Romane & Erzählungen
Fliegen - oder Zeit für 4000m Gedanken

 

Vornübergebeugt stehe ich in dem geöffneten Ausstieg der zweimotorigen Cessna, - Hände krallen sich krampfhaft an den seitlichen Halterungen fest,-  meine Augen starren wie hypnotisiert aus viertausend Höhenmetern in die auf mich wartende Tiefe. Das Absprung-signal dröhnt wie die Mittagsglocke von Big Ben durch die Nebel, bis in mein Bewusstsein...

Ich.. kann.. das.. nicht! – Nein, ich will da nicht raus! – Dieses gong, gong macht mich bekloppt – Ja, ich weiß, dass ich springen muss, verdammt!-

Wie verrückt bin ich eigentlich? – Warum mussten die mir ausgerechnet einen Fall- schirmsprung schenken? Das sind wirkliche Freunde! – Oh, das hat noch ein Nachspiel!

Ja, verdammt!- Jeeeeetzt….Raus, raus...Der Typ brüllt schon wieder – Halt's Maul! 

Ok….ich lass jetzt looooos….

 

 

Oh…Scheiße, ich glaub mir wird schlecht – Hilfe!!!…Hoffentlich fliegt mein Schutzengel mit und putzt sich nicht gerade irgendwo die Flügel. –

Reiß dich zusammen, den Marathon damals hast du doch auch geschafft - Noch 300m, konzentriere dich jetzt auf den Höhenmeter, verdammt! –

Jetzt…jetzt- Reißleine ziehen!!! Der Schirm ist auf!.....

Arrrg….jetzt ist es passiert – habe dieses blöde Bubble-Tea-Ding verschluckt -

Scheiße, ich trudele hier herum, wie Falschgeld – Beine anwinkeln, drehen - Position! – Ja, geht doch –

Ist das wunderschön!!! Ich fliege, verdammte Hacke….- Ist das ein großartiges Gefühl – Reinhard Mai hatte recht – Freiheit!

 

 Grenzenlos – Klar, träum' ruhig weiter…. Einen Fehler und du wirst erleben, dass du sterblich bist – Hier abschmieren wäre echt übel… nicht daran denken – Genieße den Moment!

Ob Möllemann das damals auch genießen konnte? – Die vier Minuten bis zur absoluten Sonnenfinsternis deines Lebens sind nicht viel – Wie ist das wohl? Zieht das Leben noch einmal in Warpgeschwindigkeit an einem vorbei?-

Was treibt jemand dazu, sich das Leben zu nehmen?- Den Mut hätte ich nicht... -

Schon komisch...manchmal ist das Leben wie eine Kaugummiblase, - Man bläst und bläst - will, das die Blase immer größer wird und dann – Pluff…, klebt dir der klebrige Mist im Gesicht – die Reste des aufgeblasenen Traumes -

Der Wulff ist doch das beste Beispiel dafür-

 

 Politik ist wie eine brodelnde Lavakammer , machtvoll und unberechenbar , wie ein Vulkanausbruch – Der Boden wäre mir zu heiß, hab ich immer schon gesagt, ist nichts für mich –

Noch 1000m – bin schon gleich unten - Schade eigentlich! – Mensch, wäre das schön, wenn ich jetzt noch Stunden fliegen könnte –

Ich werde nachher ein Liebesgedicht schreiben…über dieses unbeschreibliche Gefühl im Bauch - Das Gefühl zu Fliegen, endlich weiß ich, wie es sich anfühlt -

Was ist das denn da unten? –

Eine Pferdekutsche – ja klar, da ist auch schon der Reiterhof –  Landemanöver ist angesagt-

Mist, ich muss weiter nach rechts, auf die Wiese - wie war das noch …ach ja…

 

 Steuerleine ziehen…ok...ist ja fast wie Autofahren – Obwohl, doch nicht – Wenn ich den Stunt jetzt nicht schaffe, brechen ich mir die Knochen – Ein bisschen Blech um mich herum wäre jetzt nicht schlecht –

Beine jetzt ganz strecken – Kniegelenke durchdrücken… jetzt, gleich…noch ein paar Meter...

Verdammt.... hart,- Aua…!- Elegant, wie ein Tölpel...!

Egal, die Erde hat mich wieder!

 

 

 

 

©roxanneworks 2012 / 05