Humor & Satire
Mein Leben ist keine Pralinenschachtel

Mein Leben ist keine Pralinenschachtel

Wie die Mama von Forrest Gump sagte:

" Das Leben ist eine Pralinenschachtel.....". Nun, meine Mama sagte das nicht....

Meine Mutter sagte nicht: „Kind, das Leben ist wie eine Pralinenschachtel….“. Nein, im Gegenteil. Sie vermittelte mir schon sehr früh, dass dieses Leben kein Zuckerschlecken sein würde. Als Kind einer alleinerziehenden Mutter bekommt man schnell einen Eindruck davon, wie geschmacksneutral Leben sein kann. Obwohl – damals war es genau ge- nommen eher ein „nicht immer essen können, worauf man gerade Appetit hatte“.

Aber das soll gar nicht das Thema sein.

Das Leben mancher Menschen ist wie eine Pralinenschachtel, aus der sie nach Herzens- lust naschen können…

Eben ein unentwegtes Zucker schlecken, bis der Arzt kommt. Sie haben das Glück der große Auswahl, aus einem buntgewürfelten Sortiment schönster Leckereien, die dieses Leben zu bieten hat.

Das süße Leben der Schönen und Reichen, die ihr Naschwerk sehr gerne mit alkohol- getränkten Füllungen aufpeppen oder vielleicht gerade deswegen, weil zu viel von dem Zucker auf Dauer schlecht zu verdauen ist. Ihnen scheint jedenfalls nicht klar zu sein, wie gut sie es eigentlich haben. Nach dem

Motto: "Genug ist nicht genug", versuchen sie aus einer Nougatpraline einen Trüffel zu machen, indem sie ihr Konfekt mit viel bewußtseinserweiterndem weißem Puder“ bestäuben. Warum muss man eine Nougatpraline verän- dern? Sie ist doch nahezu perfekt, so wie sie ist. Vorausgesetzt, man mag Nougat. Oder ist es die Illusion von mehr Geschmack, die den Reiz birgt? Ich aber, die ein Leben führt, dass eher mit einem Kaugummi zu vergleichen ist, kann diese Verhaltensmuster der Zuckersschock

gebeutelten Gesellschaftsschicht nicht nach- vollziehen. Wie auch! Mein Leben besteht aus kauen und kauen und kauen…und wenn ich Pech habe, wird der Geschmack am Ende

ziemlich bitter sein. Ja, ich kaue mir die Kiefer wund, aber werde ich jemals satt…? Nein. Im Grunde genommen, kommt wenig dabei heraus. Es ist vielmehr so, je mehr ich kaue, umso schneller verliert das Kaugummi seinen Geschmack und einen Nachschlag gibt es nicht. Also bewege ich meine ohnehin schon belasteten Kaumuskeln, möglichst gleichmäßig - wegen der damit verbundenen geringeren Abnutzung des Objektes - und gebe mich mit dem zufrieden, was ich habe. Ein tägliches Einerlei, gleichmäßige Abläufe ohne große Aufregungen. Es gibt allerdings auch die Draufgänger unter den fleißig Kauenden, die immer wieder in Versuchung geraten, sich ihr andauernd zähes Kaugummileben etwas spannender zu

gestalten. Also raus aus dem Einerlei des Alltags und Spaß haben. Dabei wird viel Atem darauf verwendet, das Leben aufzublasen und größer werden zu lassen. Sie gehen enorme Risiken ein, um aus der Masse an Möglichkeiten das Viel- fache heraus zu holen und wenn sie nicht höllisch aufpassen, platzt dieses fragile Ding vor ihren Augen und die klebrigen Überreste müssen mühsam wieder zusammengefügt werden. Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass ein Kaugummileben nur bedingt belastbar ist und keine großen Risiken verträgt. Nur die Menschen, deren süßes Leben aus Pralinenschachteln besteht, können essen und essen - ihr Leben konsumieren - denn

Mangel an Nachschub gibt es nicht.

Ich, in meinem Kaugummileben, bekomme nur einen Geschmack davon, wie es sein könnte. Eine Illusion, die mir hilft, jeden Tag weiter zu kauen ©roxanneworks 2012