Fantasy & Horror
Die Alte Religion 5

Teil 5

Die Putzfrau, die uns schlussendlich fand, bekam einen halben Herzinfarkt, als sie die Tür auf riss. Mit beschwichtigenden Gesten versuchten wir sie zu beruhigen, als wir uns heimlich, still und leise von dannen schlichen. Der Direktorin, die unser Fehlen bemerkt hatte, erzählte mein Sportlehrer, dass er ein ernstes Gespräch unter vier, beziehungsweise sechs, Augen mit mir über meine unerlaubten Ausflüge geführt hatte. Sie schien es ihm nicht ganz zu glauben, konnte aber keine Gegenbeweise erbringen und so legte man den Vorfall zwischenzeitlich zu den Akten.

Das Schulleben ging weiter und so kehrte ich zu meinem Alltag zurück. Niemand fragte mich, wieso ich mal wieder abwesend gewesen war. In der Akademie hieß es: Dich kümmert nur, was dich zu kümmern hat. Die Grenzen der Fürsorge fingen bei Verwandten an und endeten bei Freunden. Ich fiel in keine dieser Kategorien und führte somit ein erträgliches, doch auch manchmal einsames, Dasein. 

Langsam schlenderte ich durch die gothisch angehauchten Flure, die durch ihre massiven Bögen eher einer Kirche, als einer Schule, ähnelten. Hin und wieder war eine Nische in den grauen Stein gehauen, die Sitzmöglichkeiten für kleine Gruppen bot. Schüler hatten sich dort versammelt, wie immer nach Schulschluss, und tratschten über triviale Themen, denen ich nur mir Mühe folgen konnte. Obwohl ich nicht gerade desinteressiert war, faszinierte mich das Geschehen der Außenwelt nur wenig und ich konzentrierte mich lieber auf mein eigenes Leben.

Auf meinem Weg zu meinem Zimmer, dachte ich über vielerlei Dinge nach, die sich mir in Calypsos Tempel offenbart hatten. Meine Finger kribbelten mit dem Verlangen, gesehene Wandmuster zu zeichnen, die mir immer und immer wieder durch den Kopf jagten. Während der Freistunden, hatte ich meine Studien um einige Kapitel erweitert und war entschlossener denn je, noch mehr zu entdecken. 

Joachim hatte sich für längere Zeit nicht einmal blicken lassen. Alleine zog ich von Klasse zu Klasse, stumm und in Gedanken versunken und blendete meine Umgebung so gut wie möglich aus. Die Ereignislosigkeit an sich, machte mir nichts aus, doch sie machte mir auch ebenso wenig Spaß.

Müde öffnete ich meine Zimmertüre und schmiss mich aufs Bett. Ich hatte vor, mich kurz auszuruhen, doch irgendwie musste ich wohl eingenickt sein, denn ein Klopfen an der Türe riss mich aus dem Schlaf.