Romane & Erzählungen
Blutstein

Königin

Die Sonne stand hoch oben am Himmel, als Senna durch den Garten schlenderte. Erst gestern hatte der Ritter sie gebeten, ihr Erbe anzutreten, doch sie bereute ihren Entschluss jetzt schon. Seitdem sie zugestimmt hatte, schienen die Diener noch versessener darauf, sie zu ihrer Zufriedenheit zu umgarnen und sie hatte keinen einzigen Moment mehr für sich selbst. Sogar eine Leibgarde wurde ihr zur Verfügung gestellt, die ihr auf Schritt und Tritt folgte und die letzten Chancen auf Ruhe zerstörte. 

 Es kam ihr fast schon wie ein Witz vor: Eine Königin, deren Willen ignoriert wird. 

Unglücklich betrachtete sie die wunderschön angelegten Beete in denen es vor Leben nur so brodelte. Der Garten war der einzige Lichtblick in ihrem sonst so grauen Gefängnis und sie versuchte jede einzelne Sekunde dieser Farbenpracht zu genießen. 

Man hatte von ihr verlangt, dass sie den Sitzungen in der großen Halle beiwohne und sie konnte schon ahnen, dass diese ziemlich ermüdend werden würde. Auch würde sie sehr viel nachholen müssen, da ihre Erziehung niemals eingeplant hatte, dass sie einen höheren Rang als Prinzessin kleiden sollte. 

"Mein Leben als Königin!",seufzte sie. "Ich bin doch nichts anderes, als eine Spielfigur!"

"Fühlen Sie sich nicht wohl, my Lady? Sollen wir Sie wieder nach Innen begleiten?", fragte eine der Wachen mit gespielter Sorge.

Genervt beschleunigte Senna ihre Schritte. Sie wollte einfach nur alleine sein.

"Versteht hier keiner was von Privatsphäre?!", fluchte sie und lief in Richtung Wald.

"Oh Mutter Natur, bitte hilf mir!", schrie sie gen Himmel, doch die ersten Bäume kamen erst in Sicht, als die Garde sie bereits eingeholt hatte.