Der Tod des Lebens
Erzähler: Es war, es ist und es wird immer sein die höchste Macht, weder gut,
noch böse, nicht sichtbar und doch da.
Ihr dienen Viva und Mors, das Leben und der Tod.
(Erzähler Abgang, Szenenwechsel, höchste Macht, Viva und Mors Aufgang)
HM(zu Viva):Gehe und erschaffe, (zu Mors) gehe und zerstöre!
(Viva nickt, Mors verbeugt sich, Viva und Mors Abgang, höchste Macht Abgang, Szenenwechsel, Erzähler Aufgang)
Erzähler: So ging es eine Zeit lang gut. Leben und Tod bestimmt sich zu hassen
erschufen und zerstörten, wandelten das Angesicht der Erde und
veränderten doch nichts, die Menschen auf ewig dazu verdammt zu
leben, um zu sterben.
(Erzähler Abgang, Szenenwechsel, Viva und Mors Aufgang)
V: Ach, immer diese Anweisungen.
Immerzu wird mir befohlen und von mir gefordert, diese Anmaßung gereicht
mir unlängst zum Ungefallen, zu gehorchen ist mir eine Pein.
Ich sollte Widerstand leisten, niemand sollte mir Befehle erteilen dürfen.
M: Ich muss zur Vorsicht raten mit solchen Äußerungen,
sollten sie an die falschen Ohren gelangen, könnte dich noch größere Pein
überkommen.
V: Habe ich dich gefragt? Diese höchste Macht könnte mir doch nie etwas
Anhaben. Das Volk würde für mich bis zum Ende kämpfen, ich kann ihnen
befehlen wie es mir beliebt. Sie zögern nicht, für mich zu sterben, noch,
meine Feinde mit dem Tode zu strafen.
M: Du solltest tun wie dir befohlen und dich aus den Fehden der Menschen
heraushalten. Bedenke, dass die höchste Macht es vermag, dich wie jeden
und alles binnen eines Wimpernschlages auszulöschen, sofern sie dies
wünscht.
Das Volk von dem du sprichst ist doch nicht mehr als eine Spielfigur in
jenem dem grausamsten Spiel, welches die höchste Macht zu spielen erfreut.
Machtlos sind die Menschen und schutzlos und niemand erbarmt sich ihrer
und eilt ihnen zu Hilfe, selbst du und ich, ja gerade du und ich, da wir ihr
Schicksal erst zu dem grausamen Elend machen, was es ist.
V: Wie wagst du es, mich dieses Verbrechens anzuklagen? An dem Unglück der
Menschen machst allein du dich schuldig!
M: So erkenne doch die Wahrheit! Wer sind denn die Trauernden, wer sind die
Weinenden, wer sind die Unglücklichen? Nicht etwa die Toten, die
Lebenden! Nicht nur der Tod, auch das Leben quält die Menschheit!
(Mors Abgang)
V: Ist es wahr? Quäle ich die mir treu ergebenen? Gereiche ich den meinen zu
Unglück? Spiele ich mit in diesem dem grausamsten Spiel?
Ja, was Mors spricht ist wahr! Welch Gräueltat, den Menschen dies anzutun.
Leben und Tod machen sie unglücklich, lassen sie leiden! So kann es nicht
bleiben!
(Viva Abgang, Szenenwechsel, HM Aufgang, Viva Aufgang)
HM: Viva, welch unverhoffter Besuch! Was verschafft uns die Ehre deiner
Anwesenheit?
V: Eine Bitte, die ich euch vorzutragen gedenke.
HM: So sprich! Wir sind gespannt, was du zu erbitten wünschst.
V: Ich erbitte die Freiheit der Menschen.
HM: Die Freiheit der Menschen sagst du? Sind sie etwa nicht frei?
V: Meine Absicht ist nicht, ihnen die irdische Freiheit zu verleihen, die sie
zweifellos bereits besitzen, doch obgleich dieser Freiheit bleiben sie
Gefangene. So sind sie zwar frei in dem was sie auf Erden tun, und doch
Sind sie gezwungen gleich Sklaven zu folgen dem Weg, der ihnen allen
bestimmt ist. Wohin sie sich auch wenden, sie können nicht entkommen
und wo auch immer sie suchen, sie finden nur Leid. Diesen den
schrecklichsten Zwang gilt es zu brechen, wenn ihnen jemals wahres
Glück gewährt sein solle. Die erbitte ich von Euch.
HM: Du ersuchst das Glück für die Menschen, welch noble Tat, und sieh!
Wir wollen es dir nicht verwehren, doch sei dir bewusst, der Preis ist hoch!
V: Sei der Preis, was er will, ich bin bereit ihn zu Zahlen, denn die Freiheit
haben sie verdient!
HM: So werden wir versuchen, dir deinen Wunsch zu erfüllen!
(HM schnipst mit den Fingern, in der selben Sekunde fällt Viva zu Boden, die Geräusche ihres Aufkommens und des Schnipsens überschneiden sich, Szenenwechsel, Mors Aufgang)
M: Eine weitere Seele ruft, sie einzusammeln und zu tragen zum Ende, auf dass
sie nichts sei und nichts werde. Welches Schicksal mag sie ereilt haben, was
mag der Grund ihres Ablebens gewesen sein? Ich weiß es nicht und was ist
es schon? Nur ein weiteres trauriges Schicksal, vom Ende erlöst.
(Mors Abgang, Szenenwechsel, Vivas Leiche liegt am Boden, daneben steht die HM, Mors Aufgang)
M: Viva? Viva! Was ist geschehen?
HM: Sie wünschte den Tod um der Menschen Glück und wir haben ihn nicht
verwehre. Unterzugehen war sie bereit, auf dass sie das System stürze, in
dem diese gezwungen sind zu leben. Um den Plan zu vollenden jedoch ist
dein Ende ebenso von Nöten. Doch dich zu töten überlasse ich dir. Eine
Seele zu nehmen, die nicht bereit ist zu gehen ist deine Aufgabe, und deine
Aufgabe sollte es bleiben, falls du aber bereit bist, solltest du es selbst
vollbringen als deinen letzten Wunsch. Das letzte Sterben sei dem Tode
selbst gewährt, denn so solle es sein. Wenn du es jedoch nicht vollbringst, so
muss das System bestehen und Vivas Tod vergebens sein. Ich gebe dir drei
Monde, deine Entscheidung zu fällen. Wenn du nach Ablauf dieser Frist noch
lebst, so kehre an die Arbeit zurück und die Menschen müssen ohne Leben
sterben.
(Szenenwechsel, Mors steht an einer Klippe und ist hin- und hergerissen, ob er sich hinunterstürzen soll)
M: Ich werde mich stürzen, ich sollte mich stürzen! Ich sollte Vivas Tod nicht
vergebens machen, ich sollte meine Schuld büßen an ihrem Ableben, ich
sollte ihrer Seele folgen! Und doch, doch bringe ich es nicht über mich, doch
wehrt sich mein Herz und schreit verzweifelt auf bei dem Gedanken, mich
vom süßen Leben zu trennen. Kann es sein, kann es etwa sein, dass ich am
Ende zu sehr am Leben hänge, als dass ich ihm selbst hätte helfen können bei
seinem Plan, die Menschheit zu retten? So müssen die drei Monde
verstreichen, so muss des Lebens Tod vergebens sein, so muss die Menschen
noch mehr Leid überkommen, so muss ich weiter sein, denn das Leben zu
verlassen vermag ich nicht, auch nicht, um mich im Tode mit ihm zu
vereinen!