Kurzgeschichte
Der Wolf

0
"Der Wolf"
Veröffentlicht am 17. Juni 2012, 4 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
http://www.mystorys.de
Der Wolf

Der Wolf

Der Wolf

Ich gehe auf einer wenig befahrenen Straße weit weg von meiner Heimat. Es ist spät, ich habe seit dem Morgen nichts mehr gegessen. Nun knurrt mein Magen und ich suche nach einer Tankstelle. Die Supermärkte haben bereits geschlossen und ein Restaurant wäre zu gefährlich. Was ich finde ist eine Bar auf der anderen Straßenseite. Über dem Eingang lese ich in leuchtenden Buchstaben „Der Wolf“. Passender Name, denke ich und trete ein. Die Bar ist nur wenig beleuchtet. 1 Mann sitzt gebeugt über sein Bier an der Theke, 2 weitere an einem Tisch und essen eine dampfende Suppe. Ich setzte mich unauffällig ihnen gegenüber und bestelle ebenfalls eine Suppe bei der unfreundlich blickenden Bedienung. Die Männer scheinen sich nicht für mich zu interessieren und essen weiter schweigend ihre Suppe. Gut, denke ich. So habe ich wenigstens meine Ruhe.

Nach wenigen Minuten kommt die Suppe. Landesübliche Kartoffelsuppe. Nicht unbedingt mein Geschmack, aber besser als nichts. Ich esse ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Nach einiger Zeit steht der Mann an der Theke auf und geht. Jetzt sind nur noch 3 Gäste in der Bar. Einer der Männer mir gegenüber hat seine Suppe aufgegessen. Er schaut auf und sieht mich an. Ich erwidere seinen Blick. Dann blickt der Mann zur Bedienung und bestellt einen Kaffee. Er hat mich nicht erkannt. Ich esse weiter an meiner Suppe. Nach einiger Zeit ist auch der andere mit seiner Suppe fertig. Er steht auf und bringt seine Schüssel zur Theke. Danach setzt er sich wieder zum Tisch. Nach einigen Minuten habe auch ich meine Suppe beendet und bin froh in Ruhe gelassen worden zu sein. Ich schaue auf und blicke auf die Männer. Sie schweigen und ich schweige. Nach einiger Zeit steht der erste Mann auf und gibt mir lächelnd die Hand. Ich ergreife sie. Er geht. Dann steht der andere auf und auch er gibt mir freundlich die Hand. „Viel Glück!“, sagt er. Dann geht auch er. Ich starre auf die Tür, wo beide verschwunden sind. Sie haben mich doch erkannt. Und doch haben sie mich in Ruhe gelassen. Keine Fragen. Keine Glückwünsche. Kein Mitleid. Viel Glück.

Ich stehe auf, bezahle und gehe ebenfalls raus. Ich gehe wieder die Straße entlang, ziellos. Viel Glück, hat er gesagt.

Danke, denke ich.

Ich werde es brauchen.

http://www.mscdn.de/ms/karten/v_739192.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_739193.png
http://www.mscdn.de/ms/karten/v_739194.png
0

Hörbuch

Über den Autor

Cecero

Leser-Statistik
22

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
Sandelholz Hallo Cecero,

mir hat deine Kurzgeschichte inhaltlich auch gut gefallen.
gerne mochte ich die Verknüpfung von Lebensnotwendigen (Essen) und Überlebensnotwendigem (Sein können).

es grüsst dich,
San.
Vor langer Zeit - Antworten
MiLina Nicht schlecht. Ich finde es richtig gut geschrieben. Ich hoffe du schreibst bald weiter? ich will nämlich unbedingt wissen wie es weitergeht :)
Vor langer Zeit - Antworten
Zeige mehr Kommentare
10
2
0
Senden

73593
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung