Einleitung
Storybattle 14
Begriffe:
Mülltonne, Windmühle, Konkordanz, bumsfidel, Server, Arschfax, Menetekel, Nymphensittich, Nuttendiesel, Bauaufsichtsbehörde.
Mein erster Versuch in einem Storybattle, was soll ich sagen. Ich hoffe, ich hab das Thema nicht zu arg verfehlt.
Ich konnts nicht mehr kürzer halten, ich musste das Ende einfach mit dran hängen
:"( man möge mir die Extraseiten bitte verzeihen.
Aber ich hatte Spaß am Schreiben ;)
Ich hoffe nun, ihr habt viel Spaß beim Lesen!
Autor: Lyneth / Juni 2012
20. Juni 2012
Ich öffnete die Tür des Zwingers und betrat den umzäunten Lebensraum meiner gefährdeten Schützlinge. Wer drang in ihr Territorium ein? Sie warteten und beobachteten bis man sich wieder verzog. Kampf ums Gebietsrecht? Fehlanzeige.
Keuchend blieb Arrik vor mir stehen und sah mich finster an. »Du kannst doch nicht einfach zu den Wölfen laufen! Das sind wilde Tiere, Ivela«, rief er vorwurfsvoll.
»Wild? Sind hier geboren, unter Menschen auf-gewachsen. Zwei von
ihnen sind von dir und mir mit der Flasche aufgezogen worden, Arrik. Gefährlich, ja, das bleiben sie wohl. Sie haben uns jedenfalls noch nie angeknurrt«, erwiderte ich und sah mich um.
Wir waren Tierpfleger in einem kleinen Zoo. Ich
wollte diesen Beruf schon als ich klein war erlernen. Damals war mir nicht bewusst, wie sehr sich mein Bild der Tierhaltung verändern würde. Lange redete ich mir ein, dass man den Tieren etwas Gutes tat. Heute frage ich mich, was daran gut war. Ein Tier in ein Gehege zu sperren und außerhalb des natürlichen Lebensraums zu halten um es zu züchten.
Ach ja, klar. Artenerhalt nennt man das. Was wird da erhalten? Meine Lieblinge, meine Wölfe, konnten nicht einmal jagen. Zu verwöhnt, zu faul. Einfach nur träge.
Ich würde den Tag feiern, an dem einer von ihnen, nur einmal, nach einen frei
herum-fliegenden NYMPHENSITTICH schnappen würde. Diese nervtötenden Vögel saßen Stunden regungslos auf den Steinen des Geheges. Frischfleisch! Jeden Tag hoffte ich, Federn oder Überreste eines solchen Vogels im Maul eines Wolfes oder am Boden zu entdecken. Vergeblich. Jagdinstinkt? Wozu?
Sie bekamen ihr rohes Fleisch von uns vorge-schnitten, sogar in Portionen in Schüsseln verteilt. Rin, Siva und Sheyna waren hier im Zoo geboren. Lera und ihr Junges Amarell, die erst vor kurzem aus einem anderen Zoo zu uns kamen, waren auch aus Menschenaufzucht. Unsere Wölfe waren abgestumpft. Ich denke, der wohl letzte große Unterschied zu einem Hund war, grob gesagt, dass wir ihnen nicht Sitz, Platz und bei Fuß beibrachten, nicht mit ihnen an einer Leine durch den Zoo spazierten, Bälle warfen und nicht mit ihnen kuschelten.
Unser Zoo wollte ausbauen. Neue Tiere anschaffen um mehr Besucher
anzulocken. Vor Jahren waren die Pläne eingereicht worden, jetzt durften sie bauen. Bevor das Projekt richtig angelaufen war, hatte sich vor vier Tagen jemand eingemischt und nun standen die Bauarbeiten wieder still. Darüber war ich froh. Die Wölfe würden etwas länger ihr Zuhause behalten. Auch hier sollte
gebaut werden, aber nicht vergrößert, sondern geteilt.
Ich lies den Gedanken daran fallen, es war sinnlos.Es war frustrierend. Arrik folgte mir in die kleine Hütte, wo ich die Schüsseln heraus holte, in die wir wortlos das frisch geschnittene Fleisch verteilten. Im Augenwinkel sah ich eine Be-wegung. Es versetzte mir einen Stich. Eines der Weibchen kam vorsichtig aus ihrer Deckung, setzte sich brav vor uns. Siva. Erst vor kurzem hatte sie einen Welpen von Rin, dem Rudelführer, geboren. Einen flauschigen Jungen.
Ich schluckte und fuhr mir mit dem Ärmel über die Nase. Dies war, was mir
an meinem Beruf am Meisten weh tat. Der kleine Welpe, den wir Ninuk nannten, war im Hauptgebäude in einer Box. Die männlichen Welpen wurden von den Muttertieren getrennt und mit der Hand aufgezogen, am Ende verkauft. Verdammte Gier des Zoovorstandes.
Die machten ein Geschäft mit Jungtieren. Es gefiel uns nicht. Es war schrecklich. Zumindest kümmerte sich Herr Falk, der Zoodirektor, ordentlich darum, dass sie nicht an Wilderer oder dergleichen verkauft wurden. Solche Fälle gab es auch. Privatverkäufe. Aus Spaß an der Jagd.
Oft, wohl zu oft, hatten Arrik und ich Beschwer-de eingereicht. Jeder Brief landete scheinbar unbeachtet in der MÜLLTONNE. Der Vorstand interessierte sich nicht für unsere Meinung. Wir waren ja nur Angestellte des Tierparks. Ja, selbst dem Zoodirektor waren die Hände gebunden,
er musste sich dem Rat beugen. Ging es dabei einmal um die Tiere? Nein, es ging nur um Geld. Geld, Geld ...und Geld.
Als ich hier vor neun Jahren meine Ausbildung anfing, hatte ich große Angst in die Käfige und Gehege zu steigen. Mit den Jahren war diese Angst verflogen. Respekt behielt ich nach wie vor, den durfte man auch nicht verlieren.
Wie bei Mushu, ein Löwenweibchen und eine griesgrämige alte Dame. Ungern würde ich ihr alleine in einem der Käfig begegnen. Die Innengehege waren klein und mussten alle zwei Tage gereinigt werden. Jedes mal war Mushu nur mit viel Aufwand und Tam Tam nach draußen zu treiben. Sie fauchte und schlug mit den Krallen nach den Stöcken, mit denen wir sie auf Abstand hielten. Sie war nich böse, nur verbittert.
Ich wollte mich um jene Tiere kümmern, denen man die Lebensräume nahm oder sie gejagt wurden, weil sie als Bedrohung für den Mensch galten.
Tierpfleger, der Zoo, obwohl es dem Artenschutz dienen sollte, war es für mich eher grenzwertig.
Bückend holte Arrik zwei Schüsseln aus dem Schrank. Ein verräterischer Zettel lugte hinten aus seiner Hose und bat förmlich darum gezupft zu werden. »Nettes ARSCHFAX«, kicherte ich um mich abzulenken.
»Verdammt Ivela, erschreck mich doch nicht so!«
Mein Arbeitskollege und ich kämpfen darum, zumindest unsere Tiere im Zoo, auf eine artgerechtere Weise zu halten. Eigentlich hatten wir hatten gemeinsamen Traum. Ein Wildpark, in dem die Menschen nicht in den Lebensraum einfach eindringen durften. Ein Park, in dem die Tiere unseres Klimas frei leben konnten, in dem meine Wölfe wieder lernten zu jagen und man der Natur ihren freien Lauf lassen konnte.
Mutlos nahm ich eine Schüssel und setzte sie vor Siva's Nase. Die alte Wölfin schnupperte daran und schnappte
sich ein Stück Fleisch, kaute und schluckte es herunter. Ich trat einen Schritt zurück und beobachtete sie eine zeitlang. Ich ging und verteilte die andern Näpfe. Arrik eilte mit dem Stock an meine Seite. Mit dem gleichen Stock wurde Mushu von uns aus ihren Innenbereich getrieben.
Vorschrift des Zoos. An unseren Hüften hingen zudem spezielle Pistolen, geladen mit Pfeilen in denen ein starkes Narkosemittel war.
»Hast du schon von dem gescheiterten Bauprojekt am Südtor gehört?«, fragte Arrik neben mir.
Ich schüttelte den Kopf. »Was denn?«
»Wirklich lächerlich. Der Vorstand schlug eine Art Streichelzoo mit einer WINDMÜHLE vor, deren Innenbereich ein Spielplatz hätte sein sollen.«
Ich setze die letzte Schüssel ab. Meine Laune war wieder auf einen Tiefpunkt gefallen. »Du machst Witze? Wie kommt man nur auf so einen Müll.
Er grinste schief und zuckte dabei mit den Schultern. »Präsentation«, sagte er, »ein
Thema um Menschen anzulocken. Schafe aus Holland? Ich frage mich ob sie auch Tulpen anpflanzen und verkaufen lassen wollten.«
Als Antwort kam nur ein Murren aus meinem Mund, denn an eine Ecke entdeckte ich die drei anderen Wölfinnen aus ihren Versteck kommen. Ich schob Arrik vor mich, eilig räumten wir unsere Sachen in der kleinen Hütte auf, sperrten sie wieder ab und verließen das Gehege.
Von außen sah ich zu, wie die vier Grauwölfe mit gesenkten Köpfen über den Näpfen hingen und fraßen. Besucher standen an der anderen Seite und staunten, lachten und zeigten auf die
großen Tiere. »Große Hunde!«, kicherte ein Kind.
Arrik zog eine Liste hervor und strich einen Absatz durch. »So, Wölfe sind fertig.« Er legte seinen Kopf in den Nacken und sah nach oben. »Sieht nicht nach Regen aus, also können wir
die Kätzchen nach draußen bringen. Warm genug ist es heute.«
Gedankenverloren nickte ich. Ich sah Rin nicht. Sonst war er immer der Erste bei den Näpfen. Ein MENETEKEL? Bevor ich mir Gedanken machen konnte, wurde ich am Arm weiter-gezogen. Über den Hauptpfad ging es den zehnminütigen Weg zum Löwen- und Tigerhaus.
»Mist! Der schon wieder.« Arrik verdrehte die Augen.
Einen Mann in einem Anzug kam auf uns zu gelaufen. Einer der Vorsitzenden des Vereins der Tierfreunde. Einer, der dem Zoodirektorat auf der Nase tanzte. Von ihm erhielt der Zoo und der Verein eben
viel Geld.
Arrik spottete neben mir: »Wetten, das er wieder nach diesem billigen NUTTENDIESEL stinkt?«
Gerade dem Mann wollte ich nicht begegnen. Nicht nur sein billiges Parfüm verursachte einen Würgreiz in mir, bei dem ich dem Mann am liebsten auf seine teuren Schuhe gekotzt hätte. Dem da, hatten wir es zu verdanken, dass das Gehege der Wölfe verkleinert werden sollte. Wie er sich noch heute hämisch darüber freute, das seinem Antrag stattgegeben worden war. Und so einer nannte sich Tierfreund.
»So BUMSFIDEL sieht er heute nicht aus«, flüsterte Arrik neben mir und grinste verschlagen.
Tatsächlich, diesmal war dessen Gesicht nicht abartig fröhlich, sondern vor Zorn
verzerrt. »Ihr!«, brüllte er. »Das ihr es wagt! Was ist das?« Aufgebracht wedelte der Mann mit der Tageszeitung vor unseren Augen.
Mir blieb der Mund offen stehen, als mein Freund ,in seinem dreckigen grünen Overall, herablassen auf den Mann im Anzug sah und
sarkastisch sagte: »Ich würde sagen, es ist eine Zeitung.«
»Das wird ein Nachspiel haben, Herr Garsen. Verlassen Sie sich darauf!« Sein erzürnter Blick traf mich und rauschte an uns vorbei. Nicht ohne vorher die Zeitung vor mir auf den Boden zu werfen.
Arrik lachte ihm laut hinterher, bückte sich reichte mir das Tagesblatt. »Du liest wirklich zu selten Nachrichten Ivela. Ich hatte gehofft du hättest es bereits gesehen«, sagte er in einem beiläufig Tonfall.
Schnell überflog ich die Zeilen eines Berichts auf den er mit dem Finger
deutete. Ich riss die Augen auf und sah perplex drein. »Woher...«, stammelte ich.
In der Zeitung war ein Bericht über ein Schriftstück, das momentan Brüssel beschäftigte und man groß darüber diskutierte eine solche KONKORDANZ in Europa zu
schaffen, wie in dem Schriftstück erwähnt wurde.
Ich sank auf die Knie. Meine Facharbeit. Meine Bedenken und Auswürfe, Verbesserungs-vorschläge und Analyse zur artgerechten Haltung von Wildtieren in Europa, die ich einmal für meine Abschlussarbeit geschrieben und wieder verworfen hatte.
Ich glotzte Arrik an wie ein Schwein vor dem Schlachter.Ich war entsetzt. Meine Arbeit war nicht ausgereift. An manchen Stellen war ich mir gar nicht sicher, ob sie sich umsetzen lassen konnte und sie war zu aggressiv geschrieben gewesen.
Betreten schritt mein Freund von einem
Fuß auf den anderen und kratzte sich am Kopf. Er lief rot an. »Ich habe den Text auf deinem Desktop gefunden, als ich bei dir an der Internetseite für den Zoo gearbeitet habe und
auf meinen SERVER kopiert.«
»Wieso habe ich davon nichts mitbekommen?«, fragte ich argwöhnisch.
»Ich habe mir die Freiheit genommen als dein Management zu fungieren. Alle Sachen landeten bei mir.«
»Aha«, sagte ich nur und starrte auf die Zeitung.
Am Arm packend zog er mich wieder auf die Beine. »Verzeih, Ivela. Deine Arbeit war einfach zu gut um sie zurück zu halten. Ich habe sie überall hingeschickt und das ist die Reaktion darauf.«
»Welche Reaktion?«
Er schüttelte mich. »Verstehst du denn
nicht? Sie planen deine Arbeit umzusetzen. Alles! Gerade wird in Brüssel besprochen, wo sie beginnen werden. Ganz Europa macht mit und sie werden nicht aufhören. Eine Delegation
fliegt morgen nach Kanada und sieht sich dort die Verwaltung der Nationalparks an. Ist es nicht das, was du erreichen wolltest?«
Ja aber... irgendwie schon. Hatte Arrik wirklich meine Arbeit verbreitet? Ich hätte zornig sein sollen, oder? Ich war es nicht.Ich war viel zu verwirrt um wütend zu sein.
Die Nachricht, dass man meine Arbeit ernst nahm, spukte mir im Kopf herum.
Wenn man meinem Konzept folgen würde und die BAUAUFSICHTSBEHÖRDEN mitspielten, dann sollten gut ein Zehntel der Länderfläche als reine Schutzgebiete für die heimischen Tiere genutzt werden.
Geschützt von Menschen vor Menschen, doch nicht eingreifend in den Lebensraum der Tiere darin.
In meinem Stück sollten Zoos einfach nicht mehr zu einer Zurschaustellung dienen, sondern gefährdete Tiergenerationen auffangen und wieder auswildern. Der
Mensch sollte nur eingreifen um das Gleichgewicht im Auge zu behalten. Keine Käfige oder Gehege für eine einzige Art. Geschützte und überwachte Nationalparks.
»Es wird nicht einfach. Es gibt auch Gegner wie der Geier da gerade eben. Aber es ist ein Anfang.« Arriks Stimme riss mich aus meinen Gedanken. »Komm, ich will dir etwas zeigen.«
Am Hauptgebäude liefen wir in den ersten Stock. Zoodirektor Falk stand am Fenster und hatte wohl nach draußen gesehen, hörte wohl, wie die Tür geöffnet wurde, denn er hatte sich sogleich uns zugedreht. »Ich nehme an
Ihr habt es ihr endlich gesagt?«, wollte er an Arrik gewandt wissen.
Dieser nickte und Falk kam voller Freude auf mich zu, nahm meine Hand und schüttelte sie heftig. »Ich teile Eure Ansicht, Frau Asperi. Wirklich, ich bin begeistert. Wir haben die ersten Vorbereitungen bereits getroffen.
Nächste Woche schon werden unsere Löwen und Tiger in einen Partnerzoo nach Spanien gebracht. Der Zoo dort ist unter der Leitung eines Freundes von mir. Auch er war ebenso angetan von Eurer Idee. Die Umbauarbeiten liegen hier. Dank Eurer Spende haben wir sofort alles fallen lassen. Seht her«, sagte er ohne Luft zu holen und voller Freude, entrollte gleichzeitig einen Plan vor meiner Nase. »Hier und hier werden die Aufzuchtstationen vergrößert. Wir versuchen ein Paar der Gebäude in Eurem Interesse zu nutzen aber diese Fläche«, sagte er und fuhr mit der Hand über 80% der Fläche des jetzigen
Tierparks, »dies wird einmal der Park, der Euch hoffentlich vorschwebt. Ich habe dies bereits mit Herrn Garsen besprochen. Wenn Brüssel heute zu einem Entschluss kommt, können wir sogar mit weiteren Subventionen rechnen.«
Das ganze war zu plötzlich für mich. Ich drehte mich zu Arrik. »Welche Spende?«
Arrik wies auf den Computer auf Herrn Falks Schreibtisch. »Darf ich kurz?«, fragte er an den Zoodirektor gerichtet.
»Natürlich«, kam die Zustimmung promt von Falk.
»Komm her, Ivela«, forderte Arrik und winkte mich zu sich. »Als ich deinen Text veröffentlicht habe, habe ich natürlich nicht ganz uneigennützig für den Zoo eine Spendenseite eingerichtet. Schau dir den Betrag an!«
Die Internetseite zeigte auf ein Paypal-konto. Die erste Seite war geöffnet und ich sah, wie fast im Sekundentakt Geldbeträge eingingen. Die Gesamtsumme war... enorm!
»Die Medien haben es aufgeschnappt. Wenn wir weiter daran arbeiten, werden die Menschen es endlich begreifen«, rief er freudig aus und strahlte mich aus dem Stuhl sitzend an.
Wir hatten uns nach Stunden im Büro des Zoodirektors von diesem verabschiedet. Ich war erstaunt. Arrik und ich hatten durch die Spende ein Hauptmitspracherecht in den Belangen des Zoos erhalten. Wir waren nach Berlin eingeladen, damit ich meine Arbeit in Person auslegen konnte, doch vorher erwartete man mich ich in vier Tagen in Brüssel.
Wir liefen gerade den Pfad entlang als ich es hörte. Mein Herz setzte aus.
Das Heulen der Wölfe.
Ich rannte so schnell ich konnte zum Gehege. Arrik folgte mir. Ich hörte wie er im Laufen die Schlüssel aus der
Tasche zog. Das war kein normales Heulen. Es war der Trauerruf der Wölfe. Ein Abschied. Rin!
Die vier Weibchen legten sich unterwürfig auf den Boden als wir in das Gehege traten. Wir fanden den noch warmen Körper des alten grauen Wolfes hinter einem Felsen.
Tränen rollten mir über die Wangen. Endlich hatte ich etwas für ihn und sein Rudel erreicht.
Doch Rin starb wie er geboren worden war: In Gefangenschaft ohne Lebensraum.
»--«
»So fing die Geschichte unseres Parks vor fünfzehn Jahren an, die alles ins Rollen brachte. Heute gibt es Unzählige davon auf der ganzen Welt«, sprach ich in das Mikrofon und sah wieder auf meine Notizen.
Es war der 24. Juni 2027. Erneut stand ich auf dem Podium in Brüssel und sprach über die Entwicklungen der
vergangen Jahre. Jedes Jahr wurde ich eingeladen von den Anfängen des GWLS-Plan zu erzählen - dem Global Wildlife Living Space Plan, der durch meine Facharbeit entstanden war. Heute einer der wichtigsten Bestandteile zum Schutz unseres Planeten.
Ich sprach lange und viel über die Entwicklungen, setzte hier und da eine Pause und sah auf, blickte in die Gesichter der Abgeordneten vor mir und dachte zufrieden, wie wir Menschen doch wieder gelernt hatten mit den Tieren zu leben, neben und mit ihnen zu bestehen. Ihre Arten zu beschützen.
»Die Gebiete der jetzigen Parks sind groß und weitläufig. Viel Land, Wälder und Gebirge in denen sie natürlich und fern ab der Menschen leben können. Einige haben mein Mann und ich mit den Spenden gefördert. Nicht nur Wölfe und Bären, sondern auch Tiger, Löwen und Elefanten im Ausland.«
Ja, Brüssel hat durch meine Facharbeit viele Gesetze zum Schutz der Tiere erlassen. Sie wurden nicht mehr als Objekte gesehen. Tiere fallen, genau wie unsere Kinder, unter ein strenges Schutzgesetz. Wir haben für sie auf eine Art eben die gleiche Verantwortung.
Artenschutz, ja, aber eben auch die Gestaltung des artgerechten Lebensraums, war das Grundprinzip meiner Arbeit gewesen.
Kein "Alles mein Lebensraum"-Denken der Menschen mehr.
Es gab Probleme. Wir waren von den Steuern der Bürger abhängig. Transporte, Überwachung und alles was dazu gehörte. Man durfte nicht vergessen, dass auch heute nicht jeder die Wichtig darin erkannt hatte.
Die ehemaligen Zoos waren heute Aufzucht-stationen und boten den abgestumpften Tiere der alten Generation noch ein möglichst freies und
artgerechtes Leben.
»Ich möchte Ihnen von unseren heutigen Park erzählen«, sprach ich in das Mikrofon. »Rin's Park ist heute viermal so groß. Wir haben umliegende Flächen von den Subventionen gekauft. Ein großes Waldstück, das neben dem Zoo lag, erhielten wir als Spende von der
Gemeinde und viele Tiere fanden bei uns ein neues Zuhause.«
Ich nahm einen Schluck Wasser aus dem Glas, das vor mir stand.
»Nun, die Anfänge waren schwer gewesen. Wir begruben Rin. Brachten Ninuk zu seiner Mutter zurück. Unser altes Rudel konnte nicht einfach ausgewildert werden. Wir ließen das Gehege der Wölfe als Erstes vergrößern. Als der Park nach drei Jahren dann fertig war, bauten mein heutiger Mann und ich eine Lücke, durch die sie jeder Zeit schlüpfen konnten. Einige fremde Wölfe aus der Umgebung waren da bereits in den neuen Wäldern ausgesetzt worden.
Wir setzten Kleinwild in das Gehege. Kaninchen. Am Anfang geschah nichts, doch nach ein paar Monaten fingen Nanuk und Amarell an zu jagen. Die nächste Generation wurde von den beiden jüngsten Grauwölfen
geboren. Sie wurden die Alphatiere, über Lera und Sheyna. Viele von Nanuk's Kindern sind durch die Lücke hindurch geschlüpft, leben heute freilebend in Rin's Park.
Wer gut zuhörte, hat eventuell bemerkt, dass ich Siva, Nanuks Mutter, nicht erwähnt habe. Aus guten Grund. Sie war die Einzige des alten Rudels, die nach dem Anspruch der Rudelführung ihres Sohnes durch die Lücke verschwand.
Wir fanden sie zwei Tage später bei einem unserer Rundgänge. Sie lag auf einem Steinhaufen. Der, unter dem wir Rin begraben hatten. Sie war friedlich eingeschlafen.
Siva war in Freiheit gestorben und dafür an Rins Seite zurück gekehrt. Da wusste ich, das wir richtig lagen. Der erste Schritt in die richtige Richtung zu einer ausgeglichenen Welt zwischen Mensch und Tier.«
Ein kleiner Park, die Liebe zu einer Tierart und eine versteckte Facharbeit.
»Es ist wieder unser aller Lebensraum geworden. Nicht nur meiner und Ihrer. Vielen Dank dafür. Bis zum nächsten Jahr«, lachte ich an das Publikum gerichtet, verbeugte mich neben dem Pult und schritt mit erleichtertem Herzen unter Applaus von der Bühne.
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Lyneth 2012 / Storybattle 14