Beschreibung
Eine kleine Anekdote über das Joggen.
Hat die Welt sowas schon gesehen? Da wehrt man sich jahrelang gegen das Laufen, weil es einem unnütz, ja sozusagen sinnlos erscheint, und dann stolpert man förmlich über einen passionierten Läufer und das Schiksal nimmt seinen "Lauf".
War ich in all meinen sportlich aktiven Jahren nie wirklich wehement gegen die Fortbewegung auf zwei FüÃen, so musste das Laufen an sich doch mit einem gewissen Hintergrund verbunden sein. Als Handballer war zumindest die Aufgabe spannend, sich mit dem runden Lederding, schnellstmöglich von einer Spielfeldhälfte in die andere zu begeben, um dort gegnerische Netze und deren Insassen zu malträtieren; das Laufen erschien somit unumgänglich, aber doch eher nebensächlich und erforderte weniger Konzentration als die Vermeidung eines Kapselrisses, weil man den Ball nicht ordentlich gefangen hatte.
Fazit: der Ablenkungsfaktor war so hoch, dass man sich über das in meinen Augen stupide Laufen keine Gedanken machen konnte (ergo über das Ausbleiben der Sauerstoffversorgung oder den Verlust der Lunge am Spielfeldrand).
Im zweiten mit Fortbewegung zusammenhängenden Sport, dem Tanzen, war das Laufen generell nicht vordergründig, ja eigentlich sogar verpönt.
Kämpfte man im Anfangsstadium noch mit der Thematik, einen Fuà vor oder hinter den anderen zu setzen, ohne gröÃere Blessuren auf Grund von Stürzen davon zu tragen, war vom Laufen nicht mal ansatzweise die Rede. Vor allem nicht auf 7-8 cm hohen Pfennigabsätzen.
Später glich die angeblich ästhetischste Form der körperlichen Ertüchtigung eher einem Kampfsport, denn im Paartanz bewegt man sich ja - wie der Name schon verrät - nicht alleine, sondern im Idealfall analog zum Gegenüber, genannt Tanzpartner.
Und auch nachdem sich der Paartanz aus diversen Gründen nicht als optimale Leistungssportart für mich erwies, war ich immer noch nicht gewillt, mich dem ganz ordinären Laufen hinzugeben. Ja, allein der Gedanke, ohne konkrete Aufgabe schnell von A nach B zu laufen, lieà mir die Nackenhaare zu Berge stehen.
Der Tanz an sich war eine angenehme Sache und somit verlagerte ich meine sportliche Kernkompetenz auf den Formationstanz für Video-Clip-Dancing. Zumindest war ich im Schuhwerk schon einen Schritt näher an das Laufen gekommen. Ich wechselte meine Tanz-High-Heels, die bereits dafür gesorgt hatten, dass meine Zehen aussahen wie ein zerknautschtes Kamelohr gegen den gewöhnlichen Turnschuh (ohne Jogging-Qualitäten, Hauptsache cooles Design).
Nicht genug, dass meine 10 (oder mittlerweile 11?) Zehen den neu errungenen Wellnessfaktor sehr genossen, ENDLICH musste ich mich nicht mehr mit einem Tanzpartner mit vollkommener Talentfreiheit auseinandersetzen und durfte mich trotzdem kreativ bewegen. Nur synchron musste es sein.
Leider stellte sich auch hier irgendwann heraus, dass die Truppe ein zulässiges Gesamtalter (und auch -gewicht) überschritten hatte und sich die individuellen Lebensplanungen nicht mehr mit dem Wettbewerbsfaktor diverser Meisterschaften vereinbaren lieÃen.
Und jetzt??? Mein sportliches Repertoir war tatsächlich erschöpft, was sicher auch in einem mangelnden Interesse an Sportarten wie Badminton (= für mich Federball), Squash (= ich hänge an meinen Leben und habe auÃerdem Platzangst), FuÃball (= ohne Worte bei Frauen) oder Volleyball wie Basketball(= nicht, wenn der Ball gröÃer ist als ich) begründet liegt.
Und plötzlich kommt da des Wegs ein passionierter Sportler, im speziellen Läufer, dessen Zeitvertreib offensichtlich darin besteht, den aboluten Anti-Läufer zum Laufen zu bringen, wie man versucht, ein Pferd zum Kotzen zu bringen.
"Nicht mit mir, junger Mann." Das, glaube ich, waren sogar ziemlich genau meine Worte.
Nichts dagegen, wenn jemand gerne joggt, läuft, rennt, gallopiert, trabt oder was auch immer. Jeder hat das Recht, sich nach seinem freien Willen und Gusto fit zu halten, Stress abzubauen, Gewicht zu reduzieren etc.. ABER ohne mich.
Wenn auch sonst nicht zwingend pragmatisch veranlagt, so konnte ich dem Laufen doch noch immer keinen Nutzen (bei viel zu hohem Aufwand) abgewinnen. Noch dazu vollkommen spaÃfrei, die ganze Angelegenheit.
Konnte ja keiner wissen, dass ich mich in diesen Lauf-Freak vergucke...
Konnte ja keiner wissen, dass meine Eitelkeit mir einen Strich durch die Rechnung macht...
Konnte ja keiner wissen, dass gemeinsames Laufen mit einem Gentleman, der sich meinem Tempo anpasst, tatsächlich Spaà macht (mittlerweile überholen mich die Schildkröten meiner Nichten auch nicht mehr :))
Und so hatte letztlich die Task-Force ihren Erfolg. Das Pferd wurde zum k....., Verzeihung, der Anti-Läufer wurde zum Läufer und spult, wenn auch anfängerhaft, seine Kilometer runter und der Gentleman hat die wahre GröÃe und lobt mich für jeden noch so kleinen Erfolg.