Kurzgeschichte
Mordlüstern ...

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"Mordlüstern ..."
Veröffentlicht am 29. Mai 2012, 6 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Ich bin eher introvertiert, liebe die Menschen, die Natur - die Literatur seit ich lesen kann (bin eine echte Leseratte) und schreibe auch selbst sehr gerne.
Mordlüstern ...

Mordlüstern ...

Mordlüstern ....

 

Gedankenverloren betrachte ich die dicken Hände der Frau, die mir im Zugabteil gegenüber sitzt. So dicke Hände! Ich kann keinen einzigen Knöchel sehen, sie sind unter runden Pölsterchen versteckt und doch sehen sie kräftig aus. Diese Hände könnten ihn spielend erwürgen. Ich sehe ihn vor mir, er ist eigentlich recht mager und seine Arme dünn wie Zündhölzchen. Na ja, ist ein bisschen übertrieben, aber sehr dünn halt. Diese Arme könnten den Händen dieser Frau kaum Widerstand leisten. Bei diesen Gedanken huscht ein schwaches, bösartiges Lächeln über mein Gesicht.

Es verschwindet jedoch schnell wieder. Die Ereignisse der letzten Tage ziehen mich  zentnerschwer in die Tiefe. Und doch bin ich froh, dass sich Julia endlich geöffnet hat und nun zur Scheidung bereit ist. Oftmals, wenn ich zu Besuch war, musste ich mich zurückhalten, um mich nicht in das vermeintliche „Eheglück“ einzumischen.

Ha! Eheglück!

Er keppelte und nörgelte ständig, nichts passte ihm und immer war er auf seinen Vorteil bedacht. Ein Egoist! Ja, ein Egoist war er. Hoppla, ein Egoist ist er – noch gibt es ihn ja in der Familie.

Hatte ich etwas geahnt? Also, geahnt nicht wirklich, aber ich war sehr bedrückt. Ich merkte wohl, wie lieblos er seine Frau behandelte, ihr niemals Anerkennung schenkte, sie gar lobte oder ihr Komplimente machte. Manchmal allerdings tat er recht lieb, legte, wenn sie vor dem Fernseher saßen, seine Hand auf ihre Schenkel ...

Sonst noch was Nettes?  Nein, sonst nichts. Das war es schon.  Sollte vor Publikum, also vor mir, wohl die Geste einer heilen Ehe sein.

„Julia, dich quält etwas, was ist los?“, hatte ich oft gefragt, doch Julia wehrte stets ab. Sie wollte sein Bild schützen, für die Kinder das Vaterbild, für mich das Schwiegersohn-Bild. Julia weiß, ich könnte ihn, falls alles wieder gut würde, niemals mehr mit den gleichen Augen sehn. Dabei ahnte sie jedoch  nicht, dass ich den Schmerz fühlte und spürte, dass mein Kind nicht mehr glücklich war. Das tat oft sehr weh. Zudem ärgerte ich mich jedes Mal, dass dieser Mistkerl – oh Gott, was für ein Ausdruck! – aber treffend. Dass er also immer Julia zahlen ließ. Er hatte nie Geld eingesteckt. Wenn sie ausgingen, fragte er immer:

„ Hast eh dein Geld mit?“. Waren wir gemeinsam fort, war also auch ich dabei, dann übernahm meist ich die Rechnung – der Herr ließ sich stets willig einladen. Na selbstverständlich.  Jetzt ist klar, warum er für die Familie kein Geld hatte – er musste es für sein ausschweifendes Leben in der Großstadt, für seine unzähligen Liebesabenteuer, für seine perversen Vergnügen ausgeben.

Es ist echt zum Kotzen.

Drei Jahre schon! Drei lange Jahre schon trägt Julia dieses schaurige Geheimnis mit sich.

Nein, nicht das ganze Ausmaß der Scheußlichkeiten. Nur, dass im Kalender  ihres Mannes fast an jedem Tag ein anderer Frauenname steht und er mit diesen Sex-Blüten chattet. Ist ja nichts dabei meinte er, er chattet ja nur, und stritt, wenn sie ihn zur Rede stellte, alles andere ab.

Dieses verdammte Internet! So wertvoll und informativ, so praktisch und hilfreich es einerseits ist, so unglaublich leicht wird es Männern wie ihm gemacht, sich auf einschlägigen Sexseiten, Liebesforen und Hotlines herumzutreiben. Und nicht nur auf diesen Seiten, sondern überall im weiten Umkreis diese Sexabenteuer dann auch noch zu realisieren  ....

Nun legt die dicke Frau die Hände auf ihre Schenkel. Mensch, was für Schenkel! Schenkel dieses Ausmaßes habe ich bisher noch nie gesehen. Wie ein Blatt Papier könnte sie ihn damit zusammenquetschen. Soll ich sie anheuern? Diese Frau scheint mir die perfekte Mordmaschine zu sein.

Zu spät .... sie steigt aus. Also muss ich mir wohl etwas anderes überlegen.

Wie wär ´s mit Gift? Soll ja von mordenden Frauen am liebsten und häufigsten verwendet werden.

Aber welches Gift? Und woher nehmen?  Ob sich Rattengift gut eignet? Würde ja prima passen für diese menschliche Ratte.  Kenn mich bei Giften halt so gar nicht aus. Vielleicht sollte ich in ein paar Krimis stöbern?

Sehr gut eignen würde sich auch ein Arrest mit Zwangsenteignung. Ein tiefes, finsteres und kaltes Kellerverlies, wo er darüber nachdenken könnte, wie charakterlos und schamlos er ist, und welch ein gewissenloser Betrüger. Nicht nur in der Ehe, auch finanziell. Und alle gemeinsamen Sparbücher, Reserven, Aktien, die er veruntreut hat, müssten an Julia zurück gegeben werden.

Unglaublich, was er alles auf die Seite geräumt hat, um seine Schweinereien zu finanzieren! Und die Familie musste sich jeden einzelnen Euro vom Mund absparen.

Nein, Gefängnis ist eigentlich keine gute Idee. Besser ist, ich ermorde ihn. Weiß nur noch nicht wie.

Hoppla, jetzt setzt sich doch glatt ein Pfarrer auf den leer gewordenen Platz .  Ausgerechnet ein Pfarrer!  Ob der Gedanken lesen kann?

Böse Gedanken sollen ja auch schon Sünde sein?!!

Na ja, ist vielleicht besser, ich lese jetzt ein bisschen oder löse ein Sudoku.

Ich muss ihn ja nicht heute schon umbringen....

Vielleicht muss ich ihn auch gar nicht umbringen?  Ist eigentlich nicht wirklich mein Ding. Vielleicht genügt es, wenn er aus unserer Familie verschwindet und meinem Kind nie, nie wieder weh tun kann?

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Ich bin eher introvertiert, liebe die Menschen, die Natur - die Literatur seit ich lesen kann (bin eine echte Leseratte) und schreibe auch selbst sehr gerne.

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mukk Re: Kann solche Gedanken -
Zitat: (Original von baesta am 25.06.2012 - 23:46 Uhr) gut nachvollziehen.

Liebe Grüße
Bärbel


Dann hast du auch Kinder!!!!
Danke, liebste Bärbel und sei recht, recht lieb gegrüßt!
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: Gut und nachvollziehbar geschrieben -
Zitat: (Original von MarionG am 02.06.2012 - 17:28 Uhr) Eigentlich reicht es aber, ihn einfach davon zu jagen. Da muss man sich nicht die Hände schmutzig machen.
Liebe Grüße
Marion


Da bin ich ganz und gar deiner Meinung ... auch wenn man in Gedanken damit spielt.
Mit einem herzlichen Danke und lieben Grüßen
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: Liebe Ingrid -
Zitat: (Original von Markus am 02.06.2012 - 10:52 Uhr) da hast Du wieder einmal ein Thema benutzt, dass so oft jemanden tangiert.
Auch wer immer ein Menschenfreund ist und so lebt, kann in seinem Innersten einen kleinen Teufel beherbergen. Niemand ist dagegen immun.
Ja ich glaube mittlerweile daran, wir haben in uns den göttlichen Funken ebendso wie den teuflischen Gedanken eingepflanzt bekommen, nur dass es an jedem Einzelnen liegt, wem er die Herrschaft über sich gewähren läßt.
lieben gruß
markus


Lieber Markus, vielen lieben Dank für deinen Kommi. Ich denke, wenn es um ihr Kind geht, kann jede Frau zur Tigerin werden .... und auch solche Gedanken haben.... aber ob sie tatsächlich mörden könnte. Das ist dann ein anderer Kaffee.
Mit lieben Grüßen aus Wien und einem herzlichen Danke!
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Kann solche Gedanken - gut nachvollziehen.

Liebe Grüße
Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
MarionG Gut und nachvollziehbar geschrieben - Eigentlich reicht es aber, ihn einfach davon zu jagen. Da muss man sich nicht die Hände schmutzig machen.
Liebe Grüße
Marion
Vor langer Zeit - Antworten
Markus Liebe Ingrid - da hast Du wieder einmal ein Thema benutzt, dass so oft jemanden tangiert.
Auch wer immer ein Menschenfreund ist und so lebt, kann in seinem Innersten einen kleinen Teufel beherbergen. Niemand ist dagegen immun.
Ja ich glaube mittlerweile daran, wir haben in uns den göttlichen Funken ebendso wie den teuflischen Gedanken eingepflanzt bekommen, nur dass es an jedem Einzelnen liegt, wem er die Herrschaft über sich gewähren läßt.
lieben gruß
markus
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Jetzt musste ICH über die Kettensäge schmunzeln ... :-)))
Danke dir, liebe Gunda, und schicke dir sommerlich warme Grüße
aus Wien!
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
Gunda Du gestattest ... - ... dass ich trotz des ernsten Hintergrundes schmunzeln musste? Mordgedanken sind etwas, das ich mir bei dir so gar nicht vorstellen kann. Aber die Szenen mit der Frau und dem Pastor geben deiner Geschichte formal einen sehr guten Rahmen, Ingrid.

Lieben Gruß
Gunda

PS: Kettensäge wäre zu empfehlen ;o))

Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: Ich... -
Zitat: (Original von roxanneworks am 30.05.2012 - 17:48 Uhr) kann die Beweggründe nachvollziehen....
Wenn meinen Kindern ein leid zugefügt würde...ich denke, ich könnte meine Grenzen überschreiten...

hervorragend geschrieben, liebe Ingrid....

ganz liebe Grüße zu Dir
Roxy


Danke, liebe Roxy, ich denke auch, dass jede Mutter zu einer Tigerin werden kann, um ihr Kind zu schützen ....
danke dir herzlich und sei recht,recht lieb gegrüßt!
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
mukk Re: liebe ingrid -
Zitat: (Original von derrainer am 30.05.2012 - 10:08 Uhr) mordgedanken , wenn sie die familie betreffen ich denke , sie sind nicht unnormal , die ausführung wäre etwas anderes .
natürlich versucht die mutter immer ihr kind zu schützen , denn gleich wie alt sie bleibt mutter und kind .
das internet , ist natürlich eine gute plattform , für gelegenheiten oder straftaten . es hat wie vieles , wie auch der mensch zwei seiten .
ich würde trennung empfehlen , das wäre das sinnvollste , denn die basis ist verloren , liebbe für manche nur ein wort .

lieben gruß zu dir rainer


Lieber Rainer, danke dir herzlich für deinen ausführlichen Kommentar. Ich kann mir schon vorstellen, dass eine Mutter mit Mordgedanken spielt, wenn ihrem Kind Leid zugefügt wird. Doch Denken und Tun sind zwei Paar ganz verschiedene Schuhe ... deshalb ließ ich in meiner Geschichte die Wut der Frau wieder abklingen und sie wieder ruhig und vernünftig werden....
Danke dir nochmal und grüße dich ganz, ganz lieb
Ingrid
Vor langer Zeit - Antworten
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