Beschreibung
Wie kommt Anna in die Bibliothek? Und wo kommt sie her? Sie war doch - oder ist es immer noch - tot? Oder etwa nicht? 500 Jahre sind eine lange Zeit.
Teil 5
"Also, dein Name ist Anna Scriptor und du kommst von...?", versuchte ich, die Informationen aus ihr heraus zu bekommen.
"Ich weiß es nicht!", gab sie zu und es klang aufrichtig. "Natürlich weiß ich, dass ich Anna bin, aber wo ich herkomme... tut mir leid, keine Ahnung."
Ich seufzte. "Weißt du denn wenigstens, ob du ein Mensch bist?"
"Das Einzige, wass ich außer meinem Namen noch weiß, ist, dass ich einmal eingeschlafen und nie wieder aufgewacht bin." Sie ließ sich auf den Boden sinken und wollte sich gegen das Regal lehnen, fiel jedoch hinein. "Huch? Autsch."
"Hat das wehgetan?", fragte ich verwundert.
"Jetzt wo du es sagst, nein, eigentlich nicht." Anna stand umständlich wieder auf und klopfte ihr Kleid ab, was allerdings keinerlei Sinn ergab, da sowieso kein Staubkorn darauf liegen bleiben konnte.
"Du bist eingeschlafen und nie wieder aufgewacht? Bist du im Schlaf gestorben?"
"'Gestorben'", sie sprach dass Wort aus, als hätte sie es noch nie gehört, "dieses Wort klingt ja furchtbar - obwohl ich keinen Schimmer habe, was es bedeutet. Ich glaube jedoch, mich erinnern zu können, es einmal nach dem Verschwinden meines Großvaters gehört zu haben. Alle haben daraufhin geweint und... Aber mal zu etwas Anderem: Wo sind wir hier?"
"In einer Bibliothek!", erklärte ich stolz.
Sie sah sich um. "Sollen das Bücher sein? Dies sehen ja lustig aus, so schön klein und farbenfroh. Solche hätte ich auch gerne gehabt, bevor ich eingeschlafen bin."
"Wir haben ein ganz anderes Problem.", erinnerte ich sie, "Farbenfrohe Kindheit - schön, aber momentan nicht hilfreich. Komm, wir gehen erst einmal zu Frau Hammers."
"Frau Hammer?" Sie sah mich fragend an. "Ist sie eine Schmiedin? Ich dachte, das sei ein reiner Männerberuf."
"Nicht Frau Hammer, sondern Frau Hammer'S'. Sie ist die Bibliothekarin hier." Anna öffnete gerade den Mund und ich ahnte was sie sagen wollte, weshalb ich ihr eine Erklärung gab: "Eine Bibliothekarin ist für eine Bibliothek verantwortlich; für die Bücher, die Bibliotheksbesucher, und so weiter."
"Also ist sie ein Mensch." Es war eine reine Feststellung. "Dann möchte ich sie nicht kennenlernen."
"Wieso denn nicht?" Ich sah das Mädchen mit schiefgelegtem Kopf an.
"Ich habe das Gefühl, dass das keine sehr gute Idee wäre."