Romane & Erzählungen
Engel auf Bewährung (3) - Wohin mit Abby?

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"Engel auf Bewährung (3) - Wohin mit Abby?"
Veröffentlicht am 26. Mai 2012, 12 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Über den Autor:

Ich denke gern über das Leben nach, manchmal starre ich einfach eine halbe Stunde ins Leere und bin dann wieder etwas schlauer. Ich mag respektvolle und tolerante Menschen und versuche auch selbst, tolerant zu sein. Ich rufe laut, wenn mir etwas gefällt, und sage meist gar nichts, wenn mir etwas nicht gefällt. Ich bin alles in allem ein Streiter für die gute Sache. Aber sollte es auf der dunklen Seite tatsächlich Kekse geben, betrachtet mich als ...
Engel auf Bewährung (3) - Wohin mit Abby?

Engel auf Bewährung (3) - Wohin mit Abby?

Beschreibung

Abby wurde eigentlich schon als Engel geboren, aber durch unglückliche Umstände beging sie einen fürchterlichen Fehler. Zur Strafe diente sie jahrhundertelang im Vorzimmer zur Hölle, bis der Rat der Engel einen Entschluss fasst: Abby soll als Schutzengel auf die Erde geschickt werden, um dem jungen Finn das Leben zu erleichtern und sich somit ihren Platz im Himmel wieder zu verdienen. Allerdings bringt Abby Finns Leben gehörig durcheinander, der sich von nun an mit allen möglichen Peinlichkeiten, Kleinkriegen zwischen Himmel und Hölle und Abbys eifersüchtigem Verlobten herumschlagen muss.

Sie hatten sich an den Küchentisch gesetzt. Finn hatte Rebecca auf dem Schoß und gemeinsam starrten sie Abby an, die sich absolut unbehaglich fühlte und sich gerne unsichtbar gemacht hätte. Sicher, sie hatte erwartet, dass er überrascht sein würde, aber ihr Kennen lernen war auch sehr unglücklich verlaufen. Seine Stirn war rot und geschwollen, und man konnte deutlich die Abdrücke der Fensterbank erkennen. Seine Augen schrieen immer noch „Wer um Himmels Willen bist du?“, aber er schwieg. Sicher versuchte er sich damit abzufinden, dass man ihm einen Engel auf den Kopf geworfen hatte. Um die Beiden nicht ansehen zu müssen, verschaffte sich Abby einen Ãœberblick über die Kücheneinrichtung. Sie wusste eigentlich hervorragend über die Dinge Bescheid, die heute modern waren und in den Menschenhaushalten benutzt worden. Bevor man sie ausgesendet hatte, hatte man ihr möglichst alles Wissenswerte eingetrichtert, denn als Abby die Welt das letzte Mal gesehen hatte, war die Entwicklung der ersten chinesischen Rakete eine fantastische Erfindung und nicht Dinge wie MP3-Player, Kaffeevollautomaten und Playstations. Sie versuchte, ihr neu erworbenes Wissen anzuwenden: Es gab einen Kühlschrank, einen weißen Herd, eine Mikrowelle, ein Gerät, dass irgendwie Essen erwärmen sollte, wenn man es hineinlegte, und eine winzige Kaffeemaschine. Den Rest kannte sie: Ein Tisch, vier Stühle und mehrere schmale Schränke, in denen wahrscheinlich andere geheimnisvolle Gerätschaften aufbewahrt wurden. Abbys Blick glitt nochmals zur Mikrowelle. Wie sollte das denn gehen? Da war doch gar kein Feuer drin! „Engel, hast du Hunger?“ fragte Rebecca und sah sie mit unschuldigen Kinderaugen an. Abby lächelte. Das kleine Mädchen war wirklich niedlich, hatte dunkelblonde Löckchen und hellgrüne Augen. Sie wirkte selbst wie ein kleiner Engel. Schnell sprang Rebecca vom Schoß ihres Bruders herunter und versuchte, eine der unteren Schranktüren zu öffnen. Finn nutzte die Gelegenheit, beugte sich zu Abby herüber, und flüsterte ihr zu: „Ganz egal, aus welchem Irrenhaus du entlaufen bist und ob dir Federn aus dem Rücken wachsen, du kannst hier nicht bleiben!“ Abby war ihm nicht böse. Er hatte sich heute schon zweimal den Kopf angeschlagen, war weiß wie eine Wand und sollte auch noch glauben, dass das seltsame Mädchen ein von Gott gesandter Engel war. „Ich belüge dich nicht, und du hast dir nichts eingebildet. Ich bin ein Engel, und tief in dir weißt du, dass es war ist“, sagte sie leise. Sie bekam keine Antwort. Währenddessen hatte Rebecca ein paar Bananen aus einem der Schränke gezerrt, war damit zu Abby gelaufen und wollte jetzt unbedingt auf ihrem Schoß sitzen. Bereitwillig hob sie die Kleine auf ihre Knie und ließ sich geduldig mit Bananen füttern. Rebecca brach riesige Stücke ab und stopfte sie in Abbys Mund, sodass sie kaum noch Luft bekam, aber sie aß alles auf, und das Kind strahlte mit der Novembersonne um die Wette. „Wie heißt du?“ fragte sie erstmals. „Abby. Und wie soll ich dich nennen?“ „Finn sagt Becky“, plapperte das Mädchen fröhlich. „Du darfst auch Becky sagen!“ Als Becky versuchte, noch mehr Bananen aus dem Schrank zu holen, ging Finn dazwischen. „Becky, nimm dir eine Banane und iss sie im Wohnzimmer. Wir kommen gleich nach.“ Gehorsam ging sie mit der Banane zur Tür. „Wohnt Abby jetzt bei uns?“ fragte sie mit Hundeaugen. Als Finn „Ja“ sagte, glaubte Abby ihren Ohren nicht zu trauen.

 

Nachdem die Tür hinter Rebecca ins Schloss gefallen war, traute sich Abby wieder, in normaler Lautstärke zu sprechen. „Ich darf…wirklich hier bleiben?“ fragte sie hoffnungsvoll und Finn nickte zögernd. „Das heißt…du glaubst mir?“ Einen Moment lang sah er sie nur stumm an. Dann seufzte er tief. „Was bleibt mir denn anderes übrig? Aber du musst mir das alles mal ein bisschen genauer erklären.“ Abby nickte eifrig. Solange er sie nicht wegschickte, wollte sie ihm gerne alles erzählen, was sie wusste. „Aber nicht jetzt!“ sagte er, stand auf und ging nachdenklich in der Küche auf und ab. „Das Problem ist, dass ich keine Ahnung habe, was ich meinem Vater sagen soll. Ich kann dich ja schlecht irgendwo verstecken. Auch wenn er fast immer arbeitet, einen neuen Mitbewohner würde er doch noch bemerken.“ Bildete sie es sich nur ein, oder hatte seine Stimme einen bitteren Klang bekommen, als er über seinen Vater gesprochen hatte? „Und deine Mutter, arbeitet sie auch?“ Traurig sah er sie an. „Nein. Sie ist vor zwei Jahren gestorben.“ Entsetzt sah Abby ihn an. Wie traurig! Das musste furchtbar für ihn gewesen sein, und sie hatte ihn wieder daran erinnert! Ich bin wirklich zu nichts zu gebrauchen, dachte sie beschämt. „Es tut mir leid“, murmelte sie und sah zu Boden. „Ist schon in Ordnung. Ich muss ohnehin jeden Tag an sie denken.“ Das konnte Abby verstehen, wenn er wüsste, wie gut sie das verstehen konnte! Aber sie sagte es ihm nicht. Etwas anderes beschäftigte sie viel mehr. „Du gehst doch sicherlich in so eine Schule, oder? Was macht Becky denn währenddessen?“ „Die ist bis zum Nachmittag im Kindergarten, und danach passt die Nachbarin auf sie auf. Becky mag sie zwar nicht besonders, aber ich kann sie nicht allein lassen. Frau Niedermeier kocht und räumt auf, und sie versucht, Rebecca zu beschäftigen. Sie nimmt den geringsten Stundenlohn, und das ist schon zu viel.“ Niedergeschlagen setzte er sich wieder hin. „Wenn ich aus der Schule komme, spiele ich mit ihr. Mein Vater kommt meistens erst spät in der Nacht nach Hause. Wir haben ihn beide schon lange nicht mehr zu Gesicht bekommen.“ So langsam verstand Abby, warum man sie zu Finn geschickt hatte. Er tat ihr leid. Er war jung, er sollte nicht so viel Verantwortung tragen müssen. Plötzlich hörten sie, wie jemand die Haustür aufschloss und hustend eintrat. Finn sprang erschrocken auf. Aus dem Flur hörte man Rebeccas Freudenschrei, als sie ihren Vater begrüßte. Ängstlich sah Abby zu Finn. Was sollten sie ihm denn jetzt erzählen? Ruhig bleiben, befahl sie sich selbst, und auf einmal hatte sie eine Idee. „Finn, wie heißt du mit Nachnamen?“ fragte sie und versuchte, ihre Stimme fest klingen zu lassen. „Rabold, wieso?“ Wortlos ging Abby in den Flur, um sich Finns Vater zu stellen.

 

„Guten Tag, Herr Rabold!“ begann sie und streckte ihm die Hand hin. Er sah müde aus und blass, hatte dunkle Augenringe und wirkte abgemagert. Er schien ein Stück unter dem Gewicht Rebeccas zusammenzusacken, die er auf dem Arm trug und die sich an ihn klammerte. „Wer sind Sie denn?“ fragte er leise, während er ihre Hand leicht drückte. „Ich bin eine Teilnehmerin des Projektes „Engel im Alltag“. Mein Name ist Abigail…ähm…Faber. Ich bin gekommen, um mich als Betreuung für ihre Tochter Rebecca anzubieten. Kostenfrei, versteht sich, und rund um die Uhr.“ Abby hatte in einem Prospekt, das sie einem Serienkiller im Höllenvorzimmer abgenommen hatte, von solchen sozialen Projekten gelesen, wo Menschen anderen Menschen helfen. Es schien ihr eine tolle Sache zu sein. Sie hoffte nur, dass man ihr diese Lüge verzeihen würde, wo es doch um das Wohl ihres Schützlings ging. Inzwischen war auch Finn hinter ihr aufgetaucht. „Ich habe schon zugesagt, Vater. Sie schläft in der Waschküche. Es sei denn, du hast etwas dagegen, dass wir Frau Niedermaiers Lohn sparen.“ Er spielte sehr gut mit, als wäre alles so abgesprochen. Als sich Abby kurz umdrehte, zwinkerte er ihr anerkennend zu. Freude machte sich in ihr breit, aber noch hatte Herr Rabold nicht ja gesagt. Es schien ihn aber auch nicht im Geringsten zu interessieren. Er setzte Becky ab, die sofort begriffen hatte, worum es ging. „Bitte Papa!“ rief sie bettelnd. „Ich will das Abby hier bleibt!“ Herr Rabold nickte kurz. „Wenn du es möchtest, Schatz…Und wenn Finn alles überprüft hat, ist es sicher in Ordnung. Willkommen also. Entschuldigen Sie mich bitte, Miss Faber. Gute Nacht und vielen Dank.“ Finns Vater schleppte sich die Treppe hinauf und Rebecca ließ sich von Abby herumwirbeln. Sie lachten beide ausgelassen, aber als Abbys Blick auf Finn fiel, legte sich ein Schatten über ihre gute Laune. Finn starrte auf die Treppe, die sein Vater sich gerade hinaufgequält hatte. Aus seinem Blick sprach Verachtung…aber auch Angst und Fassungslosigkeit. Er konnte nicht fassen, was aus seinem Vater geworden war. Abby legte ihm die Hand auf die Schulter. „Was willst du essen? Ich koche, was du möchtest“, sagte sie schüchtern, weil sie nicht wusste, wie sie ihm im Moment eine Freude machen sollte. Dankbar sah er sie an. „Spaghetti!“ rief Becky begeistert. Fragend sah Abby ihn an. Er nickte lächelnd. „Spaghetti“, sagte er.

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Hörbuch

Über den Autor

Luciana
Ich denke gern über das Leben nach, manchmal starre ich einfach eine halbe Stunde ins Leere und bin dann wieder etwas schlauer. Ich mag respektvolle und tolerante Menschen und versuche auch selbst, tolerant zu sein. Ich rufe laut, wenn mir etwas gefällt, und sage meist gar nichts, wenn mir etwas nicht gefällt. Ich bin alles in allem ein Streiter für die gute Sache. Aber sollte es auf der dunklen Seite tatsächlich Kekse geben, betrachtet mich als abgeworben.

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Luciana Re: -
Zitat: (Original von HollywoodAkuma am 05.07.2012 - 13:22 Uhr) Schön, dass der Engel jetzt ein vorübergehendes Heim gefunden hat ;P
Hoffe, dass es bald weitergehen wird ;)

Liebe Grüße
HollywoodAkuma


Ich bin mittendrin ;D
Danke für deinen Kommentar.
Liebe Grüße von Luciana
Vor langer Zeit - Antworten
HollywoodAkuma Schön, dass der Engel jetzt ein vorübergehendes Heim gefunden hat ;P
Hoffe, dass es bald weitergehen wird ;)

Liebe Grüße
HollywoodAkuma
Vor langer Zeit - Antworten
Luciana Re: einfühlsam erzählt -
Zitat: (Original von Darkjuls am 26.05.2012 - 13:28 Uhr) Liebe Luciana,

Dein Schreibstil ist ganz bezaubernd. Die Geschichte lebt vom Gefühl, das gefällt mir sehr. Du erweckst die Personen zum Leben durch die Art der liebevolle detaillierte Darstellung der Szenen. Abby ist wirklich ein Engel, in ihrem Wesen aufrichtig, zurückhaltend und verständnisvoll. Ich werde auch die vorherigen Teile der Story gern lesen und freue mich auf die Fortsetzung.
GLG von mir


Das freut mich und vielen Dank =)
GLG zurück an dich von Lucy
Vor langer Zeit - Antworten
Luciana Re: -
Zitat: (Original von Teykna am 26.05.2012 - 10:40 Uhr) Irgendwie traurig.. :(
Diese Becky ist wirklich honigsüß! ;D Ein kleiner Engel °.°
Mir gefällt es wie du schreibst, denn für mich ist es leicht zu verstehen. Ich.. kann irgendwie mitfühlen, mit Finn, und es ist einfach traurig :I
Wieder ein schöner Teil - Danke.


Ja, manche haben es schon schlecht, und wenn was Schlimmes kommt, dann auch alles auf einmal. Ich danke dir, dass du immer weiter liest, das finde ich schön =)
GLG Lucy
Vor langer Zeit - Antworten
Darkjuls einfühlsam erzählt - Liebe Luciana,

Dein Schreibstil ist ganz bezaubernd. Die Geschichte lebt vom Gefühl, das gefällt mir sehr. Du erweckst die Personen zum Leben durch die Art der liebevolle detaillierte Darstellung der Szenen. Abby ist wirklich ein Engel, in ihrem Wesen aufrichtig, zurückhaltend und verständnisvoll. Ich werde auch die vorherigen Teile der Story gern lesen und freue mich auf die Fortsetzung.
GLG von mir
Vor langer Zeit - Antworten
Teykna Irgendwie traurig.. :(
Diese Becky ist wirklich honigsüß! ;D Ein kleiner Engel °.°
Mir gefällt es wie du schreibst, denn für mich ist es leicht zu verstehen. Ich.. kann irgendwie mitfühlen, mit Finn, und es ist einfach traurig :I
Wieder ein schöner Teil - Danke.
Vor langer Zeit - Antworten
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