Beschreibung
Ist sicher nicht überall so extrem, aber bei uns schon. Manchmal sind diese Ideen, die die Lehrer haben, einfach nur genial daneben.
*Werbestimme* Jetzt die aktuelle Version inklusive Donnerstag und Freitag =D Hoffe es gefällt.
Montag
Böse starrten mich die kalten Pappaugen an, und ich starrte fassungslos zurück. Da stand doch tatsächlich ein großer, brauner, übelgelaunter Papierhund vor dem Lehrerzimmer, zähnefletschend und mit einem Schild an die rechte Pfote getackert: „Der nachfolgende Bereich ist nur für Personen des Lehrkörpers. Schüler nicht erwünscht.“ Ich wusste nicht so wirklich, ob ich lachen oder weinen sollte. Das war doch albern. Mein bester Freund, nennen wir ihn einfach mal Mark, tauchte neben mir auf und eine Weile starrten wir beide auf das Ungeheuer. „Was soll das denn darstellen?“ fragte er fassungslos. Ich zuckte mit den Schultern. Woher sollte ich das denn wissen? Nach und nach sammelte sich eine riesige Schülermenge vor dem Lehrerzimmer. Unser Schulleiter bahnte sich mit beiden Armen einen Weg durch die Masse, räusperte sich einige Male und verkündete dann mit stolz geschwellter Brust: „Da die Lehrer immer wieder auch in den Pausen von Schülern belästigt werden, haben wir das Lehrerzimmer zur schülerfreien Zone erklärt. Unser Satan hier..“ – und dabei legte er doch tatsächlich feierlich seine Hand auf den Kopf des Hundes – „…markiert die Grenze. Wir bitten euch, das zu respektieren.“ Seitdem fangen wir Schüler die Lehrer vor dem Lehrerzimmer ab, und während wir sie mit unseren Sorgen und Fragen bombardieren, können sie sich noch nicht einmal mehr hinsetzen und ihren Kaffee trinken. Und das alles dank Satan, dem Grenzhund.
Dienstag
Unsere Pausenhalle ist wirklich nicht besonders schön. Es ist einfach nur eine riesige, mit Teppich ausgelegte Fläche, auf der wild und völlig ohne Sinn Tische und Stühle verteilt wurden. Das Zentrum unserer Schule, mit Durchgang zum Lehrerzimmer, Krankenraum, Schülerratsbüro, Schulhof und nicht überdachter Terasse, die angeblich für die Oberstufenschüler gedacht ist, aber immer von den Referendaren eingenommen wird. Als ich heute zusammen mit Mark durch die vollgestopfte Halle ging, fiel ihm zuerst auf, dass sich etwas verändert hatte. "Als ich neulich gesagt habe, die sollen mal die Pausenhalle umgestalten, hab ich das aber nicht gemeint!" sagte er genervt und zeigte auf etwas gelbes, quadratisches an der Wand. Es war so etwas ähnliches wie ein Verkehrswarnschild. Ich ahnte Fürchterliches. Wir traten näher, bis wir die schwarzen Buchstaben erkennen konnten.
"IM SCHULGEBÄUDE IST LÄRMEN VERBOTEN!"
Das Schild war mit Schrauben in der grauen Wand befestigt und sorgfältig zusätzlich mit jeweils einem Nagel oben und unten fixiert worden. Das würde da also so schnell nicht mehr verschwinden. "Die denken sich auch jeden Tag neuen Blödsinn aus!" schimpfte Mark, und ich gab ihm absolut Recht. Aber bei einem Schild sollte es nicht bleiben. Weiter hinten versuchten zwei arme Fünftklässler, ein weiteres, knallgelbes Quadrat an die Wand zu zimmern.
"RENNEN AB SOFORT NUR NOCH IM SPORTUNTERRICHT!"
Was um Gottes Willen hatte das jetzt wieder zu bedeuten? Wer sich in einer Schule nicht mit dem Lärm und Gerede der Schüler abfinden konnte, war entweder eine sehr sensible Sorte Schüler oder ein Lehrer, der sich den falschen Beruf ausgesucht hatte. Ich hab es ja kommen sehen. Unser geliebter Rektor hatte sich schon ein Podium errichtet und war offensichtlich bereit, uns über diese neue geniale Idee aufzuklären. Um einen respekteinflößenden Eindruck bemüht, griff er zum Mikrofon und schmetterte: "Ich denke, die Schilder sprechen eine deutliche Sprache. Haltet euch an die neuen Regeln, oder ihr müsst mit Konsequenzen rechnen." Ich fragte mich zwar, warum er dafür extra ein Rednerpult hatte aufbauen müssen, aber was solls. Im Laufe des Tages hagelte es Beschwerden, allerdings von den Lehrern, die sich genauso an das Verbot zu halten hatten. Sie hatten sich im Laufe des Tages alle gegenseitig vom Rennen abgehalten, und dadurch waren die Meisten zu spät in den Unterricht gekommen. Außerdem hatte irgendein kreativer Mensch während der Mittagspause die Schilder zu seinen Gunsten geändert. "IM SCHULGEBÄUDE IST LERNEN VERBOTEN" und "PENNEN AB SOFORT NUR NOCH IM UNTERRICHT" wiesen sie uns jetzt an, und damit war ich eigentlich ganz zufrieden, genauso der böse grinsende Mark. Der Schulleiter war jedoch nicht so angetan, denn er verbrachte den ganzen restlichen Tag mit dem Versuch zu, zusammen mit ein paar Lehrern die Schilder von den Wänden zu reißen. Die Löcher sieht man heute noch. Sieht toll aus.
Mittwoch
Als unsere leicht verrückte Englischlehrerin neulich mit verkniffenem Gesicht verkündet hat, sie werde sich nicht mehr verarschen - ja, genau das hats sie gesagt - lassen, wusste ich für meinen Teil nicht ganz genau, worauf sie hinaus wollte. "Es geht um den letzten Class test." Manchmal verfällt sie in eine Art Denglisch, wenn sie wütend ist. "Aber der war doch gut!" warf Mark ein, und er hatte absolut Recht. Ein Schnitt von 2,3 war nun wirklich kein Grund, so ein Gesicht zu machen. "Heb gefälligst deinen Finger, when you want to say something!" zischte unsere leicht verrückte Englischlehrerin ihn an. "Das ist ja gerade the problem. Ihr seid nicht so good in English. Es gibt nur one possible Erklärung." Sie holte tief Luft. Jetzt kommts, dachte ich. "Ihr habt alle gespickt. Jawohl, everyone! Und das liegt nur an diesen horrible Handys!" Sie bekam vor Wut und Empörung kaum noch Luft. Ich sah Mark an. Er konnte ihr auch nicht folgen. "Seitdem diese Handys modern sind, kann jeder fool von euch gute Noten erzielen. Es gibt keine Ehrlichkeit mehr hier, NO HONESTY!" Einige Schüler zuckten zusammen, ich beschränkte mich auf einen verständnislosen Blick. Mit vor Entsetzten bebenden Lippen verkündete sie: "Ich setze mich dafür ein, dass diese annoying Handys ein für alle mal verboten werden!" SO!" Und dann rauschte unsere leicht verrückte Englischlehrerin mit wehendem Rock aus dem Klassenzimmer, obwohl wir eigentlich Unterricht bei ihr hatten. Sie liebt dramatische Abgänge.
"Hast du gehört?" fragte Mark mich heute. "Was?" "Na, Handys verboten. Ab heute. Du hast die große Ansage unseres Rektors knapp verpasst." "Wie schade." Dann dachte ich nochmal nach. "Auch auf dem Schulhof?" "Jap." "Und in der Mensa?" "Auch da." "Und bei der Sporthalle, auf dem Sportplatz, im Schulgarten, auf dem Parkplatz?" "Überall. Handys verboten, und wen sie erwischen, der kriegt einen Eintrag in die Schülerakte." Ich wunderte mich kein bisschen. "Und warum das ganze Theater?" "Um das Drehen peinlicher Videos zu verhindern und damit die Schüler nicht mehr spicken." Ach ja. "Und im Notfall?" "Für den Notfall gibt es ein Handy im Sekreteriat." Jaaaa. Weil da auch so oft wer ist. In der nächsten Englischstunde war unsere leicht verrückte Englischlehrerin richtig gut gelaunt. Mir war klar, wer uns das ganze Handykram eingebracht hatte. "So, Ladys and Gentleman, jetzt gibt es vielleicht im Unterricht ein bisschen mehr concentration." Und dabei lächelte sie sogar. Gruselig. Am nächsten Morgen fiel sie die Treppe runter und brach sich das Bein. Niemand konnte einen Krankenwagen rufen, und im Sekreteriat war wie immer kein Mensch. Gerüchten zufolge hat unsere leicht verrückte Englischlehrerin am Ende sogar BEFOHLEN, dass jemand sein Handy auspackt. Irgendein Passant hat dann beim Vorbeigehen das Geschreie gehört und hat den Krankenwagen gerufen. Im Anschluss an diesen Vorfall gab es eine Umfrage. "Deine Meinung zum Sinn des neuen Handyverbotes." Ich schrieb: "Spicken kann ich auch mit Zetteln, wer peinliche Videos drehen will, schafft das auch trotz Handyverbot, und wenn Sie wirklich glauben, dieses Verbot würde unsere Schule sicher machen, dann fragen sie mal die Frau, die gestern die Treppe runtergefallen ist. Und stellen Sie mal Leute fürs Sekretariat ein." Mark schrieb einfach nur: "So ein Schwachsinn." auf seinen Bogen. Bis jetzt hat sich allerdings noch nichts verändert. In unserer Schule sollte man sich nicht verletzten. Das sagen wir auch den neuen Schülern immer.
Donnerstag
Das Flugblatt begann mit „Liebe Kinder“, und allein das war für mich schon ein Grund, skeptisch eine Augenbraue hochzuziehen. Da konnte nichts Gutes hinter stecken. Ein Blick zu Mark, der genervt die Augen verdrehte, bestätigte mir, dass auch er sechzehnjährige Schüler nicht mehr für Kinder hielt. „Wir haben beschlossen, eine weitere Sportveranstaltung in das Jahresprogramm unserer Schule aufzunehmen.“ Nur, um Klarheit zu schaffen: „Wir“ ist unserer geliebter Schulleiter. Bei der angekündigten Sportveranstaltung handelte es sich um einen Spendenlauf. Pro gelaufene 15 Minuten sollte jeder Schüler von selbst organisierten Sponsoren einen bestimmten Geldbetrag erhalten. Das ging ja! Ich hatte Schlimmeres erwartet. Die Erlöse sollten laut dem Zettel zur „Erschaffung von Schüleroasen“ verwendet werden. So quälte ich mich also unter Ansporn von Mark satte 60 Minuten Runde um Runde um den Sportplatz, immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, wir würden vielleicht Leseecken oder wenigstens neue Toiletten bekommen. Als ich halbtot und wie ein Schwerkranker keuchend auf dem Sportplatzrasen lag, verkündete der Rektor von seinem selbstgebauten Podium: „Unsere Einnahmen werden dank eures Einsatzes die dreitausend Euro weit überschreiten. Gut gemacht, Kinder!“ Es vergingen Tage, Wochen, Monate und beinahe ein Jahr. War es ein Zufall, dass in dieser Zeit das Lehrerzimmer erweitert und mit luxuriösen Möbeln ausgestattet wurde? Ich bin mir da nicht sicher. Ich weiß nur, dass in dieser Schule bis heute keine Schüleroase aufgetaucht ist, während es mich nicht wundern würde, wenn das Lehrerzimmer inzwischen auch eine Minibar zu seinem Inventar zählen würde. Oder habe ich mich da vertan und mit der Schüleroase war die winzige, unüberdachte Haltestelle gemeint, die eines Tages da war?
Freitag
Fast wütend piepte der Bondrucker auf, als ich meine Sparkassenkarte hineinsteckte, in der harmlosen Absicht, mir einen Bon für mein Mittagessen zu ziehen. Ich guckte Mark an, der ein angespanntes „Is kaputt“ zu unserem technischen Assistenten hinüberbrüllte, der wie immer in einer Ecke saß und sich mit Erdbeerjoghurt voll stopfte. „Ne“, murmelt der. „Gibt neue Karten.“ Nach einem Besuch im Sekretariat, wo erst zwei Minuten vor der Pause jemand mit einer Kaffeetasse in der Hand auftauchte, wusste ich dann um die neuesten Pläne unserer genialen Schule. Demnächst würde ich für fünf Euro eine Geldkarte von der Schule kaufen müssen. Aufladen würde ich diese ominöse, so viel bessere Karte an einem riesigen Automaten, nach dem Karte-rein-Bargeld-rein-Geld-weg-Karte-voll-Prinzip. Mein Mittagessen sollte ich dann an einem ähnlichen Automaten buchen, der nur in den großen Pausen in Betrieb sein wird. So weit, so gut. Außer dass ich mir nicht vorstellen konnte, wie 1300 Schüler und auf jeden Fall über hundert Lehrer in insgesamt 35 Minuten ihr Essen buchen sollten, gehörte das noch in die Kategorie „Alltäglicher Wahnsinn“. Als mir die liebe kleine Karte am Schulkiosk jedoch mitteilte, ich könne mir nichts zu trinken kaufen, da ich ja schon ein Mittagessen gebucht hätte, fand ich das Ganze nicht mehr ganz so alltäglich. Ich stellte die Frau hinter der uralten Kioskkasse zur Rede, wer sich da das Recht herausnehmen wollte, in meine Essgewohnheiten einzugreifen. „Damit die Schüler sich gesünder ernähren!“ säuselte sie mir zu. Später im Unterricht hatte ich tatsächlich die Kühnheit, unsere leicht verrückte Englischlehrerin nach ihrer Meinung zu dieser unsinnigen und unverschämten Methode, Geld zu scheffeln, zu fragen. Sie erklärte mir sachlich, dieses Vorgehen sollte die Qualität des Essens verbessern. Dann verdrehte die Frau doch tatsächlich genervt die Augen und sagte trocken: „Vielleicht würde es die Qualität des Essens extrem verbessern, wenn die Mensa einen eigenen Herd hätte.“ Was für eine kluge Frau!
Bis neulich dann
War natürlich noch nicht alles, was es an unsere Schule gibt, denn sie wirft geradezu mit Genialität um sich. Aber es sei mal erwähnt: Es gibt auch gute Lehrer, die genau wissen, was sie tun. Sie müssen sich nur vor den ganzen Chaoten verstecken oder sich anpassen, um zu überleben. Und ich gebe zu, das Schüler die Schule immer als eine Art fremden Planeten wahrnehmen. Und ich bin nunmal einer.
Vielen Dank an meine Co-Autorin, Teykna, die so viele gute Ideen hatte und sich Zeit genommen hat, mir bei diesem sinnfreien Buch zu helfen. An dieser Stelle: Danke =)