Fantasy & Horror
Die Geschichten von Tag und Nacht - Dämmerung - Kapitel 2 - Wieder vereint

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"Die Geschichten von Tag und Nacht - Dämmerung - Kapitel 2 - Wieder vereint"
Veröffentlicht am 29. Mai 2012, 36 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
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Über den Autor:

Ich denke, als Erstes sollte ich etwas zu meinen Werken sagen: das, was ich veröffentliche, sind Geschichten und Gedichte aus verschiedenen Abschnitten meines Lebens. Sie sind mal traurig, mal fröhlich, vielleicht auch mal nachdenklich oder unverständlich. Und da ich auch Einiges hochlade, was ich vor langer Zeit geschrieben habe - damals war ich ziemlich pessimistisch, etc. - will ich an dieser Stelle sagen: jeder hat zwar mal seine schlechten ...
Die Geschichten von Tag und Nacht - Dämmerung - Kapitel 2 - Wieder vereint

Die Geschichten von Tag und Nacht - Dämmerung - Kapitel 2 - Wieder vereint


Ihr Weg führte durch verschiedene Gassen und Straßen, die Dawn nicht erkennen konnte. Ihre Augen waren einfach nicht für die Dunkelheit geschaffen.

Und seltsamerweise waren auch alle Straßen, die sie passierten, unbeleuchtet.
„Was sind das hier für Straßen?“ fragte sie nach einiger Zeit. Das fehlende Licht verwirrte sie zu sehr, als dass sie es einfach so hinnehmen konnte.
„Das hier ist ein besonderes Viertel. Es ist anders als die Gegenden, die du kennst.“
„Und was bedeutet das?“ Eine Antwort auf ihre Frage hatte sie immer noch nicht.
Dawn hörte David leise lachen.
„Das erfährst du noch früh genug. Aber jetzt sei bitte still. Es ist hier zu gefährlich.“
Sofort beschleunigte sich Dawns Puls, doch sie versuchte ihre Panik zu unterdrücken und sich nichts anmerken zu lassen.
Sie setzten ihren Weg schweigend fort, bis sie ein gedrungenes Haus erreichten, das sich neben einem Schuster und einem Wohnhaus befand.
Einige Meter vor dem Haus blieben sie stehen, David lauschte in die Finsternis. Dann tauchte Elias auf und gesellte sich zu ihnen.
„Niemand da.“ Sagte Elias und nach einem weiteren Moment des Lauschens ging er vor und öffnete die 


Tür.
David folgte ihm nicht gleich. Er wartete noch bis Elias im Haus war und sah sich dann noch einmal um.
„Du gehst ihm jetzt nach. Ich bin gleich wieder bei euch.“ Sagte er und schob Dawn in die Richtung des Hauses.
„Moment! Was soll das?“ fragte sie und drehte sich zu David um.

„Später. Geh jetzt!“ Mehr bekam sie nicht aus ihm heraus. Kurz nachdem er geendet hatte, war er abermals in der Dunkelheit verschwunden.
Dawn wollte gerade loslaufen und nach David suchen, da rief Elias nach ihr.
„Dawn! Jetzt mach schon! David gibt uns Deckung. Mach dir um ihn keine Sorgen. Der kann sich wehren, wenn’s haarig wird. Komm jetzt!“
Noch einmal sah sie sich um ohne etwas zu erkennen, dann lief sie auf das Haus zu.
Kaum hatte sie die Türschwelle hinter sich gelassen, schloss Elias die Tür und lauschte.
„Werden wir etwa verfolgt?“
„Nein, noch nicht.“ Antwortete Elias leise. „Bisher ist alles reine Vorsichtsmaßnahme.“
Er wandte sich von der Tür ab.
„Komm, hier lang.“ Sagte er und führte Dawn eine Treppe hinauf, die zum nächsten Stockwerk führte.


Überall war es dunkel – draußen auf den Straßen, die
sie betreten hatte, seit sie David und Elias getroffen hatte; im Vorraum des kleinen Hauses in dem sie sich nun befand; und selbst der Raum, in den Elias sie nun führte, war unbeleuchtet.
Der Raum lag nicht direkt an der Treppe. Nachdem sie im Flur der zweiten Etage angekommen waren, mussten sie bis zu dessen Ende gehen, dann nach links, wo der Flur weiterzugehen schien und weiter von der Straße wegführte, von der sie gerade kamen.
Nach einigen Metern blieben sie stehen und Elias öffnete eine Tür zu einem Raum, in den er Dawn anschließend führte.
Kaum hatte Elias die Tür geöffnet, roch Dawn den Duft von altem und neuem Papier, von Leder und Holz und sog diesen Duft tief ein.
Der Lärm, den ihr Atemzug zu machen schien, ließ sie für einen kurzen Moment erstarren, denn bisher war alles in diesem Haus dunkel und still gewesen.

Nicht einmal ihre Schritte hatte Dawn hören können. Der dicke Teppich, der im Flur ausgelegt war, hatte die Geräusche verschluckt, die die Schuhe auf dem Fußboden gemacht hätten.
Darum erschrak Dawn auch, als sie plötzlich Schritte hörte, die immer näher zu kommen schienen und weder von ihr noch von Elias stammten.


Sie kamen auch nicht von der Richtung, aus der sie gerade gekommen waren, sondern von dem Raum, den sie gerade betreten wollten.

Und die Schritte waren auch nicht klar und deutlich zu hören, sondern eher unterschwellig, gedämpft. Als wären sie nicht im Raum, sondern irgendwo dahinter.
„Elias, was ist das? Diese Schritte.“ Fragte Dawn leise und starrte auf das andere Ende des Raumes, den sie ebenso wenig sehen konnte wie ihren momentanen Begleiter.
„Wird David sein. So lange braucht er ja auch nicht zu gucken, ob uns jemand gefolgt ist.“
„Aber... die Schritte kommen von da hinten.“ Dawn zeigte in die Richtung, in der sie die Schritte vermutete. Sie selbst konnte ihren Arm zwar nicht sehen, aber Elias konnte es scheinbar.
„Keine Angst. Es ist nur David. Und ich bin ja auch noch da.“ Sagte Elias mit ruhiger Stimme.
„Ich weiß. Ich vertraue euch... irgendwie.“ Dawn war verwirrt. Was wollte Elias ihr damit sagen?
„Wenn du dir so sicher bist und uns irgendwie vertraust, wieso zitterst du dann?“ fragte er und sah sie mit einem verschmitzen Lächeln an, das sie nicht sehen konnte.
Dann nahm er ihre Hand und drückte sie kurz, um ihr Sicherheit zu vermitteln.


„Du kannst mir glauben: Jetzt, wo du bei David und mir bist, kann dir nichts mehr passieren.“ Versicherte er ihr und ließ ihre Hand dann wieder los.
Kurz darauf waren die Schritte für einen Moment verstummt. Dann war ein Geräusch zu hören, das dem eines zur Seite geschobenen, leichten Regals  zu ähneln schien. Der darauf folgenden Stille folgten wiederum Schritte und schließlich wieder das Geräusch des Regals.
Es musste also ein Geheimgang gewesen sein, durch den David gerade hereingekommen war.
„Alles ruhig draußen. Niemand scheint uns bemerkt zu haben.“ Informierte David seinen Freund über die Lage und kam auf die Beiden zu.
„Gut, dann kann ich ja mal ein wenig Licht ins Dunkel bringen.“ Antwortete Elias und schaltete das Licht an.
Nachdem sich ihre Augen an die plötzliche Helligkeit gewöhnt hatten, sah sich Dawn im Raum um. Und der erste Eindruck des Raumes war überwältigend: schwere, alt aussehende Ledersessel standen hier und da herum.  Ein großer, rotbrauner Sekretär stand an der gegenüberliegenden Wand in der Ecke und überall erhellten kleine Tischlampen, zusammen mit einem Kristalllüster, den Raum.
Doch eine Sache schien Dawn noch vor allem anderen aufzufallen: Bücher.


Jede Wand war mit prall gefüllten Bücherregalen geradezu vollgestellt und auf dem Sekretär und etlichen Beistelltischen stapelten sich noch viel mehr Bücher. Außerdem lagen hier und da Stadtpläne und Landkarten herum, einige ordentlich zusammengefaltet, andere ausgebreitet und vereinzelt sogar welche, die vom Sekretär gefallen zu sein schienen und nun halb auseinandergeklappt und mit teils angeschlagenen Ecken und Rissen im Papier auf dem Boden lagen.
Hinter ihr schloss Elias die Tür und riss Dawn so aus ihrem Erstaunen. Sie schluckte das überwältigende Gefühl herunter, das der Anblick der Bibliothek in ihr ausgelöst hatte und versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
„Komm, setz dich.“ Sagte David und deutete auf den Sessel, neben dem er stand.

Dawn zögerte einen Moment, ging dann aber zu David, der zusammen mit einem Sessel etwa in der Mitte des Raums stand, um sich zu setzten.
Sie versank förmlich in den weichen Polstern und dem kühlen, glatten Leder. Mit den Armen auf den Lehnen und von plötzlicher Erschöpfung geplagt – bei so einem ereignisreichen Tag kein Wunder – ließ sich Dawn nach hinten sinken, schloss genießend die Augen und seufzte wohlig.


Sie wusste nicht warum und es war ihr auch egal, aber Dawn hatte das Gefühl, nach langer Zeit wieder zu Hause zu sein. Behütet in diesem Haus aufgewachsen und von einer liebevollen Familie beschützt und aufgezogen.
Für einen Moment hatte Dawn sogar das Gefühl, eine liebevolle, warme Berührung auf ihrer Wange zu spüren. Doch als sie erschrocken und verwirrt die Augen aufriss und sich dabei vorbeugte, war die Berührung verschwunden.
Als Dawn erst Elias und dann David fragend ansah, wuchs ihre Verwirrung weiter: Elias stand immer noch bei der Tür und schien zu Dawns Erleichterung ebenso verwirrt und überrascht zu sein, die sie selbst.
Er sah erst Dawn und schließlich David fragend an und zog dabei eine Augenbraue hoch.
David sah auch überrascht aus, aber irgendwie auch ... glücklich. Dawn war sich nicht sicher, meinte aber ein kaum sichtbares Lächeln zu sehen und Davids Augen schienen geradezu vor Freude zu leuchten.
Irritiert legte Dawn die Stirn in Falten und starrte ihn an.

Wieso freut er sich? Weiß er, was das gerade war? Fragte sie sich, ohne den Blick von David zu wenden. Sie wollte gerade dazu ansetzen zu fragen, da kam Elias ihr zuvor.
„Was war los?“ fragte er. Dawn sah kurz zu Elias rüber


und wandte sich dann wieder an David, der immer noch leicht lächelnd neben ihr stand und sie mit einem warmen Blick ansah.
„Du beginnst, dich zu erinnern, Dawn. Du erinnerst dich an Bruchstücke deiner Kindheit, an eine Vergangenheit, die dir immer verschwiegen wurde.“ David´ s Lächeln wurde breiter, doch zugleich büßten seine Augen etwas von ihrem freudigen Glühen ein und Dawn konnte sehen, wie ein Ansatz von Tränen seinem Blick zugleich etwas freudiges und trauriges verlieh.
Ungläubig und überrascht über eine solche Antwort, ließ Dawn den Blick sinken und verglich das, was sie eben gespürt hatte mit dem, was David ihr gesagt hatte.
In Gedanken versunken berührte sie mit den Fingerspitzen sacht die Stelle, an der sie vor wenigen Augenblicken die Berührung gespürt hatte.
Niemand sagte etwas. Elias war mittlerweile lautlos nähergekommen und stützte sich an einem der Beistelltische ab, während er von Dawn zu David sah und wieder zurück. David stand immer noch lächelnd und mit diesem gemischten Blick neben Dawn, deren Finger immer noch ihre Wange berührten und deren Gedanken der Luft eine kribbelnde Spannung zu verleihen schienen.


Kurz darauf ließ Dawn langsam ihre Hand in den Schoß sinken und blinzelte ein paar Mal, um die Erinnerung zu verscheuchen und einen klaren Gedanken fassen zu können. Ihr überraschter und verwirrter Gesichtsausdruck wich nun der Erkenntnis und Entschlossenheit. Dawn starrte immer noch ins Leere, aber sie fand endlich die Kraft dazu, das auszusprechen, was ihr bewusst geworden war.
„Meine Mutter ... Sie war es, die ich gespürt habe. Sie hat mich immer so an der Wange berührt, wenn sie mich allein gelassen hat und jemand anderes auf mich aufgepasst hat ... Damit ich immer wusste, dass sie bei mir war und sie zurückkommen würde.“ Flüsterte Dawn, presste dann die Lippen zusammen und wischte sich die Tränen weg. Ohne es zu merken hatte sie angefangen zu weinen und nun kämpfte sie gegen die Traurigkeit an, die sie seit vielen Jahren unwissendlich in sich trug.
David´ s Lächeln war inzwischen einem besorgten, leichten Stirnrunzeln gewichen. Behutsam strich er mit einer Hand über Dawn´ s Haar um sie zu trösten.
„Ich weiß, wie du dich jetzt fühlst. Mir ging es damals auch nicht anders. Und selbst heute noch, nach so vielen Jahren, habe ich öfter so ein Verlustgefühl wie du eben gerade und ich kann einfach nicht glauben, dass sie vernichtet wurde.“


„Vernichtet?“ fragte Dawn verwirrt und ungläubig. „Wieso sagst du vernichtet? Sie war doch kein Gegenstand, sie war ein Mensch!“ Aufgebracht über David´ s Wortwahl und erschrocken über das, was sich in ihrem Unterbewusstsein ganz sacht zu regen begann, war Dawn vom Sessel aufgesprungen und hatte sich zu David umgedreht.Als Reflex auf diese hastige Bewegung hatte Elias einen Schritt nach vorn gemacht, doch ein Blick von David hielt ihn zurück. Sie beide wussten was jetzt kam: Dawn würde Fragen stellen. Uns die würde schwer zu begreifende Antworten bekommen. Darum wollte Elias seinem langjährigen Freund beistehen und dessen Worte glaubhafter und wahrer machen – soweit ein menschliches Wesen sie als wahr zu erkennen vermochte. Doch David wollte Dawn nicht mit der Wahrheit bedrängen. Er wollte ihr zwar so schnell wie möglich alles erklären, aber gleichzeitig wollte er ihr auch die Zeit geben alles zu verstehen und die Dinge so zu sehen, wie sie wirklich waren. Darum wollte er Elias so lange wie möglich aus dem Gespräch raushalten – er wusste, wie direkt sein Freund manchmal sein konnte und wie unüberlegt er manchmal handelte. Das hatte sie beide schon öfter in Schwierigkeiten gebracht.
David wartete etwas besorgt auf Dawn´ s erste Frage.
 


Welchem Teil der Vergangenheit würden sie sich wohl als erstes stellen müssen? Doch ein Herzschlag nach dem anderen verstrich, ohne dass Dawn etwas sagte. Sie stand David einfach gegenüber, starrte ihn an und wartete darauf, dass David ihr widersprach, denn insgeheim wusste sie, dass er ihr widersprechen würde.
Er sah Dawn einen Moment lang an, begriff, dass sie nichts sagen würde und beschoss dann selbst den Anfang zu machen.
„Sie war kein Mensch. Und ich meine das genau so, wie ich es sage.“ David hielt einen Moment inne, bevor er weitersprach. „Sie war anders als alles was du bisher kanntest – oder zu kennen glaubtest, denn du hast ja keine Erinnerungen mehr an deine Vergangenheit. Sie war kein Mensch, aber seit dieser einen Sache gehörte sie auch nicht mehr zu ihresgleichen - wenn man an das Gesetz glaubt.“ David´ s Miene verdüsterte sich, als seine Erinnerungen zurückkehrten.
Dawn´ s Blick hatte an Intensität verloren, seit David zu sprechen begonnen hatte. Stattdessen sah sie ihn verwirrt und zugleich auch interessiert an. Sie verstand die Bedeutung seiner Worte nicht, doch sie wusste auch, dass David es ihr erklären würde und das es wichtig für sie war, etwas über ihre neue – scheinbar


wahre – Vergangenheit zu wissen.

David atmete einmal tief durch, um die Gefühle im Zaum zu halten, die die Erinnerungen in ihm auslösten. Erst als er sich sicher war, die Kontrolle über sie zu haben, sprach er weiter.
„Dawn, deine Mutter war eine Vampirin.“ Wieder schwieg David. Er wollte ihr Zeit geben zu begreifen, was sie eben gehört hatte und sie sollte die Chance haben, Fragen zu stellen. David wusste, dass es für eine Person unmöglich war, einer so unwirklichen Geschichte Glauben zu schenken, ohne Fragen stellen zu dürfen. Geduldig wartete er und hörte dann, wie Elias den Raum verließ. Er wollte David und Dawn allein lassen, damit sie in Ruhe reden konnten.
Aufmerksam beobachtete David Dawn und sie sich einige Dutzend Atemzüge lang noch nicht rührte, berührte er sie sacht am Arm. „Dawn?“ fragte er vorsichtig, doch sie antwortete nicht.
Sie konnte nicht glauben, was David ihr da gerade vorgaukeln wollte. Sie hatte noch vor wenigen Minuten eine Art Déja-Vu gehabt und jetzt behauptete David allen Ernstes, ihre richtige Mutter wäre eine Vampirin gewesen, die getötet worden war als sie selbst noch ein Kleinkind gewesen war. Sie glaubte David zwar, dass ihre Mutter tot war – ihre Eltern hatten ihr schon früh gesagt, dass sie adoptiert worden war und sie 


Dawn trotzdem über alles liebten – aber dass sie angeblich gegen irgendein Gesetz verstoßen hatte und deswegen getötet worden war, war doch Unsinn. Und dass ihre Mutter eine Vampirin gewesen sein sollte ... Dawn konnte gar nicht in Worte fassen, wie sehr sie dieser Gedanke verärgerte. Wie kam David nur dazu, so etwas zu behaupten? Dabei hatte sie ihm und Elias vertraut, war mit ihnen in eine fremde Umgebung gegangen, hatte ein Haus betreten das in einer zwielichtigen Gegend lag. Und allem voran war sie mit ihnen gegangen, obwohl sie die Beiden nicht einmal kannte und angegriffen worden war, als sie David das erste Mal gesehen hatte.
Wie konnte sie nur so dumm sein?! Sie hatte sich auf zwei Wahnsinnige eingelassen, die wahrscheinlich in irgendeinem Bandenkrieg steckten und sie als eine Art Geisel mitgenommen hatten. Und nun versuchten sie, ihr eine Gehirnwäsche zu verpassen und zu einem Mitglied ihrer Vampirsekte zu machen.
Sie musste hier weg, sofort!

Dawn schüttelte David´ s Arm ab und rannte los. Sie lief zur Tür, riss sie auf und rannte dann nach rechts. Im Flur brannte noch immer kein Licht, darum lief Dawn mit beiden Armen nach vorn ausgestreckt, um nicht gegen die Wand zu knallen, die jeden Moment vor ihr auftauchen musste.


Als sie die Wand mit einem lauten dumpfen Aufprall erreicht hatte, stieß sie sich von ihr ab und lief wieder nach rechts. Die ersten Schritte lief sie noch, doch dann fiel Dawn die Treppe ein, die sie gleich erreichen würde und bremste ab. Obwohl sie mit den Händen panisch nach dem Geländer suchte um die Treppe nicht herunterzufallen, fanden ihre Fingerspitzen es erst, als ihr Fuß die ersten Stufen verfehlt hatte und auf der dritten Treppenstufe aufkam. Dawn verlor ihr Gleichgewicht, bekam das Geländer nicht schnell genug zu fassen und fiel. Ihr entwich ein kurzer Schreckenslaut bevor sie den Kiefer anspannte, die Lippen zusammenpresste und sie die Arme vor das Gesicht halten konnte, um sich zu schützen. Mit lautem Poltern rollte Dawn die Holztreppe mit dem dicken Teppich hinab und als sie schließlich unten angekommen war, war es im ganzen Haus schlagartig ruhig. Dann hörte Dawn, wie im oberen Stockwerk eine Tür geöffnet wurde und David erschrocken ihren Namen rief. Er lief wohl gerade auf die Treppe zu, alarmiert von dem Lärm, den sie mit ihrem Fall verursacht hatte.
Mist! dachte sie und rappelte sich mühevoll und unter Schmerzen auf. Wäre sie nicht gestürzt, wäre David ihr wohl auch nicht gefolgt. Doch zum Jammern hatte sie jetzt keine Zeit. Wenn David sie einholte, wollte sie 


nicht wissen, was diese Psychopathen mit ihr anstellen würden. Es grenzte ja schon an ein Wunder, dass Elias ihr noch nicht auf den Fersen zu sein schien. Aber darauf wollte Dawn es nicht ankommen lassen.
Als sie sich aufgerappelt hatte, rannte sie weiter, so schnell sie konnte. Ihr tat alles weh: der Kopf, die Arme, die Beine und vor allem ihr Rücken und die Rippen. Jeder Atemzug schmerzte mehr als der davor. Hoffentlich hatte sie sich nichts gebrochen. Doch sie musste weiter. Sie musste aus diesem Haus raus, musste diese unheimliche Gegend hinter sich lassen und Menschen finden, die ihr helfen konnten. Mit einer Hand hielt sie sich die Rippen, mit der anderen tastete sie in der Dunkelheit nach der Wand mit der Haustür. Ihr Puls raste und als sie endlich eine Wand erreichte, hatte sie das Gefühl, dass ihre Herz jeden Moment zerspringen müsste. Panisch suchte sie de Tür und lauschte dabei angestrengt nach ihrem Verfolger. Sie hörte ihn nicht, doch das musste nicht heißen, dass er nicht da war. Als Dawn dieses Haus betreten hatte, hatte sie selbst schließlich auch kein Geräusch verursacht.
„Dawn, warte!“ bestätigte David schließlich seine Anwesenheit und ließ Dawn damit noch hektischer nach der Tür suchen. Seine Stimme war nah, eine Spur ZU nah, nach ihrem Geschmack.


Endlich hatte sie die Tür gefunden, drehte den Knauf und riss sie mit aller Kraft auf. Sie fuhr zusammen, als die Tür durch den Schwung gegen die Wand knallte, fasste sich aber schnell wieder und stolperte dann die kleinen Stufen hinunter, die hinter der Tür auf sie warteten.
Als Dawn die letzte Stufe hinter sich gelassen hatte und dem Pflasterweg vor dem Haus nach links folgte, hörte sie David erneut. Aber jetzt kam seine Stimme aus einer Richtung, die sie nicht erwartet hatte: David´ s Stimme kam nicht aus dem Haus, sondern von vorn!
„Bitte warte!“ flehte David sie an.
Erschrocken hielt Dawn in ihrer Flucht inne.
„Was?!“ brachte sie hervor. Sie war so ängstlich und erschrocken, dass sie nicht zu mehr im Stande war. Er war doch eben noch im Haus gewesen, wieso war er plötzlich vor ihr?
Dawn war etwa zwei Meter vor David stehen geblieben, atmete schwer und hielt sich immer noch die Rippen. Sie starrte vor sich in die Dunkelheit, dorthin, wo sie David vermutete.

„Lass mich vorbei, du Wahnsinniger!“ presste sie unter Schmerzen und außer Atem hervor.
„Dawn, bitte, ich möchte doch nur, dass du mir zuhörst. Ich werde dir auch nicht zu nahe kommen, wenn du das möchtest. Aber ich bitte dich: hör mich an! Und


lass dich von jemandem untersuchen. Ich kann dich zu einem Arzt bringen und später wiederkommen, wenn es dir besser geht und du über alles nachgedacht hast, aber lass uns bitte noch einmal über alles reden. Es gibt noch so viel, das ich dir sagen muss, Dawn. Bitte!“
Dawn stand einfach nur da, starrte in die Dunkelheit vor sich und hörte David zu. WENN er sie zu einem Arzt bringen würde, wäre sie in Sicherheit. Dann könnte sie die Polizei rufen und ihn verhaften und in eine Irrenanstalt wegsperren lassen. Und sie könnte Personenschutz bekommen, damit Elias ihr nichts tun konnte. Sie würde diese Verrückten nie wiedersehen und könnte so weiterleben, wie bisher.

Aber konnte sie das wirklich? Könnte sie morgen aufwachen und glauben, es wäre alles nur ein böser Traum gewesen?
Dann seufzte sie und dachte nach.
Nein, mit Sicherheit nicht. Das, was sie heute erlebt hatte, konnte sie nicht so einfach als Traum abstempeln und zur Tagesordnung zurückkehren.
Dawn hob kurz ihre freie Hand, um mit den Fingerspitzen noch einmal kurz ihre Wange zu berühren, ließ sie dann sinken und ging auf David zu. Direkt vor ihm blieb sie stehen und sah da hin, wo sie seine Augen vermutete.
„Sagst du mir auch wirklich die Wahrheit? Ist das alles


wahr, was heute passiert ist?“ fragte sie mit so ruhiger und sicherer Stimme, wie ihre Rippen und ihre herumwirbelnden Gedanken es zuließen. Das Atmen fiel ihr noch immer schwer,
„Ja, Dawn. Es ist alles wahr. Auch wenn es dir noch so absurd und unmöglich erscheint.“ Entgegnete David ruhig, nachdem er, fast lautlos, erleichtert aufgeatmet hatte. Er hatte noch vor wenigen Augenblicken geglaubt, sie wäre für immer für ihn verloren und sie würde sich vor allem verschließen, was er ihr zu sagen versuchte, aber nun stand sie ihm direkt gegenüber und stellte ihm Fragen über das, was sie erlebt hatte.
Sie wollte es verstehen! Sie wollte ihm vertrauen!

David wartete, ob Dawn noch etwas fragen oder sagen würde, dann sprach er besorgt weiter. „Lass mich dich bitte zu einem Arzt bringen. Du bist die Treppe runtergefallen und könntest dir sonst was getan haben.“  Vorsichtig streckte er die Hand nach ihr aus, um ihr den Arm um die Schultern zu legen und sie zu stützen.
„Darf ich?“ fragte er, bevor er sie berührte. Statt zu antworten machte sie einen weiteren Schritt auf ihn zu und lehnte sich vollkommen erschöpft bei ihm an. David hielt sie überrascht so sanft und so schnell fest, wie er konnte und hielt sie so auf den Beinen.
„Ich bin so müde...“ murmelte Dawn. Das Adrenalin,


das durch die Flucht durch ihren Körper geströmt war und ihr die Kraft gegeben hatte, sich trotz der Schmerzen aufzurichten und zu fliehen, ließ nach und Dawn´ s Kräfte schwanden.
„Kannst du gehen, wenn ich dich stütze? Ich würde dich gern tragen, aber ich weiß nicht ob du dir irgendetwas gebrochen hast und das Letzte was ich will, ist, dir wehzutun.“
„Ich kann´ s versuchen.“ Antwortete Dawn an seiner Brust und hielt sich dann so an ihm fest, das er sie stützen konnte und sie sich nicht gegenseitig beim Gehen behindern konnten. Langsam setzte sich David mit Dawn in Bewegung.
„Versuch, nicht einzuschlafen. Unterhalte dich mit mir.“ Bat er Dawn.
Träge durchsuchte sie ihre Gedanken.
„Wo ist Elias?“ fragte sie schleppend.
„Er ist in der Nähe und passt auf, dass uns niemand folgt. Sobald wir das andere Viertel erreichen, kommt er zu uns.“ Sagte David, während er Dawn die Straße entlangführte.
„Wie weit ... müssen wir denn gehen?“ Dawn´ s Schmerzen wurden schlimmer, aber ihre Müdigkeit überwog. Am Liebsten wäre sie an Ort und Stelle eingeschlafen.
„Es dauert noch ein bisschen. Aber das nächste


Krankenhaus ist nicht sehr weit von hier entfernt. Siehst du die Straßenlaterne dort hinten? Bis dahin musst du noch durchhalten, dann können wir ein Taxi rufen und du kannst dich etwas ausruhen.“
Dawn kämpfte gegen die Erschöpfung an und zwang sich, die Augen offen zu halten und einen Schritt vor den anderen zu machen. Um durchzuhalten richtete sie ihren Blick auf das Licht der Straßenlaterne, die David meinte.

Nur noch bis dahin. dachte Dawn und ließ das Licht keinen Moment aus den Augen. Aber je stärker sie sich auf das Licht konzentrierte und versuchte, die Müdigkeit zurückzudrängen, desto schwerer wurden ihre Augenlider. Dawn hatte das Gefühl, es nicht zu schaffen.
„David...“ brachte sie müde hervor. „Ich muss kurz ausruhen. Bitte!“
David überlegte einen Bruchteil einer Sekunde und nickte dann. Als sie stehen blieben packte er sie noch ein wenig fester, damit die meiste Last ihres Körpers auf ihm lag und Dawn sich einen Moment erholen konnte. Er war darauf bedacht, sie nur so fest zu halten, dass sie ihm nicht aus den Armen glitt, damit er ihr nicht wehtat.
David wollte Dawn gerade daran erinnern, nicht einzuschlafen, als sie ihn unterbrach.


„Was passiert, wenn ich aus dem Krankenhaus raus bin? ... Wie geht es dann weiter?“
„Wir bringen dich nach Hause, damit du dich ausruhen kannst. Du hast heute ganz schön was durchgemacht. Sowas verkraftet man nicht so ohne weiteres. Auch wenn du deinen Stunt ruhig hättest weglassen können. Sagte David.
„Tut mir leid...“ nuschelte Dawn.
„Du brauchst dich doch nicht dafür zu entschuldigen, dass du – “
„Doch! Als du mir das von meiner Mutter erzählt hast, habe ich euch beide für verrückt gehalten. Ich kann immer noch nicht glauben, was du da gesagt hast ... das meine Mutter eine Vampirin gewesen sein soll. Es gibt keine Vampire! ...
Aber ich werde euch trotzdem zuhören. Ich will wissen, was damals mit meiner Mutter passiert ist.“

Erstaunt hatte David ihr zugehört. Nun zog er sie noch näher an sich. Doch nicht um sie besser stützen zu können, sondern um sie zu umarmen.
„Dummkopf! Dafür brauchst du dich doch nicht zu entschuldigen. Es war doch klar, dass du uns für verrückt halten würdest, wenn wir dir was von Vampiren erzählen. Es hätte mich eher gewundert, wenn du alles ganz locker hingenommen hättest.“ Erst als er geendet hatte wurde ihm bewusst, was er ganz


automatisch getan hatte und rückte schnell wieder ein Stück von ihr ab.
„Entschuldige.“
Dawn hatte die Umarmung über sich ergehen lassen und schüttelte nun den Kopf. „Dummkopf! Dafür brauchst du dich doch nicht zu entschuldigen.“ Zitierte sie ihn mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Dann atmete sie einmal tief ein und aus.
„Wollen wir weiter?“
David nickte und hielt sie wieder so, dass sie beide ohne Probleme gehen konnten. Dann machten sie sich wieder auf den Weg. Immer wieder musste Dawn gegen die bleierne Müdigkeit ankämpfen, doch je näher sie der Laterne kamen, desto einfacher fiel es ihr zu widerstehen. Das Licht half ihr, ihre Kräfte zu bündeln und durchzuhalten, bis sie direkt unter der Laterne angekommen waren.
Dort angekommen, setzte David Dawn vorsichtig auf den Boden. Mit dem Rücken lehnte sie sich zaghaft an das kalte Metall, um ihre Schmerzgrenze zu finden. Als sie sich ohne allzu große Schmerzen anlehnen konnte, legte sie den Kopf in den Nacken und stütze ihn so ebenfalls an der Laterne. Dann schloss sie die Augen und atmete tief durch.
David ließ sie einen Moment ausruhen, bevor er sie erneut daran erinnerte, nicht einzuschlafen.


„Halte noch etwas durch.“ sagte er, nachdem er vor ihr auf die Knie gegangen war, um mit ihr auf Augenhöhe zu sein. „Ein paar Meter die Straße runter ist eine Telefonzelle. Ich muss dich also kurz allein lassen, um das Taxi zu rufen. Aber Elias müsste gleich auftauchen. Wir haben das Viertel gerade verlassen. Du bist also in Sicherheit.“ sagte David und stand mit einer fließenden Bewegung auf. „Ich bin gleich zurück.“
Er wollte sich gerade abwenden, als er das Zuklappen eines Handys hörte.
„Nicht nötig. Das Taxi ist schon unterwegs.“ sagte Elias und kam aus der entgegengesetzten Richtung, aus der sie und David gerade gekommen waren. Als er sie fast erreicht hatte, warf er seinem Freund das Handy zu, der es mit einer sicheren Bewegung auffing.
„Ich sage dir doch immer wieder, wie praktisch so ein Handy doch sein kann, wenn´ s mal drauf ankommt.“ Elias grinste. „Vielleicht solltest du nochmal drüber nachdenken, ob du dir nicht doch eins zulegen solltest.“
David steckte Elias´ Handy in die Innentasche seiner Jacke.
„Ich denk drüber nach.“ gestand er ein. „Aber jetzt müssen wir Dawn erstmal hier wegbringen.“
David machte eine kurze Pause. „Hat uns irgendwer bemerkt?“ raunte er Elias zu, der mittlerweile neben ihm stand und Dawn kritisch beäugte.


„Nein, alles ruhig. Was mich aber echt wundert. Bei dem Lärm, den wir gemacht haben, hätte eigentlich das ganze Viertel vor der Tür stehen müssen.“
Elias ging vor Dawn in die Hocke und begutachtete weiter ihren Zustand, während David sich aufmerksam umsah.
„Wir sollten sie wirklich so schnell wie möglich ins Krankenhaus bringen.“ sagte Elias und stand auf. „Sie ist ganz schön blass und hat ziemliche Schmerzen.“
„Mir geht’ s gut!“ krächzte Dawn und sah Elias an. „Ich bin nur müde, das ist alles.“
„Ja, klar. Und ich bin der Kaiser von China.“ meinte Elias und rollte mit den Augen.
Dawn lachte leise und zuckte kurz darauf zusammen. Dann stöhnte sie und atmete vorsichtig ein und aus. „Okay, mit geht es nicht ganz so gut wie ich es gern hätte.“ gab sie zu.
„Siehst du, du kannst mir ruhig glauben. Ich weiß mindestens genauso gut wie du, ob du Schmerzen hast oder nicht.“
„Was?“ fragte Dawn verwirrt.
„Das erzählen wir dir später.“ unterbrach David die Unterhaltung und warf Elias einen warnenden Blick zu. Dawn war der Blick nicht entgangen, doch sie fragte gar nicht erst. Es würde ihr sowieso niemand antworten, bevor sie nicht von einem Arzt untersucht


worden war. Sie bezweifelte sogar, dass sie heute  überhaupt noch Antworten auf ihre Fragen bekommen würde. Stattdessen seufzte sie leise.

David sah sie mit fragendem Blick an, bevor er den Blick von ihr abwandte und die Straße hinabsah, die etwa alle 20 Meter von einer Laterne beleuchtet wurde.
Dawn drehte den Kopf in die Richtung, in die David sah und versuchte zu erkennen, was er gerade bemerkt hatte.
Anfangs sah sie nichts, außer der Straße, die von Häusern gesäumt war und die Laternen, die den schwarzen Umhang der Nacht in regelmäßigen Abständen aufrissen. Doch dann sah sie, wie zwei Lichter auf sie zukamen, nachdem sie um eine Ecke gebogen waren.
Das Taxi kam brummend und klappernd auf sie zu, ab und zu erhellt vom Schein einer Laterne, dann wieder ein schnaufendes und keuchendes Ungeheuer mit zwei altersschwachen Augen, das durch die Dunkelheit schlich.
Dawn zog ungläubig die Stirn kraus, David sah dem Taxi dabei zu, wie es immer näher an sie heran kroch und Elias behielt ihre Umgebung im Auge.
Als das Taxi nur noch einige Meter von ihnen entfernt war, half David Dawn dabei, aufzustehen. Vor Schmerz und Erschöpfung stöhnte sie beim Aufstehen und


stützte sich dann wieder bei David ab.
Während die Beiden zum Taxi gingen, hatte Elias bereits eine der hinteren Türen geöffnet und war nun dabei, für sich selbst die Beifahrertür zu öffnen und dem Taxifahrer Anweisungen zu geben.

Vorsichtig setzte David Dawn in den Wagen und stieg dann selbst ein, die Türen wurden geschlossen und der Fahrer trat aufs Gas.
Dass dieses Auto noch so schnell fahren konnte, hätte Dawn dem Wagen nicht zugetraut.
„Wow.“ machte sie erstaunt, als sie mit einem kräftigen Ruck losfuhren. Elias hatte dem Fahrer sicher ein ordentliches Trinkgeld versprochen, wenn er sie schnell zum nächsten Krankenhaus brachte.
Sie kamen zügig voran, doch die Geschwindigkeit hatte auch ihren Preis: der Lärm war gewaltig.
Aber selbst dem konnte Dawn im Moment etwas gutes abgewinnen: es vertrieb ihre Müdigkeit. Sie konnte sich also vollkommen darauf konzentrieren, ihre Schmerzen zu unterdrücken, wenn sie durch eins der zahlreichen Schlaglöcher fuhren.
Und Dawn brachte keinen Ton hervor. Egal wie stark die Schmerzen im Moment auch waren, je schneller sie fuhren, desto eher kam sie aus diesem Taxi raus. Es war ihr irgendwie nicht geheuer.
Es dauerte nicht lange, da bremste der Fahrer das


Ungetüm ab und als Dawn aus dem nicht ganz sauberen Fenster sah, fuhren sie gerade auf den Parkplatz eines Krankenhauses. Den Namen konnte sie nirgendwo sehen. Er war wohl nur an der Seite des Gebäudes angebracht, die von der Hauptstraße aus zu sehen war, obwohl sich hier der Eingang befand. Sie kamen mit dem Taxi von einer der zahlreichen Seitenstraßen.
Das Taxi hielt direkt vor dem Haupteingang und während Dawn – mit David als Stütze – aus dem Wagen kletterte, bezahlte Elias ihre Fahrt und ging dann voraus Richtung Eingang und hielt ihnen die Tür auf.

Das erste, was Dawn auffiel als sie das Krankenhaus betraten, waren die wohlige Wärme und der typische Geruch nach Desinfektionsmittel. Den Geruch fand sie zwar nicht angenehm, aber er vermittelte ihr das Gefühl von Normalität.
David führte Dawn zu einem der vielen Stühle, die im Wartebereich des Eingangs standen und bat sie, sich zu setzen und sich etwas auszuruhen, während er sie anmeldete. Sie tat dankbar, wie ihr geheißen und war gerade dabei, sich zu setzen, als ihr etwas auffiel.
„Wo ist Elias? Er war doch eben noch da.“ fragte sie schon das zweite Mal in dieser Nacht und sah sich um. Außer dem Empfangstresen mit einer viel zu dicken 


Krankenschwester dahinter, vielen Stühlen und einem großen Regal mit vielen Ordnern und Schubladen war nichts zu sehen.
„Er wartet draußen. Er... mag Krankenhäuser nicht besonders.“
Die Art, wie David antwortete, ließ Dawn einen Moment verwirrt dreinblicken. Doch David ließ ihr keine Zeit, um Fragen zu stellen, sondern drehte sich um und ging zum Empfang.
Dawn sah ihm noch einen Moment hinterher und überlegte, ob sie ihn zurückrufen solle, entschied sich dann aber dagegen. Stattdessen lehnte sie sich etwas zu schwungvoll in den Stuhl zurück und sog mit vor Schmerz verzogenem Gesicht die Luft ein. Sogleich lag eine ihrer Hände wieder auf ihren Rippen und nachdem sie kurz die Luft angehalten hatte, atmete sie langsam wieder aus. Die Augen hatte Dawn geschlossen, um den Schmerz besser ausblenden zu können.
Umso mehr erschrak sie, als plötzlich direkt vor ihr eine Stimme zu hören war und sie ihre Augen aufriss.
Vor Dawn saß ein Mann auf dem Boden und starrte sie an. Er hatte die Beine an den Körper gezogen, die Arme darum geschlungen und seinen Kopf hatte er auf die Knie gestützt. Er wippte leicht vor und zurück, während er Dawn anstarrte. Doch er starrte nicht leer, verhasst oder gar fanatisch, sondern viel mehr


aufmerksam.
Er ließ sie nicht aus den Augen – er schien nicht einmal zu blinzeln – und saß einfach nur vor ihr.
Dawn sah sich nach rechts und links um. Vielleicht war er aus seinem Zimmer getürmt und jemand suchte bereits nach ihm. Aber außer dem Mann, David, der Krankenschwester und ihr selbst war niemand in der Halle. Sie hörte auch niemanden rufen, nichts schien darauf hinzudeuten, dass der Mann gesucht wurde. Eine ganz normale Krankenhausnacht.
Widerwillig und neugierig zugleich sah sie ihn wieder an. Seine braunen Haare reichten ihm bis zu den Schultern und hingen ihm teilweise im Gesicht, doch das schien ihn nicht zu stören. Er trug alte Krankenhauskleidung, die schon grau vom vielen waschen war, aber sauber schien. Es war auch nicht so, dass der Mann stank oder dreckig aussah, aber er machte auf Dawn irgendwie einen schäbigen,, fast schon verwahrlosten Eindruck. Das lag wahrscheinlich an seinen nackten Füßen, denn er trug weder Strümpfe noch Schuhe.
Und dieser Blick!
Der aufmerksame Blick dieses Mannes, dem keiner ihrer noch so kleinen Bewegungen entging, machte sie unruhig und je länger er vor ihr saß, desto mulmiger wurde Dawn. Sie überlegte, ob sie eine Schwester


rufen sollte oder noch besser David, aber als sie sich gerade umsah und rufen wollte, begann der Mann wieder zu sprechen. Er sprach noch immer so leise wie zuvor, aber jetzt war Dawn in der Lage zu verstehen, was er sagte. Während sie beim ersten Mal nur ein seltsames Gemurmel hatte hören können, verstand sie nun jedes einzelne Wort, das er von sich gab.
„Blut.“ murmelte er, während er sie unablässig anstarrte.
„Blut.“ Seine Stimme schien aufgebrachter zu werden, je öfter er dieses Wort aussprach.
„Blut!“ Noch immer sprach er sehr leise, aber Dawn war sich sicher, dass er das Wort auf eine ihr unbekannten Weise eher geschrien als geflüstert hatte.
Ängstlich war Dawn etwas zusammengezuckt und starrte nun ihrerseits den Mann an.
„Was?“ fragte sie ängstlich, aber genauso leise wie der Unbekannte.
Was sollte das? Was wollte er von ihr? Und wieso sprach er von Blut?
„Du riechst nach Blut. Und er auch.“ Kurz husche sein Blick zu David, der noch immer an der Anmeldung stand und mit der übergewichtigen Krankenschwester redete. Dann saugte sich der Blick seiner dunkelbraunen Augen wieder an Dawn fest. Sie war seinem Blick gefolgt und sah immer noch zu David.


Der Mann wartete nicht, bis sie ihn wieder ansah, sondern sprach einfach weiter.
„An euren Händen klebt Blut. Das Blut vieler Familien und Personen, die mit euch in Verbindung standen. Sie mussten euretwegen sterben! Meine Familie ist tot. Es ist alles eure Schuld!“
Der letzte Satz kam sehr gepresst über seine Lippen und er hatte aufgehört zu wippen. Die Erinnerung an den Tod seiner Familie schien ihm noch immer sehr zuzusetzen, auch wenn Dawn nicht wusste, wie lange dieses Ereignis bereits zurücklag.
Das Licht begann zu flackern, aber Dawn bemerkte es gar nicht. Sie war von dem Blick des Mannes förmlich gefangen. Sie konnte nichts anderes sehen, als sein Gesicht und war unfähig, auch nur zu Blinzeln.
Seine Stimme war hypnotisierend. Dawn war von ihr gefesselt und sie saß da wie die Maus vor der Schlange. Sie wollte vor Angst aufschreien, um Hilfe rufen und vor dem Mann fliehen, aber sie war wie versteinert. Der Mann hatte ihren Körper unter Kontrolle und sie konnte sich nicht dagegen wehren.
Doch plötzlich veränderte sich sein Blick.
Er sah sie nicht mehr hasserfüllt und anklagend an, sondern viel mehr traurig und am Boden zerstört. Das Flackern der Lampen hatte aufgehört, aber nun wurde das Licht immer heller.


Seit das Licht zu Flackern begonnen hatte, waren nur wenige Sekunden vergangen.
David hatte sich, nachdem er es bemerkt hatte, sofort zu Dawn gewandt. Sie saß zitternd und mit Angst erfüllten Augen auf dem Stuhl und starrte auf einen Punkt vor sich am Boden.
Das Licht war bereits heller geworden, als David auf Dawn zugeeilt war und sich neben sie hockte. Er beobachtete sie, wagte aber nicht, sie zu berühren. Stattdessen sah er immer wieder zu ihr und dem Punkt, den sie anstarrte.
„Es tut mir so leid... ich konnte ihn nicht retten. Sie haben ihn aufgespürt und uns alle einfach umgebracht...! Ich konnte ihm nicht helfen. Es war alles sinnlos, es tut mir leid.“ Er flehte Dawn regelrecht an, saß aber immer noch auf dem Boden.
Der Mann hatte nun seine Stirn auf seine Knie gedrückt und begann wieder zu wippen. Es klang, als ob er weinen würde, doch als er den Kopf hob und Dawn ansah, waren seine Augen trocken.
Obwohl er den Blick für einen Moment abgewandt hatte und kurz schwieg, stand Dawn noch immer unter seinem Bann. Sie spürte jedoch, wie diese Fesseln sich fester zogen, als er sie wieder ansah und weitersprach.
„Es tut mir so unendlich leid, kleine Dawn. Ich hätte ihn


beschützen müssen. Um euretwillen hätte ich ihn von denen retten müssen. Ich habe versagt. Es tut mir so leid!“ bettelte er wieder. Als er den letzten Satz ausgesprochen hatte, wurde es plötzlich dunkel und Dawn war schlagartig von ihren unsichtbaren Fesseln befreit.
Die Angst war noch immer da, wurde jedoch vorerst von der Verwirrung überschattet, die sich nun auf sie legte.
„Was war das?“ sprach sie leise ihre Gedanken aus und versuchte irgendetwas in der Dunkelheit zu erkennen.
Dawn konnte hören, sie jemand neben ihr erleichtert aufatmete.

Erschrocken versuchte sie ein Stück von dem Geräusch wegzurutschen. „Bist DU es wieder?“ Dawn klang ängstlich, als sie das fragte.
„Nein, ich bin es, David. Aber wen meinst du sonst? Hast du jemanden gesehen oder gehört, der dir etwas antun wollte? Wie in der Gasse?“ David schien aufgebracht zu sein. Als ob ihm ein schwerer Fehler unterlaufen war.
„Nein, nicht SO. Ich meine, da war etwas. Jemand. Er -“ Sie brach ab und sah sich verwirrt um, als das Licht im Empfangsraum wieder anging. Es war der letzte Raum gewesen, der bis dahin noch dunkel gewesen


war. Alle anderen für Patienten lebenswichtigen Räume und Geräte hatten nur einen Stromausfall von wenigen Sekunden gehabt.
Dawn wollte David gerade weitererzählen, was sie eben gesehen hatte, als die übergewichtige Krankenschwester vom Empfang eilig auf sie zu gewatschelt kam.
„Ist bei Ihnen alles in Ordnung? Es war nur ein kleiner Stromausfall, also kein Grund zur Sorge. Wir haben wieder alles unter Kontrolle.“ versuchte sie zu beruhigen, war aber selbst noch ziemlich durcheinander.
„Uns ist nichts passiert, danke.“ antwortete David.
Die Krankenschwester hatte sie beide genau gemustert, während zuerst sie und dann David gesprochen hatte.
„Sie sehen nicht gut aus, Kindchen. Ist nicht doch etwas passiert? Sie sind so blass, als hätten Sie einen Geist gesehen.“ Es war nur eine Redensart, aber bei dem Wort „Geist“ zuckte Dawn´ s Blick zu der Schwester hoch. Sie sah zuerst sie an, dann blickte sie auf die Stelle, wo eben noch der Mann gesessen hatte. Ein kalter Schauer lief über den Rücken.
„Dawn? Geht es dir gut?“ fragte David besorgt und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Sie sah ihn nicht an, sondern starrte einen Moment auf die Stelle am


Boden und dachte nach. Dann erst sah sie David an und nickte langsam. Er wusste allerdings nicht, dass es keine Antwort auf seine Frage gewesen war.
Ihr Nicken war die Antwort auf die Frage der Krankenschwester.
Es war etwas passiert: Dawn´ s Begegnung mit einem Geist.

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Über den Autor

Giulia
Ich denke, als Erstes sollte ich etwas zu meinen Werken sagen: das, was ich veröffentliche, sind Geschichten und Gedichte aus verschiedenen Abschnitten meines Lebens. Sie sind mal traurig, mal fröhlich, vielleicht auch mal nachdenklich oder unverständlich. Und da ich auch Einiges hochlade, was ich vor langer Zeit geschrieben habe - damals war ich ziemlich pessimistisch, etc. - will ich an dieser Stelle sagen: jeder hat zwar mal seine schlechten Tage, aber die eindeutig meiste Zeit meines Lebens bin ich ein lebensfroher und fröhlicher Mensch geworden. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass ich meine Gefühle aufgeschrieben und so überwunden habe oder ob ich mich einfach nur verändert habe und stärker geworden bin. Aber egal was es war, es hat mich auf jeden Fall zum Positiven verändert :)Was es noch zu sagen gibt und was vielleicht auch den ein oder anderen interessieren könnte: ich denke, ich werde hier nicht nur Gedichte und Fantasy-Geschichten veröffentlichen, sondern auch Fanfictions, die ich im Moment öfter schreibe (wenn ich denn zum Schreiben komme - seit ich meine Ausbildung angefangen habe, habe ich eigentlich kaum Zeit, um zu schreiben...). Wenn jemand mehr über mich wissen möchte, kann man mich auch gern anschreiben - ich beiße nicht ;)

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Strigoia Re: Re: - Kein Problem ;)

ich habe es so auch gerne gelesen. Nur wenn ich dir sage, was mich und vielleicht auch andere Leser irritiert, hilft es dir vielleicht ;)
Ich schreibe auch immer erst und überarbeite es dann (wenn überhaupt) meist nach dem hochladen :D

Lg
Strigoia
Vor langer Zeit - Antworten
Giulia Re: - Freut mich, dass es dir gefällt :3
Ja, das mit der Mutter ist auch etwas komplizierter, aber ich hab es vorerst auch absichtlich so nebulös gehalten - das klärt sich aber alles noch auf ;) Wenn es so weit ist, gebe ich mir dann auch ganz viel Mühe, dass ich es gut und verständlich erkläre :3
Ja, ich muss noch ziemlich an dem Ganzen feilen... aber bisher hab ich auch nicht viel korrigiert. Im Grunde ist das, was bisher schwarz auf weiß da steht, das, was ich einfach niedergeschrieben habe. Natürlich hab ich darüber nachgedacht, was ich wie schreibe, aber der Feinschliff fehlt halt noch ^^" Bisher konzentriere ich mich allerdings hauptsächlich darauf, dass die Geschichte weitergeht. Und wenn ich mal wieder eine Blockade habe, bastle ich ein bisschen dran rum und versuche Fehler, etc. zu korrigieren.
Trotzdem schonmal Danke für dein Feedback. Hoffentlich kriege ich es später etwas besser hin, den Ernst rüberzubringen, den du noch vermisst :) Allerdings fürchte ich, dass es erstmal eher schlimmer als besser wird - es passiert noch einiges, bevor es Erklärungen und Ernsthaftigkeit gibt, tut mir leid ;)

Liebe Grüße :3
Vor langer Zeit - Antworten
Strigoia Ich mag deine Geschichte wirklich sehr, allerdings irritierte mich das ganze mit der Mutter.
Ich weiß nicht genau, aber ich finde der Ernst dabei kommt nicht wirklich rüber.
Deine Wortwahl ist übrigens wundervoll^^

Lg
Strigoia
Vor langer Zeit - Antworten
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