Kurzgeschichte
Sommergewitter oder Das Schweigen der Schwalben

0
"Sommergewitter oder Das Schweigen der Schwalben"
Veröffentlicht am 02. Juli 2012, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Fragt mich einfach! ;-)
Sommergewitter oder Das Schweigen der Schwalben

Sommergewitter oder Das Schweigen der Schwalben

Beschreibung

Wenn die Schwalben schweigen droht ein Unwetter.

Es war heiß an diesem Sonntag im Juli. Den ganzen Tag über verdeckte keine Wolke den Himmel. Das Land kochte förmlich. Nun war es Abend und ich stand allein am Fenster im Schlafzimmer. In der Ferne türmte sich ein Gewitter auf. Der Himmel dort hinten war völlig schwarz. Schnell zog die Dunkelheit immer näher zu mir. Die Schwalben, die den ganzen Tag über das Haus geflogen waren, hatten sich bereits in ihre Nester zurückgezogen. Ich lehnte mich etwas aus dem Fenster. Ruhe. Das Schweigen der Schwalben. Ein Blitz erleuchtete den Himmel, es dauerte eine Weile, dann konnte ich den Donner vernehmen. Im ganzen Haus war die Luft so heiß, so dick, dass ich kaum atmen konnte. Ich lehnte mich noch ein Stück weiter hinaus, doch auch die Luft draußen war heiß, jedoch bekömmlicher für mich. Nicht mehr lang und es würde auch im Haus ein Unwetter geben. Ich schloss das Fenster, ließ die Vorhänge allerdings auf.

 

„Das gibt gleich was“, sagte eine gleichgültige Stimme hinter mir. In der Ferne donnerte es wieder, was ich als recht dramatisch für diesen Auftritt empfand. Ich drehte mich um, auch wenn ich wusste, wer es war.

Dort stand sie, ihre braunen Haare zu einem Zopf gebunden. Das tat sie jedoch nur, wenn es äußerst schwül war und die Gefahr bestand, dass sich ihre Haare kräuselten. Sie hatte sich lässig gegen den Türrahmen gelehnt und beobachtete mich. Ich sagte Nichts und blickte sie einfach an. Wieder donnerte es, kurz danach hörte ich die ersten schweren Regentropfen.

„Warum stehst du hier im Dunkeln? Mach doch die Nachttischlampe an.“

Gemächlich ging ich zu ihrer Seite des Bettes und schaltete die Lampe ein. Das warme Licht heizte die Luft im Zimmer noch weiter auf, was mir gar nicht passte. Auf dem Tischchen lag eine Ausgabe eines Tennessee Williams Stückes – „Die Katze auf dem heißen Blechdach“.

„Ist es so besser für dich?“

„Du stehst doch hier im Dunkeln.“

 

Ich drehte mich wieder zum Fenster, hinter dem gerade ein Blitz den Himmel erleuchtete. Ich ging näher, stockte aber sofort als ich eine Spinne erblickte, die sich langsam am Fenster abseilte. So gern ich es gewollt hätte, ich konnte nicht mehr zum Fenster; ich hasse Spinnen.

Ich drehte mich wieder um. Sie stand nicht mehr an der Tür, sondern hatte sich auf das Bett gelegt. Ihr grünes Kleid, das nur bis zu den Knien reichte, klebte an ihrem schwitzenden Körper.

„Schlaf mit mir!“

Ich ging hinüber zum Schrank und betrachtete mich im Spiegel. Ich hatte nichts getan und trotzdem bildeten sich Schweißflecken unter meinen Armen, auch meine Stirn glänzte. Hinter mir erkannte ich, wie sie mich mit ihren grünen Augen durchbohrte; sie wollte mich, ich wollte sie nicht mehr. Ein Donnergrollen.

 

„Wir sollten uns scheiden lassen.“ Ich hatte mich immer noch nicht umgedreht und beobachtete ihre Reaktion im Spiegel. Der Ausdruck der Lust in ihrem Gesicht verwandelte sich.

„Darüber willst du jetzt sprechen?“

„Du weißt doch selbst, dass es nicht funktioniert.“

Sie drehte sich von mir weg und blickte in das heiße Licht der Lampe. Wie sehr wünschte ich mir, dass das Licht dieser Lampe ausginge. Ich wandte mich zu ihr. Im Augenwinkel sah ich einen Blitz, nur wenige Sekunden später folgte der Donner.

„Wie stellst du dir das denn vor?“ Sie sah mich nicht an.

„Du behältst das Haus, ich ziehe aus. Ich habe lange überlegt. Es ist besser so.“

Eine Träne lief an ihrer Wange entlang. Draußen prasselte der Regen stetig gegen das Fenster. Wo wohl die Spinne jetzt war?

 

„Und warum?“

Plötzlich bekam ich einen trockenen Mund, mein Herz fing an zu rasen, ich hatte das Gefühl, nicht mehr atmen zu können. Ein ohrenbetäubender Donnerhall ließ mich zusammenzucken, während sie einfach da lag.

„Ich… Ich liebe dich nicht mehr. Du weißt das.“

Blitzartig sprang sie auf, umschlang meinen Kopf und küsste mich. Meine Hände umfassten ihre Hüfte, ich spürte ihren bebenden Busen an meiner Brust. Unsere Körper waren verschwitzt. Wieder ein Donner. Immer stärker klatschte der Regen gegen die Scheibe, ein letztes Aufbegehren seinerseits. Hoffnungsvoll schaute sie mich an.

„Du lügst. Du liebst mich.“

„Ich liebe dich nicht!“, fuhr ich sie an, „Ich bin die Katze auf dem heißen Blechdach!“

Immer noch schaute sie mich an, doch der Ausdruck in ihren Augen hatte sich verändert. Der Regen prasselte nur noch leicht gegen das Fenster. Ohne ein Wort zu sagen ging sie wieder ins Bett.

 

„Ich werde jetzt gehen. – Es tut mir leid.“ Sie starrte in das Licht der Lampe.

Am Türrahmen blieb ich noch ein Mal stehen und drehte mich zu ihr um, konnte aber nur ihren Rücken sehen. Sie machte das Licht aus, doch der Raum wurde sofort durch einen Blitz erhellt. Der Donner blieb aus. Ich wandte mich um zum Gehen als sie doch noch etwas zu mir sagte: „Leb wohl, du Katze.“

 

02.07.2012 P.R.

http://www.mscdn.de/ms/karten/beschreibung_74332-0.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/beschreibung_74332-1.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_750468.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_750469.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_750470.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_750471.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_750472.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_750473.png
0

Hörbuch

Über den Autor

Paddy23
Fragt mich einfach! ;-)

Leser-Statistik
60

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
Paddy23 Danke für die netten Kommentare! :)
Vor langer Zeit - Antworten
GerLINDE Sommergewitter - Wie passend hast Du über ein Sommergewitter geschrieben, mit einem zweideutigem Hintergrund, nämlich der Entschluss der Scheidung. Gewitterstimmung! Dazu jagt eine kleine Spinne in der Dunkelheit Angst ein, Abneigung und Ekel.
Gut geschrieben !

Liebe Grüße
Gerlinde

Vor langer Zeit - Antworten
Alociir77 Ich finde es toll, wie du das Wetter draussen und den Konflikt im Haus drinnen verbindest.. Super.. ;)

Lg Alociir
Vor langer Zeit - Antworten
Zeige mehr Kommentare
10
3
0
Senden

74332
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung