dass sie damit noch längst nicht aus dem Schneider war...
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Nach einer Tagesreise war das nächste Ziel erreicht und die Routine des Aufbaus begann. Es war nicht immer leicht, die nötigen Genehmigungen zu bekommen, doch die Findigkeit ihres Vaters zusammen mit dem Charme ihrer Mutter hatten bis jetzt noch immer funktioniert. In diesem Ort war sogar regelrechte Freude über die Ankunft der Abwechslung zu spüren. Der Sommer mit all den schönen Tagen war halt vorbei...
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Gerührt beobachtete Cassie das Wiedersehen zwischen Helena und ihren Pferden. Wer jemals gedacht hätte, dass diese Tiere mit den großen Köpfen nicht zu Gefühlen fähig waren, wäre nach diesen Szenen definitiv eines Besseren belehrt gewesen. Die drei Schimmel, allen voran Bonito, drängten sich eng um Helena und rieben ihre Köpfe an ihr, jeder Versuch, sich fort zu bewegen wurde durch geschickte Körperwendungen der großen Tiere verhindert. Aber Helena stand auch gar nicht der Sinn nach etwas anderem, sie schmuste glücklich mit ihren Lieblingen und wieder einmal war Cassie froh, schon früher keine Tiernummer fest übernommen gehabt zu haben; zu groß war die Verantwortung diesen gegenüber!
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Zunächst aber musste sie noch einige Vorstellungen lang Helenas Rolle übernehmen. Der ging es zwar von Tag zu Tag besser, aber eine Dompteuse, mochte sie auch noch so hübsch sein, wirkte einfach nicht gut mit Gipsbein in der Manege....
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Eine knappe Woche später war der Tross schon wieder auf der Reise. Als erstes wurde in der nächsten Stadt Helenas Gips entfernt, worüber die mehr als froh war. Allerdings hatten die Muskeln etwas gelitten, wie sie ja auch sonst nicht viel hatte trainieren können und mit Feuereifer machte sie sich daran, das Defizit aufzuholen, so eifrig, dass Eltern und Geschwister sie des öfteren bremsen mussten. Am letzten Tag übernahm sie auch schon einmal probehalber in der Nachmittagsvorstellung ihre Dressurnummer.
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Cassie beobachtete es mit gemischten Gefühlen. Zum einen war sie froh, bald nicht mehr so sehr in der Verantwortung zu stehen. Zum anderen wurde ihr dabei plötzlich klar, dass sie ja auch im Moment nichts anderes hatte, zu dem sie zurückkehren konnte und fühlte sich in einer seltsamen Leere gefangen. Das Sandcastle stand zum Verkauf und die Rückkehr dorthin hatte sie sich sowieso verbaut, indem sie sich dummerweise in den Nachbarn verliebt hatte.
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Für etwas Neues fehlte natürlich im Moment das Geld. Sich irgendwo wieder anstellen lassen? Das wäre eine Möglichkeit, wenn auch eine kleine Niederlage. Ob Ray wohl bereit wäre, ihr ein Zeugnis auszustellen?, überlegte sie und musste lachen, während sie Cristallos Box ausmistete.
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Das allerdings hörte Helena in der Box nebenan und fragte „Was ist los? Darf ich mit lachen?!”
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„Immer gerne, aber das war nur ein kruder Gedankengang, nichts, was man mitteilen könnte...”
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Ihre Schwester hielt inne und stützte sich auf der Heugabel auf. „So wie so viele andere Dinge, die du nicht mitteilen kannst, hm?”
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