Beschreibung
Konkurrenz belebt das Geschäft, das ist Rays Motto. Sein verbrecherischer Geschäftsführer war da wohl anderer Meinung! Also muss Ray nun bei der jungen Frau, die sich selber als Zirkusprinzesssin bezeichnet,zu Kreuze kriechen. Kann er vielleicht auch wieder gut machen, was ihr angetan wurde? Oder hatte sie eigentlich von vornherein nie die Absicht, seßhaft zu werden?!
Â
Es dauerte lange, bis sie sich diesmal daraus lösten. Stumm gingen sie Hand in Hand zum Ausgang, den Cassie wieder sorgfältig verschloss. Dann standen sie voreinander und Ray war ungewohnt ratlos, was er als nächstes tun sollte.
Â
Dafür ergriff Cassie nun die Initiative. Sie trat noch einmal einen Schritt vor, legte ihre Hand auf seine Wange und sagte „Gute Nacht, Ray!” Dann gab sie ihm noch einen flüchtigen kleinen Kuss und ging zu ihrem Trailer, ohne sich einmal um zu drehen.
Â
Ray dagegen stand noch einige Zeit wie angewurzelt auf der gleichen Stelle. Als Cassie im Wohnwagen verschwunden war, ballte er für einen Moment die Fäuste und legte den Kopf mit geschlossenen Augen in den Nacken.
Â
Was war denn das jetzt gewesen? Hatten diese Küsse nun etwas zu bedeuten oder nicht? Beziehungsweise, hatten sie Cassie etwas bedeutet? Denn ihm selber war nun endgültig klar, dass er sich in sie verliebt hatte. Auch wenn er keine Ahnung hatte, wo das nicht hinführen sollte!!
Â
Ähnliche Gedanken hegte auch Cassie, als sie sich in dieser Nacht in ihrem Bett wälzte. Ganz klar, ihr Herz schlug für Ray, sehr sogar, und dass sie ihm nicht gleichgültig war, lag wohl auf der Hand.
Â
Aber nun war eines ihrer bisherigen Probleme erschreckend konkret geworden. In einer romantischen Liebesgeschichte würden die Protagonisten einfach alle Bedenken über Bord werfen und eine Beziehung gegen alle Widerstände beginnen.
Â
Aber so einfach war es leider nicht. Nicht für Cassie. Auch wenn sie sich selber eine Zirkusprinzessin nannte (oder schimpfte, je nachdem), ihr Leben war kein Märchen, leider nicht... Was also sollte sie tun? Wie morgen Ray gegenüber treten?
Â
Ein bisschen musste sie lächeln bei dem Einfall, dass diese Überlegungen wohl auch Ray im Moment plagten. Mit diesem letzten Gedanken schlief sie ein und verfiel in einen tiefen Schlaf mit überraschend angenehmen Träumen.
Â
Aus diesem Schlaf schreckte sie am nächsten Morgen etwas später als gewohnt auf. Ihr erster Gang führte sie zum Fenster, von dem aus sie den Strand nach Ray absuchte. Wäre er da, würde auch sie zum Schwimmen gehen, denn Kneifen gehörte nicht zu ihren Schwächen. Doch der Strand lag verlassen da, deswegen verzichtete auch sie auf die morgendliche Sportstunde.
Â
Für den heutigen Dienst zog sie sich dann besonders sorgfältig und korrekt an. Das vermittelte ihr eine äußere Sicherheit, die sie innerlich heute nicht wirklich spürte. Nervös kam sie am Sunset an. Was sollte sie tun, wenn sie auf Ray treffen würde? Wie sollte sie sich verhalten, doch viel wichtiger: Wie würde ER sich verhalten?
Â
Â
Doch die Nervosität schien vorerst umsonst zu sein, denn Ray war gar nicht da. Bei der Tagesbesprechung mit dem Personal zuckte Pedro auf ihre Nachfrage hin die Achseln. „Wir wissen es auch nicht so genau, Miss Cassie. Mr. Lornton erhielt einen Anruf, nach dem er ziemlich aufgebracht aus dem Büro stürmte. Er sagte mir, dass Sie heute die komplette Leitung hätten, kurz darauf fuhr er weg und ist seitdem nicht wieder gekommen.”
Â
Cassie runzelte die Stirn. Ein Anruf, nach dem Ray nervös aufgebrochen war? Was stand ihnen denn nun wieder ins Haus?!
Â
„Also gut”, sagte sie und klatschte in die Hände, „dann sollten wir uns aber trotzdem auf das Mittagsgeschäft vorbereiten. Heute ist vielleicht eines der letzten richtig warmen Wochenenden im Jahr, das Lokal ist fast ausgebucht und es werden zahlreiche Ausflügler kommen. Macht euch also bitte auf einen richtigen Großkampftag gefasst, der sich morgen noch einmal wiederholen wird. Aber macht euch keine Sorgen, ihr seid großartig und es ist kein Weltuntergang, wenn heute im Trubel was daneben geht. Hauptsache, ihr bleibt immer höflich und vor allem freundlich dabei!”
Â
Die Leute nickten und machten sich an die Arbeit. Cassie überprüfte noch einmal die Reservierungen für heute und arrangierte die Tischeinteilung. Es handelte sich in erster Linie um die üblichen Reservierungen für Paare, manchmal für Vier, nur Einer war für eine etwas größere Gruppe reserviert. Vielleicht etwas ungewöhnlich für die Mittagszeit, denn Geburtstagsfeiern, welche Cassie dahinter vermutete, fanden normal eher am Abend statt. Zur Vorsicht gab sie in der Küche Bescheid, einen klassischen Geburtstagskuchen in petto zu halten.
Â
Pünktlich gegen 12 Uhr begann der heutige Ansturm. Als Maître begrüßte Cassie die Ankommenden und führte sie zu den Tischen. Ums Servieren musste sie sich heute nicht kümmern.
Â
Von Ray fehlte noch immer jede Spur und sie spielte schon mit dem Gedanken, ihn auf dem Handy an zu rufen, verwarf den Gedanken aber wieder. So, wie sie ihn kennen gelernt hatte, lag sicher ein triftiger Grund vor.
Â
Oder hatte er der Begegnung mit ihr entfliehen wollen?!? War ihm die Szene gestern im Nachhinein so unangenehm, dass er vermeiden wollte, sie heute zu treffen? Daran, wie sehr ihr diese mögliche Wahrheit plötzlich weh tat, spürte sie, wie tief sie eigentlich schon drin hing.